Glosse: Biomilch aus der Region?

Jedesmal wenn ich im Supermarkt vor dem Molkereiregal stehe, ärgere ich mich: regionale Biomilch - absolute Fehlanzeige! Die Bioprodukte kommen laut Herkunftsangabe aus der Großmolkerei Söbbeke in Nordrhein-Westfalen und werden 400 km durch die Gegend gefahren. Da wir pro Woche über 3 ltr. Milchprodukte verzehren, wäre mir eine nähere Molkerei wirklich sehr gelegen. Aber es gibt keine.

Deshalb entscheide ich mich lieber für Regional und verzichte auf Bio. Bei der Hüttenthaler Molkerei gibt es Frischmilch aber nur im 500ml Yoghurtbecher. Da ich den Yoghurt selbermache, benötige ich pro Woche allein 2,5 ltr. Milch dafür. Bei der Odenwälder Kochkäserei gibt es auf Vorbestellung Hüttenthaler Milch im 10-l-Eimer. Das bedeutet aber, daß ich auf einmal 30 Gläser Yoghurt machen und lagern muß. Soll ich mir dafür einen extra Kühlschrank anschaffen? Und hält der selbstgemachte Yoghurt wirklich über einen Monat?

Auch im Bioladen in Linnenbach finde ich die Molkereiprodukte von Söbbeke, nichts Regionales. Die Hüttenthaler Molkerei bezieht ihre Milch wenigstens aber nach eigener Aussage von Bauern aus Hüttenthal, Unter-Mossau und Airlenbach, Löhrbach (Ziegen), Olfen, Böllstein, Mörlenbach, Wald-Michelbach, Hammelbach. Das ist es mir wert, auf Bio zu verzichten und Regional zu unterstützen.

Und in Reichelsheim-Gumpen gibt es die Milchtankstelle auf dem Hardthof bei Familie Gerd Arras (Hardtweg 23, 64385 Reichelsheim - Gumpen) zertifizierter Ökolandbaubetrieb DE-ÖKO-037 (Biokreis-Verband). Wenn ich also Bio-Rohmilch möchte, kann ich mit einer Autofahrt von 20 Minuten dorthin kommen und sogar mitgebrachte Gefäße wiederbefüllen.

Über mein Yoghurtprojekt werde ich hier gelegentlich weiter berichten, siehe unten! Gemacht ist das superleicht: man nimmt einen Liter Frischmilch und ca. 150 ml Yoghurt als Starter, rührt beides zusammen und füllt es in drei 440ml Sturzgläser mit Schraubdeckel. Die kommen über Nacht in den Backofen bei mindestens 30 maximal 45 Grad. Diese Temperatur erreicht man wenn man den Backofen auf 50 Grad aufheizt, etwas abkühlen läßt und dann ausschaltet und das Licht eingeschaltet läßt. Ein Einkochthermometer hilft die richtige Temperatur zu halten. Man kann sich auch eine Kochkiste bauen: mit Styroporplatten ausgekleidet mit dichtschließendem Deckel, mit aufgeheizten Kühlelementen kann die Temperatur über 12 Stunden gehalten werden. Es geht auch eine Kühlbox, nur ist diese etwas klein.

Viel Spaß beim Experimentieren! Und Augen auf beim Einkauf: lange Transportwege = besser Kunststoffverpackung! Glasbehälter sind schwer und belasten die Umwelt zusätzlich...
Marieta Hiller

Das Hillersche Yoghurtprojekt

Yoghurt selber machen

Inzwischen mache ich seit Mitte August 2020 unseren Yoghurt selbst. Wir brauchen pro Woche 2,5 Liter Yoghurt. Dazu hole ich alle zwei Wochen 6 Liter Bio-Vollmilch vom Hardthof in Gumpen (eigentlich 4 Liter, denn zwei brauche ich immer für superleckeren Mozzarella!). 4 Liter werden vorsichtig auf 95 Grad erhitzt (Einkochthermometer) und dann auf 40 Grad abgekühlt. Erst dann kommt die Impfung: eines der bisherigen selbstgemachten Yoghurtgläser wird in die Milch gerührt, diese dann sofort in heiß ausgespülte Gläser (die 440ml Einmach-Sturzgläser mit Schraubdeckel. Sturzglas ist wichtig, es hat hat keine Winkel in die man schlecht reinkommt mit dem Löffel) gefüllt und fest verschraubt. Meine Kochkiste ist aus Styropor (die passende Größe habe ich im Terrarienhandel entdeckt) und wird mit aufgekochten Kühlelementen ausgelegt. Dazu kommen zwei heiße Steine (im Backofen erhitzen). Obendrauf kommen die Yoghurtgläser, aus 4 Liter bekomme ich zehn Gläser - reicht also für gut zwei Wochen, wobei ein neues Impfglas zurückbehalten werden muß. Die Styrobox hält die nötige Temperatur von 30 Grad wunderbar über 12 Stunden. Danach kommen die Gläser in den Kühlschrank.

Das ergibt herrlich schnittfesten Yoghurt. Inzwischen sind wir bei der fünften Generation, jeweils mit eigenem Yoghurt geimpft.

Mozzarella selber machen

Zwei Liter Biomilch vorsichtig auf 95 Grad erhitzen (beim Erhitzen sollten Sie sich nicht ablenken lassen und am Topf stehen bleiben, sonst putzen Sie anschließend den ganzen Herd!) und soweit abkühlen lassen, daß Sie sich nicht mehr die Hände verbrennen. Die Milch wird mit 2 TL Salz gewürzt und es werden 2 EL Essig hineingerührt. Die Milch flockt sofort aus.
In ein Sieb mit feinem Küchenhandtuch (ich nehme ein extra ausgekochtes sauberes Herrenstofftaschentuch) abgießen, die Brühe (= Molke) auffangen.
Das Tuch mit den Flocken kräftig kneten und zu einem festen Ball formen. Dann kommt der Mozzarellaklumpen in einen Behälter mit Molke und ist ca. 1 Woche haltbar. Zusammen mit Tomaten* und Basilikumcreme ein Genuß!

Molke: nicht wegwerfen!

Die Molke ist ein hochwertiges Lebensmittel. Man kann sie zum Soßenkochen verwenden, als Gemüsefond oder auch einfach so trinken. Übrige Molke ist hervorragender Dünger für den Garten.

*Exkurs: Tomaten und Basilikum

Tomaten: ich bewahre meine selbstgeernteten Tomaten auf bis in den März. Vor dem ersten Frost werden alle grünen Tomaten in einen Karton gelegt, so daß sie sich nicht gegenseitig berühren. Im Karton ist es dunkel, und an einem zimmerwarmen Ort reifen die Tomaten so nach. Einmal pro Woche nehme ich die roten Tomaten raus und sortiere ich die faulen oder verschrumpelten Früchte aus.

Basilikumcreme: Ende September an einem sonnigen Tag alles Basilikum im Garten ernten, waschen und gut abtropfen lassen. Dann mit gutem Olivenöl pürieren, dazu Knoblauch, geröstete Pinienkerne, geriebener Hartkäse. In kleine Schraubgläser füllen und kurz aufkochen. Danach ist die Creme monatelang haltbar.

Eine Info des BZfE: Woher kommt eigentlich Laktoseintoleranz?

Eine evolutionäre Erfolgsgeschichte Milchverträglichkeit unter Europäern

(BZfE) – Viele Europäer haben die besondere Fähigkeit, auch nach dem Säuglingsalter Milch verdauen zu können. Dieses Merkmal hat sich in nur wenigen Tausend Jahren in Mitteleuropa verbreitet, haben Untersuchungen der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz gezeigt.

Eigentlich können Menschen Milch nur im Säuglingsalter vertragen. Im ersten Lebensjahr liegt das Enzym Laktase in ausreichenden Mengen vor, um den Milchzucker (Laktose) in der Muttermilch in verwertbare Zuckerarten aufzuspalten. Nach dem Abstillen wird das Enzym nur noch in geringen Mengen produziert, sodass reine Milch kaum noch verwertbar ist. So ist es auch heute noch in der ganzen Welt – mit Ausnahme von Europa und kleinen Bevölkerungsgruppen in Afrika. Dort haben die Menschen im Laufe der Evolution eine Milchverträglichkeit entwickelt.

Um die Hintergründe dafür zu verstehen, ist ein Blick in die frühe Menschheitsgeschichte notwendig. In der Jungsteinzeit kam es bei unseren Vorfahren in Mitteleuropa zu einer Genmutation, mit dem Ergebnis, dass sie das Enzym Laktase bis ins Erwachsenenalter bilden konnten (Laktasepersistenz). Wie schnell sich dieses Merkmal in der Bevölkerung verbreitet hat, war bislang unklar. Um dieser Frage nachzugehen, haben die Paläogenetiker das Erbgut in Knochen von Gefallenen der „Schlacht von Tollense“ untersucht, die etwa vor 3.200 Jahren im heutigen Mecklenburg-Vorpommern stattfand. Nur jeder achte Krieger hatte eine Genvariante, die die Spaltung von Milchzucker ermöglichte. Das ist sehr wenig, wenn man bedenkt, dass die Menschen zu dieser Zeit schon einige Tausend Jahre Landwirtschaft betrieben. Die ersten Hausrinder kamen vor ungefähr 8.000 Jahren nach Europa. Heute verfügen 90 Prozent der Europäer über eine Milchverträglichkeit. So hat sich die Fähigkeit in nur etwa 3.000 Jahren und im Laufe von rund 120 Menschengeneration sehr stark verbreitet. Das ist evolutionsgeschichtlich eine sehr kurze Zeit, erklären die Wissenschaftler im Fachjournal „Current Biology“.

Die kleine Gruppe, die Milch schon verdauen konnte, erlebte offenbar eine evolutionäre Erfolgsgeschichte. Sie bekamen mehr Kinder oder ihr Nachwuchs hatte bessere Überlebenschancen. Nach Einschätzung der Experten ist das entsprechende Gen das am stärksten positiv selektierte im ganzen menschlichen Genom. Die Gründe dafür sind noch nicht abschließend geklärt. Es wäre möglich, dass die Mich als energie- und nährstoffreiche, aber auch hygienische Flüssigkeit bei Nahrungsmangel das Überleben sicherte und vor allem die hohe Kindersterblichkeit nach dem Abstillen reduzierte.

Heike Kreutz, www.bzfe.de

Weitere Informationen:

palaeogenetics-mainz.de/

doi.org/10.1016/j.cub.2020.08.033

www.bzfe.de/inhalt/milch-6965.html

www.gesund-ins-leben.de/inhalt/stillen-29433.html

www.bzfe.de/ernaehrung/ernaehrungswissen/gesundheit/unvertraeglichkeiten-frei-von-im-trend/laktoseintoleranz/