Ein Mann steht auf der Leiter in seinem Garten und pflückt Birnen. Zwei Kinder blieben am Zaun stehen und schauten ihm zu. Der Mann dachte sich: na, das ist ja wie beim Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland, und wollte jedem Kinder eine Birne schenken. Die Kinder schauten ihn verständnislos an, dann schauten sie auf die Birne in der Hand. Schließlich steckten sie die Früchte in die Tasche. Als der Mann fragte, warum sie denn nicht gleich hineinbeißen wollten in ihre saftigen Birnen, bekam er zur Antwort: „ach, die kennen wir nicht. Die nehmen wir erst einmal mit nach Hause und fragen.“

Brav liebe Kinder! Nichts von fremden Männern nehmen, nichts essen oder trinken was man nicht kennt! Es stellte sich nämlich heraus, daß es heutzutage Kinder gibt, die keine Birnen kennen. Also essen sie sie auch nicht, wenn man ihnen eine schenkt. Der arme alte Ribbeck auf Ribbeck im Havelland würde sich wohl im Grabe herumdrehen...

Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland
Zu Ribbeck an der Kirche ein alter Birnbaum steht,
der mit den üpp'gen Zweigen der Kirche Dach umweht.
Von hohem Alter zeuget der Stamm, so mächtig stark,
wächst schier aus dem Gemäuer wie aus der Kirche Mark.

Von diesem alten Birnbaum geht eine Sage hier,
sie war als Kind zu hören stets eine Wonne mir:
Ein alter Ribbeck, heißt es, war Kindern hold gesinnt,
wohl hundertmal beschenkt er im Dorfe jedes Kind.


In allen Kleidertaschen er Birnen, Äpfel hat,
gab stets mit beiden Händen, gab gern, genug und satt.
Und als er kam zu sterben, man in den Sarg ihn legt,
denkt nicht an seine Taschen, darin er Birnen trägt.

Und in dem nächsten Frühjahr wächst aus der Wand am Tor,
sproßt aus dem Erbbegräbnis ein Bäumlein grün hervor.
Der Alte, der im Leben die Kinder so geliebt,
nun noch in seinem Sarge den Kindern Freude gibt

Im Herbst viel kleine Birnen der Baum streut auf den Sand,
und heut noch greift mit Jubel danach der Kinder Hand.
Die Abendschatten sanken hernieder allgemach,
da ward in meiner Seele die alte Sage wach.

Das ist das ursprüngliche Birnbaumgedicht, geschrieben von Hertha von Witzleben, Enkelin des Karl Friedrich Ernst von Ribbeck. Sie schrieb dieses Gedicht im Jahre 1875, also bevor Fontane sein Gedicht im Jahre 1889 veröffentlichte.  (M. Hiller)

Meist sind sie golden, die Äpfel in unseren Märchen. Sie zu gewinnen, verspricht viel: ewiges Leben oder wenigstens Glück, eine wunderschöne Jungfrau oder auch immer genug zu essen. Doch sie zu finden ist schwer. Gläserne Berge, tiefe Abgründe, hinterlistige Stiefmütter und der Schwierigkeiten mehr legen die Märchen dem Suchenden in den Weg.

Iduna, eine Göttin der nordischen Sage, überreichte dem Göttergeschlecht der Asen goldene Äpfel, die jenen ewige Jugend verliehen. Die Hesperiden aus der griechischen Mythologie ließen sich ihre goldenen Äpfel von Herakles stehlen, doch Athene war so freundlich, die ewiges Leben verheißenden Früchte zurückzuholen.

Lang ist der Weg und schwer, goldene Äpfel zu gewinnen und zu behalten. Doch im Märchen gelingt es dem Jüngling, der reinen Herzens ist, schließlich, die Äpfel und damit alles, was er sich ersehnt zu bekommen.

Im wirklichen Leben ist der Weg zwischen Wunsch und Erfüllung weiter: „Wer den Baum gepflanzt hat, genießt selten seine Frucht“ sagt ein altes Sprichwort.

Aber der Weg könnte sich lohnen: so sagte schon Martin Luther, der selten ein Blatt vor den Mund nahm „Wenn ich wüsste, dass morgen der Jüngste Tag wäre, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.“ Das sieht ihm ähnlich: während alle Welt sich die Haare rauft ob des nahen Weltendes, denkt Luther an Äpfel... Zugute zu halten ist ihm, daß er damit nicht aufs Apfelessen abzielte, sondern darauf, daß es immer Hoffnung gibt. Ob aber die Kirche zu jener Zeit froh darüber war, daß jemand über den Jüngsten Tag hinausdenken wollte?

Der Apfel ist Sinnbild für Leben, aber auch für Tod, und wiederum für Leben aus dem Tode. Das gilt für Märchen, Mythen und Sagen gleichermaßen. Schneewittchen, das arme Kind, mußte dies erfahren. Die böse Stiefmutter und der vergiftete Apfel, das Stolpern der trauernden Zwerge, durch das Schneewittchen wieder zum Leben erweckt wurde, der Märchenprinz, der sie sofort aus dem Glassarg weg heiratet - und alle lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Ende...

Kaum zu glauben, wie eine Stiefmutter etwas so Niederträchtiges im Schilde führen konnte: nicht nur die Ermordung der tausendmal Schöneren hinter den Sieben Bergen, nein auch noch einen Apfel zu vergiften und die ruchlose Tat mit seiner Hilfe zu begehen - das können Apfelfreunde nicht begreifen. Während mich die Schneewittchengeschichte als Kind stark beschäftigte, gerade auch wegen des Apfels, gefällt mir heute vor allem der tatsächliche Hintergrund der Geschichte: denn das Mädchen, das auf hochdeutsch Schneeweißchen hieß, war eine Kurhessen-Waldecksche Grafentochter. Hinter sieben Bergen bei den sieben Zwergen lebte sie, und das ist in Brabant in Belgien. Die Zwerge, das waren Bergleute. Denn die lebenslange Arbeit in der Dunkelheit bei schlechtem Essen machte die Bergleute im Laufe von Generationen immer kleiner, so daß sie schließlich wie Zwerge ausgesehen haben müssen. Und tatsächlich berichtet die Chronik aus dem Kellerwald, daß es in dem Örtchen Bergfreiheit zur Zeit des 30jährigen Krieges nur noch zwei Schichten Bergmänner gab - nämlich 14 Mann, und ein Weibsbild! Und tatsächlich auch lebten die Bergleute oft von ihren Familien getrennt gemeinsam in kleinen Häuschen, mit sieben Bettchen, sieben Becherchen, sieben Tellerchen...

Schneewittchen aber, das war keine andere als Margarethe, die Tochter des Grafen Philipp IV. von Wildungen. Sie wurde nur 21 Jahre alt, und wurde aus politischen Gründen ins Belgische verbannt. Nur über den vergifteten Apfel wissen die Chroniken nichts...

Und ein weiterer berühmter Apfel weiß uns einiges zu berichten: über den Gesslerhut nämlich, den der Schweizer Freiheitskämpfer Wilhelm Tell nicht grüßen wollte. Ein Hut auf einem Pfahl, so etwas grüßt ein aufrechter Schweizer nicht. Da müßte schon Gessler persönlich dort stehen. Hermann Gessler, der Reichsvogt in Schwyz und Uri aus der Zeit um 1300, forderte doch tatsächlich von seinen Untertanen, daß sein Hut bei jedem Vorbeigehen zu grüßen sei.

Es kam wie es kommen mußte: Tell weigerte sich, Gessler zog ihn zur Verantwortung. Und jetzt kommt der berühmte Apfel ins Spiel. In seinem Hang zu Grausamkeiten forderte der Vogt, daß Wilhelm vom Haupte seines Sohnes einen Apfel zu schießen habe, und zwar mit der Armbrust. Aber Sohn und Vater - und sicher auch der Apfel - waren voller Zuversicht, und so ging die Sache gut aus für beide, nicht aber für den Apfel. Auch nicht für den Vogt: ein zweiter Pfeil, den Wilhelm bereit hielt, sei für ihn bestimmt gewesen, hätte er seinen eigenen Sohn mit dem ersten durchbohrt. Das wagte der Armbrustschütze dem Gessler ins Gesicht zu sagen. Es folgte die Abführung, doch auf dem Schiff konnte Wilhelm Tell die Armbrust spannen und den wohlverdienten zweiten Pfeil in des Landvogts Brust schießen. Tja, auch wahre Begebenheiten gehen manchmal gut aus, doch was der Apfel darüber denkt, das werden wir nicht erfahren.

Marieta Hiller, 2011

Hier finden Sie alles, was ich zum Thema Apfel zusammengetragen habe: Regionales, Historisches, Kurioses und natürlich auch Gesundheitliches...

Viel Spaß beim Stöbern wünscht Marieta Hiller

Äpfel müssen nicht schön aussehen, aber gut schmecken!

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Der Pomologe: mit Lupe, Messer und Bleistift auf der Suche

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Foto: Vogelfilme

Das gibt es nur im Zauberwald: Äpfel und Blüten zu gleicher Zeit - aber wenn Kieselbart seine Hand im Spiel hat... Foto: Vogelfilme

Und natürlich fiel mir auch zu Corona was mit Äpfeln ein...

Der Apfel: seit Adam und Eva dreht sich alles um diese Götterspeise!

Hier finden Sie alle Beiträge zum Apfel: Apfel - ein immerwährendes Thema! 

Aus dem Lautertaler Dibbezauber: Der Ebbelwoi - Haustrunk der Bauern
darin: Obstanbau und was ein Odenwälder Apfel alles werden kann! Wie die Elmshäuser Maukelscheskerb zu ihrem Namen kommt und wie der Elmshäuser Wirt das Fürchten lernte, über das Trinken...
Im Jahr 1996 zusammengetragen für Sie!

Äpfel und Streuobst: besonderes Anliegen des Fördervereins Odw. Apfel e.V

 
Seit 1996 bin ich Mitglied in diesem Verein, der bis 2012 Hessische Apfelwein- und Obstwiesenroute Odenwald e.V. hieß. Inzwischen haben sich die Aktivitäten des Vereins vom reinen "Eß-und-Trink-Verein" auf konkrete Unterstützung des Lebensraums Streuobstwiese ausgedehnt, es gibt eine umfangreiche Gruppe von Baumpflege-Fachwarten und auf den Internetseiten des Vereins finden Sie viele wichtige Informationen rund um Artenvielfalt, Baumgesundheit und Weiterbildungsmöglichkeiten: www.odenwaelder-apfel.de

 

Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Schmökern! Marieta Hiller

 

Im Neolithikum wird der Mensch seßhaft und beginnt die Landschaft zu pflegen: Kaum hat der Mensch das Jagen und Sammeln aufgegeben und sich am heimischen Herd niedergelassen, beginnt er auch schon, besonders nahrhafte Pflanzen zu hegen und zu züchten. Er optimiert sie so, daß sie besseren Ertrag bringen, schmackhafter sind, größer werden. Seit jener Zeit kennt man die Technik des Pfropfens, denn der Apfel ist spalterbig. Zur Verbesserung gewünschter Sorten ist daher eine aufwendige Pflege notwendig. Ins kalte Germanien allerdings kam der Kulturapfel erst mit den alten Römern. Einen Holzapfelfund aus einer Bandkeramikersiedlung in der Heilbronner Gegend konnte man auf ein Alter von 6000 Jahre datieren.

Einen Apfel reichte Eva ihrem Adam im Paradiese. Gepflückt hatte sie ihn vom Baum der Erkenntnis, obgleich sie ernstlich davor gewarnt worden war. Doch eine Schlange umschlängelte die Äste des Erkenntnisbaumes und pries seine Früchte als köstlich und unwiderstehlich an. Und so kam es, daß Eva nicht widerstehen konnte. Doch biß sie nicht selbst hinein, vielmehr gab sie ihn dem Gemahl, auf daß er koste.

Ich bin der Herbst...

Ich bin der Herbst,
fauche mit dem Sturm,
flüstere im dürren Laub
und färbe rote Apfelwangen.
Ich bin der Herbst,
wate in Morgennebeln,
webe Spinnfäden in Luftgärten
und werkele unter Kastanienbäumen.
Ich bin der Herbst.
Male Baum und Strauch bunt
und morgens glitzernden Raureif,
mitunter auch Schnee,
ich bin der Herbst.
Bin wie ich bin.
Ich, der Herbst.
16102016, Birgit Helfricht (siehe auch ihr Buch Bezaubernder Odenwald!)

Sicher kennst du das: man beißt in einen duftenden rotbackigen Apfel, die glatte Schale knackt, der Saft spritzt. Aber ach, wie sauer! Der ganze Mund zieht sich zusammen - und da sagen die Erwachsenen auch noch „sauer macht lustig“.

Gesund seien sie auch, die Äpfel: „Ein Apfel am Tag vertreibt Kummer und Plag“. Und je sauerer, desto gesünder. War ja klar. Was gut schmeckt, kann nicht gesund sein: Gummibärchen, Plätzchen, Schokolade...

Aber müssen die Äpfel denn gleich soo sauer sein?

Da freut man sich doch richtig, wenn man mal einen erwischt, der süß schmeckt. Süüüß mit viel üüü, denn üüü ist der Buchstabe, der uns beim Aussprechen grinsen läßt. Reinbeißen, genießen, schlucken; reinbeißen, genießen, schlucken; reinbei - aber was ist das? Ein Wurm, winzig und glänzend, mit zwei Knopfäuglein im Gesichtchen, windet sich aus dem Apfelbiß - und wohl sei uns, wenn wir einen ganzen und keinen halben Wurm sehen! Denn dann wäre ja der andere halbe Wurm ... igitt, bloß nicht dran denken!

Und gleich kommt schon wieder so ein überschlauer Erwachsener daher und spricht - mit erhobenem Zeigefinger natürlich - „Verbotene Äpfel sind süß!“ und „der glänzendste Apfel beinhaltet den größten Wurm“.

Ach, es ist schon vertrackt mit den Äpfeln. Nur gut, daß es im Supermarkt nur Äpfel gibt, die weder Würmer haben, noch besonders süß oder besonders sauer schmecken.

Aber neulich, da hab ich in einem verwilderten Garten einen Baum entdeckt, an dem hängen Äpfel - Äpfel, sage ich euch! Soviel Geschmack - ich weiß gar nicht alles zu beschreiben! Würzig, duftig, fruchtig nach Rosen und Wiese, ein bißchen säuerlich und fast ein bißchen salzig, aber auch saftig süß! Ein Wurm war auch drin, aber ich hab ihn mit einem großen Stück Apfelfleisch ausgeschnitten und unter den Baum gelegt. Sooo ein guter Apfel - der reicht doch wohl für mich und für den Wurm!

Marieta Hiller, 2011

Alte Obstsorten liefern nicht nur gesunde, vitaminreiche Früchte zum Frischverzehr, für Säfte und Trockenobst, sie werden von Allergikern auch wesentlich besser vertragen als Neuzüchtungen aus intensivem Anbau. Wer beim Genuss des Golden Delicious aus dem Supermarkt mit schwellenden Schleimhäuten oder asthmatischen Beschwerden zu kämpfen hat, sollte - evtl. unter ärztlicher Aufsicht - einen Versuch mit unbehandelten Äpfeln heimischer Streuobstwiesen wagen, deren Allergengehalt in Sorten wie zum Beispiel Gravensteiner oder Goldparmäne wesentlich niedriger ist.

Äpfel sind den Mitgliedern des Förderverein Odenwälder Apfel e.V. naturgemäß ein besonderes Anliegen, speziell natürlich die robusten Odenwälder Obstsorten aus traditionellem Hochstammanbau auf Streuobstwiesen. Einst seit vielen Jahrhunderten dem undurchdringlichen Wald der Hügel und Täler abgetrotzt, werden diese Wiesen alljährlich durch Beweidung freigehalten. Sonst würde sich der Wald diese Flächen innerhalb weniger Jahre zurückerobern.

Rund um die Siedlungen aus der Zeit um 800 n. Chr, die durch das Kloster Lorsch im Odenwald gegründet wurden, entstanden nahe bei den Häusern die Baumgärten, auch Bangert genannt. In vielen Ortschaften gibt es daher heute noch eine Bangertsgasse oder eine Flurbezeichnung am Bangert, entsprechend zum Wingert in früheren Weinbaudörfern. Erst außen um die Baumgärten herum lagen die Felder. Für das Überleben der Odenwälder Dorfgemeinschaften waren die Baumwiesen unabdingbar, die Obstbäume lieferten nahrhafte und gesunde Äpfel und Birnen, Zwetschgen, Kirschen oder auch – obwohl kein Obst – Nüsse. Damit war die Vitaminversorgung über den Winter gesichert.

 
Baumann Bohnapfel Goldparmäne Reichelsheimer Weinapfel

Noch heute prägen die Baumwiesen das abwechslungsreiche Landschaftsbild des Odenwaldes, wenn auch ihr Obst inzwischen auf dem EU-Markt ein Nischenprodukt für wahre Kenner darstellt. Mühsam ist die Pflege der Wiesen, der Bäume und die Obsternte – alles muß von Hand gemacht werden. Wer daher jetzt im Herbst durch den Odenwald fährt oder wandert, sollte keinesfalls achtlos an den handgemalten Schildern „Äpfel zu verkaufen“ vorübergehen! Ein ganz besonderer Schatz ist hier oft zu heben, unbeschreiblich viel besser als die gängigen Supermarktsorten.

Dafür stehen die Mitglieder des Fördervereins Odenwälder Apfel e.V. und setzen sich für den Erhalt und die Neuanlage von Streuobstwiesen, für einen sanften Tourismus und den verbesserten Absatz regionaler Produkte in der ganzen Region Odenwald ein. Diese ganzheitlich nachhaltige Idee verbindet Ökologie, Ökonomie und Tourismus miteinander, und so finden sich Betriebe unterschiedlichster Art aus den drei Landkreisen Odenwaldkreis, Kreis Bergstraße und Kreis Darmstadt-Dieburg seit 1996 zusammen, um diese Idee gemeinsam zu verwirklichen. Wichtig ist den Mitgliedern auch, ihr Wissen über traditionellen Obstbau weiterzugeben, fragen Sie nur in einem Betrieb nach, der das Apfellogo trägt. Sie werden sicherlich Spannendes, Kurioses und Nützliches über das Odenwälder Obst und seine Nutzung und Pflege erfahren. Der Förderverein Odenwälder Apfel e.V. hat sich aus der Hessischen Apfelwein- und Obstwiesenroute Odenwald e.V. entwickelt und ist seit 2012 unabhängig. Den Nutzen aus vielfältigen Synergieeffekten zwischen Landwirtschaft, Gastronomie, Tourismus und Naturschutz haben die Besucher des Odenwaldes, denn hier findet man eine intakte Landschaft mit abwechslungsreichem Erscheinungsbild. Erfrischender Wald, bunte Obstbaumwiesen mit unglaublicher Artenvielfalt, geheimnisvolle Burgruinen und idyllische Dörfer wechseln sich in schneller Folge ab. Ein Aushängeschild für die landschaftliche Attraktivität des ländlichen Raumes will der Verein sein und zudem Freizeiterlebnisse unter Einbeziehung aller Sinne vermitteln.

So bieten knapp vierzig Gastronomiebetriebe im gesamten Odenwald Kulinarisches von bodenständiger Hausmannskost bis zur feinen Erlebnisküche, immer mit einheimischen Produkten der jeweiligen Saison gekocht. Darunter gibt es für müde Häupter zahlreiche gemütliche Landgasthöfe mit Gästezimmern, Ferienwohnungen oder auch Ferien auf dem Bauernhof.

Im Hintergrund werkeln traditionelle Handwerksbetriebe mit Rohstoffen aus regionalen Quellen und liefern die Zutaten: Lebkuchen, Fleisch- und Backwaren, Käse, Trüffeln und hübsche Keramik.

Damit es auch im Glase gülden blinkt, sorgen etwa zwanzig Wirtshauskelterer, Keltereien und Brennereien für ständigen wohlschmeckenden regionalen Flüssignachschub. Die guten Äpfel dafür - und auch anderes Obst sowie Wurst und Fleisch, Nüsse, Gemüse, Eier, Honig und Bauernhofeis - liefern gut 10 Odenwälder Direktvermarkter, darunter auch zwei Baumschulen, die die Zukunft der Odenwälder Obstwiesen sicherstellen. Das nötige Fachwissen und den Informationsaustausch stellen 12 Fachverbände oder Fachvereine sicher, und ergänzt wird alles durch ein echt Odenwälder Theater, eine Reiseveranstalterin speziell mit Odenwaldreisen für Gartenfreunde und einem geheimnisvollen Kobold.

Von Roßdorf über Groß-Umstadt, Fränkisch-Crumbach, Reinheim, Groß-Bieberau, Brensbach und Reichelsheim, weiter vom Mühltal über das Fischbachtal bis hinunter nach Fürth und Rimbach zeigen die Odenwaldgemeinden, daß ihnen der traditionelle Obstbau am Herzen liegt, indem sie trotz allgegenwärtig angespannter Finanzlage treue Vereinsmitglieder sind. Auch der Odenwaldkreis als Ganzes gehört dazu. Verstärkt wird der Verein durch Einzelmitglieder wie Ehrenmitglied Horst Schnur oder Erik Erstfeld, die sich seit vielen Jahren energisch für den Odenwälder Apfel einsetzen. Insgesamt schaffen gut 100 Mitglieder so ein rundes Bild vom Odenwald und seinen köstlichen Erzeugnissen. Informationen über die Mitglieder und den Verein: www.odenwaelder-apfel.de

Marieta Hiller September 2013, Fotos Armin Treusch

 

Einführung in die besondere Welt der Streuobstwiesen

Bei der JHV der NABU-Gruppe Beedenkirchen gab Florian Schumacher einen umfassenden Einblick in die Arbeit der Streuobstwiesenretter (vereinsunabhängige kreisübergreifende Plattform zum Erhalt der Streuobstwiesen). Beim anschaulichen Jahresbericht des Vorsitzenden Ulrich Rieckher wurde mit Fotos an die Anfänge der Streuobstwiese erinnert, die inzwischen mit großer Blütenpracht erfreut und mit verschiedenen Obstbäumen sowie einem selbst gebauten Insektenhotel weiter aufgewertet wird.

In den neuen Obstbäumen wurden zwei Ansitzstangen für Greifvögel errichtet. Florian Schumacher zeigte sich begeistert von diesem artenreichen Kulturbiotop.

Weitere Aktivitäten des NABU Beedenkirchen: die NABU-Jugendgruppe hängte entlang des Senioren-Wanderweges in der Nähe der einzelnen Ruhebänke Nistkästen auf. Die Papiersammlung zur Aufbesserung der Vereinskasse war trotz intensiver Information der Dorfbewohner 2015 rückläufig. Im Naturschutzgebiet Wiesentälchen wurde mit finanzieller Unterstützung des Kreises Bergstraße Gelände für einen Amphibienteich angekauft, die erste Füllung tätigte die Freiwillige Feuerwehr Beedenkirchen. Auf dem Gelände der Kuralpe konnte wieder Winterfutter für die Vögel hergestellt werden. Die Nistkästen in der Gemarkung wurden von zwei Teams der NAJU-Kids gereinigt. Nicht immer waren Vögel eingezogen: ein stattliches Hornissennest in einem der Nisthilfen war von seinen Bewohnern glücklicherweise schon verlassen worden. Der neue Bauwagen soll zu einem festen Treffpunkt ausgebaut werden.

Erschienen im Maiheft 2016 des Durchblick, W. Koepff

Die Schweizer Wasserbirne ist Obstsorte des Jahres 2017

Der Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald hat in Kooperation mit den Streuobstwiesenrettern und dem Umweltbildungszentrum Schatzinsel Kühkopf die Obstsorte des Jahres 2017 gewählt. Damit soll auf den Schutz und Erhalt der Artenvielfalt und der typischen Kulturlandschaft als auch auf die nachhaltige Nutzung dieser Artenvielfalt aufmerksam gemacht werden. Die Schweizer Wasserbirne ist eine alte regionaltypische Sorte auf der Altrheininsel am Kühkopf in Hessens größtem Naturschutzgebiet Knoblochsaue.
Eine Gruppe von Grundschulkindern un-ter Anleitung von Streuobstpädagogin Lisa Felker kümmert sich im „grünen Klassenzimmer“ als Paten um die Birne. Die Streuobstprojekte des Geo-Naturparks sollen Öffentlichkeit als auch Kommunen auf alte Sorten aufmerksam machen, über die Bedeutung der regionaltypischen Kulturlandschaft der Streuobstwiesen informieren so-wie dazu anregen, sich für deren Schutz und Erhalt einzusetzen. (gp 10-2017)

Geschichte einer Apfelsorte: was aus der Kalbfleisch-Veredelung wurde

Familie Becker aus Asbach hatte einmal einen alten Apfelbaum, der „Kalbfleisch“ genannt wurde. Er stand in Richen bei Groß-Umstadt. Kurz nachdem der Baum aus Altersgründen zusammengebrochen war, konnte Frau Becker jedoch ein paar Zweige retten, nahm sie mit nach Hause und versuchte, sie in ihrem Garten auf einen bestehenden Apfelbaum zu veredeln. So könnte sich die alte Sorte erhalten lassen. Eines der Veredelungsreiser ist erfreulicherweise tatsächlich an-gewachsen. Das ist nun schon einige Zeit her.

Anfang 2013 meldete sich Frau Becker dann bei den Streuobstwiesenrettern, da sie im Durchblick deren Sortenfahndung gelesen hatte. Dort war neben vielen anderen als verschollen geltenden Obstsorten auch nach dem Kalbfleischapfel gesucht worden. Am 24. Januar 2014 konnten die Streuobstwiesenretter von Frau Beckers veredeltem Kalbfleischapfelbäumchen zwei Edelreiser schneiden und brachten sie zur Baumschule Müller zum Veredeln. Die Baumschule ist Mitglied im Förderverein Odenwälder Apfel e.V. und veredelte einen Teil dieser Reiser im Frühjahr 2014 auf eine schwachwachsende Unterlage und versuchte aus dem Rest so viele Hochstämme wie möglich zu veredeln. Daraus sind nun inzwischen ein Hochstamm und zwei Buschbäumchen gewachsen.

Eines der schwachwachsenden Bäumchen wird nun Frau Becker als Dankeschön für ihre Unterstützung zur Rettung des Kalbfleischapfels in den kommenden Wochen übergeben und in ihrem Garten eingepflanzt. Dieses Bäumchen wird vielleicht schon nach zwei Jahren die ersten Früchte tragen. Bei den Hochstämmen wird das etwas länger, so etwa mindestens 5 Jahre dauern. Das ist aber immer auch von der Sorte abhängig. „Da wir noch nicht viel über den Kalbfleischapfel wissen, wissen wir auch nicht, ob die Sorte früh oder spät in Ertrag kommt“, so Streu-obstwiesenretter Martin Schaarschmidt, ebenfalls Mitglied im Apfelverein. Bei besonders starkwachsenden Sorten wie Kaiser Wilhelm oder Gravensteiner könne das auch gerne mal 10-12 Jahre dauern, bis der erste Apfel dranhängt. Da die Unterlage auch immer einen gewissen Einfluß auf die aufveredelte Sorte hat, können die Früchte auf dem künftigen Bäumchen von Frau Becker etwas anders sein als die, die auf Samlingsunterlagen als Hochstamm veredelt werden. So könnte es sein, daß die Früchte auf der schwachwachsenden Unterlage z. B. größer werden.

Glücklicherweise hingen in diesem Sommer auch schon zwei Äpfelchen an dem von Frau Becker veredelten Ästchen, sodaß man den Kalbfleisch endlich einmal zu Gesicht bekommen konnte - siehe Fotos! Da die Früchte jeweils von einem Apfelwickler befallen waren, könnten sie leider nicht voll am Baum ausreifen und mußten schon Ende August geerntet werden. Die Fruchtproben wurden anschließend an einen Pomologen zur Begutachtung gesendet. Dieser konnte die Sorte nicht bestimmen. Das spricht dafür, daß der Kalbfleisch eine eigenständige Sorte ist und nicht ein bekannter Apfel, den man unter einem anderen Namen kennt.

Im Sommer konnten von Frau Beckers Veredelung erneut zwei Reiser geschnitten werden, mit denen inzwischen wieder einige Veredelungen vorgenommen wurden. Da die Veredelungsstelle von Frau Beckers Kalbfleisch mit Obstbaumkrebs befallen ist, war es höchste Zeit, die Sorte abzuveredeln, damit sie so an mehreren Standorten angepflanzt und gesichert werden kann. Interessanterweise erhielten die Streuobstwiesenretter im Herbst 2014 eine weitere Meldung zu einem Standort eines Kalbfleischapfels, diesmal aus dem etwa 30 km vom Baum in Richen entfernten Mittershausen. Dieser etwa hundertjährige Baum trug in diesem Jahr reichlich Früchte, sodaß auch hier Fruchtproben eingesammelt werden konnten. Auf den ersten Blick schienen die Früchte mit dem anderen Kalbfleischapfelbaum übereinzustimmen, was so auch von einem Obstsortenkundler mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit bestätigt wurde. Außerdem wurden die Fruchtproben weiteren Obstsortenkundlern vorgelegt, von denen keiner den Kalbfleischapfel selbst, noch die Sorte unter einem anderen Namen kannte. Zwei Pomologen äußerten jedoch unabhängig voneinander, daß der Kalbfleischapfel aufgrund seines Aussehens sowie seines Geschmacks wohl einmal aus einem Samen einer Goldparmäne entstanden ist. Die Streuobstwiesenretter werden die Sorte nun in den nächsten Jahren weiter beobachten, vermehren und an verschiedenen Standorten auspflanzen. Vielleicht werden ja noch weitere Standorte der Sorte bekannt, sodaß sich dann mit letzter Gewißheit sagen läßt, daß der Kalbfleischapfel gefunden und dann hoffentlich auch langfristig gerettet ist. Der Name „Kalbfleischapfel“ stammt nach Vermutung des Baumbesitzers aus Mittershausen übrigens sehr wahrscheinlich von dem sehr hellen, fast weißen Fleisch des Apfels ab.

Martin Schaarschmidt, Marieta Hiller - im Dezember 2014

Verschollene lokale Obstsorten: Wurde der Kalbfleischapfel gefunden?

Januar 2013:

Auf unsere Vorstellung der Streuobstwiesenretter im letzten Durchblick meldete sich eine Leserin aus Modautal bei Martin Schaarschmidt mit dem Hinweis, daß sie einen Apfelbaum im Garten habe, dessen Sorte sie als Kalbfleisch bezeichne. Dieser Baum wäre wohl schon sehr alt, aber auf einer Seite würde er noch treiben und tragen. Inzwischen wurde ein Zweig abgenommen, um ein Edelreis zu ziehen, mit dem dann ein gesunder Baum veredelt werden kann. Das Auffinden des Kalbfleischapfels wäre ein toller Erfolg, und die Leserin wird dann natürlich kostenlos einen frisch veredelten Kalbfleischapfel bekommen, sodaß auch sie weiterhin diese Sorte in ihrem Garten hat, wenn der Altbaum mal in ein paar Jahren altersbedingt absterben sollte. Ist das Edelreis auf einen Baum aufgesetzt, müssen wir warten, bis wir die ersten Früchte haben, erst dann kann man die Sorte bestimmen. Der Spender-Baum stammt ursprünglich aus Richen bei Groß-Umstadt, sodaß sich die Streuobstwiesenretter nun dort auf die Suche nach weiteren Kalbfleischexemplaren machen. ms/mh - Wer hat eine Zeichnung oder ein Foto? Bitte an die Redaktion schicken: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Die Borsdorfrenette oder Kalbfleischapfel in Richen. Die Äpfel leuchten so schön und die Besitzerin hofft auf eine Frucht im Herbst. Weil der Baum ursprünglich sehr hoch war und so weit von ihrem damaligen Wohnort Griesheim stand, ist er nie geschnitten oder gespritzt worden und hatte doch gar keine Krankheiten. Dieser Baum wurde vor Jahren als Borsdorfer Renette bestimmt. Eine Borsdorfer Renette ist jedoch keine einzelne Apfelsorte, sondern ein Sammelbegriff für mehrere Apfelsorten (z. B. Edelborsdorfer, Zwiebelborsdorfer usw.).

Der Kalbfleischapfel oder Borsdorfer Renette: Neues von einer verschollenen Odenwälder Obstsorte

Eine Zeittafel des Obstbaues im Odenwald für die Jahre von 1071 bis 1954 wurde von H. W. Debor in der Festschrift „Geschichte des Wein- und Obstbaues im Odenwald“ anläßlich des 65 Jährigen Bestehens des Kreisobstbauverbandes Erbach i. Odw. 1898 - 1954 zusammengestellt. Demnach führte die hessische Regierung im Jahr 1572 Borsdorfer Apfelbäume von Gießen ein.
Sie sind damit eine der ältesten pomologisch bekannten Obstsorten im Odenwald.
Details zum Obstbau im Odenwald, zu geeigneten Ostsorten für verschiedene Böden und Klimaverhältnisse in der Region findet man auf den Seiten der Streuobstregion Odenwald.
Steffen Kahl vom Pomologenverein erläutert zum Kalbfleischapfel: er wurde nur in der historischen Literatur genannt als Odenwälder Borsdorfer (Kalbfleischapfel = Lokalsorte). Im Verzeichnis der für den Kreis Offenbach empfohlenen Obstsorten von 1914, 1. Bezirk Main- und West-Bezirk, findet sich eine Kurzbeschreibung :Reifezeit  Dezember - April, Frucht klein bis mittelgroß, plattrund, gelbgrün, später weißgelb und sehr oft schön rot gestreift. Fleisch ist weiß, saftig, ohne Gewürz. Baum wächst kräftig und bildet eine breitkugelige Krone, sehr reichtragend. Früchte hängen fest im Sturm. Gedeiht am besten in gutem, mäßig feuchtem Boden. Eine Lokalsorte, die in Langen, Offenthal und Egelsbach verbreitet ist. Wird viel als Borsdorfer verkauft. In diesem Verzeichnis sind auch noch die Lokalsorten Tellerbirne und Weißbirne genannt und kurz beschrieben.
Das Obstsortiment für die Provinz Starkenburg, Darmstadt 1915  nennt den Kalbfleischapfel für den Kreis Dieburg, wo er auch Engelsberger Winterborsdorfer genannt wurde. Für den Kreis Offenbach findet sich wieder der Kalbfleischapfel (= Odenwälder Borsdorfer). Außerdem findet man hier auch einen Glasapfel und eine Lengfelder oder Odenwälder Weinbirne und wieder die Weißbirne, Tellerbirne, allerdings ohne Beschreibung. (ms/mh . Januar 2013)

Der Siebenschläfer

Nein, hier geht es nicht um das kleine pelzige Wesen mit den großen großen Augen, das uns alljährlich im Frühsommer prophezeit, wie das Wetter für die nächsten sieben Wochen wird.

Angeblich kommt dieses putzige Tierchen ja nicht aus den Federn und treibt sich dafür nachts draußen rum.

Vielmehr geht es heute um einen Apfel: der kommt auch nicht frühzeitig in die Puschen, weshalb er im Volksmund auch Faulenzer genannt wird. Eigentlich heißt er Siebenschläfer wie sein pelziges Pendant. Und er wurde vom Hessischen Pomologenverein zum Apfel des Jahres 2013 gekürt. Schauen wir uns diesen hochdekorierten Faulenzer doch einmal näher an: er ist zuhause im Lahn-Dill-Kreis und kann für Hausgärten sehr empfohlen werden, besonders in rauen Gegenden wie dem Odenwald, denn durch sein spätes Erwachen machen ihm die Frühjahrsfröste wenig aus. Die Äpfel sind widerstandsfähig und lecker als Tafelobst, besonders für Kinder, weil sie wenig Säure enthalten und gutes Fruchtfleisch geben. Außen sind sie leuchtend gelb mit Streifen und Punkten, aber ohne Schorf. Da die Schale etwas fettig ist, lassen sie sich prima auf Hochglanz polieren. Und duften tun sie auch noch, die Siebenschläferäpfel – da muß man einfach hineinbeißen!

Das ist auch gut so: denn geerntet werden sie ab Ende September, aber bis Mitte Dezember sollten sie aufgegessen sein, denn dann verlieren sie ihre Saftigkeit.

Also wohlbekomms: auf zum Siebenschläfersuchen!

Marieta Hiller, September 2013

Noch ein Siebenschläfer:

http://pomologen-verein.de/fileadmin/user_upload/Landesgruppen/HessLokal_2013.pdf

Der Siebenschläfer ist eine alte Sorte des Kulturapfels (Malus domestica), die in dem Gebiet um das Solmsbach-Tal (im Lahn-Dill-Kreis) heimisch ist. Ein weiterer gebräuchlicher Name war Faulenzer.

Alle Namen zielen auf die Eigenschaft des Baumes ab, seine Blüte (und auch seine Blätter) besonders spät auszutreiben. Durch diese Eigenschaft ist der Baum auch für frostgefährdete Lagen noch gut geeignet. Die Sorte ist anspruchslos und gedeiht auch noch auf sandigen Böden. Die Anfälligkeit gegenüber Pilzkrankheiten wie Schorf und Obstbaumkrebs sind sehr gering. Die Bäume werden groß, überhängend-schirmartig und sind sehr gesund, trotzdem ist ein regelmäßiger Pflegeschnitt zu empfehlen. Der Ertrag beginnt relativ früh und ist verlässlich.

Die Äpfel haben eine grüngelbe Grundfarbe, die fast vollständig von der hell- bis brauroten und gestreiften Deckfarbe überzogen werden. Die hell gefärbten Lentizellen sind gut zu erkennen. Das Fruchtfleisch ist ebenfalls leicht grünlichgelb bis rötlich, saftig und mildsäuerlich und süß. Die Sorte Siebenschläfer ist eine gute Wirtschaftssorte und frisch eine gute Tafelsorte. Durch seine Eigenschaften, wie die späte Blüte, schöne Färbung und feste Schale, sowie die geringe Anfälligkeit für Krankheiten, ist die Sorte für den Hausgarten und die Streuobstwiese gut geeignet.

Eine erste Erwähnung erfolgte in dem Werk "Unsere besten deutschen Obstsorten" (Wiesbaden um 1930). Im Jahr 2013 der Wahl des Siebenschläfers zur Hessische Lokalsorte des Jahres 2013 durch die Landesgruppe Hessen des Pomologen-Vereins e.V. sind nur noch Altbäume in der Landschaft des Lahn-Dill-Kreises zu finden.

Pomologen-Verein Hessen

Der Siebenschläfertag ist am 27. Juni und ein Gedenktag für die sieben Schläfer von Ephesus. Die gleichnamige alte Bauernregel besitzt ihre Relevanz als Lostag jeweils etwa 10 Tage später um den 7. Juli, aufgrund der gregorianischen Kalenderreform.

Sieben Wochen = 15. August, Ende des Saftstiegs in den Pflanzen!

Ein alter Apfelbaum, von dem nur noch die äußere Hülle steht - aber er trägt alljährlich Äpfel!

Alles über Streuobstwiesen: Theorie und Praxis

Hier gibt es neben der Entwicklungsgeschichte und den wichtigen Aufgaben einer Streuobstwiese konkrete Hilfen zu geeigneten Obstsorten, zu Verbänden und Insti-tutionen die weiterhelfen können sowie zu Pflege und Obstverwertung. Jede Menge Literaturtipps und Links zu Kelterern, Brennern und anderen Verarbeitern sind ebenfalls zu finden.

Wiese gesucht - Wiese zu verpachten:

ein besonderes Angebot ist die Grundstücksbörse der Streuobstwiesenretter. Sie soll Wiesen, die von ihrem Besitzer nicht mehr gepflegt werden können, an einen neuen Nutzer vermitteln. Dabei bleibt es natürlich jedem Besitzer überlassen, ob er sein Grundstück verkaufen, verpachten oder sein Obst gegen die Pflege der Streuobstwiese abgeben möchte. Wer also ein Grundstück jemandem anderen zur Verfügung stellen möchte oder aber auf der Suche nach einem Grundstück zum Kauf, zum Pachten oder lediglich zum Beernten ist, findet hier den entsprechenden Ansprechpartner. Für den Kreis Bergstraße ist dies Beate Weis vom Nabu Heppenheim, Telefon: 06252/6315 (abends), Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!. Für den Kreis Darmstadt-Dieburg steht noch kein Ansprechpartner für die Grundstücks-börse fest. Die Streuobstwiesenretter haben aber Kontakt mit der Kreisverwaltung aufgenommen.

Schulprojekt: Saft aus herrenlosem Obst

Im Rahmen des Projektes "Saft aus herrenlosem Obst" ernten die Streuobstwiesenretter Äpfel von kommunalen Flächen und privaten Grundstücksbesitzern, die ihre Äpfel nicht selbst ernten möchten und sie für das Projekt überlassen. Das Obst wird zunächst in zwei lokalen Keltereien gekeltert (Flaschenabfüllung und nach dem Bag-In-Box-Verfahren) und im Anschluß mit selbst gestalteten Etiketten bzw. Boxen verkauft. Mit dem Erlös werden dann weitere geplante, aber auch bereits laufende Streu-obst-Projekte finanziert. Das Apfelsaftprojekt soll ab 2013 vor allem in Zusammenarbeit mit Schulen und Kindergärten durchgeführt werden, die für das Sammeln des Obstes eine Saftspende erhalten. Außerdem ist geplant, diese Aktion mit entsprechenden Umweltbildungsprogrammen zu begleiten. Hierzu fanden bereits erste Gespräche mit Vertretern der Umweltschulen im Rahmen einer Versammlung am Naturschutzzentrum Bergstraße Anfang Juni 2012 statt. Das Saftprojekt startete in kleiner Form im Herbst 2012 im Rahmen des Freiwilligentages und soll in den folgenden Jahren mehr und mehr ausgeweitet werden.

Bis zum Beginn des Hessentages 2014 in Bensheim wollen die Streuobstwiesenretter auf dem Gelände des Wambolder Sandes in Kooperation mit der Stadt Bensheim, des Geo-Naturparks Bergstraße-Odenwald sowie örtlichen Vereinen den "Streuobstrettungsweg" als einen etwas anderen Lehrpfad anlegen. Zu finden ist das alles hier.

Gesucht wird: Hans Kasper - zuletzt gesehen: in Rimbach

Hans Kasper ist eine alte Apfelsorte, die im Odenwald früher weit verbreitet war und zurzeit verschollen ist. Zuletzt gesehen wurde Hans Kas-per in Rimbach „In der Hohl“. Seit einem schweren Unwetter fehlt von ihm jedoch jede Spur. Ein Hinweis der Bevölkerung aus Mitlechtern, die ihn vor kurzem noch auf einer Streuobstwiese gesehen haben, führte bislang leider noch nicht zum gewünschten Erfolg. Für sachdienliche Hinweise, die zum Auffinden von Hans Kasper führen, haben die Streuobstwiesen-retter eine Belohnung von 100 Liter Apfelsaft und Apfelwein von unseren heimischen Streuobstwiesen ausgesetzt.

Neben Hans Kasper werden auch weitere verschollene Apfel- bzw. Birnensorten gesucht: Bergapfel, Heppenheimer Renette, Kalbfleischapfel, Odenwälder Borsdorfer, Pflasterapfel, Brum-birne, Ochsenbirne, Odenwälder Weinbirne. Falls jemand den Standort eines Baumes der Sorte Hans Kasper oder der anderen genannten Sorten kennt, wird er gebeten, sich mit den Streuobstwiesenrettern in Verbindung zu setzen, damit diese seltenen Obstsorten vor dem Aussterben bewahrt und wieder in unserer Region angepflanzt werden können. Damit möchten die Streuobstwiesenretter, die auch Mitglied im Förderverein Odenwälder Apfel e.V. (vormals Hess. Apfelwein- und Obstwiesenroute Odenwald) sind, zur Erhaltung der Streuobstwiesen sowie des Landschaftsbildes unserer Heimat beitragen und die biologische Vielfalt in unserer Region bewahren. Kontakt: Martin Schaarschmidt, Lautertal 0170/8 66 48 90 oder 06254/94 08 63.

M. Hiller - erschienen im Durchblick-Dezemberheft 2012

Odenwälder Apfeltauschbörse: der eine hat, der andere sucht!

Kurze Wege und optimale Verwertung von Odenwälder Obst hat die Initiative von Albin Strecker im Blick. Menschen ohne eigene Obstbäume, aber mit großem Apfelsaftdurst bringt er zusammen mit Baumwiesenbesitzern, die ihren Bestand nicht ernten und verwerten können.  So kann beiden geholfen werden.

Jeder kennt die Bilder: die allerbesten Äpfel, und oftmals sogar heimische Sorten, die es in keinem Supermarkt zu kaufen gibt, liegen im Straßengraben, auf Wiesen und Höfen und verfaulen. Wolken von Wespen bevölkern die süße „Umweltverschmut-zung“: Äpfel, die wirklich Geschmack haben, die einen eigenen Charakter haben - das ist ein Anblick, der schmerzt.

Zugleich kann dieses Obst vom Besitzer nicht kostendeckend geerntet und vermarktet werden. Die Ernte ist auf Obstwiesen nur in Handarbeit möglich, denn jeder Baum ist ein Individuum - anders als auf den großen Obstplantagen, wo normierte Baum-reihen auf die Erntemaschinen warten. Der Absatzmarkt für einheimisches Obst ist schwierig, denn die großen Ketten nehmen nur EU-Genormtes. Eigenwillige Äpfel, so wie die Natur sie wachsen läßt, sind dort unerwünscht, denn der Kunde verlangt makellose Ware. Daß dabei der Geschmack auf der Strecke bleibt, merkt er ja erst, wenn er zuhause hineinbeißt in sein EU-Norm-Obst. Mancher Endverbraucher wünscht sich aber gerade die knorrigen, charaktervollen Äpfel seiner Heimat und möchte auch gerne Saft aus genau diesen Äpfeln trinken.

Die Apfeltauschbörse von Albin Strecker macht das möglich: hier werden Listen geführt von Baumbesitzern, die ihr Obst den wahren Genießern zur Verfügung stellen. Zunächst beschränkt sich das Gebiet noch auf Mörlenbach, Rimbach und Birkenau. Das Projekt beruht auf gegenseitiger Hilfe: wer Obst holt, kann dafür etwas anderes anbieten, zum Beispiel eine Baumpatenschaft oder auch Hilfe bei der Baumpflege. Der Baumbesitzer kann neben seinem Obst auch wichtige Erfahrung und Wissen weitergeben.

Albin Strecker ist was Odenwälder Obst betrifft, vorbelastet: als Kind fuhr er mit seinem Vater bei der herbstlichen Apfel-Sammeltour für eine Kelterei mit, später übernahm er das kleine Ladengeschäft auf dem Hof, in dem auch diese Säfte verkauft werden. Drei Generationen wirken hier zusammen und sorgen dafür, daß das Obst von Odenwälder Baumwiesen auf kurzen Wegen zur Kelterei kommt und dort zu Saft für die Region gekeltert wird. Reife frische Mostäpfel werden von Familie Strecker nach Heddesbach geliefert, von dort erhalten die Obstlieferanten dann „ihren“ Saft. Ähnlich könnte eine Kooperation im Lautertal und im Modautal mit naheliegenden Keltereien aufgebaut werden. Inzwischen stellt Familie Strecker eine der Odenwälder Apfelhoheiten: Tochter Alessa repräsentiert für die Region und für allerbestes Odenwälder Obst von Baumwiesen. Selbstverständlich gehört Albin Strecker und seine Apfeltauschbörse auch dem Förderverein Odenwälder Apfel e.V. an. Kontakt: Telefon 06253 / 6303, Telefax 06253 / 806 791

(mh - erschienen im Durchblick Oktoberheft 2012)

Förderverein Odenwälder Apfel e.V. stellt einen lebendigen Verein neu dar

Juni 2012: Phönix erhob sich aus der Asche

Schwierig ist es, einen Verein zu unterhalten, der sich aus gewerblichen Mitgliedern aus drei Landkreisen zusammensetzt. Leicht dagegen ist es für die Mitglieder, ihre Ziele und Vereinszwecke genau zu beschreiben: den Erhalt und die Pflege der Odenwälder Kulturlandschaft der Obstwiese – „Baumstücker“, wie man auf gut odenwälderisch sagt, und die Vermarktung der hier erzeugten Produkte in einer Weise, die Wertschätzung für Produkt, Erzeuger und Genießer zeigt. Darin gibt es kein Wanken, da stehen alle mit Herzblut und Überzeugung dahinter.

Die formale Gestalt des bisherigen Vereins Hessische Apfelweinroute Odenwald e.V. dagegen sorgte immer wieder für Reibung: schon der Name war vielen zu sperrig. Das Finanzamt wollte den gemeinnützigen Zweck der Vereinigung aus Wirtschaftsbetrieben nicht mehr anerkennen. Immer wenn die Saison es erfordert, daß der Verein sich der Öffentlichkeit gut sichtbar präsentiert, haben die Mitgliedsbetriebe daheim alle Hände voll zu tun. Und zu guter Letzt gab es noch Differenzen mit der Marketinggesellschaft Gutes aus Hessen (MGH), die die Regionalschleifen der Apfelweinroute unterhielt, aber nicht in gewünschtem Maße unterstützte.

Schließlich reifte im Vorstand der Entschluß - stets von den Mitgliederversammlungen mitgetragen, sich als Gruppierung von der MGH loszulösen und eine eigenständige Form zu finden, die sich den Erfordernissen besser anpaßt. Gut zwei Jahre brauchte es, bis man sich schließlich offiziell von der MGH trennte und einen in mehreren sehr kreativen Arbeitssitzungen errungenen Leitfaden für die Gruppe zu finden. Und so entwickelte sich aus der sperrigen Hessischen Apfelwein- und Obstwiesenroute Odenwald e.V. der neue Förderverein Odenwälder Apfel.

Schon der Name zeigt klar und knapp, worum es dem Verein geht: um die Förderung des Odenwälder Obstes. Ergänzend muß dazu erwähnt werden, daß damit alle robusten einheimischen Hochstammobstsorten gemeint sind, nicht nur Äpfel, und daß passend zur typischen Odenwälder Kulturlandschaft kein auf Massenproduktion ausgelegtes Plantagenobst dazu zählt.

Was aus der Landschaft verschwindet - und was sich neu zeigen wird:

- ein abhängiger Verein mit überarbeiteten Ehrenamtlern verschwindet, dafür werden administrative Aufgaben nun auch von der Odenwald Tourismus GmbH mit übernommen, die den Verein unter ihre Fittiche genommen hat;

- fest installierte Routen in der Landschaft verschwinden, dafür sollen Besonderheiten in der Landschaft als Erlebnispunkte präsentiert werden; das Logo der MGH (der rote Apfel im grünen Pfeil) wird verschwinden, dafür wird das neue frischgrüne Logo sich an den Mitgliedsbetrieben, auf Informationstafeln, bei Veranstaltungen und Aktionen zeigen;

- die klassische Vereinsstruktur tritt in den Hintergrund, dafür wird ein Katalog der Stärken und besonderen Angebote der Mitglieder erstellt, nicht nur im kommerziellen Bereich, sondern vor allem im Bereich der Wissensvermittlung; der kommerzielle Bereich wird sich in buchbaren Angeboten der Mitglieder präsentieren, der ehrenamtliche Bereich wird einen „Wissenspool“ bilden, aus dem Hobbygärtner, Verbraucher, Odenwald-Liebhaber, Obstbauern, Naturschützer und Genießer sich bedienen dürfen und der vom Können und Wissen der Mitglieder gespeist wird;

Was bestehen bleibt: die Liebe zur Odenwälder Landschaft und ihren Erzeugnissen

Land und Leute im Odenwald sind etwas Besonderes, und sie gehören untrennbar zusammen. Handwerkliche Arbeit, hochwertige Erzeugnisse, fachkundige Präsentation findet man bei den Mitgliedern. Und so fiel es der Mitgliederversammlung Ende März nicht schwer, neben allen übrigen - schnell abgehandelten - Regularien den einstimmigen Beschluß zu fassen, daß der großangelegte Veränderungsprozeß sich in einem neuen Namen (Förderverein Odenwälder Apfel e.V.), einem neuen Logo und dem neuen Leitbild niederschlagen soll.

Seither ist einige Zeit ins Land gegangen, die Ausarbeitung des Corporate-Design Handbuchs für das neue Logo sowie der Markenschutz benötigten Zeit, die Frage wie der Internetauftritt sowie andere Präsentationen des Vereins zu gestalten sind, neue Werbemittel wie Bembel, Gläser, Fahnen und vieles mehr beanspruchen die Aktiven des Vereins und die neue Dachorganisation Odenwald Tourismus GmbH. Vieles ist deshalb zur Zeit noch improvisiert, die Selbstdarstellung des Vereins gleicht noch einer Baustelle. Aber eins steht fest: was die Inhalte betrifft, stehen die gut 120 Mitglieder wie ein Mann dahinter.

Aktuell muß nun eine neue Satzung ausgearbeitet werden, die in einer zweiten Mitgliederversammlung im am 14. August 2012 beschlossen werden kann. Darin wird die neue Struktur des Vereins zum Ausdruck kommen, auch Mitglieds- und Förderbeiträge müssen neu gestaltet werden, und am Schluß des ganzen Prozesses wird es sicherlich eine Auftaktveranstaltung geben, die den neuen Verein in der Region fest verankern wird.

Marieta Hiller, Juni 2012

 

Was macht eigentlich der Pomologe?

Der Pomologe ist ein interessanter Mensch, denn er beschäftigt sich mit dem Apfel. Doch wann hat er damit angefangen? Dazu müssen wir nun zunächst mal ein paar Jahrhunderte in die Vergangenheit reisen. Nein, nicht bis ganz zurück zu Adam und Eva und dem Apfel vom Baum der Erkenntnis. Das kennen wir ja schon.
Dieses Jahr geht’s zu den alten Römern. Die hatten nämlich eine Göttin namens Pomona, sie war die Göttin der Gartenfrüchte. Ihr Name kommt von pomum, was Baumfrucht oder Obstfrucht bedeutet. Sie hatte sogar einen eigenen Opferpriester, ihren Flamen. Es gab in der altrömischen Tempelwelt zwölf „flamines minores“, und der Flamen Pomonalis war einer davon.
Von Pomona wissen wir außerdem, daß sie schwach wurde, als der Gott Vertumnus sie so heftig und ausdauernd umwarb, daß sie - die eigentlich nur das Pfropfen ihrer Bäume im Sinn hatte - schließlich völlig entnervt auf- und sich selbst hingab. Soviel zur Götterwelt, wo es offenbar auch nicht anders zugeht als in der Menschenwelt... Vom Pomologen aber weit und breit noch keine Spur.
Wie ging es derzeit in der Menschenwelt zu? Von mythologischen Lichtgestalten mit Füllhörnern hin zu wissenschaftlicher Erkenntnis strebte diese, doch war es ein weiter Weg. Bis endlich der erste Pomologe auftaucht, müssen noch unzählbar viele Jahrhunderte vergehen. Die Pomologie nämlich ist nicht die Wissenschaft von gefallenen Göttinnen und eroberungsfreudigen Göttern - doch mehr dazu später. Viel später.
Wir aber begeben uns jetzt in die Kreidezeit: damals nämlich -  das ist schon sehr lange her, fast so lang wie Eva und ihr Apfelproblem: 50 bis 70 Millionen Jahre! - damals war das Wetter günstig, und aus den wenigen Grundsorten an Äpfeln, die einst aus Süd-Ost-Asien kamen, wurden unzählige Neue: rotbackige, saure, fettglänzende, festfleischige, warzige, rauhe, süße, duftige, mürbe, dicke, runde Äpfel. Gab es im Kaukasus und dem Himalaya bis zum Ende der Kreidezeit noch mindestens genau so viele Sorten wie vor etwa 200 Jahren, so konnten sich doch nur wenige Malus-Arten bis dorthin retten. Und ob die Dinosaurier sich um die Kultur der Ur-Äpfel bemühten, das wissen wir nicht. Aufgefressen haben sie mit Sicherheit viele davon, und sie werden ihnen wohl auch geschmeckt haben... Und hätte es damals schon den Pomologen gegeben, dann hätte auch er ihnen geschmeckt. Überliefert wurde es nicht.
Erst von den Kelten wissen wir wieder, daß sie sich mit Obstbau befaßten. Immerhin 6000 Jahre alt sind die allerältesten Apfelfunde auf deutschem Gebiet: sie stammen aus einer Siedlung der Bandkeramiker bei Heilbronn. Auch in den Bodensee-Pfahlbauten und in der Schweiz und in Österreich fand man Spuren vom Holzapfel - dem Malus sylvestris. Klein war er, herb und eigenwillig. Die Kelten sammelten den Wildapfel und dörrten ihn für ihre Vorratshaltung. Im gesamten Siedlungsgebiet kann man Spuren von ihm finden, und dennoch ist er nur vielleicht der Vorfahre der modernen Kulturäpfel. Man weiß es nicht genau, denn die Kelten kannten sich zwar mit Landbau aus, aber bei der Dokumentation haperte es noch gewaltig. Schriftliche Urkunden aus keltischen Zeiten kennt man nicht. Und noch lange ist kein Pomologe in Sicht. Der Apfel aber durchlebte die Zeiten der Kelten, der Römer und der Germanen, und irgendwie schlug er sich durch bis ins Mittelalter.
Dann kamen die Kreuzzüge, bei denen die Menschen - freiwillig unfreiwillig - in der weiten Welt herumkamen. Sie sorgten dafür, daß aus den vorhandenen Apfelsorten eine neue genetische Vielfalt entstehen konnte. Man nahm Äpfel mit auf Kreuzzug, man tauschte sie mit den Bewohnern jener fernen Länder oder nahm ihnen ihre Äpfel ab. Schließlich war man ja auf Eroberungstour! Das ist aber auch schon wieder acht bis zehn Jahrhunderte her, doch die aus den freiwillig unfreiwilligen Apfeltauschbörsen entstandene Vielfalt konnte sich hier heimisch machen. Schon seit dem 16. Jahrhundert kennen wir den Roten Eiserapfel, die Herbstparmäne und die Goldparmäne, den Weißen Winterkalvill, den Königlichen Krummstiel und den klassischen Backapfel. Den Pomologen aber suchen wir noch immer vergeblich.
Die Äpfel wuchsen auf Bäumen in hochherrschaftlichen Gärten, denn für das gemeine Volk schien die göttliche Frucht den kirchlichen und weltlichen Würdenträgern denn doch zu schade. Von Schergen bewacht wurden die Gärten, und auf Äpfelklau stand oft genug die Todesstrafe. Das trug sicher mit dazu bei, daß dem Apfel eine überirdische Aura anhing, etwas ganz Besonderes war er, etwas Köstliches, Verbotenes, ein „Haben-will!“.
Doch auch die hochherrschaftlichen Würdenträger konnten sich der Wahrheit nicht verschließen, daß der Genuß von Äpfeln gesund für Körper und Geist war, daß er wichtige Nährstoffe auf den Speisenplan brachte, daß er für Saft und Kraft im Volk sorgen konnte - und das war genau das, was die Herrschaften brauchten: ein Volk in Saft und Kraft. Und so öffneten sie allmählich ihre schwerbewachten Gärten und teilten die köstlichen Schätze ihrer Bäume aus ans gemeine Volk. Der Apfel stieg aus den ummauerten Paradiesen hinab in die Gärten der Bauern. Zweihundert Jahre später war er von dort nicht mehr wegzudenken, die einfachen Leute konnten sich jetzt in ihren Bauerngärten selbst mit frischem Obst versorgen.
Das wissen wir heute aus alten Quellen, aus herrschaftlichen Verordnungen etwa, nach denen sich die Untertanen vor allem bei einer Heirat verpflichten mussten, Obstbäume zu pflanzen. Friedrich II. von Preußen und Kurfürst August von Sachsen waren solch umsichtige Herrscher. Pomologen aber waren auch sie noch nicht.
Verbunden mit dieser „Säkularisierung“ des Apfels, mit seiner Verbreitung im einfachen Volk, rückte die wohlschmeckende Frucht auch ins Interesse der Forscher. Bei jedem Schritt begegnete ihnen ein Apfelbaum, und schnell stellten sie fest, daß Apfel nicht gleich Apfel war. Bei ihrer Verbreitung von Garten zu Garten, von Baumwiese zu Baumwiese entstanden so viele verschiedene Äpfel, daß es dringend not tat, sie endlich zu verzeichnen. Und so zog er endlich hinaus in die Landschaft, der Pomologe. Probierte hier einen Saftigen, zeichnete dort einen Rotbackigen, schnupperte an einem Duftigen, beschrieb einen Buntgeflammten, notierte Lagereigenschaften der weichen runden wie der festfleischigen grünen Äpfel, ließ sich eifrig Rezepte von Bauersfrauen geben, wie die Sorten zu Kompott, zu Mus oder zu Saft verarbeitet werden konnten. Auch vergaß er nicht, sorgfältig zu verzeichnen, welcher Apfel wo wuchs und welche Bäume in der Nachbarschaft so herumstanden. Das war er endlich, unser Pomologe!
Doch begnügte er sich nicht damit, alles aufzuschreiben. Er experimentierte auch. Und was wir heute als Gentechnik verdammen, hatte eigentlich im 18. und 19. Jahrhundert seinen Ursprung. Das Veredeln von Apfelsorten wurde zum Wissenschaftler-Sport. Man kreuzte und verbesserte, saftiger sollten die Äpfel werden, süßer und aromatischer, und viel Ertrag sollten sie bringen. Lagerfähig sollten sie natürlich auch sein, und unempfindlich gegen Regen, Nässe, Wind und Schädlinge. Und so gehörte es bald zum guten Ton, daß ein jeder Pomologe einen eigenen Apfel erfand, dem er natürlich auch den eigenen Namen verlieh. Bald bevölkerten die Jakob-Fischers, Kaiser Wilhelms, Graf von Breitenbachs und Boskoop die Obstkörbe. Wer es etwas bescheidener mochte, der nannte „seinen“ Apfel nach dem Herkunftsort: Beerbacher, Bittenfelder, Brettacher, Borsdorfer...
Das war seine schönste Zeit, meint der Pomologe. Unbegrenzte Möglichkeiten, Ruhm und Ehre - und immer mehr leckere Äpfel!
Doch es kam, was kommen mußte: die Zeitläufte änderten sich. War es im 19. Jahrhundert der aufkommenden Industrialisierung zu danken, daß Freizeit übrig blieb, in der man sich anderen Dingen als der täglichen Arbeit widmen konnte - also auch der Apfelforschung, so führte die Industrialisierung doch nur wenige Jahrzehnte später dazu, daß nicht jedes Äpfelchen seinen Weg vom Baum bis in die Obstschalen schaffte. Besonders nach dem 2. Weltkrieg mußten sich die Äpfel den arbeitstechnischen und wirtschaftlichen Erfordernissen der rationellen Tafelobstproduktion unterwerfen. Wer zu schnell braunfleckig wurde, hatte verloren. Wer zu früh, zu spät oder auch mal überhaupt nicht reif wurde, hatte Pech. Wer zwar gut schmeckte, aber lange Transporte nicht vertrug, weg damit! Wer runzlig, fleckig, warzig oder krummgewachsen war: weg damit! Wer am Baum nicht in Reih und Glied auf weiten Ländereien wachsen wollte, sondern lieber eigenwillig und bunt gemischt auf der Obstwiese stehen wollte: abgehackt!
Übrig blieben nur: der fadsüße Golden Delicious, die Allerwelts-Parmäne, der krachsaure Granny Smith, der zähnebrechende Braeburn und die hübsche aber geschminkte Pink Lady. Die Vielfalt an Geschmack und Verwendungsmöglichkeiten mußte dem schönen Schein weichen, und austauschbar wie Plastikbälle liegen sie in den Auslagen der Supermärkte. Und was tut der Pomologe jetzt?
Trauert er den alten Zeiten hinterher, als tagtäglich ein neuer Apfel entdeckt wurde? Mixt er in Gentechnik-Labors geheimnisvolle Substanzen, um den Apfel aller Äpfel zu entwickeln? Schreibt er seine Memoiren? Sitzt er in Talkshows und redet übers Wenn und hätt’?
Nein! Er ist unermüdlich unterwegs, sammelt was noch zu sammeln ist, bewahrt was bewahrt werden kann, hütet und pflegt, was die große Vereinfachung überlebt hat. Alte, vom Aussterben bedrohte Sorten werden gerettet, bevor sie ganz verschwunden sind. Nach verschollenen Obstsorten, aus Literatur oder Volksmund noch bekannt, wird gefahndet. International ist er unterwegs, der Pomologe. Auf Treffen, auf Tauschbörsen und auf Apfelveranstaltungen. Und er hat Erfolg: schon einige längst verschollen geglaubte Apfelsorten konnten so bewahrt werden. Immer wieder geht er zu Treffen, wo Apfelfreunde zusammenkommen und ihre Sorten mitbringen. Da wird geschnuppert, probiert, berichtet und verglichen, und nicht selten taucht tatsächlich eine verlorengeglaubte Sorte auf! Für Gartenfreunde und Obstbauern verfaßt er sorgfältige Anleitungen über die richtigen Obstsorten am richtigen Ort, besonders die robusten einheimischen Sorten sollen dabei zum Zuge kommen. Denn so haben alle einen Nutzen davon: die Flora und Fauna auf der Obstwiese, die guten Apfelsorten, die Apfelfreunde - und der Pomologe. Denn ihm ist es zu verdanken, daß es auch heute noch Äpfel gibt, die gut schmecken - ein jeder nach seinem Charakter: säuerlich oder würzig, fest oder mürbe, duftig oder herb. Probiert sie nur - ihr werdet schon sehen!
Marieta Hiller, teilweise veröffentlicht in Typisch Odenwald 2012.

2017: das Jahr (fast) ohne Äpfel - der Förderverein Odenwälder Apfel e.V. informiert

Bis zu 80 % Ernteausfall müssen die hessischen Apfelbauern 2017 finanziell schultern, während die Äpfel zugleich das Lieblingsobst der Deutschen sind. 20 Kilo pro Kopf und Jahr werden verzehrt. Dabei sind es nur zu oft die paar allgegenwärtigen Sorten aus dem Supermarkt. Viel besser dagegen schmecken die Streuobst-Äpfel, darüber informierte der Förderverein Odenwälder Apfel e.V. während des Groß-Umstädter Bauernmarktes im September. Hier wurde der Odenwälder Apfelherbst mit Ap-felwein-Blindverkostung, Apfelausstellung und Sortenbestimmung eingeläutet.

Apfelallergie: alte Sorten sind oft verträglicher

Am Stand stellten die Besucher viele Fragen, die zweithäufigste fiel dabei besonders auf: "Welche Sorten kann man als Allergiker essen?" Jeder Fünfte in den westlichen Ländern hat eine Nahrungsmittelunverträglichkeit - und es werden täglich mehr. Besonders unschön ist die Apfelallergie - heißt es doch „ein Apfel am Tag vertreibt Kummer und Plag“ oder „an apple a day keeps the doctor away“. Wie kann etwas so Gutes wie ein echter Odenwälder Apfel schädlich sein und krank machen? Keine Sorge: die Odenwälder Äpfel sind nicht die Schuldigen!

Es sind die Neumodischen Geschmacklosen. Ihnen wurden die Polyphenole abgezüchtet, damit sie gefälliger schmecken.  Leider entstehen dadurch häufig Allergien. Diese Erfahrung machten unzählige Freiwillige, die sich am Projekt „Allergiker helfen Allergikern“ beteiligen. Schnell stellten sie nämlich fest, daß einige der alten einheimischen Sorten, die auf den Obstwiesen wachsen, keine Reaktion auslösten - außer einem genußvollen Aaaaah!

Es ist eine ganz bestimmte Anordnung der Aminosäuren, die für eine Allergie verantwortlich sind. Diese können oft durch Kochen so verändert werden, daß das Lebensmittel verträglich wird. Auch der Kauf von Obst aus ökologischem Landbau hilft, denn die Pestizide, die wir unwissentlich mit dem Obst essen, belasten das innere Milieu.

„Moderne“ Äpfel enthalten wenig Polyphenole. Das ist der Stoff, aus dem das Knackige, Fruchtige, Säuerliche der Äpfel gemacht ist. „Die Großen Fünf“ - Golden Delicious, Braeburn, Granny Smith, Jona-gold und Cox Orange - wurden für die sogenannten 70%-Leckermäulchen gezüchtet: nicht zu sauer, nicht zu herb, nicht zu kräftig. Sondern einfach gefällig, angenehm, langweilig. Und polyphenolarm.

Der Gegenspieler ist der Boskoop: er hat viel Polyphenol, und damit auch viel Charakter - man muß ihn mögen, muß ihn sich erobern.

Allergiker helfen Allergikern: welche Sorten kann ich essen?

Der BUND Lemgo hat die Frage der Apfelverträglichkeit sehr ausführlich erforscht. Demnach sind die alten Sorten Altländer Pfannkuchenapfel, Goldrenette, Freiherr von Berlepsch, Gravensteiner, Jo-nathan, Landsberger Renette, Minister von Hammerstein, Roter Berlepsch, Roter Boskoop, Schöner aus Boskoop, Weißer Klarapfel und Wintergoldparmäne für Allergiker gut verträglich. Dort entdeckte man zugleich viele für Diabetiker gut geeignete Apfelsorten: Alkmene, Champagner Renette, Gelber Edelapfel, Idared, Lanes Prinz Albert und Ontario; länger gelagerte Äpfel sind für Diabetiker besser geeignet, weil der Zuckergehalt während der Lagerung abnimmt.

In Lemgo entstand das Projekt „Allergiker helfen Allergikern“, da vorher kaum Informationen zu gut verträglichen Apfelsorten vorlagen. Selbsttestberichte von Betroffenen (in Absprache mit dem Haus-arzt!) füllten in den letzten Jahren eine nützliche Datenbank für Apfelfreunde. Aktuell sollen die Ergebnisse zur Studie Verträglichkeit von Apfelsorten in Kooperation mit dem Allergiezentrum der Ber-liner Charité erscheinen, hier konnte der Zeitplan der Veröffentlichung im Frühjahr 2017 aufgrund der Verzögerung eines zugesagten Sponsorenbeitrages nicht ganz eingehalten werden. Interessante Er-kenntnis aber vorweg: eine Probandin berichtete, daß beim Verzehr der als verträglich eingestuften Äpfel in den ersten Wochen noch geringe allergische Reaktionen auftraten, die im Laufe der Stu-dienzeit abnahmen. Gegen Ende stellte sie keinerlei Reaktionen mehr fest und konnte problemlos und mit Begeisterung Äpfel essen. Das läßt hoffen!

Um ausschließen zu können, daß Spritzmittel die eigentliche Ursache für die Apfelallergie sind, sollten nur Testergebnisse mit unbehandelten Äpfeln eingereicht werden. Eine lange Liste verträglicher Apfelsorten ist so bereits zusammengekommen. Die Basis bildeten die Apfelsorten aus dem Werk "Deutschlands Obstsorten", ergänzt um die Sorten aus der Lemgoer Streuobstwiese und von Allergikern gemeldete Apfelsorten. Die umfangreiche Internetseite des BUND-Lemgo will genauso erschlossen werden wie ein Boskoop: man schaut hinein, sucht und scrollt, klickt und liest - und nach und nach kommt man auf den Geschmack. Funktioniert ein Link nicht, kann sich der geneigte Leser oder die interessierte Apfelfreundin mit Fragen an die BUND-Ortsgruppe Lemgo wenden. Für alte Obstsorten gibt es hier eine Datenbank und unglaublich viele weitere Informationen.

Wo bekomme ich alte polyphenolreiche Apfelsorten?

Lemgo ist weit, auch wenn das Internet Nähe schafft. Am Stand des Fördervereins Odenwälder Apfel e.V. am Bauernmarkt Groß-Umstadt 2017 war die meistgestellte Frage: "kann ich diese alten Sorten hier kaufen?" Antwort von Martin Schaarschmidt, Streuobstwiesenretter aus Reichenbach: "Leider nein. Diese Ausstellung wurde mühsam im ganzen Odenwald zusammengetragen, um sie an vielen Orten den Menschen zeigen zu können. In diesem Jahr gab es vielerorts so wenige Äpfel, daß auf einem Teller dieser Ausstellung die gesamte Ernte eines Baumes liegen." Und Anke Braun, ebenfalls Mitglied im Förderverein, ergänzt: "eine Betroffene, die selber eine starke Apfelallergie hat, erzählte mir daß sie die Gewürzluike gut essen kann. Brettacher, Rambour, Goldparmäne, Boskoop, Ontario und Glockenapfel kann man bei Bauer Keil in Reichelsheim-Bockenrod kaufen, allerdings gibt es dieses Jahr fast keine Äpfel. Der Nabu Fischbachtal macht zum Apfelherbst 2017 eine Aktion mit Apfelsorten (3. Oktober). Auch unsere Nachbarn haben alte Sorten im Angebot, jeder kann einfach mal in die Runde fragen." (die Nachbarn wohnen in der Nähe der Kelterei Krämer in Reichelsheim-Beerfurth)

Doch wenn man sie bekommt, die guten alten Sorten - sind sie dann nicht aufwändig zu lagern? Sie sind es wert: Äpfel, die auf ihren Bäumen auf der Streuobstwiese wuchsen, die mühsam ohne Maschineneinsatz und meist auch ohne Chemie gepflegt werden, sollten mit Wertschätzung behandelt werden. Der Aufwand macht sie unrentabel und verschafft den langweiligen Großen Fünfen einen unverdienten Vorteil. Jeder Apfelliebhaber sollte also durch den Odenwald fahren und dort anhalten, wo handgeschriebene Tafeln an der Hoftür „Äpfel“ verheißen. Oft findet man dort wirklich charaktervolle Äpfel.

Wo bekomme ich Hochstämme alter Sorten?

Natürlich könnte man auch im eigenen Garten einen Apfelbaum pflanzen, das wird ja seit Martin Luther jedem empfohlen. Woher man alte Sorten bekommt, findet man daher natürlich auch beim BUND Lemgo, wo ein Link zu Bezugsquellen alte Obstsorten geschaltet ist. Aber Lemgo ist weit, und für einen Apfelbaum fährt niemand ins Westfälische. Es gibt ja schließlich hier vor Ort einige Baumschulen, die sich ganz gezielt auf alte Sorten spezialisiert haben. Die Mitgliedsbetriebe des Fördervereins Odenwälder Apfel e.V. helfen gerne weiter, auch die Obst- und Gartenbauvereine - und sie sind stets vor Ort zu finden. "Bei den Streuobstwiesenrettern gibt es unter ‘anlegen’ und ‘Obstbäume kaufen’ viele lohnende Kontaktadressen," ergänzt Florian Schumacher. Nach dem Motto „mer muß schwätze mit de Leit, dann kimmt mer aa ins Gspräch“ kommt man auch in dieser Frage am schnellsten weiter.

Nicht zuletzt können wir hier in unserer Odenwald-Region dazu beitragen, daß es Allergikern besser geht und daß sehr viele von ihnen sich endlich wieder trauen, herzhaft in einen knackigen kräftigen Apfel zu beißen - und es nicht zu bereuen.

Dazu brauchen wir jedoch die kleinen Apfelbauern, die ihre Ernte auf Bauernmärkten oder auf ihrem Hof verkaufen, oft über Mundpropaganda.      

Kontaktadressen und Links:

Förderverein Odenwälder Apfel e.V.: www.odenwaelder-apfel.de Adressen von Direktvermarktern, Obst- und Gartenbauvereinen,  Baumschulen (Rubrik Handwerksbetriebe)
BUND Lemgo: www.bund-lemgo.de/apfelallergie.html
ca. 4000 potentielle Allergene: www.alles-zur-allergologie.de
Deutscher Allergie- und Asthmabund e.V. (DAAB) www.daab.de
Allergieportal www.aktionsplan-allergien.de
Bundesamt f. Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) www.bvl.bund.de
Alte Obstsorten erhalten! www.pomologen-verein.de Informationsblatt des Pomologenvereins e.V.
NABU - Goldparmäne statt Granny Smith: www.nabu.de/natur-und-landschaft/landnutzung/streuobst/sorten/15184.html
Streuobstwiesenretter: www.streuobstwiesenretter.de
Hofladen Keil Bockenrod: http://hofladen-keil.de/ Tel. 06164-3596

Marieta Hiller, September 2017

2017: das Jahr (fast) ohne Äpfel Teil II - Infos des Fördervereins

Inzwischen sind fast wöchentlich Berichte über Obstdiebstahl und fehlendes Angebot an regionalem Obst in den Medien.

Bis zu 80 % Ernteausfall sind vor allem dem Nachtfrost vom 20. auf den 21. April 2017 mit bis zu 9 Grad minus zu verdanken. Die Blüten der Obstbäume wurden dabei flächendeckend fast überall vernichtet.

Hinzu kommt ein Pilz: der Rindenbrand (Diplodia mutila), der die Bäume zum Absterben bringt. Er befällt besonders ungepflegte Obstbäume und nistet sich gern in Brennholzstapeln auf Obstwiesen ein. Das Lagern von Brennholz in der Natur ist vom Gesetzgeber verboten.

Rindenbrand taucht seit dem heißen trockenen Jahr 2003 verstärkt auf, in dem die Bäume durch Trockenstreß geschädigt wurden. Er zeigt sich in scharfen Braunstellen direkt unter der Borke, vor allem am Stamm und an starken Ästen. Wo Risse entstehen, können sie oftmals nicht wie bei widerstandsfähigen Bäumen durch Überwallung geschlossen werden. Hier oder in Verletzungen durch unsachgemäßen Schnitt oder durch Insektenfraß dringt der Pilz ins Kambium (Schicht zwischen Borke und Leitgefäßen) ein und breitet sich aus.

Wichtig ist daher, die Obstbäume gesund zu erhalten, damit sie den Pilz abwehren können. Bei anhaltender Trockenheit muß bewässert werden, bis zu 100 Liter pro Baum. Die Baumscheiben sollen krautfrei gehalten werden, denn hier verstecken sich auch gerne Wühlmäuse. Eventuell muß der Nährstoffgehalt des Bodens geprüft und aufgebessert werden.

Wenn Schnittflächen versiegelt werden, nur mit einem fungizidhaltigen Mittel. Wo Rindenbrand auftritt, muß Schnitt- und Altholz entfernt und vernichtet werden.

Faltblatt der Hochschule Geisenheim www.hs-geisenheim.de
Gartentelefon der Hessischen Gartenakademie 0180-5729972 im Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH)
Fachwarte der Obst- und Gartenbauvereine oder der Verbände

Mistel: steht nicht unter Naturschutz und ist ein Schädling

Auch wenn die Mistel von den Druiden unserer Vorfahren zum Schutz vor Feuer und bösen Geistern über Türen und an Hauswände gehängt wurden, ist die uralte Zauberpflanze doch ein Schädling für Obstbäume.

Ausführliche Infos hierzu: www.nabu.de Suchwort „Mistel“.

Bei starkem Mistelbefall ist ein Absterben der Bäume zu befürchten.

Wer gerne Mitglied im Förderverein Odenwälder Apfel werden möchte, kann sich jederzeit über www.odenwaelder-apfel.de anmelden. Es gibt die reine Fördermitgliedschaft oder auch eine Präsenzmitgliedschaft mit Logonutzung und vielen weiteren Vorteilen. M. Hiller, Oktober 2017

1 Wo gärt ein guter Apfelwein aus Odenwälder Äpfeln am besten?

U - im Sudkessel
N - im Schnellkochtopf
P- im Gewölbekeller

2 Wie heißt der Obstfachmann?

G - Pomade
A - Pomologe
R - Pommes frites

3 Welche Stoffe verursachen oft Bauchweh?

L - Gluten und Lactose
I - Zucker und Zimt
E - Pfeffer und Salz

4 Wer dreht sich nach der Fledermaus um?

B - der Schlenkerbein
E - der Wendehals
R - der Wackelfinger

5 Welche Edelsteine fand ein kleiner Bub, der hinter seiner Mutter und dem Pflugpferd über den Acker lief?

K - Kartoffeln
E - Dracheneier
F - Granate