In Anlehnung an den bundesweiten „Tag des Geotops“ am 19. September 2021, zeichnet der Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald in jedem Jahr – nun zum 20. Mal – ein besonderes Fenster in die Erdgeschichte als „Geotop des Jahres“ aus, darunter das UNESCO-Welterbe Grube Messel, das Felsenmeer im Lautertal, der Schlossgraben in Heidelberg oder die Tropfsteinhöhle in Buchen. Diese steinernen Archive der  Erdgeschichte bergen Informationen zu längst vergangenen Landschaften, Lebewelten und Klimaten, die uns daran erinnern, dass sich unsere Erde in stetem Wandel befindet.

Willi Kredel (Bürgermeister Gemeinde Brombachtal), Dr. Jutta Weber (Geschäftsführerin Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald)

 

In diesem Jahr geht es um einen besonderen Landschaftsausschnitt, der wie wenige andere Orte im Odenwald die Geschichte des einstigen variskischen Hochgebirges aus dem Erdaltertum zeigt: Die Böllsteiner Gneisfelsen sind nicht nur Namensgeber für eine ganze geologische Einheit, sie haben auch in ihren Strukturen die Geschichte der tektonisch bedingten Verformung während jener großen Gebirgsbildung gespeichert. Vor mehr als 400 Millionen Jahren kristallisierte das Ausgangsgestein als granitische Schmelzmasse als Teil eines Inselbogens mitten im Ozean. Während der nachfolgenden Gebirgsbildung wurde der
Inselbogen an das neu entstehende Gebirge angegliedert, seine Gesteine gelangten dabei vor etwa 360 Millionen Jahren sogar bis in über 60 km Tiefe. Auf dem langen Weg nach oben entstand eine kuppelförmige Aufwölbung, in deren Zentrum heute der Ort Böllstein liegt. Die Schieferung sowie heute noch erkennbare Falten und Scherzonen im Gestein vermitteln den Besucherinnen und Besuchern einen Eindruck von den gewaltigen Kräften, die das Gestein plastisch verformt haben, bevor es vor rund 290 Millionen Jahren zum ersten Mal das Licht der damaligen Landoberfläche erblickte.

Der Gneisfelsen aus Granodiorit-Gneis am Ehrenmal Böllstein ist nach wie vor ein beliebter Exkursionspunkt für Universitäten aus ganz Deutschland. In der Fachliteratur sind seine Strukturen ausführlich beschrieben und interpretiert. So setzt die Auszeichnung dieses spannenden Ortes der Erdgeschichte als Geotop des Jahres 2021 in besonderer Weise die Tradition der „ausgezeichneten Fenster in die Erdgeschichte“ im Geo-Naturpark BergstraßeOdenwald fort.

Im Rahmen einer Feierstunde mit Enthüllung der Geotop-Tafel wurde das Geotop des Jahres 2021 am 19. September 2021 ausgezeichnet. Im Anschluss wurde der besondere Ort im Rahmen einer Exkursion aus geologischer, naturräumlicher und kultureller Sicht vorgestellt. Mit der neu aufgelegten Geotop-Broschüre kann das Geotop des Jahres 2021 im gesamten Jahresverlauf auf eigene Faust erkundet werden.

Der Böllsteiner Gneisfelsen mit einer Gedenktafel an die Toten der letzten beiden Weltkriege, Foto M. Hiller

Die Geotope des Jahres:

Geotope wie Natursteinklippen, Steinbrüche oder besondere Landschaftsausschnitte sind unser Schlüssel zur Vergangenheit. Als Fenster in die Erdgeschichte zeigen sie uns Spuren vom Werden und Vergehen der Kontinente, globalen Klimawechseln oder auch vom Aussterben ganzer Tiergruppen. Bei der Auszeichnung zum „Geotop des Jahres" ist es für den Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald von besonderer Bedeutung, dass das Geotop die Themen Erdgeschichte, Natur, Mensch und Kultur gleichermaßen miteinander verbindet und so einen neuen, ganzheitlichen Blick auf die Region ermöglicht.

Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald

Der Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald umfasst eine Fläche von 3.800 km² zwischen Rhein, Bergstraße, Odenwald, Main und Neckar. Hier finden lebendige Begegnungen mit Erdgeschichte, Natur, Mensch und Kultur statt. Dabei sind Geotope als Fenster in unsere ferne Vergangenheit von besonderer Bedeutung. Ausführliche Informationen rund um den Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald, vielfältiges Infomaterial, Rad- und Wanderkarten sowie Tipps zu Erkundungstouren auf stillen Pfaden sind unter www.geo-naturpark.de zu finden.

Geologe Jochen Babist erläuterte die Besonderheiten am Böllsteiner Gneis, Foto M. Hiller