Das Thema „Nibelungen“ in Lindenfels: Es sind nicht nur Drachen, mit denen man den Namen Lindenfels seit einigen Jahren verbindet. Denn seit 2010 gibt es das Deutsche Drachenmuseum, welches pro Jahr zwischen 5000 und 6000 Gäste in unser Städtchen zieht.

Denn neben der Burg Lindenfels und dem Lindenfelser Museum gibt es ein weiteres Thema, mit dem man den heilklimatischen Kurort in Verbindung bringt: Es ist das Nibelungenlied bzw. es sind die Nibelungen.

Durch Lindenfels zieht sich die B47, die schon seit langer Zeit als Nibelungenstraße bezeichnet wird und die Städte Worms und Würzburg miteinander verbindet. Ein langes Teilstück dieser Straße durchquert den Odenwald - der Sage nach, das Jagdgebiet der Nibelungen. Die Städte und Gemeinden entlang der Nibelungen- und der parallel dazu verlaufenden Siegfriedstraße hatten sich 1989 zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen. Ziel war, mit dem Thema Nibelungen eine gemeinsame Werbeplattform für unsere Region zu schaffen. Die Geschäftsstelle befand sich bis Anfang 2022 in Lindenfels. Die Arbeitsgemeinschaft hat sich jetzt aufgelöst. Es bleibt aber bei den ehemaligen Mitgliedern die Erinnerung an viele gemeinsame Aktionen, insbesondere an die Nibelungenzüge der Jahre 2000 und 2010, die ein bundesweites Echo hervorgerufen und ein breites Interesse an unsere Region geweckt haben.

Inzwischen gibt es jedoch den Nibelungensteig, der als zertifizierter Fernwanderweg von Zwingenberg an der Bergstraße quer durch den Odenwald bis Freudenberg am Main verläuft. Er führt auch durch Lindenfels und direkt am Deutschen Drachenmuseum vorbei. Viele Wanderer machen Station in unserer Stadt und machen von unseren touristischen Angeboten Gebrauch.

In einer Vitrine des Drachenmuseums ist eine Faksimile-Ausgabe der ältesten Fassung des Nibelungenliedes ausgestellt. Die Handschrift stammt von einem unbekannten Dichter aus der Zeit um das Jahr 1200 n.Chr. Sie und zwei weitere Handschriften sind seit 2009 UNESCO-Weltdokumentenerbe. Auch die einzige bebilderte Fassung aus dem Mittelalter befindet sich im Drachenmuseum - der sogenannte „Hundenhagensche Codex“.

Am Aufgang zur Burg Lindenfels steht die Skulptur „Siegfried tötet den Drachen“. Die eiserne Skulptur wurde von dem Künstler Jens Nettlich aus Winningen an der Mosel hergestellt, der auch weitere Szenen des Nibelungenliedes in 15 Städten an der Nibelungen- und an der Siegfriedstraße in Form von Skulpturen in ähnlicher Art geschaffen hat. Sie resultieren aus dem Künstlerwettbewerb im Jahr 2002, den die Arbeitsgemeinschaft Nibelungen-Siegfriedstraße ausgelobt hatte. Das in Lindenfels tagende Preisgericht hatte den ersten Preis an Jens Nettlich für seinen Wettbewerbsbeitrag vergeben.

Im Nibelungenlied wird geschildert, wie Siegfried an einer Quelle im Odenwald von Hagen ermordet wurde. Mehrere Quellen und Brunnen werden mit der Mordtat in Verbindung gebracht, so auch der Nibelungenbrunnen in Lindenfels. Er befindet sich kurz hinter dem Ortsausgang an der B47 in Richtung Reichelsheim, im so genannten "Teufelsloch". Der Odenwaldkenner und Professor an der Lateinschule in Weinheim, Albert Ludwig Grimm, sprach sich bereits im 19. Jahrhundert dafür aus, dass sich die Mordtat an Siegfried in der Nähe von Lindenfels ereignet habe. Auch war er der Meinung, der Name "Lindenfels" könnte noch von der durch jenes Ereignis denkwürdigen Linde herrühren (niedergeschrieben im Buch: A. L. Grimm „Die malerischen und romantischen Stellen der Bergstraße, des Odenwaldes und der Neckar-Gegenden. Darmstadt 1822). Auch der Mainzer Domkapitular Johann Konrad Dahl versuchte seinerzeit ebenfalls nachzuweisen, dass der Drachentöter Siegfried in Lindenfels sein Ende gefunden hat.

Ca. 80 Meter vom "Nibelungenbrunnen" entfernt, trägt eine Felsengruppe die inzwischen stark verwitterte Bezeichnung "Nibelungen-Ruhe".

Es ist erfreulich, dass sich Lindenfels dem Thema „Nibelungen“ stärker widmen will. An den aufgeführten bereits vorhandenen Objekten, Einrichtungen und Aktionen ist erkennbar, dass es sich um realistische Bemühungen handelt, die sich für die Stadtentwicklung positiv auswirken können.

Lindenfels, 26.03.2022

Peter C. Woitge Bürgermeister a.D.

Mitbegründer und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Nibelungen-Siegfriedstraße von 1989 bis 2010.

 

Fotos: ganz oben Siegfried-Skulptur am Aufgang zur Burg, oben links Felstafel an der Nibelungenstraße, oben rechts Nibelungenbrunnen am "Teufelsloch"

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