Am Felsenmeer geht es heiß her – Ein Rennofenexperiment zeigt den historischen Prozess der Eisenschmelze

Zwischen dem 12. und 16. Oktober lohnt sich der Weg zum Felsenmeer bei Reichenbach einmal mehr. Als Rahmenprogramm zur Ausstellung „Kelten Land Hessen die Kelten an der Bergstraße“ im Museum Bensheim startet dann nämlich ein nicht ganz alltägliches Experiment, das nur durch die Zusammenarbeit zahlreicher Kooperationspartner möglich wird. Die Arbeitsgemeinschaft Altbergbau Odenwald und das Museum Bensheim führen unterstützt durch die Gemeinde Lautertal, das Felsenmeer-Informationszentrum, die hessenARCHÄOLOGIE (Bezirksarchäologie Darmstadt) und den Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald auf dem Parkplatz des Felsenmeer-Informationszentrums ein Experiment zur Verhüttung von Odenwälder Eisenerz im „Rennofen“ durch. Höhepunkt der Veranstaltung ist der 16. Oktober, wenn der Ofen in Betrieb genommen wird.

Fotos zu Aufbau, Trockung, Betrieb und Zerstörung des Rennofens

Fotodokumentation von Mittwoch bis Sonntag, Marieta Hiller

 

Aufbau des Rennofens am Mittwoch                           - und am Donnerstag
Schicht für Schicht wird Lehm auf die Weidenzweige aufgetragen.

zwischendurch immer wieder trockenfeuern

  

Jochen Babist überwacht den Brand im fertigen Rennofen, die Erzbrocken müssen zerkleinert werden bevor sie in den Ofen kommen

 

Experiment fürs nächste Mal: ein Weidengerüst             Verschiedene Erze und Schmelzen

 

Eisenerzbrocken (unter anderem) für die Schmelze       Mangan, darüber werden Sie in meinem Jahrbuch 2022 mehr lesen...

Bruchstück eines Rennofens aus Sandstein, mit geschmolzenem Sandstein

 

Alle warten gespannt auf den richtigen Zeitpunkt: wenn die Flamme blau wird, enthält sie Kohlenmonoxyd, dann ist der Rennofen "reif"

 

Teststich: der glühende Inhalt ist jetzt gut - Dr. Jan Chrostoph Breitwieser, Museumsleiter Bensheim, erläutert die Technik der Erzgewinnung mit dem Rennofen, die bereits die Kelten kannten

  

Anstich - und Enttäuschung: nichts rinnt! Wäre das Experiment erfolgreich gewesen, hätte unten aus dem Ofen die flüssige Schlacke rinnen müssen

 

Sollen wir den Ofen umwerfen? - Ja, wir fangen an!

 

Die zweite Etage fällt, und dann der Rest...

 

Glühende Brandreste werden in die Tonne geschaufelt, die Luppe (= Brocken, die schmiedbares Eisen enthalten) in den Trümmern gesucht...

 

Die Luppe wird mit dem großen Hammer verdichtet, die glühenden Ofenteile abgelöscht.
Nun hätte eigentlich aus der gehämmerten Luppe ein komprimiertes Eisenstück werden müssen, doch die verhütteten Erzbrocken haben dies leider nicht hergegeben.

 

Wie dieser Eisenbarren aus der Bensheimer Ausstellung hätte die gehämmerte Luppe werden sollen
Rechts: Düse an einem Rennofen, einzigartiger Fund aus Auerbach

Begleitend zum Rennofenexperiment ist im Bensheimer Museum noch bis zum 8. Januar 2023 die Ausstellung "Kelten Land Hessen" zu sehen. Infos dazu finden Sie hier: Kelten Land Hessen: Ausstellung in Bensheim
Leider kam die Vorankündigung für den Rennofenbau so kurzfristig, daß ich im Oktober-Durchblick nicht mehr darauf hinweisen konnte. Trotzdem kamen zahlreiche Interessenten und verfolgten ds Experiment mit Spannung. Auch die Archäologie-Aktion "Kelten Land Hessen" verlief bislang recht geräuschlos. Liegt es vielleicht daran, daß die geheimnisvollen Kelten, über die man so wenig Spuren finden kann, auch weiterhin geheimnisvoll bleiben sollen? Das gesamte Jahr 2022 ist dem Thema Kelten in Hessen gewidmet, aber ohne viel TamTam und Pressearbeit...

Bereits im Jahr 2009 konnte ich in Rohrbach am Gasthaus Lärmfeuer den Bau und Betrieb eines Rennofens verfolgen, lesen Sie dazu hier alles und noch viel mehr: Köhlerei: das Brot des schwarzen Mannes, siehe auch Foto rechts

Natürlich muß dieses Thema auch in mein Jahrbuch 2022 aufgenommen werden, deshalb habe ich kurzerhand den Drucktermin um zwei Wochen verschoben: es wird Anfang November erscheinen. Das Durchblick-Jahrbuch - lesen Sie darin über den Zwist, ob es im Odenwald Kelten gab oder nicht...

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Hier die Ankündigung des Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald, in der Redaktion eingegangen erst am 5. Oktober 2022:

Die Verarbeitung von Eisenerz im „Rennofen“ war die von der Eisenzeit bis in das Hochmittelalter übliche Form der Verhüttung von Eisenerz in unserer Region. In einem kaminartig aufgebauten Lehmofen wurden vorbehandeltes, oxidisches Erz und Holzkohle gemischt eingefüllt und bei Temperaturen um 1.200°C zu schmiedbarem Eisen und Schlacke verhüttet. Während im chemischen Reduktionsprozess das Eisen einen schwammartigen Körper (die „Luppe“) bildete, sammelten sich die restlichen Gesteinsbestandteile als Schlacke in flüssiger Form und konnten abgestochen werden. Der Begriff „Rennofen“ leitet sich also vom Trennprozess durch das „Ausrinnen“ der Schlacke aus dem Ofen her.

Die Arbeitsgemeinschaft Altbergbau Odenwald arbeitet im Experiment mit echtem Odenwälder Eisenerz aus dem Michelstädter Raum. Das Experiment dient nicht nur Schau-, sondern auch Forschungszwecken, denn die Verwertbarkeit des Erzes und die Eigenschaften der im Prozess entstehenden Schlacke soll anschließend mit Geländebefunden verglichen werden.

Während der Woche ab dem 10. Oktober wird der Ofen nach einigen Vorbereitungsarbeiten voraussichtlich zwischen Mittwoch und Samstag auf einem abgesperrten Parkplatzteil des Infozentrums entstehen. Da das Projekt ehrenamtlich durchgeführt wird, sind die Mitarbeiter am späteren Nachmittag vor Ort und stehen dann für Fragen gerne zur Verfügung. Das eigentliche Experiment zur Eisenerzverhüttung beginnt am Sonntag, 16. Oktober. Der Schmelzprozess wird gegen 9.00 Uhr gestartet und endet zwischen 15.00 und 16.00 Uhr mit der Öffnung des Ofens.

Das Felsenmeer-Informationszentrum erreichen Sie im öffentlichen Nahverkehr mit den Buslinien 665 von Bensheim aus, über die Linie MO 2 von Reinheim, oder aber auch mit Umstieg in Brandau aus anderen Richtungen des Landkreises Darmstadt-Dieburg. Spannend ist auch der Besuch der Kelten-Ausstellung im Museum Bensheim, die noch bis zum 1. November gezeigt wird und jeweils am Donnerstag und Freitag von 15.00 bis 18.00 Uhr und am Samstag und Sonntag zwischen 12.00 und 18.00 Uhr besichtigt werden kann. Für Schulklassen und Gruppen können auch individuelle Termine auf Anfrage vereinbart werden.