Die Feldpostbriefe des Johann Theodor Schirra aus Illingen / Saar aus den Jahren 1944 und 1945, nebst einer biographischen Skizze, stellte Hubert Kolling zusammen und veröffentlichte sie.

Schirra war 1900 geboren und lebte als Grubenarbeiter in Illingen, als er im September 1944 zur Wehrmacht eingezogen und bald nach Breslau und Posen verlegt wurde. Nie zuvor hat er Briefe geschrieben, und der Kontakt zu seiner Familie gestaltete sich zunächst auch schwierig, weil immer wieder die Feldpostnummern wechselten und seine Frau ihm nicht so oft schrieb wie er das gerne gehabt hätte. Sein Enkel Hubert Kolling zeigt mit diesen Feldpostbriefen die Perspektive von unten, in einer Wehrmacht, die in Verbrechen verwickelt war. In einer alten Ledermappe fanden sich Schirras Briefe, geschrieben in Sütterlin, und fast ausschließlich privaten Inhalts. Kolling stand vor dem Problem, keine Zeitzeugen mehr fragen zu können, sein Großvater war bereits lange verstorben, als er das Buch schrieb.

51 Briefe schickte Schirra innerhalb der 6 Monate bei der Wehrmacht. Immer wieder drehen sich Schirras Briefe um die Frage, ob seine Familie die Versorgungsmärkchen erhalten hat, die er klugerweise auf verschiedene Briefsendungen verteilte. "Wie ist es denn bei euch? Gibt es auch kein Mehl mehr? Wir bekommen nur ein Pfund den Monat. Für die anderen Marken hole ich mir Brot. Und wenn der Krieg zu Ende ist und unsere Häuser stehen noch, sind wir reich." So Schirras Schwester in einem Brief vom 17. Februar 1945.

Bereits für den 1. Weltkrieg war Johann Theodor Schirra eingezogen worden: der Gestellungsbefehl stammt vom 19. April 1918. Die Musterung für den 2. Weltkrieg stammt vom 8. Mai 1937. Schirra war nie in einer Partei, da ihm dies beruflich nicht von Nutzen oder sogar sinnlos erschien. Die Familie war ihm viel wichtiger, und er führte alle Reparaturarbeiten am seinem Haus und in der Nachbarschaft selber aus.

1918 hatte Schirra Glück: er war noch jung und der Krieg kurz danach zu Ende. 1944 aber wurde er eingezogen. Da er "auf der Grube" arbeitete, war er erst so spät einberufen worden, am 14. September 1944. Nach Angaben seiner Familie war er jedoch nicht im Fronteinsatz, da er über keinerlei militärische Ausbildung verfügte.

"Aber wir wollen alles ertragen, wenn der Krieg nur gut vorbeigeht, und wir wieder glücklich daheim beisammen sind." Schirra verwendete in seiner einfachen dialektgeprägten Sprache nicht das NS-Vokabular und grüßte am Schluß seiner Briefe auch nicht mit Heil Hitler.

In seinem Heimatort Illingen marschierten die Amerikaner schon am 19. März 1945 ein, aber Theodor Schirra galt zunächst als vermißt. Er war noch ein halbes Jahr in englischer Kriegsgefangenschaft und kam erst am 11. November 1945 nach Hause zurück.

Das Buch von Hubert Kolling ist 2001 in Illingen gedruckt worden, ISBN 3-9804733-7-6. Ich habe es von Karljosef Kuhn aus Gadernheim erhalten, der mit Tochter Thea Schirra verwandt ist.

Marieta Hiller, im März 2022