Die Tafeln in Deutschland sind ehrenamtlich organisierte Einrichtungen für Bedürftige, die zum einen wertvolle und teuer produzierte Lebensmittel vor der Vernichtung bewahren und zum anderen einen immer größer werdenden Kreis von Menschen in Not versorgen. Die Werte der Tafeln sind: Nachhaltigkeit, Humanität, Gerechtigkeit, Teilhabe und soziale Verantwortung. "Die Verhinderung von Armut ist vorrangig eine staatliche Aufgabe." so steht es im Leitbild zu lesen. Leider sieht die Realität so aus, daß die Tafeln Menschen Hilfe anbieten, die durch das staatliche soziale Netz gefallen sind, und dies sind nicht wenige: ursprünglich für Obdachlose gedacht, versorgen die Tafeln inzwischen Geflüchtete aus Afrika und dem arabischen Raum sowie aktuell aus der Ukraine, aber auch eine sehr große Zahl von Rentner*innen, die von Altersarmut betroffen sind. Auch junge Familien in Elternzeit geraten in finanzielle Engpässe und kommen zur Tafel. Zweimal pro Woche kann jeder registrierte Haushalt für 1 Euro bei der Tafel Lebensmittel erhalten.

Während alle Arbeitnehmer vom Staat 300 Euro an Energiekostenzuschuß erhalten, wurde die Rente minimal erhöht, manch einem bleiben - nach einem arbeitsreichen Leben in dem Steuern gezahlt worden sind - nur 50 Euro für Lebensmittel und andere "überflüssige" Dinge wie Frisör, Fußpflege, Kleidung, Körperpflege. Davon sollte mal einer der Damen und Herren versuchen zu leben, die Hartz IV als soziale Hängematte bezeichnen.

Die Zahl derer, die sich nicht mehr selbst ausreichend mit Lebensmitteln versorgen können, nimmt drastisch zu

Im Gespräch mit Mariette Rettig aus Elmshausen, ehrenamtliche Leiterin der Bensheimer Tafel, wurde deutlich: es geht nicht mehr um Essensrettung, es geht um die Rettung von Menschen. Und so wird während ihrer täglichen Dienstzeit in Bensheim nicht nur für Lebensmittel und Artikel des täglichen Bedarfs gesorgt, sondern Frau Rettig bietet den Menschen auch Gesprächsmöglichkeiten und Zeit zum Zuhören, während sie in der Warteschlange an der Ausgabe stehen. Bei Schwierigkeiten stellt Frau Rettig wichtige Kontakte her, wenn Hilfe benötigt wird. So ist sie und ihre Helfer auch beim Begegnungscafé der St. Georgsgemeinde in Bensheim aktiv, wo den Menschen die Möglichkeit gegeben wird, sich mit Respekt und Würde zu treffen.

Während des Lockdowns hatten 50 der insgesamt 56 hessischen Tafeln geschlossen, die Tafel Bensheim gehörte nicht dazu. Marita Rettig und ihr Team fahren in einem großen Einzugsgebiet (von Frankfurt bis Mannheim) Großhändler und Speditionen an, die oftmals palettenweise haltbare Lebensmittel und Drogerieartikel spenden. Bis Februar 2022 gehörten 120-130 Haushalte zu den Empfängern der Bensheimer Tafel, nun sind es 250. Von einem Aufnahmestopp will das Team aber nichts hören. "Ich bin stolz auf unsere 240 ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen, die in fünf Arbeitsgruppen die Abholtouren übernehmen, in aktuell doppelter Arbeitszeit, ohne zu murren." So Mariette Rettig. Jeder im Team arbeitet eine Woche und hat dann vier Wochen frei, es wäre also für manch einen der dies liest ein Anreiz, vielleicht selbst als Ehrenamtlicher mit aktiv zu werden bei der Tafel.

Die Tafeln erhalten keine staatliche Unterstützung, sie finanzieren sich vollständig über Spenden. Es gibt zweckgebundene Großspenden für Fahrtkosten etwa, oder für die Anschaffung von Masken und Desinfektionsmitteln. Aber auch Privatspender sind jederzeit herzlich willkommen. Auf den Seiten der Tafel Bensheim kann man unter dem Menupunkt "Spenden" die Bankverbindung finden. Hier können sich auch neue Lebensmittelspender melden.

Die Ursprungsidee: Lebensmittel vor dem Verderb bewahren

Lebensmittel werden unter großem Aufwand produziert, aus wertvollen Rohstoffen. Die Tafeln treten dafür ein, dass die Vernichtung von Lebensmitteln vermieden wird: „Essen, wo es hingehört“. Dieses Leitbild haben sie mit den Essensrettern gemeinsam. Während Letztere die geretteten Lebensmittel über soziale Netzwerke unter sich aufteilen und verwerten, stehen die Lebensmittel bei den Tafeln ausschließlich Bedürftigen zur Verfügung.

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