Der Historiker Heinz Bormuth stellte 1989 in den Geschichtsblättern des Kreises Bergstraße Band 22 eine Lauterner Mühlengeschichte zusammen. Vier Jahre später erschien diese Zusammenstellung auch im Lauterner Heimatbuch: Heinz Bormuth, Lautern im Odenwald. Seine Quellen sind die Zinsbücher der Kellerei Lindenfels von 1369 an sowie eine Statistik des Georgrafen Georg Wilhelm Justin Wagner von 1829.

die älteste Mühle in Lautern: die "Hubmühl"

1369 erwähnt und den Pfalzgrafen zehntpflichtig, eine herrschaftliche Mühle in Erbpacht. Die Lage dieser Mühle vermutet Bormuth an der Stelle der späteren Borgersmühle in Lautern, also im Viereck Hauptstraße - Höllwäldchen - Römerweg. Die Mühle lag der historischen Beschreibung nach zwischen Allmenweg und Bach. Der Allmenweg ist der heutige Römerweg, wobei der Name nichts mit den alten Römern zu tun hat, sondern mit dem Rehmer, einem Radschuh der zum Bremsen unter die Räder geschoben werden konnte.
Der Geometer Johann Wilhelm Grimm verzeichnet 1751 in seiner Karte zwei Mühlen: des Bitschen Mühl (spätere Bickelhauptsmühle, heute Ecke Jahnstraße / Hauptstraße) und die Arresenmühl (nach einem Müller namens Arras), die spätere Borgersmühle. 1906 wurde die Mühle von Johannes Borger betrieben, ab 1932 von seiner Witwe Katharina aus Gadernheim. 1936 übernahm Sohn Georg, der 1975 verstarb. Er war der letzte Müller der Borgersmühle, ebenso wie der Bruder von Johannes Borger, Fritz Borger, der letzte Müller in der Gadernheimer Fabrikmühle war.

Die zweitälteste Mühle: die Bickelhaupts-Mühle

erbaut zwischen 1701 und 1725, bei Grimm als "Bitsche-Mühl" bezeichnet. Sie wurde 1725 vom Gadernheimer Schuhmacher Christian Bitsch gekauft, einem Enkel des Matthias Bitsch, der 1662 aus Schiers in Graubünden zuwanderte. Später kaufte der Gemeinsmann Johann Leonhard Bickelhaupt (1737-1800) die Mühle. Es war eine Mahlmühle mit einem Rad, sie konnte 4 Malter Korn mahlen. Sohn Johann Michael Bickelhaupt hatte nacheinander drei Berufe: Müller in Lautern, Steinsetzer in Lautern, Papierfabrikant in Elmshausen. Sein Sohn Johann Peter war der letzte Müller auf der Bickelhauptsmühle.

Die Dingeldeys-Mühle und die Bormuths-Mühle

Auf der Straßenecke gegenüber der Bickelhauptsmühle erbaute deren Käufer Karl Dingeldey (1851, nachdem Peter Bickelhaupt II nach Amerika ausgewandert war) die neue Mühle um 1855. Am 20. August 1855 wurde der Eichpfahl gesetzt, darüber gibt es Urkunden.

Am 29.3.1840 wurde der Bau einer Mahlmühle mit Wohnung und Ökonomiegebäude von Ortsbürger Johann Philipp Bormuth II beantragt, diese wurde am alten Lauterner Weg (Mühlweg) von Reichenbach nach Gadernheim gebaut. Durch den Bau der Provinzialstraße (B 47) sei der alte Weg nicht mehr erforderlich, so daß es Platz für seine Bauten gebe. Der Bürgermeister war anderer Ansicht, und so mußte Bormuth von der Lauter einen Kanal unter dem Lauterner Weg hindurch zu seinem Mühlbau errichten.

Die Schallers-Mühle

Erbaut vom Gadernheimer Müller und Mühlarzt Christian Schaller (1766-1818) als Ölmühle, Standort unterhalb von Lautern. Sie nutzte den Mühlgraben, der an der Bormuthsmühle begann, damit bekam Schaller jedoch Schwierigkeiten mit den Wiesen-Anrainern, die das Wasser des Grabens ebenfalls nutzten. Dem Müller ging es lange nicht sehr gut, aber 1817 beantragte er die Genehmigung für eine zweite Mühle mit Mahlgang. Mit 52 Jahren starb Christian Schaller, und seine Witwe Anna Christine setzte die Pläne um. Tatsächlich existierte 1829 hier eine Ölmühle und eine Mahlmühle. Sohn Georg Schaller übernahm die Mühlen, aber 1832 wird beides für 1000 fl. verpfändet und die Scheune zeitweise als Zehntscheuer genutzt. Schaller und seine Familie (Nachfolger Heinrich Lampert) erhielten für die Lagerung der Zehntfrüchte "von jedem Haufen 6 Kreuzer Zins. Als Haufen bezeichnete man zehn Bündel, die je aus 40 Garben bestanden. 1840 leben auf der Schallersmühle neun Einwohner.

Nun erbaute Georg Schaller in Reichenbach auf der Wiese unterhalb des Hohensteins eine neue Mahlmühle, die Rödermühle (Schaller mußte 1844 an Friedrich Röder aus Brandau verkaufen). Heute ist dort die DESTAG. Bitte lesen Sie auch: "Natursteinindustrie in Reichenbach: die DESTAG" im Jahrbuch 2022. Diese Mühle wurde - wie auch die Bormuthsmühle und die Schallersmühle von einem Mühlgraben versorgt, der bereits 1590 in den Unterlagen des alten Bergwerkes (Bergbereiter Vischer aus Heidelberg) erwähnt wurde. (siehe auch historische Bergwerke der Umgebung)

Die ursprüngliche Schallers-Mühle wurde von Heinrich Lampert, der 1850 nach Amerika auswanderte, an August von Ploennies aus Jugenheim verkauft. Dieser war der Gründer der Blaufarbenfabrik Marienberg (1852, "Lautern: Geschichte einer Fabrik" Jahrbuch 2021). Die Mühle stand noch eine Weile und lieferte die Energie für die Ultramarin-Fabrikation.

Die Weißmühle

Ihr Bau 1861 machte die Schallersmühle überflüssig, so daß sie 1865 abgebrochen und ihr Inventar verkauft wurde. Die Weißmühle war geplant mit einem oberschlächtigen und einem rückenschlächtigen Wasserrat und drei Mahlgängen. doch auch hier gab es Einwände der Wiesenanrainer. Schon beim Abbruch der Schallersmühle staute sich das Wasser so, daß die Wiese des Philipp Bormuth I im Jahr 1911versumpft sei. Gegen die Weißmühle sprachen sich acht Wiesenbesitzer aus, bis entschieden wurde, daß die Hälfte des Wassers aus Lauter und Mühlgraben der Mühle zur Verfügung stehe und die andere Hälfte den Wiesenbesitzern. Und zwar als genaue Teilung von November bis Juni und von Juli bis Oktober wie folgt: an Werktagen von 5-17 Uhr vollständig der Fabrik, an Sonn- und Feiertagen und Nachts vollständig den Bauern zur Nutzung stehen. Zur Wahrung alter Rechte durften die rechts der Lauter liegenden Anrainer auch im Sommer die Hälfte nehmen.

Die Müller am Unterlauf der Lauter klagten dann jedoch öfters über Wassermangel, und bei der Überprüfung der Wehre 1911 zeigte sich, daß zwei Bauern große Wiesenflächen bewässerten.

Bis 1914 wurde die Weißmühle mit Wasserkraft betrieben, danach zog die moderne Zeit mit elektrischen Leitungen ein.

Dies war - wie überall im Odenwald - das Ende der wassergetriebenen Mühlen.