„Ein Dorf im Odenwald“ - so heißt die dicke Chronik Schannenbachs mit Geschichte, Geschichten und Bildern, die 1997 erschien und kurze Zeit später schon vergriffen war. Ihr Autor Herrmann Bauer verstarb im Oktober 2013.

Feuchtwiese bei Schannenbach

Quelltopf des Klingenbaches bei Schannenbach

Seit er 1975 nach Schannenbach kam trug er nach und nach alles Wissenswerte über das Höhendorf zusammen. Lange Zeit war er Ortsvorsteher, aktiv im Verschönerungsverein und der Feuerwehr Schannenbach, und seit Beginn seines Ruhestandes 1989 konnte er sich intensiv mit der Geschichte Schannenbachs befassen. Vermutlich zu Beginn des 11. Jahrhunderts wiesen die Vögte des Klosters Lorsch hier Siedlungsraum aus, der mühsam dem Wald abgerungen werden mußte. Die Bauern waren unfrei, hatten mit steinigem Boden und rauher Höhenlage zu kämpfen, zudem wechselte die Herrschaft oft mehrmals in einer einzigen Generation. Im Gegensatz zum Nachbardorf Knoden gab es wenig Ackerfläche, noch im 19. Jahrhundert gab es daher in Schannenbach nur fünf Bauernfamilien.

Der Klingenbach bei Schannenbach

Mädesüß - eine typische Feuchtwiesenpflanze. Der Name rührt von "Met-Süß" her. Man rieb die Metfässer vorher mit der Pflanze ein, dann wurde der Met nicht so leicht sauer.

Besonders interessant in der Geschichte eines Dorfes sind die Wasserrechte, denn sie entscheiden über die Existenz der Bewohner, um Wasserrechte wurden und werden Kriege geführt. Herrmann Bauer erläuterte vor zwölf Jahren bei einem Rundgang zu den Brunnen und Quellen in Schannen-bach, welche Familie sich wo ihr Wasser holen durfte. Zwei Bäche versorgen das Dorf mit Wasser: der Klingenbach und der Schliefenbach, die ab Gronau Meerbach heißen. Eine Quelle war auf der Brunnenwiese, wo sich noch bis ins 20. Jahrhundert einige Familien von Unter-Schannenbach ihr Wasser holten. Schon früh entschieden sich die Schannenbacher für eine Klärung ihrer Abwässer in einer Teichkläranlage. Hatte man zu Beginn noch Angst, daß die Anlage stinken könnte, wurde man schnell beruhigt, nachdem Herrmann Bauer einen Ausflug in den Raum Marburg zu bestehenden Teichkläranlagen organisierte. Das Wasser der Schannenbacher Kläranlage kommt unterhalb der drei Klärteiche so rein heraus, daß man es trinken kann.

Ganz unten Richtung Gronau liegt die sogenannte „Belgrad“. Das sind zwei Häuser, in denen früher die Ärmsten des Dorfes wohnten. Durch die Teilung eines Hofes auf alle Erben beim Tod entstanden hier aus einer Hofreite für beide Söhne gerade soviel, daß jeder ein Häuschen drauf bauen konnte und ein Wiesenfleck für die Geis. Noch weiter unten gab es ein weiteres Häuschen. Dort wohnten Leute, die ihre Kinder in die Region zwischen Darmstadt und Heidelberg zum Betteln schickten. Immer wieder wurden sie aufgegriffen, nach Hause gebracht, gingen drei Tage zur Schule und dann ging alles von vorne los. Herrmann Bauer erklärte schmunzelnd: „das Wort Bellgatt (Bettelgarde) hören die Schannenbacher nicht gerne, und so machten sie ‘Belgrad’ daraus.“ Als das Häuschen abbrannte, konnte die Familie noch nicht einmal mit dem Geld der Brandversicherung neu bauen, und so kaufte jemand das Gelände und zahlte die Kinder aus. Mit dem Brandversicherungsgeld baute er das Schulhaus, in dem auch - das war Bedingung - die Armenwohnung war. Wasser hatte man in der Belgrad, aber kein Wasserrecht. Der Besitzer der Quelle oberhalb verkaufte das Wasser an die Häuschen, es durfte nur bis zum Haus geleitet werden. In Ober-Schannenbach war die Wasserversorgung besonders schwierig: es gab einen Teich und mehrere Pumpen. Unterhalb der Häuser ist in der Wiese eine Quelle, von dort wurde das Wasser mit einem Widder hochgepumpt. Dazu gründeten die Bewohner der „Haiselchen“ eine private Wassergemeinschaft, um dem Quellbesitzer die Wasserrechte abzukaufen. Die Gemeinschaft löste sich auf, als die gemeindliche Wasserleitung gebaut wurde. Heute werden die Haiselchen durch einen Hochbehälter auf Lindenfelser Gemarkung versorgt.

„Ihr könnt schon bauen, aber Wasser haben wir keins“

teilte die Gemeinde den Bauherren der Wochenendhäuser mit. Eine DM kostete der Quadratmeter dort zwischen 1950 und 1955. So schlossen die Wochenendhäusler einen Vertrag mit den Ober-Schannenbachern, um das überfließende Wasser nutzen zu dürfen. M. Hiller November 2013

Quellfassung an den untersten Häusern, bei der Bell-Gatt

So schlecht sah 2001 diese Quellkammer aus...

 

Der Widder - eine einfache aber wirkungsvolle Förderpumpe

Der Widder pumpte das Wasser in die hochgelegenen Häuser. 85 % benötigtte er als Arbeitswasser, um 15 % als Nutzwasser zu pumpen

 

Herrlicher Blick ins Ried

Schannenbacher Hochmoor

Blick zur Neunkircher Höhe

Löwenzahnwiese oberhalb Schannenbach

Wundervoller Blick vom Knodener Wald Richtung Kernkraftwerk Biblis

Der Knodener Kopf


Marieta Hiller, April 2017