Müllentsorgung ist neben Wasser- und Nahrungsversorgung eines der wichtigsten Probleme in menschlichen Wohn- und Lebensgemeinschaften. Über verschiedene Müllarten über die Jahrhunderte bis heute lesen Sie unter anderem hier.

Hafnarfjördur steht auf diesem Papierkorb im Europa-Park, wo selbst die Abfalleimer unter einem spannenden Motto stehen!
Hafnarfjördur - ein Märchen: Ein eisiges Land für Elfen und Menschen

 

Weggeworfen von Generationen von Menschen, wiedergefunden von der modernen Archäologie.
Was werden Archäologen in 500 Jahren (wenn sich das Mensch-Problem der Erde bis dahin nicht erledigt hat) über uns denken, wenn sie im Felsenmeer neben Steinbearbeitungsspuren auch Schokoverpackungen, Zigarettenkippen, volle Windeln, alte Batterien und Kaffee-to-go-Becher finden?

Andererseits wird heute bewußt Zivilisationsmüll für künftige Forscher vergraben: bei der Grabungsschließung an der Gotthardsruine bei Amorbach grub man mit Absicht auch Müll des 20. Jahrhunderts mit ein. Für uns heute interessant ist die Fundstätte am Marktplatz Bensheim: hier fand man 2016 eine wahre Fundgrube an halbverdauten Darminhalten von Schlachttieren. Der älteste Traubenkern Südhessens, fast 1000 Jahre alt, blieb hier erhalten.

Naturschutz im Felsenmeer: die Vermüllung eines Biotops und warum im Felsenmeer keine Mülleimer stehen...

Littering - oder wie lange bleibt was in der Natur bis es vergeht?: Felsenmeer: Naturschutz oder Müllkippe?

Müllentsorgung in mittelalterlichen Städten: Was eine mittelalterliche Kloakengrube enthüllt!

Was uns der Müll der Jahrhunderte erzählt  - in Haithabu, einer Wikingerstadt die 1000 n. Chr. im Müll versank - und heutige Kuriositäten

Der Bensheimer Marktbrunnen - früher baute man Aborte in direkter Brunnennähe...

Wohin mit unserem Müll?

Die alte Papierfabrik Tempel: Trabbis aus Altpapier

Die kuriose Frage „wie schwer ist das Internet?"

Recycling und Müllvermeidung: Sinn und Unsinn... - zum Beispiel Plastik-Abfälle im Meer: über 6,4 Mio. t jährlich

Gerade noch entkommen: Welterbe Grube Messel wäre beinahe Müllhalde geworden

Ein Stadtviertel der Hoffnungslosen, umgeben von einem Müllberg

Papier: ein faszinierender Stoff

Endlich Ferien, endlich Freizeit! Doch woher kommt das Wort und seit wann gibt es Ferien? Wer Ferien oder Urlaub haben will, muß erstmal in die Schule oder zur Arbeit gehen, anders geht es nicht.

Fangen wir der Reihe nach an, Kindergarten zählt noch nicht als Arbeit. Also die Grundschule:

jeder kennt den Witz von Fritzchen, der nach dem ersten Schultag gefragt wird wie es war und der antwortet: „na ja ganz gut, aber ich bin nicht ganz fertig geworten, muß morgen nochmal hin.“

Die Grundschule geht auf die römische Elementarschule zurück, und die hieß „ludus“, was „Spiel“ bedeutet. Da hatten es die kleinen alten Römer wohl besser als Kinder hierzulande, denn wer möchte die Schule schon als Spiel bezeichnen? Hier bei uns dagegen war es viele Jahrhunderte lang üblich, daß Kinder ab dem siebten Lebensjahr richtig mitarbeiten mußten um den Familienunterhalt zu verdienen. Es gab keine Kindheit, keine Spiele, keine Schule - und keine Ferien.

So sahen die Schulbänke früher aus, heute zu sehen in der Schulstube im Regionalmuseum Reichelsheim

 

Die nämlich wurden erst erfunden, als man die Schulpflicht einführte, um Kindern Bildung zu vermitteln. Da stellten die Eltern fest, daß die kleinen Arbeitskräfte plötzlich fehlten, besonders im Sommer und Herbst, wenn auf den Feldern viel Arbeit anfiel. Deshalb wurden in den Schulen die Ferien eingerichtet: damit die Kinder in der Hauptsaison bei der Arbeit mithelfen konnten.

Pustekuchen also mit „schönen Ferien“, mit Spiel und Spaß. Gespielt haben früher nur die Kinder der vornehmen Leute, und mit deren Spielsachen vergnügten sich auch die Erwachsenen bei Hofe. „Ferien“ waren bei den alten Römern ursprünglich Feiertage, an denen die Götter geehrt wurden, dazu war an diesen Tagen arbeitsfrei. Während Kinder Ferien haben, haben Erwachsene Urlaub. Auch den gab es früher nicht, denn die Arbeit riß nicht ab. Erst mit Einführung der Industrialisierung und der arbeitsteiligen Welt entstand sich ein freier Tag, dann ein freies Wochenende, und eine - viel zu kurze - Zeit der Erholung im Urlaub. Das Wort Urlaub kommt von Erlaubnis, nämlich der Erlaubnis des Feudalherrn, sich von seinem Arbeitsplatz oder seinem Wohnort zu entfernen. Man merkt schon, daß heute nicht alles so schlecht ist...

Damit wurde früher in der Schule geschrieben, Ausstellung in der Schulstube im Regionalmuseum Reichelsheim

 

1526 wurde mit Einführung der Reformation auch die Einrichtung von Schulen in Hessen beschlossen. In kleinen Orten gab es lange Zeit nur im Winter Schule, und die Kinder mußten Brennholz oder Briketts mitbringen. Aufgabe der Pfarrer war es, die Eltern über den Nutzen und Wert der Schule zu belehren. Ein Lehrer sollte 1832 mindestens 155 Gulden verdienen, (ein Gulden war in etwa der Tageslohn eines Zimmermanns, laut einer Breuberger Quelle anno 1807 knapp 13 Euro wert. Der Lehrer bekam also 2015 Euro pro Jahr!) Vor 1832 mußte er sein Mittagessen reihum an den Tischen der Familien im Dorf einnehmen: das nannte man Wandeltisch, der wurde mit Einführung des Mindestlohns für Lehrer ab-geschafft. Kurze Zeit später begrenzte man die Klassenstärke auf 80 - achtzig! - Kinder pro Klasse und in Lindenfels entstand eine Lehrerbildungsanstalt. Man begann Schulhäuser zu bauen und die Schulzeit auf acht Jahre festzusetzen. 1919 übernahm das Deutsche Reich die oberste Gesetzgebung im Schulwesen.

Deutsche Schrift - Tafel in der Schulstube im Regionalmuseum Reichelsheim

 

1945 fiel der Unterricht von April bis September aus, wenig später ging es weiter, es folgte die Lernmittelfreiheit. Das war nicht überall so, denn inzwischen war die Hoheit über das Schulwesen auf die Länder übergegangen, und in Nordrhein-Westfalen etwa mußten alle Bücher gekauft werden. Ich habe meine noch heute, während ich die unappetitlichen hessischen Bücher, die vor mir schon durch viele Hände gegangen waren, nie mochte (außer den Diercke, den man getrost in der Schule lassen konnte, weil er ja nicht meiner war). 1960 entstanden die ersten Mittelpunktschulen, 1970 Gesamtschulen. Zuständig für das Schulwesen sind jetzt die Kreise. 1980 erst wurde die Fünftagewoche eingeführt, vorher mußte man auch Samstags zur Schule.

Die Brensbacher Schulordnung anno 1609

Roch köstlich nach Spiritus: Matrizen-Abzugsgerät in der Schulstube im Regionalmuseum Reichelsheim 

M. Hiller, Dezember 2017

Draußen spielen in den Ferien? Oft Fehlanzeige

Ferien und Urlaub gab es früher nicht...

Wir haben es wirklich gut. Wir fahren zu einem Urlaubsort - sei es am Meer, in den Bergen oder anderswo. Manche lieben ländliche Ruhe, andere die Betriebsamkeit der Städte oder Touristenattrak-tionen. Und wer zuhause bleibt, für den gibt es im Odenwald und der näheren Umgebung viel zu entdecken.  
Aber Ferien oder Urlaub gibt es noch gar nicht so lange: erst im 18. Jahrhundert wurde - nach der allgemeinen Schulpflicht - auch die Freizeit eingeführt. Vorher konnten viele Kinder nicht zur Schule gehen: sie mußten schon von klein auf in der Landwirtschaft helfen. Mit der Schulpflicht bekam man zunächst nur zur Kirchweih (Kerb) oder zu Märkten frei. Die Ferien wurden geschaffen, damit die Kinder während der wichtigsten Zeiten auf dem Bauernhof helfen konnten: zur Aussaat, zum Jäten und zur Ernte, also um Ostern, im Sommer und im Herbst.

Richtige Freizeit mit Spiel und Spaß hatten die Kinder da noch nicht. Mußten die Kinder früher auf dem Hof mitarbeiten, so leiden sie heute unter Schulstreß, viele können gar nicht mehr entspannt spielen - und schon gar nicht draußen:

53 % der Eltern finden es zu gefährlich, Kinder im Wald spielen zu lassen, gar ohne Aufsicht! Fast ein Fünftel aller Kinder hat noch nie ein frei lebendes Tier gesehen, die Hälfte ist noch nie auf einen Baum geklettert! Mit den Füßen fest auf der Erde stehen, mit allen Sinnen die Natur in sich aufnehmen, das ist ein Erlebnis, das oft nur noch wenige Kinder auf dem Land finden. Dagegen soll es Kinder geben, die in ein Bilderbuch schauen und versuchen durch Wischen die Seiten umzublättern.

Also genießt eure Ferien und euren Urlaub - und freut euch daß ihr zur Schule gehen dürft - das wünscht euch Marieta Hiller, Sommer 2018

500 Jahre Reformation: das bedeutet, daß es im Jahre 1517 begann, als ein zorniger Mönch zu Wittenberg seine 95 Thesen an die Pforte der Schloßkirche nagelte. Dies beschert uns am 31. Oktober in diesem Jubiläumsjahr 2017 einen zusätzlichen Feiertag. Und das ist oft schon alles, was interessiert. Aber man stelle sich vor: ein Flüchtling aus Afghanistan oder aus Tibet pinnt seine Religionskritik auf Handzetteln an unsere Kirchentüren!

Da wäre einiges geboten.

Nichts anderes hat Martin Luther getan: ihm paßte vor allem der Ablaßhandel der Altgläubigen nicht, die damals noch die einzig Rechtgläubigen waren. Für fünf Vaterunser konnten wir uns vom Lügen und Betrügen reinwaschen, alles was wir tun mußten war, es dem Priester zu erzählen, der in einer Holzkiste in der Kirche saß und sein Gesicht verbarg, während wir beichteten. Kirchliche Ämter waren käuflich, so etwas hatte man ja auf der Welt noch nicht erlebt (!) - und so erhob sich der ungehobelte Augustinermönch zum Protest.

Aus Protest wurde später Protestantismus (1529 beim Speyerer Reichstag), und sobald eine Geisteshaltung zum -ismus wird, ist Vorsicht geboten. Wohlgemerkt Vorsicht vor allen -ismen.

Bis die Reformation zusammen mit einigen überzeugten Protestanten in den Odenwald kam, vergingen nach dem 31. Oktober 1517 noch ein paar Jährchen.

Wie Archivdirektor a.D. Prof. Dr. Friedrich Battenberg, Darmstadt bei der Neustädter Tagung des Breubergbundes anhand der Orte Nieder-Beerbach und Eberstadt erläuterte, konnte die Reformation hier neun Jahre später, also 1526, noch nicht Fuß fassen. Die Frankensteiner (Herrscher in Nd.-Beerbach und Eberstadt) weigerten sich und brachen (wieder einmal) einen verfassungsrechtlichen Streit mit der Landgrafschaft Hessen, die die Landeshoheit innehatte, vom Zaun.

Konkret läßt sich nicht feststellen, in welchem Jahr die beiden Orte reformiert wurden, es dauerte wohl ein Vierteljahrhundert. Erst mit der juristischen Regelung wurde der Weg zur Reformation geebnet. Die Quellenlage dazu ist dürftig, eine schriftliche Überlieferung der Herrschaft Frankenberg setzt spät ein, und nicht alle Pfarrer sind namentlich bekannt. Viele Akten gingen verloren, wenn auch Pfarrer Wilhelm Diehl (*1871 V12.09.1944 in der Darmstädter Brandnacht) vieles dokumentiert hat. So engagierten die Frankensteiner als Trotzreaktion einen katholischen Priester und stellten in Nieder-Beerbach und Eberstadt nach dem Passauer Vertrag 1552 die alte Ordnung wieder her.

Katholisch hieß man übrigens zu jener Zeit noch nicht: man war altgläubig. Der Begriff katholisch bedeutet ursprünglich  allumfassend oder ganz, vollständig. Denn die Altgläubigen waren fest überzeugt, daß die Reformierten irgendwann schon zur Vernunft kommen würden - so ließ man sich beiderseits auf fürsorglichen Befehl des Kaisers auf einen Kompromiß ein, der seither seinesgleichen sucht: beim „geharnischten Reichstag 1547/1548 stellte der Kaiser zwar für einige Regionen die alte Religion wieder her, gestattete aber zugleich Priesterehe und Laienkelch. Dieses als Reichsgesetz erlassene Augsburger Interim sollte für eine Übergangszeit die kirchlichen Verhältnisse regeln, bis ein allgemeines Konzil über die Wiedereingliederung der Protestanten in die katholische Kirche endgültig entschieden hätte.

Doch es kam anders: der Passauer Vertrag von 1552 schrieb die formale Anerkennung des Protestantismus fest, und der Augsburger Religionsfrieden von 1555 schuf die reichsrechtliche Fixierung.

Mit dem Tod von Hans IV. v. Frankenstein 1548 gaben die Frankensteiner ihren Widerstand auf.

Für die Odenwälder Bevölkerung (nicht nur im Frankensteiner Land) bedeuteten die häufigen Herr-schaftswechsel meist auch einen Wechsel in der Konfession. Mal mußte nach katholischem Ritus geglaubt werden, mal reformiert. Siehe die wechselvolle Geschichte in Knoden und Schannenbach...

Ist es da verwunderlich, daß die bodenständigen hart arbeitenden Odenwälder gleich an ihrem alten Glauben festhielten und sich oftmals dem widmeten, was von der Kirche (welcher auch immer) als Aberglaube gebrandmarkt wurde? Aberglaube, Zauberei, weiße und schwarze Magie! Das war allemal verläßlicher als die Melodie „wes Brot ich eß des Lied ich sing“.

Und so gibt es im Odenwald einen uralten Zauber, die Knodener Kunst, auch weiße Magie (= Zauberei zum Guten) oder das Brauchen genannt. 

M. Hiller, Oktober 2017

Kein Buchdruck ohne Luther, keine Reformation ohne Gutenberg!

Martin Luther reformierte nicht nur den christlichen Glauben, ohne ihn könnten Sie heute wohl auch keine Zeitung lesen! Nicht daß Luther höchstpersönlich dem Zeitungsdruck den Weg geebnet hätte - aber er hat etwas sehr Weitreichendes geschaffen: gemeinsam mit Johannes Gensfleisch Gutenberg löste er eine Revolution aus.

Denn erst Martin Luther gab der jungen Druckerkunst Gutenbergs ein Thema, dessen Verbreitung sich lohnte, den ersten Bestseller der Geschichte. Gedrucktes wurde durch ihn verständlich und durch Gutenberg erschwinglich. Vorher wurden die Kirchenväter und antike Philosophen in Auflagen von höchstens 200 Exemplaren gedruckt - in lateinischer Sprache, die Kirche wollte dem gewöhnlichen Volk nichts von ihren Geheimnissen preisgeben. So war das Lesenlernen für jenes Volk auch von allergeringstem Interesse.

Nun aber wurden Luthers Traktate* mit 300.000 Exemplaren gedruckt und fanden reißenden Absatz. Alle Welt wollte lesen lernen, es entstand Öffentlichkeit. Luther erfand die Fortsetzungsgeschichte im Abonnement: so wurde der Kaufpreis für ein Buch auf viele kleine Portionen verteilt. Er forderte Bildung für alle, auch für Mädchen. Das ist es, was ich persönlich besonders an Martin Luther schätze, auch wenn er zeitlebens antisemitische und frauenfeindliche Äußerungen von sich gab.

Ohne die Druckerkunst wäre Bildung für alle nicht möglich geworden, diese und Luther haben sich gegenseitig gefördert in einer Zeit, in der wissenschaftliche Diskurse auf Latein in schwergewichtigen Wälzern geführt wurden. Luther dagegen schrieb seine Botschaften kurz und prägnant auf deutsch, man konnte sie in 10 Minuten vorlesen.

Die ersten Zeitungen entwickelten sich aus dem Prinzip von Luthers Flugschriften: maximal 4-8 Bögen, 2x gefaltet. Zum Ausbruch des 30jährigen Krieges verbreitete sich so bereits auf basisdemokratischem Wege Ideologie.

*Traktat = Gezogenes (vgl. Traktor = Ziehendes) oder Abzug. Ü50er erinnern sich gern an ihre ersten Kontakte mit Alkohol: als 12jährige hingen wir nicht an der Schnapsflasche, sondern meldeten uns begeistert für alles, was auf dem Matrizendrucker abgezogen werden mußte. Das nannte man Hektografie, eine Technik aus der Zeit vor dem Fotokopierer. Zuvor mußte man seinen Text ohne Farb-band, also blind, auf Matritzenpapier tippen oder schreiben. Davon ließen sich dann maximal 250 Abzüge drucken. Der Druck erfolgte von einer wachsbeschichteten Folie, die über eine spiritusgetränkte Rolle gezogen wird, wobei sich Wachspartikel lösen. Je mehr Abzüge, desto weniger Wachs auf der Matritze. Deshalb konnte man ab dem 100. Abzug auch nicht mehr viel entziffern. Aber selbst die verschwommensten Abzüge wurden von uns gerne beschnuppert...

Marieta Hiller, April 2017

400 Jahre Schulpflicht und Lehrerdasein

Der Heimat- und Museumsverein Zotzenbach hat das „Rote Haus“ einladend hergerichtet, und hin und wieder finden hier interessante Vorträge statt. Im April 2018 war Günter Körner zu Gast. Die alte Stube, in etwa so groß wie eine frühere Schulstube, war gut gefüllt mit Zuhörern. Körner, einer der heimatkundlichen Autoren der Geschichtsblätter des Kreises Bergstraße, lebt seit 1975 in Birkenau und hat in seinem Wiki-Eintrag zahlreiche heimatkundliche Einträge zum Schmökern bereitgestellt.

In seinem Vortrag „Über das kärgliche Dasein von Schulmeistern im Weschnitztal im 19. Jahrhundert“ präsentierte er nicht nur Spannendes und Unterhaltsames aus Archivunterlagen, sondern er bewies zudem, daß es durchaus gelingt, nach knapp 45 Jahren Leben im Odenwald in Mundart vorzutragen. So schuf Körner gleich zu Beginn eine gemütliche Atmosphäre für die Zuhörer (die Zuhörerinnen sind hier immer mitgemeint, ihr kennt mich ja liebe Frauinnen), die zum Mitmachen animierte. Einer der Anwesenden ließ das Lied vom Schulmeisterlein hören, ein anderer erzählte die frischest abgestaubten Lehrerwitze. Körners ergiebiges Archivgestöber ergänzt unsere Vorstellungen von der historischen Schulentwicklung anhand konkreter Beispiele von Löhrbach, Nieder-Liebersbach, Unter-Flockenbach und Ober-Abtsteinach.

Schulpflicht: seit dem 16. Jahrhundert ein heißes Eisen

Das Thema Schule begann mit der Reformation. Vorher kamen nur begabte Kinder von Adligen in den Genuß der Schulbildung an elitären  Kloster- oder Domschulen, und natürlich fast nur männliche Kinder. Für die Landbevölkerung gab es keine Schule. Martin Luther forderte 1524 die Ratsherren aller Städte deutschen Landes auf, christliche Schulen einzurichten. Aber erst im Zuge der Aufklärung kam es zu einer verordneten Schulpflicht für alle Kinder, was den Bauern nicht besonders gefiel - brauchten sie doch ihre Kinder als Arbeitskräfte in der Feldarbeit. Deshalb wurde die Schulpflicht um die Ferien ergänzt: in den Zeiten für Aussaat, Jäten und Ernten sowie für das herbstliche Verarbeiten der Erzeugnisse wurden die Kinder freigestellt. Die Schulpflicht wurde nur deshalb eingeführt, weil die Rekruten bis dahin körperlich in so schlechter Verfassung waren. Sie mußten als Kinder hart arbeiten.

Die älteste Schule im Überwald (südwestlicher Odenwald) stand in Wald-Michelbach (siehe Artikel von Hans-Günther Morr: Schulhäuser im Überwald, in Geschichtsblätter Kreis Bergstraße Band 50). Hier findet man auch zahlreiche Infos zur wechselnden Geschichte der Überwald-Dörfer - mal Kurpfalz, mal Kurmainz, mal altgläubig, mal reformiert, mal lutherisch. Wann die Dörfer ihre Schulen erbauten, bis schließlich in Wald-Michelbach 1965 die Mittelpunktschule sowie 1971 das Überwald-Gymnasium entstand, erläutert Morr. Dazu sieht man viele Fotos der historischen Schulgebäude und einzelner Schuljahrgänge.

Doch was die Schulpflicht tagtäglich für die Kinder zwischen 6 und 14 Jahren bedeutete, können sich moderne Helikoptereltern kaum vorstellen: die Kinder mußten anfangs von Löhrbach und sogar Unter-Flockenbach nach Mörlenbach zur Schule gehen, das sind rein in der Luftlinie 7-8 km! Als 1658 in Ober-Abtsteinach eine Kirche gebaut wurde, verlegte man auch die Schule dorthin, bis in Löhrbach und Nieder-Liebersbach jeweils eine eigene Schule gebaut wurde.

Die Schule orientierte sich immer an der Konfession, und so wechselten des öfteren auch die Lehrer. Diese kamen blutjung nach 1-2 Jahren Ausbildung von der Präparantenschule in Lindenfels oder Bensheim auf die Dörfer, wo sie in Klassen von 70-80 Kindern im Alter von 6-14 Jahren zu unterrichten hatten. Oft waren die jungen Lehrkräfte nicht imstande, für Ruhe und Aufmerksamkeit zu sorgen, zumal die ältesten Schülerinnen nur gut 5 Jahre jünger als sie selbst waren. Günter Körner liefert hier eine drastische Vorstellung der Zustände in einem historischen Schulsaal: der alte Schulsaal in Löhrbach hatte knapp 60 Quadratmeter bei einer Raumhöhe von 2,20 Metern. Im Winter, wenn geheizt werden mußte, herrschte hier bedrückende Enge und sehr schlechte Luft. Durch die Ritzen im Dielenfußboden zog zudem die Ausdünstung der Ziegen nach oben, die im Winter mit ihrem Hirten im Untergeschoß untergebracht wurden. So wird des öfteren eine kindliche Ohnmacht nicht auf mädchenhafte Schwärmerei für den jungen Lehrer zurückzuführen sein. Gut dokumentiert sind auch Prügel-Exzesse durch Lehrkräfte.

Wie alle Landgemeinden waren auch die Gemeinden Löhrbach, Birkenau, Trösel und Unter-Flockenbach bitterarm, mußten jedoch aufgrund der Schulpflicht Lehrkräfte einstellen. Diese wurden in vier Gehaltsklassen bezahlt. Erst um 1800 übernahm das Land Hessen die Besoldung der Lehrer.

Vorher wurden die Lehrer meist in Naturalien bezahlt: pro Jahr gab es 7 Malter Korn, außerdem Spelz und Frucht, 28 Pfund Wieseheu, Haferstroh, Kartoffeln. Oft gerieten die Bürger in Zahlungsrückstand, und der Lehrer versuchte sein dürftiges Auskommen durch Zeichenunterricht zu stützen. Günter Körner weiß von einigen Lehrern, daß sie nebenher als Gerichtsschreiber, Nagelschmied oder Theatertänzer arbeiteten. Ab 1840 begann man in Löhrbach ein neues Schulhaus zu bauen, und die Bedingungen gleichen den modernen: der Kostenvoranschlag belief sich auf 3000 Mark, die Endkosten auf 20.000 Mark, so daß der Gemeindewald zur Begleichung herangezogen werden mußte.

Für 1825 ist dokumentiert, daß Lehrer Wetter jährlich 10 Gulden mehr erhielt, doch mußte er dafür mit den Schülern die Beerdigungen in Ober-Abtsteinach mitgestalten.

10 Gulden pro Jahr mehr: das entspricht etwa 130 Euro, man bekam damals dafür 1/6 Kuh. Das Ruhegehalt von 140 Gulden jährlich war viel zu gering für ein Auskommen, und die Lehrerwohnung war sehr klein und feucht.

Später baute man in Löhrbach zwei neue Schulsäle zu je 50 Quadratmetern, was zu einer spürbaren Entspannung der Lernsituation führte. Aber, was man nicht bedacht hatte: nun brauchte man auch zwei Lehrer. Darauf bestand das großherzogliche Ministerium, wenn es auch einen Zuschuß zum 2. Lehrer gewährte.

Im 19. Jahrhundert wurden die Schulen überprüft, dies nahm meist der Pfarrer vor. Auch die Schüler wurden zweimal jährlich geprüft.

Lesen Sie dazu auch: Ferien und Urlaub -woher kommt das eigentlich?  
und Alte Münzen und Maßeinheiten

Marieta Hiller, im April 2018

Immer wieder spannend ist es, in alten Science fiction Taschenbüchern zu schmökern.

In den 70ern und 80ern des letzten Jahrhunderts griffen zahlreiche Wissenschaftler in aller Welt und aus allen Fachrichtungen zum Erzählstift, um Geschichten aufzuschreiben. Geschichten, die zwar etwas mit ihrem Forschungsgebiet zu tun haben, aber in einer erfundenen Welt spielen. Ganz zufällig (ganz zufällig??!) sind diese Geschichten genau wie Märchen strukturiert. An einem wundersamen Ort weit weit weg, vor langer langer Zeit (oder in weiter nebliger Zukunft) da lebte ein Mensch, dem eine unglaubliche Geschichte widerfuhr.