Warum bebt immer wieder die Erde im Odenwald? Bei ihrem Vortrag über Erdbeben im Odenwald erläuterte dies Dr. Jutta Weber vom Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald.

Erst am 14. März 2015 gab es wieder ein Beben, auch an Ostern wackelte die Erde. Ein Jahr zuvor, Ende März 2014, gab es das bisher auf der nach oben offenen Richterskala höchste Beben mit Stärke 4,2. Dies ist eher schwach.

Eine Karte auf der Internetseite des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie  zeigt, wo die Problemzone liegt: unzählige rote Punkte markieren je ein Beben in der Region Frankfurt-Wiesbaden-Heidelberg-Koblenz bis fast nach Bonn. Frau Dr. Weber konnte erklären, woher diese Häufung von Erdbeben in einer Zone kommt: im Erdaltertum oder Paläozoikum (541-251 Mio. Jahre vor unserer Zeit) gab es zwei Großkontinente: Old Red im Norden und Gondwana im Süden. Dazwischen wurde der Mikrokontinent Armorica eingequetscht. Auf ihm liegt der Odenwald, und seit römischer Zeit gibt es (Asterixkenner wissen es) die Landschaft Aremorica in Gallien. Die Erdplatten bewegen sich zu allen Zeiten, so falteten sich erst kürzlich die Alpen auf und wachsen noch immer. Da sie aber um etwa den gleichen Betrag durch Erosion abgetragen werden, bleibt ihre Höhe gleich.

Die Stelle aber, an der die vielen roten Punkte sind, nordwestlich des Odenwaldes, das ist die Nahtstelle zwischen den alten Kontinenten Old Red und Gondwana. Noch immer schiebt der Süden (die afrikanische Erdplatte) von unten, während Westeuropa eher nach Süden driftet. Am Rheingraben, einer sehr jungen Erdformation, schieben sich Odenwald und Pfälzerwald aneinander vorbei. Den Odenwald drückt die afrikanische Erdplatte nach Norden, die Pfalz wandert nach Süden.

Dabei entstehen tief im Erdinnern gigantische Spannungen, die sich plötzlich mit einem Knall lösen können. Das sind die Erdbeben, die man spürt.

Müssen wir unsere Häuser gegen Erdbeben versichern?

Beim Münchner Hagelschlag 1984 wurden Dachziegel, Fenster und Fahrzeugdächer stark beschädigt. Noch lange danach konnte man Autos im sogenannten „munic design“ sehen. 900 Millionen Euro Schaden entstanden damals umgerechnet.

Der Orkan Wiebke forderte am 28. Februar 1990 35 Todesopfer und schuf eine „nachhaltige“ Umgestaltung unserer Wälder. Man geht von einem Schaden in Höhe von 1,5 Milliarden Euro aus.

Die Flutkatastrophe 2002 forderte 1,8 Mrd, Sturm Kyrill 2007 sogar 2 Mrd Euro.

Die Flutkatastrophe vom Mai/Juni 2013 verursachte einen Schaden von 3 Mrd Euro.

Diese Zahlen nennen lediglich die jeweils versicherten Schäden.

Beim Erdbeben vom 17. Mai 2014 (Stärke 4,2) entstanden in Nieder-Beerbach Gebäudeschäden an jedem 7. Haus, 36 Schornsteine wurden beschädigt. Die Gemeinde Mühltal erhielt über 100 Schadensmeldungen. Bei den Gebäudeversicherern blieb man nicht tatenlos: die Elementarversicherungen oder Versicherungen gegen weitere Naturgefahren wurden an die veränderten klimatischen und geologischen Bedingungen angepaßt. Bei Hausrat- und Gebäudeversicherungen gibt es je nach Risiko der gefährdeten Regionen entsprechende Angebote, auch für stark gefährdete Gebiete. Versichern kann man nun z.B. Überschwemmung, Rückstau, Erdbeben, Erdsenkung oder Erdrutsch, Schneedruck, sogar Vulkanausbruch. (April 2015)

Wir haben noch die Bilder des Hochhauses vor Augen, das im Februar 2018 in Taiwan in beträchtlicher Schieflage stand nach einem Erdbeben. Immer wieder fordern Erdbeben unzählige Tote, die unter den einstürzenden Trümmern begraben werden. Auch wir leben in einem Erd-bebengebiet: am Rheingraben baut sich über lange Zeit Spannung auf, die sich gelegentlich durch Erdbeben löst. Denn die Pfalz driftet nach Süden, der Odenwald nach Norden. Dadurch entstehen Verhakungen der Schollen im Untergrund.

Dabei spricht man vom Epizentrum (auf der Oberfläche) und vom Hypozentrum (im Erdinneren), bei uns sind Erdbeben der Stärke 3-4 normal, so gewaltige Beben wie in Taiwan (Stärke 6,4) sind in unserer Region nicht denkbar. Eines der stärksten Erdbeben ereignete sich mit 9,5 auf der Richterskala am 22. Mai 1960 in Chile. 1655 Tote, 3000 Verletze, zwei Millionen Heimatlose, Tsunami mit 11,5 Meter hoher Welle waren die Folge.

In unserer Region verzeichnet die Chronik von Pfarrer Martin Walther am 7./8. September 1601 in der Nacht ein starkes Beben, wiederum am 7. Dezember 1602, am 19. April 1612 und am 2. Januar 1614.

Aus späteren Zeiten sind weitere Beben bekannt: besonders der Erdbebenschwarm von Groß-Gerau 1869 bis 1871 mit etwa 2000 meist schwachen Erdstößen oder die Erdbebenhäufung im Taunus. Am 10. Februar 1871 zerbrach die Glasglocke der Laterne auf der Brunnensäule des Bensheimer Marktbrunnen. In Lorsch dagegen stürzten circa 40 Schornsteine um, auch in Fehlheim und Schwanheim.

Das Beben am 17. Mai 2014 erlebte ich im Garten: es war als sei ein schwerer Lastzug an der Gartenmauer entlanggeschrammt. In Nieder-Beerbach, dem Epizentrum des Bebens der Stärke 4,2, wurde dabei die evangelische Kirche und zahlreiche Schornsteine stark beschädigt. Leichte Beben gab es auch am 14.10.2016 in Darmstadt und am 28.09.2017 in Mühltal, wo man die Kirche gerade erst saniert hatte.

Weitere Infos dazu: www.hlnug.de/themen/geologie/erdbeben.html

Marieta Hiller, im Februar 2018

Auf dem höchsten Punkt des alten Ortskerns von Nieder-Beerbach steht die Kirche: erbaut wurde sie um 1404 anstelle einer älteren Kirche, die mutwillig zerstört worden war. Die Herren von Frankenstein, u.a. Philipp der Ältere (ca. 1404-1433) erbauten die Wehrkirche als Familiengrablege. Weitere Infos finden Sie hier. Die Kirche ist mit Zisterzienserfresken des 14. Jh. bemalt. Beim Erdbeben vom 17. Mai 2014 wurde die Kirche stark beschädigt wie viele Häuser in Nieder-Beerbach. Marieta Hiller, 2014