Das Felsenmeer in einer alten Karte als Braunpause:

Quelle: HStAD Bestand P 1 Nr. 2267

Übersichts-Karte des Felsbergwaldes in der Gemarkung Reichenbach, Bensheim 19. Februar 1896

Urheber: Mit dem von mir aufgestellten Originale verglichen und ergänzt, Bensheim am 8. Mai 1883 gez. [Heinrich] Bickhardt, Gr[o]ßh[erzog]l[icher] Geometer I. Kl[asse]; Für die Richtigkeit der Abschrift, Bensheim, dem 19. Februar 1896 [Wilhelm] Wamsser, Gr[oßherzoglicher] Geometer II. Kl[asse]

Was zeigt uns diese Karte?

Fangen wir im Westen an:

da gibt es das Flurstück "Am Lampertstein", der Lampertstein selbst ist eingezeichnet. Dieser erinnert an den eifrigen Jäger, der 1838 mit dem gräflich erbach-schönbergischen Revierförster Rautenbusch im Felsbergwald unterwegs war: "Hier sank, durch die Selbstentladung der Flinte eines Jagdgefährten getroffen entseelt zu Boden Jacob Lampert, Bürgermeister zu Reichenbach, geboren am 6. April 1797, gestorben am 14. Dezember 1838." Wer sich wundert, daß ein Denkmal aus Sandstein mitten im Melaquarzdiorit des Felsberges steht, der führe sich vor Augen, wie leicht sich Sandstein im Gegensatz zu Letzterem bearbeiten läßt. Da lohnt der weitere Transport durchaus. Lesen Sie dazu auch "Lampertstein wurde in Erinnerung gerufen".

Oberhalb des Lampertsteins direkt am Weg befand sich der "Waldmannsschacht". Ein Schacht im Felsberg? Dazu wurden bislang keine Quellen gefunden...

Nördlich schließt sich am westlichen Rand der Karte die Flur "Am dicken Stein" an, das Geisennest. Was es damit auf sich hat, ist unklar. Die Stelle muß sich an der Kreuzung der Rundwege 3 und 6 unterhalb der Riesensäule befinden. Ganz nördlich auf der Grenze des Großherzogtums Hessen ist die Riesensäule eingezeichnet.

In zweiter Reihe von Norden nach Süden: die Flur heißt "An der Tischplatte", es gibt einen Frosch Sarg, die Tischplatte und die Raabschützenhöhle.

Südlich vom Lampertstein "An der Nonnwiese" und "Vorderbuckel" mit Riesenküche und Riesenrutsche. Die Riesenküche ist auch in der Welzbacher-Karte von 1890 eingezeichnet. Beides muß in dem Bereich am Schnapsloch in der Nähe des Parkplatz Talweg gelegen haben, etwas nördlich. Hier findet man heute Spuren von Steinbruchtätigkeit. Man kann also davon ausgehen, daß Riesenküche und Riesenrutsche nach 1896 abgebaut wurden.

Die Welzbacher Karte (um 1890) mit dem Felsberg - lesen Sie Näheres hier!

Nördlich ist die Riesenkanzel, die Kapfeshöhle (leider war die Karte an dieser Stelle gefalzt) und mehrere Riesenkisten eingezeichnet. Die Flur Riesenkanzel zieht sich vom unteren Ende der Felsen den Berg hinauf. Die Siegfriedsquelle ist überraschenderweise nicht eingetragen.

Weiter nach Osten befindet sich im Norden der Riesensessel, an die Flur "Am Riesensessel" schließt sich östlich Flur "Am langen Stein" an. Dort ist "der lange Stein" in einem stilisierten Steinbruch eingezeichnet, außerdem die Schlangensäule.

Südlich schließt sich östlich der Riesenkanzel die Flur "Am Rehwechsel" an, heute völlig unbekannt.

Ganz im östlichen Teil der Karte liegt die Flur "Im alten Garten". Dieser Flurname findet sich auch in der Flurkarte von Philipp Buxbaum für Beedenkirchen und Reichenbach sowie in der Beedenkirchener Flurkarte um 1840 von Geometer Röder. Der alte Garten liegt direkt westlich des ausgegangenen Dorfes Grauelbach und muß zum inneren Ortsbereich gehört haben. Die Hofreiten der Dörfer waren in Ringen umgeben: zuerst kamen die Gemüseäcker und Baumwiesen, die zum Garten (lat. hortus der Hort, Bedeutung "umzäunt" gegen Wildtiere) gezählt wurden. Alte Flurnamen wie Bangert (Baumgarten) zeugen noch davon. Im zweiten Ring folgten die Feldfluren und Waldbestände.

Diese Karte wurde 1883 gezeichnet, nur vier Jahre nachdem die ersten neuzeitlichen Steinarbeiter auf der Wanderschaft durch den Odenwald kamen und den Felsberg-Granit entdeckten (1879). Demnach wurden die heute fehlenden Felsformationen wie dicker Stein, Geisennest, Schlangenstein und Riesenrutsche etc. nicht in den ersten Jahren abgetragen. Lesen Sie dazu auch "2000 Jahre Steinbearbeitung im Felsberg - die Neuzeit"

Eine Vorläuferkarte ist die Karte von Hartig und Zamminer aus dem Jahr 1794.

Marieta Hiller, im März 2021