Die Erbse

Früher, zu Zeiten vor dem Kartoffelanbau wurde die Erbse wie alle Hülsenfrüchte als wichtiges Nahrungsmittel mit der gleichen Ehrfurcht behandelt wie Getreide. Man schützte und pflegte sie, um eine gute Ernte zu bekommen. Erbsen und Erbsenstroh sind Symbol der Fruchtbarkeit, sie haben aber nach alten Überlieferungen auch negative Eigenschaften: um Streit in einem Hause hervorzurufen, wirft man eine Schote, in der neun Erbsen sein müssen, vor den Augen des Hausbesitzers über das Haus.

Damit die Schoten voll werden, sollte man die Erbsen bei Vollmond legen.
Der alte Ausspruch "Da hat der Teufel Erbsen drauf gedroschen" bezieht sich auf jemanden mit einem blatternarbigen Gesicht.

Vorratshaltung und Konservierung früher...

In früheren Jahren waren die Aufbewahrungsmöglichkeiten für Nahrungsmittel mit denen heute überhaupt nicht zu vergleichen. Es gab weder Kühlschränke, noch Gefriertruhen. Man suchte deshalb andere Möglichkeiten um Gemüse, Wurst und Fleisch für den Winter haltbar zu machen. Gemüse wurde hauptsächlich eingeweckt. Auch Fleisch wurde auf diese Art und Weise behandelt. Wurst wurde geräuchert oder in Dosen verschlossen.
Einige Gemüse, wie Lauch, Rosenkohl oder Gelberüben konnten in den Kellern oder sogar im Freien ohne besondere Vorkehrungen überwintern, bei Weißkraut oder Bohnen z. B. sah das schon anders aus. Man stampfte das Gemüse in großen Töpfen aus Steingut mit Salz ein und erhielt so durch Milchsäuregärung Sauerkraut oder saure Bohnen. Oft war dies das einzige Gemüse, das gegen Ende des Winters noch auf dem Speisezettel stand.

Kellerregal mit Einmachobst, Keilvelter Hof Unter-Ostern


Man erntete im Spätsommer die Stangenbohnen und ließ sie entweder zum Trocken hängen, das ergab die Dicken Bohnen für den Samstagseintopf. Oder man schnitt die grünen Bohnen in feine Stücke oder Streifen. Dann wurden sie blanchiert und mit kaltem Wasser abgeschreckt. Der Steinguttopf mußte trocken und sauber sein, auf den Boden kam eine Schicht Salz. Dann immer im Wechsel eine Schicht Bohnen und Salz, immer mit Festdrücken. In solch einen Steinguttopf paßte etwa ein Zentner Bohnen (50 kg).  Dann wurde der Topf mit einem sauberen Leintuch abgedeckt, das mit einem schweren Stein beschwert wurde. So zogen die Bohnen jetzt Saft, das Leintuch mußte regelmäßig erneuert werden.

Mit dem Sauerkraut wurde es genauso gemacht, aber man gab noch Wacholderbeeren dazu.

Kartoffellager aus Holz im Keller des Keilvelter Hofes Unter-Ostern, durch Bodenabstand trotz Kellerfeuchte und Kälte gut isoliert

Ein Schiebefenster aus Sandstein im Keller des Keilvelter Hofes Unter-Ostern

Das Bohnenschneiden

Georg Volk berichtet in seinem Odenwald-Buch von 1905 über die gesellige Sitte: „Eine recht hübsche Unterhaltung gewährt von Mitte August, oder nach eingethaner Ernte, bis in die zweite Hälfte des September das Bohnenschneiden, und von Mitte September bis Anfang Oktober das Birnschälen, Zwetschenkernen in Verbindung mit dem Mus- oder Latwergenkochen. Die benachbarten und befreundeten Familien besuchen sich und laden einander zum Helfen ein; die Mädchen fordern ihre Freundinnen und Kameradinnen zur Mitwirkung auf und so erscheinen wohl acht bis zehn blitzblank geputzte Mädchen mit einem scharfen Messer bewaffnet, um die Bohnen schälen oder abziehen, und wenn dies beendigt ist, fein schneiden zu helfen. Für beide Arbeiten hat man zwar jetzt Maschinen erfunden, doch können sie die sorgfältige Handarbeit nicht ersetzen, vor allem aber nichts von den geselligen Freuden bieten, die die persönliche Mitarbeit gewährt."

Sauerkraut mußte zu Silvester dabeisein

In den meisten Häusern gab es in der Neujahrsnacht - und gibt es oft noch heute - Kraut un Schnitz': Sauerkraut. Dann geht das Geld im Haus das ganze Jahr nicht aus. Sauerkraut und Weißkraut hatten einen sehr hohen Stellenwert im Volksglauben, noch aus der Zeit, bevor die Kartoffel nach Europa kam und Kraut das Grundnahrungsmittel bildete.

Wer dem Nachbar zuerst Glück im Neuen Jahr wünschte, der sicherte sich damit selbst das Glück. Dann bekam man als Dank Rippchen mit Kraut.

Unter den Krautgemüsen war im Odenwald Weißkraut, Rotkraut und Wirsing besonders geschätzt. Der Samen wurde im Grabgarten hinter dem Wohnhaus ausgesät und zu Setzlingen herangezogen. Wer keinen sehr großen Hausgarten hatte, legte sich auf einem guten Acker “Länder” an. Dort zog man auch Gelberüben, Untererdkohlraben, Stangen- und Buschbohnen, Erbsen, Gurken und Zwiebeln. Prächtige Kohlköpfe konnte man ernten, wenn man in die Lücken der Dickwurzeläcker Krautpflanzen setzte. Salat und Küchenkräuter standen im Hausgarten. Aus selbstgezogenen Samen wurden ganze Beete voll Kopfsalat ausgesät. Sobald die Blättchen groß genug waren, wurde Robbsalat entnommen, so daß sich aus den übriggebliebenen Pflanzen zuletzt Salatköpfe entwickeln konnten. Auf den leer gewordenen Anzuchtbeeten für Dickwurzel- und Gemüsepflanzen wurde Endiftsche herangezogen. Feldsalat wuchs früher wirklich auf dem Feld und an den Wegrainen als Unkraut. Weißkraut, Rotkraut und Wirsing wurden im Herbst nach dem Entfernen der großen Blätter in Scheunen oder Schuppen dicht zusammengestellt. Dort hielt sich das Gemüse bis Weihnachten. (Schwinn, "Speis und Trank" 1981)

Steinerner Ständer zur Bohnen- oder Krautkonservierung, Keilvelter Hof Unter-Ostern

Kastanien: wie ein fürsorglicher Landgraf sie ins Lautertal brachte

Die Eßkastanienbäume waren keineswegs immer heimisch im Lautertal: 1569/70 wurden sie von Landgraf Georg I. im ganzen vorderen Odenwald und an der Bergstraße, so auch im Lautertal eingeführt. Im Zuge einer erheblichen Verbesserungsmaßnahme von Vieh-, Kleinwild- und Obstbaumbestand zum Wohle der Bevölkerung brachte der Landgraf von seinen Reisen Hunderte von Kastaniensetzlingen mit.
Der Odenwaldpfarrer Werner Geiger weiß von einem italienischen Händler, der auf dem unteren Marktplatz einen Verkaufsstand mit Bratofen für seine heißen Kastanien betrieb. „Seine gepriesenen Kastanien aber stammten gar nicht aus dem heißen Italien, sondern wie ich heute genau weiß, von der Kastanienallee beim Gut Hohenstein im Odenwald.“

Leider wurde die wunderschöne Kastanienallee oberhalb des Gutes vor vielen Jahren zuerst durch Mistlagerung geschwächt und dann gefällt. Heute strecken sich hier Birken und versuchen vergeblich, die alte majestätische Baumallee zu imitieren.

Rezept für Kischdelebrieh (Kastaniensuppe) von Greta Sattler, Breitenwiesen: man kocht ein Pfund geschälte Kastanien in einem Topf leicht gesalzener Fleischbrühe weich, treibt alles durchs Haarsieb. Die weichen Kastanien schwenkt man in gut zwei EL Butter, dann mit der Brühe auffüllen und abschmecken.

Pfarrer Wilhelm Diehl berichtet um 1905: „Auch der Odenwald hat Jahre erlebt, wo seine Fürsten und Obrigkeiten alles andere eher taten, als für der Untertanen Aufnehmen, Reichtum und Glückseligkeit zu sorgen. Dagegen muß den Fürsten, die in der Zeit vor dem 30jährigen Krieg Herren des vorderen Odenwaldes waren, das Zeugnis ausgestellt werden, daß viele von ihnen sich ernstlich um die Hebung des Volkes, namentlich in wirtschaftlicher Beziehung bemühten, daß sie also Landesväter nicht bloß dem Namen, sondern auch der Tat nach sein wollten.“

So sorgte Landgraf Georg I (1567-1596) für die Einfuhr guter Zuchtviehrassen von weither und versuchte die Kaninchen- und Entenzucht heimisch zu machen. Im Jahr 1583 wurden 4773 Stück Enten in die Hofküche geliefert; neben der Eigenversorgung seines Hofes hatte er aber vor allem die wirtschaftliche Verbesserung der Landbevölkerung im Sinn. Er kümmerte sich um Klee- und Wiesenbau, die Veredelung der vorhandenen und das Anpflanzen neuer Obstarten. So brachte er 1572 aus Gießen die Borsdorfer Apfelbäume, 1569 aus Heidelberg Kastanien- und Mandelbäume (hauptsächlich an die Bergstraße). Im Jahre 1570 kam eine weitere große Sendung von Kastanienbäumen.

Längst Geschichte: die majestätischen Kastanien am Hohenstein

Selbstversorgung auch fürs Bierbrauen

Versuche mit Hopfengärten (z.B. in Goddelau) fanden Nachahmung durch Bauern: private Hopfengärten in Griesheim, Bessungen, Roßdort und Oberramstadt entstanden. „Zehn Jahre später hatte der Hopfenbau im Lande derart zugenommen, daß der ganze Hopfenbedarf der herrschaftlichen Bierbrauerei in Darmstadt - 154 Malter, die eine erkleckliche Summe Geldes kosteten - im Lande selbst gedeckt werden konnte, während man bisher auf Hopfeneinfuhr von auswärts angewiesen war.“
„Die Bemühungen der Fürsten um Hebung des Volkswohlstandes im Lande stießen bei dem Volke selbst mitunter auf großen Widerstand. Einzelne der neueingeführten Erwerbszweige blieben ganz auf die Hofhaltung beschränkt und fanden bei den Bauern gar keine Nachahmung. So ging es mit der Entenzucht und der Kaninchenzucht, sowie dem Seidenbau. ..... Trotzdem waren die Bemühungen der Fürsten um Hebung des Volkswohlstandes nicht erfolglos. ... Man hielt zwar an den alten Formen des Erwerbes fest, suchte aber durch gründlichere Pflege und emsigere Arbeit mehr aus ihnen zu gewinnen, als man bisher gewonnen hatte. Der Getreidebau, der Weinbau und die Viehzucht, diese drei Hauptzweige des bisherigen Erwerbes auf dem Land, blieben auch weiterhin die Hauptarbeit der Dorfbewohner.; aber man lernte es, aus ihnen mehr zu machen und mit ihnen mehr zu erringen. Besondere Pflege fand die Schweinezucht. Wir ersehen das aus der Reichenbacher Chronik.“ (Pfarrer W. Diehl)

Der Milchkasten

Georg Volk beschreibt die Bauernküche um 1900 so: "Vor der Wand, die senkrecht auf den Ofen zieht, steht gewöhnlich ein langer Kasten mit Rücken- und Seitenlehnen: das Schrenz genannte Kanapee. ... Der Kasten dient überdies (neben der Sitzmöglichkeit am Ofen) noch zum Aufstellen der Milchtöpfe, mitunter auch zum Aufbewahren von Kleidungsstücken und Schuhwerk. Die genossenschaftlichen Sammelmolkereien haben den Milchkasten fast ganz außer Gebrauch gebracht.“

Butter

Gebuttert wurde der Rahm durch Schlagen, so daß sich die Fettkügelchen im Rahm zusammenklumpten. Übrig bleibt die Milchflüssigkeit. Im Butterstößer, einem hohen Holzgefäß, stampfte man mit einer Holzscheibe den Rahm. Oder es gab Butterleiern, liegende Holzfäßchen in einem Holzgestell, die mit einer Leier gedreht wurden. Es dauerte gut eine Viertelstunde, bis sich erst Flocken und dann Klumpen bildeten, es drehte sich immer schwerer. Die Klumpen wurden dann ruckartig vor und zurück bewegt, so daß sie sich schön formten. Dann nahm man sie heraus, wusch sie ab und drückte sei in Buttermodel oder drückte mit dem Messer Muster in die Butterstücke.

Käsmattenbrett aus dem Museum Modautal-Asbach

 

Das alte Milchhäuschen in Elmshausen; hier wurde abends die frische Milch gesammelt zur Abholung durch die Molkerei

 

Von der fürsorglichen Bauersfrau im Bett versteckt: der Handkäs

Was Pfarrer Geiger zum Handkäs zu sagen hat...

Im "Heimatbrunnen" beschreibt Werner Geiger das Markttreiben zu Beginn dieses Jahrhunderts: “ ..Lenken wir unsere Schritte lieber über den oberen Marktplatz und vergegenwärtigen wir uns, daß hier einst zweimal in der Woche der alte Bensheimer Butter- und Eiermarkt stattfand! Hier standen schon des Morgens in aller Frühe bei Regen wie bei Sonnenschein die Butterweiblein aus dem Odenwald mit ihren Körben, die sie den langen Weg über den Baßmann auf dem Kopfe getragen hatten: Frau Gehron aus Zell, Frau Sieger aus Gronau, Frau Rettig aus Schannenbach, Frau Wagner aus Glattbach usw. In lange Meerrettichblätter eingeschlagen boten sie ihre frische Odenwaldbutter feil, das Pfund zu einer Mark, und das Ei zu sechs Pfennig! - Auch den echten Odenwälder Handkäse, säuberlich in weiße Tücher gehüllt, brachten sie mit! -
Und ich sehe die vornehmen Damen der Auerbacher Straße noch geschäftig von Korb zu Korb gehen, um prüfend eine Probe der frischen Landbutter zu verkosten. Aber ich höre sie auch verlegen hüsteln, ja ich beobachtete sie sogar eilfertig nach ihrem Taschentuch greifend, um es schützend vor die Nase zu halten, wenn der Odenwälder Handkäse in seiner urwüchsigen Naturfrische ihre zarten Riechorgane über die Maßen zu reizen sich herausnahm! -
Doch wozu diese Vergewaltigung der Natur, dachte ich mir? Ich habe mir von Frau Wagner in Glattbach, einer alterfahrenen Lieferantin des Bensheimer Wochenmarktes, den Werdegang eines Odenwälder Handkäses im einzelnen schildern lassen und muß sagen, daß  nichts Ungeschicktes oder Bedenkliches bei seiner Zubereitung geschieht! Die alte Auffassung, daß die Odenwälder Hausfrau ihren Handkäse, um seinen Werdegang zu beschleunigen, ins warme Bett steckt, stimmt ja gar nicht und ist ein Ammenmärchen! Und der echte Odenwälder Handkäse schlägt jede heimatfremde Konkurrenz, und sei sie auch, wie der gerühmte Mainzer Käse, im Schatten der Domtürme aufgewachsen!"
Pfarrer Geiger beklagt die Entstehung der Molkereien und das Verschwinden der Zentrifugen aus den Milchküchen der Bauern. Vielen Landwirte haben heutzutage durch Molkereiverträge keine Möglichkeit der Selbstvermarktung von Milch, Butter und Käse, obwohl sie diese Produkte auch heute noch für den Eigenbedarf in bester Qualität herstellen.

 

Was bleibt von früheren Generationen? Alles was weggeworfen wurde, verrottete oder wurde weiterverwendet: Holz, Leder, Stoff, Essensreste. Übrig blieb Glas und Keramik und Metall solange bis es verrostet war. Zu finden im Wald rings um die Dörfer, denn es gab keine Müllabfuhr.