Auch mit dem Selbstgekelterten mußte man früher meist haushalten. So verdünnte man den Ebbelwoi mit Wasser, damit er länger reichte und auch weil er meist ziemlich stark war (und ist).
Von einer alteingesessenen Wirtschaft im Odenwald wird berichtet, daß ein paar kräftige Zecher beim Bembel saßen. Nach einigen Bembeln beschwerte sich einer bei der Wirtin: "Der Ebbelwoi werd ewwer als dinner, mer sin doch kaa Vieh un dun Wasser saufe!"
Da flüsterte die Wirtin dem Wirt, der gerade wieder in den Keller wollte, um einen neuen Bembel zu füllen zu: "Willem, her uff, se merkes!"
Früher wurde der Ebbelwoi nicht nur getrunken, sondern es wurde auch viel damit gekocht und gebacken: Ebbelwoisupp, Ebbelwoisoß zu Weckschnere oder Balleklöß und Ebbelwoikuchen.
Der Haustrunk hat außerdem heilende Wirkung: heißer Ebbelwoi mit Zitrone, Zimt und Nelke vertreibt Verkühlungen schnell und macht die Füße warm. Auch die abführende Wirkung ist bekannt, besonders beim jungen Ebbelwoi, dem Rauscher. Bei Gicht, Nieren- oder Blasenleiden hilft sowohl Most als auch Ebbelwoi - allerdings auch nur in medizinischen Mengen!
Apfelwein oder Ebbelwoi, der Hausschoppen, Foto Ernst Wrba
Wie die Elmshäuser Maukelscheskerb zu ihrem Namen kommt...
Richard Matthes erzählt: „Auf der Elmshäuser Kerb wurde in früherer Zeit nicht nur Wein und Bier, sondern auch gern ein süffiger ‘Rauscher’ getrunken, den der Kerwewirt aus einer frühreifen Birnensorte, den sogenannten ‘Honigbirnen’, herstellte. Von diesen Honigbirnen, auch ‘Maukelchen’ genannt, hat die Elmshäuser Kirchweih den Namen ‘Maukelcheskerb’ erhalten.
... und wie der Elmshäuser Wirt das Fürchten lernte
Sobald nun dieses Fest herannahte, machte sich der Elmshäuser Wirt auf die Beine, um im Ort und in der Nachbarschaft die Honigbirnen aufzukaufen. So erschien er auch jedes Jahr zur selben Zeit in Reichenbach beim "Kirchenlampert", wie der Gastwirt "Zur Traube" im Volksmund genannt wurde, um mit ihm beim Glas Wein einen Handel abzuschließen. Der Kirchenlampert besaß nämlich einen mächtigen Honigbirnbaum, der in günstigen Jahren gut seine acht Zentner Birnen brachte.
Es war kurz nach der Nachtessenszeit. Die beiden waren handelseins geworden und der Elmshäuser wollte sich schon wieder auf den Heimweg machen. Da traten wie von ungefähr vier junge Burschen in die Wirtsstube und setzten sich zu den beiden an den Tisch. Der Elmshäuser ahnte nicht, daß sie vom Kirchenlampert bestellt waren, diesem alten Spaßvogel, der wieder einmal einen Streich ausgeheckt hatte. Bei einem guten Halben war bald ein munteres Gespräch im Gange. Vom Wetter kam man auf die Kerb, von der Kerb auf die Honigbirnen und schließlich auch auf den Honigbirnbaum zu sprechen, der weitab vom Dorf im "Alten Rod" stand. An dieser Stelle der Unterhaltung warf einer der Burschen die Bemerkung ein, daß es am Honigbirnbaum nicht ganz geheuer sei. Nicht um alles in der Welt möcht er dort um die Mitternachtsstunde vorbeigehen.
"Dort net vorbeigeh’n?" - meinte der Elmshäuser, der in Anbetracht des günstigen Kaufes dem Wein schon tüchtig zugesprochen hatte - "bischt du so e Fürchtkatz? Ich, wanns sein muß, tät mich die ganze Nacht unner den Baam setze, dann des mit dene Gespenschter ist lauter Larifari!" -" Des hoscht du gut sage do in de Wirtsstubb“, meinte einer der Burschen, aber so um Mitternacht do drauß im "Alte Rod", wann die "Weiß Fraa" umgäit un de Deifel im Felschberg spukt?" - "Do firscht ich mich erscht recht net!" erwiderte der Elmshäuser und schlug mit der Faust auf den Tisch, daß die Gläser wackelten. - "Was gilt die Wett’, daß du net unner dem Honigbirnbaum sitze bleibscht heut nacht?" - "Die Wett?" schrie der Elmshäuser. Mit eich junge Dachser wer ich’s noch uffnemme! Do schlagt ei’, es gäit um e Fäßche Wei’!" - jetzt hatten sie ihn so weit, wie sie ihn haben wollten. Die Wette galt!
Es war inzwischen 11 Uhr am Abend geworden. Der Elmshäuser tat noch einen kräftigen Schluck, nahm seinen Hirschhornstecken und machte sich auf den Weg ins Alte Rod. Hier setzte er sich unter den Honigbirnbaum und wartete der Dinge, die da kommen sollten. Leise rauschte der Felsbergwald, im Dorf bellte ein Hund. Von Gespenstern war nichts zu sehen und zu hören. Da, auf einmal, er traute seinen Augen nicht, nahte vom Felsberg her eine dunkle Gestalt mit feurigen Augen! Und als sich der Wirt erschreckt zur Seite wandte, sah er auch aus der entgegengesetzten Richtung, vom Borstein herunter, ein fürchterliches Gespenst auf sich zukommen. - "Uhuuu, uhuuu!" heulte es da vom Felsberg her. - "Wer bischt du?" antwortete eine schrille Stimme vom Borstein herüber. - "Ich bin der Deifel! Wer bischt dann du?" - "Ei, kennscht du mich dann net? Ich bin doch die Weiß Fraa!" - Immer näher kamen die Spukgestalten. Auf dem Reichenbacher Kirchturm schlug es Mitternacht. Dem Wirt sträubten sich die Haare. "Wo wolle mir dann zusammenkomme?" rief der Teufel mit hohler Stimme. - "Ei unner dem dicke Honigbirnbaam!" - antwortete die Weiße Frau. Das war denn doch zuviel für unseren Elmshäuser. Während sich die Gespenster dem Baum immer mehr näherten, packte den Wirt das kalte Grausen und was gibst du, was hast du rannte er mit Riesenschritten dem Dorf zu!
Der Kirchenlampert hatte lange keinen solchen Spaß mehr gehabt, als in dem Augenblick, in welchem der Elmshäuser naßgeschwitzt und leichenblaß in die Wirtsstube gestürzt kam und von dem Stelldichein des Teufels und der Weißen Frau am Honigbirnbaum berichtete. Daß die vier Burschen den ganzen Gespensterspuk auf Betreiben des Kirchenlampert mit einem Bettuch und zwei ausgehöhlten Dickrüben bewerkstelligt hatten, das erfuhr der Elmshäuser erst später. Seinem Kirchweihgeschäft hat die Geschichte jedoch keinen Abbruch getan, im Gegenteil, und daher bezahlte er auch gern die verlorene Wette. (Geschichte aus dem Lautertaler Dibbezauber, 1996)
Der Waldschrat erschreckte wohl schon so manch einen..., Zeichnung M. Hiller
Über das Trinken
Georg Volk erzählt: "Es war damals in allen Kreisen Mode und ist neben den epidemischen Krankheiten eine Hauptursache der großen Sterblichkeit, die uns in dieser Zeit allenthalben begegnet. An Versuchen, den Genuß von Wein und Bier in vernünftige Bahnen zu lenken, fehlte es nicht. Unter Landgraf Georg I. traten am Darmstädter Hof zwei Alkoholgegner auf, die alles daran setzten, eine starke Antialkoholbewegung im ganzen Hessenland zuwege zu bringen. Sie predigten aber tauben Ohren. Auch die Antialkoholbewegungen, die zur Zeit Ludwigs V. in den Kreisen von fürstlichen Persönlichkeiten ins Leben traten, hatten wenig Erfolg, am wenigsten bei der bäuerlichen Bevölkerung. Diese wollte sich von ihrem Wein, den sie an vielen Orten des Odenwalds selbst baute, nicht trennen. Auf die Mahnreden der Oberen aber hörte man wohl deshalb recht wenig, weil man sah, daß das Trinken auch bei ihnen noch in rechtem Ansehen stand.“

Was ein Odenwälder Apfel alles werden kann:
Je mehr Sonne ein Apfel bekommt, desto mehr Fruchtzucker bildet er. Ein vollreifer Boskopp kann es auf 75 Grad Öechsle bringen. Die Süße, die nach der Gärung übrig bleibt, bildet den sogenannten Restzucker, der nicht mehr in Alkohol verwandelt werden kann (zum Beispiel beim Eiswein). Wie weit ein Apfel ist, läßt sich mit dem Refraktometer feststellen, das ist ein Prisma, das per Lichtbrechung den Zuckergrad im Fruchtsaft anzeigt. Der Apfelmost wird schließlich zu Apfelwein. Was man mit übriggebliebenem Ebbelwoi vom Vorjahr alles anstellen kann: man kann ihn brennen oder - man verarbeitet ihn zu Champagner wie "der Apfelwalzer" Dieter Wald in Seidenbuch (uff de Glashütt'). Er hat in den 90ern damit begonnen, in handwerklicher Herstellung einen Apfelsekt nach Champagnerart auszubauen. Im kühlen feuchten Natursteinkeller lagert der Apfelwein nach dem normalen Herstellungsprozeß in Flaschen in Original-Rüttelpulten aus der Champagne. Nach der entsprechenden Weiterbehandlung kann man ihn, wenn er fertig ist, mit einem Schuß Holunderlikör mischen und erhält den Odenwälder Kir Royal oder Holunderwalzer.
Eine weitere Kostbarkeit aus Ebbelwoi-"Resten" ist der Apfelbrand. 'Brand' oder 'Wasser' bezeichnet das Verfahren der Basisherstellung: eingemaischtes Obst vergärt ohne Fremdalkoholzusatz und wird dann destilliert. Im Gegensatz dazu wird beim 'Geist' das Obst so frisch wie möglich in Neutralalkohol eingelegt, bevor es destilliert wird.
Beim Brenner Willi Heist in Elmshausen ließen die Lautertaler ihre vorjährigen Ebbelwoi-Bestände veredeln, um in den Fässern Platz für den neuen Apfelwein zu schaffen. Allerdings, so sagte Willi Heist immer, kann man nur aus einem guten Rohstoff einen guten Schnaps brennen. Wer glaubt, daß er aus einem Rest, der nicht mehr gut schmeckt, noch einen brauchbaren Brand bekommt, geht irr. Andererseits kamen schon Leute mit Apfelwein, der so gut schmeckte, daß er zum Brennen eigentlich zu schade war: "Den hätt ich - wenn's meiner gewesen wäre - nicht gebrannt, den hätt ich so getrunken!" Nach dem Brennen kann man das Edel-Ebbelsche dann nach französischem Calvados-Vorbild im Barrique ausbauen, das heißt, den Obstbrand nach dem Destillieren in Eichenholzfässern lagern. Die Holzfässer ermöglichen einen Sauerstoffaustausch, wodurch auch Alkohol entweicht, der sogenannte 'Anteil der Engel'. Durch den Sauerstoffaustausch, die Oxydation, wird Fruchtsäure in Ester umgewandelt, das sind die Geschmacksträger.

Kleine rote Äpfelchen, gern fürs Zuckerbäumchen zu Weihnachten verwendet
Obstanbau
Obstbäume gehörten von Anfang an zu den Odenwälder Bauerngütern. In der Nähe des Wohnhauses wurden sie regellos durcheinander gepflanzt. Ursprünglich nannte man diese Anlagen Bangert, später Grasgarten. Das Obst wurde im von Spätsommer bis Spätherbst geerntet und vielseitig verwertet.
Aus Äpfeln wird Apfelwein und Apfelsaft hergestellt. Apfelwein ist der Haustrunk der Odenwälder Bauern. Gibt es auch meist keinen Sortenunterschied wie bei den Trauben, so schmeckt er doch nicht das eine Mal wie das andere Mal. Teilweise werden für die Weinherstellung auch Birnen mitverwendet. Kenner schätzen den herben Apfelwein eher als den süßlichen.
Man kann die Äpfel natürlich auch roh essen: zwei Äpfel pro Tag sind empfehlenswert um die Gesundheit zu erhalten. Mehr würde zu einem Säureüberschuß führen.
Ein Berlepsch- oder Ontarioapfel enthält genau so viel Vitamin C wie sechs Golden-Delicious und damit den durchschnittlichen Tagesbedarf. Auch der Boskopp ist ein sehr vitaminreicher Apfel. Tee aus Apfelblüten oder aus getrockneten Apfelschalen wirkt übrigens fiebersenkend.
Georg Volk berichtet um 1905: „Ein richtiger Bauer strebt immer darnach, mehrere gewölbte Keller unter dem Wohnhause und unter den Stallungen herzurichten. Der Hauskeller dient zum Aufbewahren der Milch, des Obstes - für das jedoch wegen leichter Angrifflichkeit in der Regel ein verschließbares Gerüste, das ‘Apfelbett’. vorhanden zu sein pflegt - des Gemüses, des Weins und Obstweines, der Butter und anderer Haushaltungsartikel. In den Kellern unter den Stallungen werden die Massengegenstände: Dickwurzel, weiße und gelbe Rüben und Kartoffeln aufbewahrt.“
Beim Birnenschälen fragten die Mädchen ein Orakel in folgender Weise: Wenn es einer gelang, eine Birne vom sog. Butzen in einem Zuge rund herum bis an den Stiel zu schälen, ohne daß die Schale auseinanderbricht, nahm die Arbeiterin diese Schale und warf sie, ohne rückwärts zu schauen, über den Kopf hinter sich. Die Schale, ob sie nun auseinanderbrach oder ganz blieb, bildet Buchstaben und diese Buchstaben oder buchstabenähnliche Figuren wurden als Anfangsbuchstaben des Namens vom zukünftigen Bräutigam gedeutet.

Ein Apfelbaum, fast abgestorben - doch zäh hält er am Leben fest und trägt die schönsten Äpfelchen! Foto M. Hiller