Bedenken Sie "Essen heißt leben, leben heißt kämpfen, kämpfen heißt Siegen". Mit dieser salbungsvollen Weisheit beginnt die Kochanleitung mittels Gulaschkanone der NVA. "Die vor Ihnen stehenden komplizierten Bedingungen erfordern, daß Sie initiativreich und verantwortungsbewußt die gestellten Aufgaben zur Gewährleistung der Verpflegungsversorgung des Personenbestandes Ihrer Einheit erfüllen. Es ist notwendig, daß Sie zur Speisenzubereitung mit den zur Verfügung stehenden Lebensmitteln auskommen müssen."
Die Kochanleitung für 6 Tage enthält Richtwerte aus praktischer Erfahrung und darf ausdrücklich schöpferisch angewandt werden. Zur Mengenberechnung stellte die NVA die Formel "Verpflegungsstärke X Einsatzmenge lt. Rahmenspeiseplan" zur Verfügung. Beispiel: für Suppen werden 0,8 Liter pro Essensteilnehmer berechnet. Teigwaren werden mit Wasser im Verhältnis 1:4 bis 1:6 angesetzt, und der Tagesbedarf von 2-2,5 ltr/Person ist ständig zu gewährleisten.
Kaltverpflegung: 750g Brot, 40g Butter, 50g Roh- und Dauerwurst, 30g Käse, 50g Marmelade.
plus täglich drei warme Mahlzeiten zur Wahl:
Tag 1: Griessuppe mit Fleisch und Gemüsekonserve, Bohneneintopf mit Fleisch und Brot, Haferflockensuppe mit Obstkonserven (klingt zwar vegetarisch, wird aber mit Schmalz gekocht)
Tag 2: Reis mit Obstkonserve, Gemüsegulasch mit Makkaroni, Erbsensuppe mit Wurst und Brot
Tag 3: Haferflockensuppe mit Obstkonserve, Erbseneintopf mit Fleisch, Gulaschsuppe mit Gemüse
Tag 4: Griessuppe mit Fleisch, Gemüseeintopf mit Fleisch und Reis, Teigwaren mit Wurstgulasch
Tag 5: Haferflockensuppe mit Obstkonserve, Bohneneintopf mit Fleisch, Nudeleintopf mit Fleischkonserve
Tag 6: Griessuppe mit Obst, Teigwaren mit gebratenem Fleisch, Linsensuppe mit Wurst
Tag 7: hier darf das Bäuchlein ausruhen...
Für die Warmverpflegung enthielt die NVA-Anleitung von Oberstleutnant Meißner detaillierte Mengenangaben für Fleisch, tierische Fette, Pflanzenöl, Teigwaren, Hülsenfrüchte, Mehl Gries und Haaferflocken, Reis, Gemüse- und Obstkonserven, außerdem Zucker, Salz, Gewürze, Essig, Senf und Kaffee / Tee, wobei Röstkaffee nur am 6. Tag genehmigt wurde. Spirituosen überhaupt nicht und Zigaretten pro Tag 10 Stück. 25 Gramm Bitterschokolade gab es einmal die Woche.
Da fällt mir Asterix als Legionär ein: Obelix "Sag mal, meinst du, die haben hier Wildschweine?" Asterix "Mach dir keine Hoffnungen. Je besser die Armee, desto schlechter das Essen. Das hält die Krieger bei schlechter Laune." Später: "Ich hätte nicht gedacht, daß die römische Armee so gut ist!"
Für diejenigen, die es nicht mehr wissen: die NVA war die Nationale Volksarmee der Deutschen Demokratischen Republik. Vielleicht war in der DDR nicht alles schlecht, denn der Befehl "schmackhaft kochen" an die Genossen Köche klingt doch vielversprechend. Jedenfalls hatte die DDR ein sinnvolles SERO-Konzept zur Vermeidung von Müll. SERO heißt Sekundärrohstoff und bedeutet im Prinzip eine Kreislaufwirtschaft, wie sie aktuell von Repair Cafés, Unverpackt-Läden, Cradle-to-cradle-Produktion und anderen Initiativen angestrebt wird.
In diesem Sinne: wohl bekomms! (Das ist ein Befehl...) - Marieta Hiller