Ausführlich nimmt die Grüne Liste Lautertal (GLL) Stellung zum neuen Siegel: „Wir begrüßen die Einführung des neuen Fleisch-Herkunfts-Siegels in den Lebensmitteldiscountern Aldi, Edeka, Netto und Lidl ausdrücklich. Ab April diesen Jahres wird es so für Verbraucher leichter, auf Tierschutzaspekte und insbesondere Tierhaltung mit Freilauf zu achten“.

Das Siegel hat vier Kategorien:

  • 1 (rot) = Stallhaltung
  • 2 (blau) = Stallhaltung plus, bedeutet 10% mehr Platz und Beschäftigungsmaterial
  • 3 (orange) = Außenklima, die Tiere haben Frischluftkontakt
  • 4 (grün premium) = zwingend Auslaufmöglichkeiten, Biofleisch

Der Handel führt dieses Siegel auf freiwilliger Basis ein, insofern deutet die Kennzeichnung 1 rot in einem Supermarkt auf Ehrlichkeit hin. Dies können Verbraucher in den nächsten Wochen selbst überprüfen. Bisher konnten Verbraucher nur über das Siegel „Bio“ auf Fleisch aus artgerechter Tierhaltung schließen.

„Nach Jahren bleierner Verhinderungstaktik der Lebensmittelindustrie sei nun ein wichtiger Meilenstein für die betroffenen Tiere und Kunden geschaffen worden“, so die GLL. „Daß die großen Discounter diese Schritte nun eigenständig gehen und nicht mehr auf die Regelungen des Bundeslandwirtschaftsministeriums unter Julia Klöckner warten wollen, überrascht die Grünen allerdings nicht: das Kaufverhalten der Verbraucher ist in den letzten Jahren zunehmend kritischer und bewußter geworden.“

Tierschutzorganisationen haben eine sehr wertvolle Aufklärungsarbeit geleistet und mancherorts unwürdige, bestialische Zustände in der Massentierhaltung aufgedeckt. Das neue Siegel stellt für die GLL einen Etappensieg auswählender Verbraucher und aktiver Tierschützer dar. Dies sei jedoch nur einer von vielen notwendigen Schritten: Tiertransporte über weite Strecken sind inakzeptabel, Mästung mit Gen-Soja und Aufputschen mit Antibiotika ebenso. Die GLL fordert möglichst bald weitere Siegel, welche den gesamten Prozeß der Tierhaltung bis zum Schlachter zertifizieren.

Tierquälerei auf Transporten und Streß im Schlachthof können in Hessen nun umgangen werden: da die EU-Hygieneverordnung den Transport von getöteten Tieren verbietet, müssen die Tiere lebend zum Schlachthof transportiert werden. Schlachthöfe sind dünn gesät, was lange Transportwege bedeutet. Amtstierärztin Veronika Ibrahim meint dazu in der Hessenschau vom 21. Januar 2019: „Der Schlachthof muß zu den Tieren kommen, das ist ab sofort in Hessen möglich.“ Ein erstes Schlachtmobil kommt in Witzenhausen zum Einsatz. Weitere Schritte wären, daß Schlachtungen im Metzgerbetrieb vor Ort oder Hausschlachtungen wieder genehmigt würden. Immerhin gibt es in diesen Metzgereien oft einen Aushang, woher das Fleisch stammt.

Aber: „die landwirtschaftlich geprägte Struktur in den Odenwalddörfern, in denen es nur wenige Agrar-Fabriken gibt, täuscht die heimische Bevölkerung über die wahren Hintergründe der gigantisch-großen Fleischproduktionsbetriebe hinweg. So wie wir hier Landwirtschaft wahrnehmen, ist das alles andere als die Regel, vielmehr die Ausnahme. Im Lautertal sehen wir täglich Kühe, Rinder, Schafe und Geflügel, die auf Koppeln gehalten werden. Das kommt unseren Vorstellungen von artgerechter Haltung schon relativ nahe. Allerdings handelt es sich nunmal meist um Klein- oder Nebenerwerbsbetriebe, was in der Gesamtfläche Deutschlands so keinesfalls zutrifft,“ so die GLL.

Letztlich seien die Mehrzahl der landwirtschaftlichen Betriebe im Lautertal und Odenwald bereits auf einem vergleichsweise positiven Weg, was die Tierhaltung betrifft. Diese sollten auf diesem Weg bestärkt und weiter unterstützt werden.

Das neue Siegel wird zunächst nur in den Supermärkten verwendet, was in den Augen der GLL auch ein Nachteil für die ortstypischen Metzger sein kann:

„Wir hoffen, daß hierbei aber nicht die heimischen Metzger in Mitleidenschaft gezogen werden. Es gilt Mittel und Wege zu finden, daß auch Metzger die Lebensqualität der Tiere, die hinter ihren Produkten stehen, klar und vertrauenserweckend offenlegen können. Hier könnten beispielsweise die Fleischer-Innungen gute Beiträge leisten. Dann können wir Tierwohl auf allen Verkaufsebenen für Fleischprodukte fördern und gleichzeitig die Vielfalt der Nahversorgung erhalten. Unsere Metzger dürfen keinesfalls gefährdet werden. Hier bekommt man seit Jahren kompetente Beratung rund um ein gesundes Stück Fleisch“, so GLL-Fraktionsvorsitzender Frank Maus. 

Marieta Hiller, im Januar 2019

Eines der Urviecher aus Lauresham

Das meint die bekennende Schwartemagenvegetarierin

60 Kilo Fleisch jährlich verzehren die Deutschen im Durchschnitt, das sind 180 Gramm täglich. 10 kg davon sind Rindfleisch, 36 kg Schweinefleisch und 12,5 kg Geflügel.

Das ist viel zu viel - aus dreierlei Gründen:

1. gesundheitlich empfohlen sind 300-600 Gramm Fleisch inklusive Wurstwaren pro Woche. Ein Leben ohne Fleisch ist denkbar, aber nicht erstrebenswert - nach dieser Weisheit (Originalzitat von Loriot) sollte man sich Fleisch und Wurst als etwas Besonderes gönnen. Unser Gesundheitssystem, das ja tatsächlich eher ein reines Krankenverwaltungssystem ist, würde durch die Reduzierung sehr viel an Kosten für Behandlungen einsparen, ohne daß der Fleischgenuß komplett wegfallen muß.

2. Der Fleischbedarf in Deutschland läßt sich aus eigener Produktion decken, während Obst und Gemüse sowie Honig und Eier zusätzlich importiert werden müssen. Trotzdem werden Schlachttiere über weite Strecken bis ins billigere Ausland transportiert, anstatt in ihrer gewohnten Lebenssituation am Hof binnen 60 Sekunden vom Leben zum Tod gebracht zu werden. Fleisch aus guter Haltung mit kurzen Schlachtwegen schmeckt übrigens viel besser!

3. Es gibt einen Unterschied zwischen billig und preiswert. Fleisch darf nicht billig sein, denn für mein Schnitzel stirbt ein Lebewesen. Das Vertrauensverhältnis zum örtlichen Metzger ist für alle Beteiligten sehr viel mehr wert als Billigfleisch vom Discounter. Bisherige freiwillige Discounter-Aktionen sind werbewirksam, schufen aber eher wenig Vertrauen: zum Beispiel die „Initiative Tierwohl“, die dem Schweinehalter 4 Cent pro Kilo (!) mehr zahlt, aber keine Bedenken gegen Spaltenböden, Kastration ohne Betäubung und Abschneiden der Ringelschwänze hat.

Bio muß gar nicht sein, aber Wertschätzung dem Tier, dem Fleisch und dem Menschen gegenüber.

Alle drei Gründe können dazu führen, daß es den Tieren besser geht, daß das Fleisch besser schmeckt, aber teurer wird. Wenn wir aber statt 1,3 kg nur 600 Gramm wöchentlich verzehren, kann uns das doch recht sein! Marieta Hiller, im Januar 2019