Wundern Sie sich auch, daß Ihr Hund aufmerksam auf die Mattscheibe schaut, breite Schmiernasen über den Bildschirm zieht und sogar dahinter nachguckt, wo denn die Pferde / Hunde / Katzen jetzt plötzlich abgeblieben sind? Dann könnte es damit zusammenhängen, daß Sie sich kürzlich ein neues TV-Gerät angeschafft haben. Mit HDTV können nämlich auch Hunde Fernsehen: bei über 75 Hz zeigt der Bildschirm auch für Hunde ein sinnvolles Bild. Die alten Schirme mit 60 Hz dagegen müssen wohl nur hundeunverständliches Gewimmel darstellen...
Wer behauptet denn da, daß moderne Technik immer nur für die Katz ist! (mh Durchblick Oktoberheft 2012)

Whats on a dogs mind... Analog zu einer Karikatur über einen gewissen Sigmund Freud

Neulich habe ich meine erste selbstgebastelte SMS verschickt, in vollständigen Sätzen, mit korrekter Grammatik und Zeichensetzung. Uff - war das anstrengend!

Jetzt kann ich verstehen, warum ich manchmal Mails (die altmodischen E-mails meine ich!) oder gar handgeschriebene Zettel bekomme, in denen sich der Sinn aus verstümmelten falsch geschriebenen Wortfetzen selten gleich erschließt. Dafür aber am Schluß: „ganzliebschau ;-)“... Hallo?!

Wir leben in einem virtuellen Netz aus „sozialen“ Kontakten per SMS, per Blog und Chat, und vor allem in den „sozialen“ Medien im Internet. Aber haben wir auch noch echte soziale Kontakte? Also welche, bei denen man sich Aug in Auge „ganz lieb anschauen“ könnte? Von Mund zu Ohr getrennt nur durch den Äther sprechen könnte? Statt dessen hocken wir, wenn wir mal zu mehreren in einem Raum oder an der Bushaltestelle sein müssen, nebeneinander und daddeln auf unseren Handies rum.

Soziale Kontakte? Dafür gab es Vereine, Kneipen, gemeinsame Aktivitäten in der realen Welt: vom Stammtisch bis zum Wanderausflug. Dafür gab es Nachbarn, die ein Fahrrad reparieren konnten und mal mit dem Hund rausgingen, wenn keine Zeit war. Die sprichwörtliche Tasse Zucker, an der Wohnungstür ausgeliehen, mußte nie zurückgegeben werden, denn sie kam von Herzen und hatte etwas Symbolisches. Heute wäre uns das peinlich, wenn wir uns eine Tasse Zucker von jemandem leihen müßten.

Gemeinsame Aktivitäten? Igitt wie altmodisch! Dafür gibt es doch die Öffentliche Hand, die macht das doch alles für uns. Selbst etwas tun, Verantwortung übernehmen, Leistung investieren in soziale Kontakte? Nein, danke - ich doch nicht...

Tja, wer denn aber dann?

Vielleicht schaue ich mal in Facebook nach, wer in der wirklichen Welt Zeit und Lust hat, etwas zu unternehmen. Doch nein, geht nicht. Da muß ich ja erst Schuhgröße, Lieblingsessen, Augenfarbe und sexuelle Vorlieben preisgeben, meine geheimsten Träume mit 738 „Freunden“ teilen. Das ist mir zu blöd.

Übrigens: damit Sie und Ihre Facebook-“Freunde“ in der wirklichen Welt nicht erkannt werden, gibt es im Internet Anleitungen, wie man sein eigenes Gesicht so kaschieren kann, daß es von Gesichtserkennungs-Software nicht „entschlüsselt“ und zugeordnet werden kann: schauen Sie mal nach unter
www.cvdazzle.com. Man sieht sich...  Ihre Marieta Hiller, Oktober 2012

 

Um die lokale Wirtschaft zu stützen, tut man ja manchmal auch etwas Unübliches: man sucht nach einem Produkt im Internet, informiert sich darüber, und bestellt es dann beim Händler vor Ort. So geschehen im Oktober 2012.

Auf der eigenen Internetseite des Herstellers war das Produkt während der folgenden Wochen als sofort lieferbar gekennzeichnet. Der Händler allerdings bekam die bestellte Lieferung geschlagene vier Wochen später! Während Einzelhändler von ihrem Großhandel oft Artikel nur im 6er oder gar 12er Pack bekommen oder halt mit ewig langen Lieferzeiten, sind die gleichen Artikel im Internet sofort verfügbar.

Was der Kunde dabei meist übersieht: erstens ist der günstige Internetpreis nur scheinbar günstig. Denn mein Produkt beispielsweise kostete beim lokalen Händler 616 Euro, während es im Internet mit 649 Euro angeboten wurde.

Zweitens kommt dann im Internet noch Verpackung und Versand dazu.

Und drittens sorgt der Händler vor Ort dafür, daß fast alle Artikel des täglichen Bedarfs mit kurzen Wegen verfügbar bleiben, daß die Vereine unterstützt werden, daß Gewinne für Weihnachtstombolas zur Verfügung gestellt werden und regionale Veranstaltungen tatkräftige Hilfe erhalten.

Nun aber hier noch ein kurioses Lebenszeichen aus dem Internet, das mich wohl vom Gegenteil des eben Geschriebenen überzeugen sollte: „Lieber Kunde, Es ist unserem Boten leider misslungen einen Postsendung an Ihre Adresse zuzustellen. Grund: Ein Fehler in der Leiferanschrift. Sie konnen Ihre Postsendung in unserer Postabteilung personlich kriegen. Anbei finden Sie einen Postetikett. Sie sollen dieses Postetikett drucken lassen, um Ihre Postsendung in der Postabteilung empfangen zu konnen. Vielen Dank! Deutsche Post AG.“

Da wäre die Deutsche Post also in der Lage, mir eine Sendung übers Internet besser zustellen zu können als durch den Briefträger! Natürlich habe ich den Anhang nicht geöffnet und die Mail gleich an die echte Deutsche Post AG weitergeleitet. Dort nimmt man sich des dreisten Phishingversuches jetzt an. Aber herzlich gelacht haben wir doch alle drüber - unglaublich, wie doof diese Versuche allmählich werden...  
Marieta Hiller, November 2012

 

Heute ist ein schöner Tag: mein Haar ist gerade nicht überpflegt, mein gestriges Feierabendbier wurde nicht zu Bitburger, und gleich gehe ich in die Apotheke, meine Gartenpackung Voltaren holen, damit ich nächstes Jahr auch so einen gepflegten Garten habe wie die ältere Dame die nun keine Rückenschmerzen mehr hat.

Hoffentlich kann mir mein Apotheker auch sagen, wie ich die Salbe auftragen muß: auf Blätter, Stiele oder Wurzeln oder vielleicht auch auf den Spaten.

Auch andere sind fröhlich heute: die Megaperls in Zahnpasta und Waschpulver springen lustig für die nächsten Jahrtausende durch unsere Bäche, Flüsse und ins Meer, wo ich sie dann mal am Strand besuchen kann.

Und Kinder essen neuerdings am liebsten Entrecote und wandern gern! Wie könnte dieser Tag noch schöner werden? In diesem Sinne wünscht Ihnen eine gute Nacht Ihre Marieta Hiller, Dezember 2012

Für den Begriff "ethnische Säuberung" entschuldige ich mich gleich, er ist unangemessen.

Er bedeutete und bedeutet für unzählige Menschen Folter und Tod. Doch "political correctness" bedeutet für mich nicht "Schere im Kopf". Und so empfinde ich es als unerträglich, wenn Menschen auf die Idee kommen, in Kinderbüchern historisch entstandene Begriffe wie "Negerlein" durch andere zu ersetzen.

Otfried Preussler (geboren am 20. Oktober 1923 in Reichenberg, Nordböhmen, "Der kleine Wassermann", "Der Räuber Hotzenplotz", "Krabat", "Das kleine Gespenst" und "Die kleine Hexe") ist einer der wichtigsten Kinderbuchautoren der Zeit .....

Wie können wir sozusagen posthum von ihm verlangen, sein Wort "Negerlein" zu ersetzen, und wodurch? Wer darf das entscheiden?

Das sagt viel über unser Literaturverständnis aus: ist Literatur für uns nur schmückendes Beiwerk, das nicht nur aus einem Modegeschmack heraus entsteht, sondern auch jederzeit dem aktuellen Meinungsbild angepaßt werden darf?

Kürzen wir als nächstes auch Thomas Manns seitenfüllende Sätze auf ein lapidares "mir is' schlecht." oder Schillers Glocke auf ein SMS-taugliches "Bald schlägts 13!"
Und Frauenrechtlerinnen könnten fordern, daß das debile Grinsen der Mona Lisa endlich mit einem intelligenten Lächeln übermalt wird. Weitere böse Beispiele aus einer bösen Zeit möchte ich mir hier ersparen.

Apropos böse Zeit: der Begriff "Negerlein" entstammt leider nicht einem Kinderbuch, sondern war bei uns Sprachgebrauch, geboren aus einer Selbstherrlichkeit und Überheblichkeit über andere Volksgruppen, und Herrenmenschen waren wir nicht nur zwischen 1933 und 1945. Wir führen uns aktuell seit der Entdeckung Amerikas als diese auf und wir tun es auch noch heute: Rohstoff-Raubbau in Entwicklungsländern, Rinderfutter für Hamburger statt Regenwald, Seltene Erden statt seltener Naturparadiese, Bananen aus Chile und Erdbeeren aus Südafrika, BIO-Gemüse aus Spanien - die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Wir ändern auch nie etwas an den Fakten, aber die Bezeichnung dafür sollte dann schon political correct sein...

Literatur dagegen ist etwas Amüsantes, Weiches, Anpassungsfähiges, das wir uns zum Ausgleich für diese harten Wahrheiten gönnen. Für mich hat Literatur jedoch zwei wichtige Eigenschaften, die dabei verkannt werden: Erstens stellt sie einen Spiegel historischer Momente dar und lehrt uns so, wie unsere Vorfahren (auch die von vor 70 Jahren) gedacht und empfunden haben, warum bestimmte Aspekte des Lebens anders und vor allem wie bewertet wurden.

Sie gibt uns einen kurzweiligeren Überblick über unsere eigene geschichtliche Entwicklung als das jeder Schulunterricht tut. Sie fordert aber auch etwas dafür: wir müssen darüber nachdenken, und dann müssen wir darüber reden.

Denn das ist die zweite wichtige Eigenschaft: durch das Reden über Gelesenes sortieren wir es richtig ein, wir finden unsere historische und unsere aktuelle Identität. Wir erkennen Entwicklungen in sozialen Fragen, reflektieren das Vergangene und lernen so (vielleicht) für das Kommende. Rezeptionsästhetik nennt sich die betreffende Wissenschaft, und damit kommen wir auch gleich zur Quantenphysik: denn neuerdings beeinflußt ja bekanntlich der Betrachter das Objekt.

Für uns ist es unerträglich über "Negerlein" zu lesen, und schon müssen sie zensiert werden. Alles zum Schutz unserer Kinder, die mit solchen Begriffen nicht umgehen können. Schützen wir unsere Kinder auch davor, wilde Game-Monster niederzuballern? Sind nicht vielleicht die wilden Monster von heute schützenswerte Ethnien zukünftiger Zeiten?

Mal ehrlich: wir wollen nicht unsere Kinder vor bösen Wörtern schützen. Wir wollen uns davor schützen, mit ihnen über Gelesenes zu reden, denn das ist unbequem. Aber es hat auch niemand gesagt, daß kulturelle Identität bequem sein soll. Marieta Hiller, Januar 2013

 

Seit Jahrzehnten - genauer gesagt seit der Freßwelle in den 1950ern - geistern in jedem Frühjahr die skurrilsten Diätideen durch die Hochglanzpresse. Nur eine Diät vermißt man bis heute: die 5000-Kalorien-Diät.

Die funktioniert so: man muß so viel essen, daß die Anstrengung dabei mehr Kalorien verbraucht als man zu sich nimmt. Schwierig, zugegeben - vor allem zynisch angesichts des Hungers in weiten Teilen der Weltbevölkerung.

Jetzt gibt es etwas Brandneues: Hackplus! Unglaublich, was sich die Nahrungsmittelindustrie da wieder hat einfallen lassen... Rinderhackfleisch plus pflanzliches Eiweiß, dadurch 30% weniger Fett und Cholesterin - jetzt aber nix wie ran an die Buletten! Daß man da für pflanzliches Eiweiß plötzlich den Preis von Rinderhack zahlt, merkt ja keiner...

Die Verbraucherorganisation foodwatch hats gemerkt: „Nie war so wenig Fleisch im Hack, nie war schnittfestes Wasser so teuer“, so foodwatch. „Texturiertes Weizenprotein“ mit „fleischähnlicher“ Konsistenz ersetzt das Fleisch und wird mit Rote-Beete-Saft und Paprikaextrakt fleischähnlich gefärbt.

Gabs alles schon einmal: nämlich vor der Freßwelle, nach dem 2. Weltkrieg, aber damals war es nicht zum dreisten Beschiß gedacht. Mehr zum Thema Lebensmittelbetrug findet man unter www.abgespeist.de.

Und mir persönlich gefällt die Schlafdiät am besten: ausreichend Schlaf schützt nämlich vor Übergewicht. In diesem Sinne wünschen wir allen eine angenehme Nachtruhe... Marieta Hiller, Januar 2013

 

Man neigt ja gern dazu zu glauben, der aktuelle Stand der Wissenschaft sei der letztmögliche.

Als Max Planck sein Studienfach Physik wählte, riet man ihm ab: es sei ja alles Wesentliche bereits erforscht. An die Quantenphysik dachte damals niemand, man konnte sie sich einfach nicht vorstellen. Heute denken wir es ist überall angekommen, daß Umwelt geschützt, Energie gespart, daß Armut bekämpft werden muß.

Tatsache dagegen ist, daß der Funkturm Mannheim seit einigen Monaten nachts beleuchtet wird, und die  Naturschützer sind einverstanden! Die isländische Hafenstadt Hafnarfjördur, Standort eines großen Aluminiumwerkes, leistet sich gar blau leuchtende Strommasten, weit sichtbar über Land. Sieht schick aus, und da kümmern niemanden die unzähligen Vögel, die irregeleitet unter solchen Masten - wie das ja von Windkraftanlagen auch behauptet wird - Morgen für Morgen drunterliegen, angeblich...

„In den Hochzeiten der Atomtests in Nevada/USA fuhr man im Familienauto auf Parkplätze mit guter Aussicht auf die Atompilze und machte Picknick. Die staatlichen Techniker in weißen Laborkitteln mit ihren Geigerzählern wurden umringt, jeder wollte wissen, wie radioaktiv er denn nun war, es war eine große Attraktion." Nachzulesen bei Bill Bryson: Mein Amerika - Erinnerungen an eine ganz normale Kindheit ISBN? 978-3-442-30116-4.

Man fragt sich: wäre so etwas heute wirklich viel anders?

Und Peter Ustinov hat einmal gesagt: „Noch niemals hat mich auf der Straße jemand aufgefordert für Kernwaffen Geld zu spenden. Offenbar deshalb weil die Regierungen für Waffen stets genug Geld zur Verfügung haben. Aber unzählige Male haben mich Menschen mit Sammelbüchsen um eine Spende für Arme, Kranke, Alte und Kinder gebeten. Es mag der Phantasie jedes einzelnen überlassen bleiben, sich auf diese Ungereimtheiten einen Vers zu machen.“

Wir sind also noch lange nicht angekommen dort, wo sich „sattelfeste“ Politiker gern selbst sehen: am Ende der Weisheit.   

 

Hätte mir vor zwanzig Jahren jemand gesagt, daß ich einmal regelmäßig eine Sendung namens „Wirtshausmusikanten“ ansehen würde, ich hätte ihm den Vogel gezeigt.

Doch die Musiker, die in dieser Reihe des bayrischen Rundfunks vorgestellt werden, sind durch die Bank erstens hervorragende Könner und zweitens beschäftigen sie sich gerne damit, eine lebendige und unverkitschte Musik vorzutragen, der man anmerkt, daß sie aus dem wirklichen Leben kommt und nicht aus den Gehirnen einiger Showmaster, die den Begriff „Volkstümliche Musik“ mit dem (bösartig so genannten) „Mutantenstadel“ in bodenlosen Verruf gebracht haben.

Leider erinnert die Präsentation der Wirtshausmusikanten etwas an diese „Botschafter der Volkstümlichkeit“: Trachten und Dirndl und ein schnörkeliges Vollholz-Ambiente, auch Moderatorin Traudi Siferlinger ist gewöhnungsbedürftig (gelegentlich, besonders wenn sie lacht, klappt ihr Kopf halb auseinander) - aber Geige spielt sie großartig.

Die Musikanten präsentieren handgemachte, witzig-ironische bodenständige Volksmusik, und in der entsprechenden Szene schreibt man Volxmusik oft mit X. Gruppen wie Herbert Pixner und Kerberbrothers Alpenfusion, die Cuba Boarischen u.a. sind „traditionell schräg dahoam“, wie die Moderatoren (Wolfgang Binder ist der Zweite im Bunde) ihren „Tradimix“ charakterisieren. Alpenländischer Jodler trifft auf jazzige Landler, Volkstanz auf Rumba und Bayern auf den Rest der Welt. Wobei man „Bayern“ hier sehr großzügig umreißt, denn oft sind auch Musikanten aus Österreich und der Schweiz dabei. Viel zu selten zu sehen im Bayrischen Fernsehen.

Infos: http://www.br.de/fernsehen/bayerisches-fernsehen/sendungen/wirtshausmusikanten/wirtshausmusikanten102.html

(April 2012, Marieta Hiller)

Anmerkung Herbst 2021: Traudel Siferlinger hält die musikalischen Kulturen hoch wie keine andere bei uns. Kürzlich kam im Fernsehen ein Beitrag, in dem sie die mongolische Weltmusikgruppe Khukh Mongol vorstellte: die spielten einen alpenländischen "Zwiefachen" mit tibetanischem Obertongesang. Zwischen Spessart und Karwendel vom 2. Oktober 2021, Bayrisches Fernsehen: https://www.br.de/mediathek/video/zwischen-spessart-und-karwendel-regionalmagazin-vergessene-obstsorten-traudi-siferlinger-in-der-mongolei-viehscheid-von-der-alpe-wenger-egg-av:61250d7ab30d2900081b7b64

 

 

Früher mußte jeder Bürger im Dorf einen Feuereimer haben, mit dem im Falle eines Feuers Löschwasser vom Dorfteich zum Brandherd gebracht werden konnte. Die Bewohner bildeten eine Eimerkette, jeder brachte seinen Löscheimer mit.

Später bildeten sich die Feuerwehren, auf den Dörfern ehrenamtlich, in Städten oft als Berufsfeuerwehr. Doch die Freiwilligen Feuerwehren in den Ortschaften leiden immer stärker unter Mangel an Aktiven und an Nachwuchskräften, immer mehr aktive Brandschützer finden keinen Arbeitsplatz vor Ort und haben weite Wege. Im Falle eines Feueralarms könnten sie daher nicht zur Stelle sein.

Deshalb betrachten die Feuerwehrvereine es als erforderlich, die Sicherung des Brandschutzes über technische Einrichtungen zu erreichen. Am 1. April 2014 fand daher ein Gespräch der Feuerwehrvereine mit der Firma „Purgatoriomobil technische Dienste GmbH & CoKG“ aus Bielefeld statt, die bereits die ZAKB bei der Anschaffung ihres neuen Entsorgungsfuhrparkes beraten hatte. Zahlreiche Wehrführer und Vereinsvorsitzende aus dem vorderen Odenwald waren anwesend und vom Purgatoriomobil-Konzept recht angetan.

Dieses sei an die modernen Anforderungen des Löschwesens optimal angepaßt, berücksichtige die geringe Verfügbarkeit von Löschkräften und Wasserzapfstellen in den Ortschaften. Künftig wird daher auch in den Gemeinden Lautertal und Modautal sowie in der Stadt Lindenfels eine Umstellung des Fuhrparks auf voluminöse Allroundfahrzeuge anstelle der guten alten LF8 erfolgen. Zur Finanzierung der Umstellung legte Firma Purgatoriomobil ein schlüssiges Contracting-Konzept vor.

Vorfinanziert wird die Anschaffung der neuen Großraumlöschfahrzeuge über ein Konsortium aus Bau-, Renovierungs- und Möbelunternehmen, das als Aufbaupartner im Brandfall für die betreffenden Gemeinden zuständig sein wird. So kommen auf die Gemeinden selbst keine Kosten zu. Einziger Nachteil der Umstellung: die großen Fahrzeuge können nicht mehr jeden Brandherd ansteuern, vor verwinkelten Gassen, zugeparkten Wendehammern, engen Wohngebieten müssen sie Halt machen, zumal das Kraftfahrpersonal strikte Anweisung seitens der Unfallversicherung hat, auf keinen Fall rückwärts zu fahren.

Die Fahrzeuge sind aufgrund ihrer Multifunktionsausrüstung nicht dazu ausgelegt, Steigungen über 5% zu bewältigen. Deshalb werden an Haushalte in solchen problematischen Wohnlagen in der ersten Aprilwoche 2015 Igni-Safes, eine Art hochmoderner Feuereimer, ausgegeben. Die Bewohner sind dann gehalten, eventuell vorhandene unbeabsichtigte und schadensträchtige Feuer oder Brände rückstandslos in ihren Igni-Safe zu verbringen, diesen sorgfältig zu verschließen und sich sodann damit unverzüglich zum nächsten Löschknotenpunkt zu begeben, wo der Igni-Safe vollautomatisch durch ein leeres Exemplar ersetzt wird.

Die Löschknotenpunkte sind jeweils in der Nähe von Kleidercontainern, Altglascontainern und Papiersammelbehältern zu finden und mit einem dicken roten L gekennzeichnet. Sie werden durch eines der modernen Multifunktions-Löschfahrzeuge (MF 17) der Firma Purgatoriomobil besetzt, das mühelos 17 gefüllte Igni-Safes aufnehmen kann. Sind alle Ersatz-Igni-Safes ausgegeben, fordert das MF 17 selbständig einen Kraftfahrtsachverständigen an, der es paragraphenkonform zur Feuer-Entsorgungszentrale Biebesheim steuert. Selbstverständlich wird gleichzeitig ein neues LF17 seinen Platz einnehmen, so daß eine lückenlose Brandentsorgung für die Bürger gewährleistet ist.

(Marieta Hiller, erschienen am 1. April 2015 im Durchblick)

 

Der Begriff Industrie 4.0 wurde von der Forschungsunion der deutschen Bundesregierung gemeinsam mit einem Projekt in der Hightech-Strategie der Bundesregierung aus der Taufe gehoben, als neue Ebene im Bauwerk der industriellen Revolutionen. Alles begann mit der Nutzbarmachung des Feuers mit Seßhaftwerdung und Sprache als Folge; das fand 15.000 v. Chr. statt. Ab ca. 1800 n. Chr. ging es dann schnell:

1. Dampfmaschine & Rotationsdruck,
2. Öl & Telefon
3. erneuerbare Energien & Internet und nun also
Industrie 4.0.

Diese Entwicklungsstufe kombiniert die industrielle Produktion mit der Informations- und Kommunikationstechnik. Bei allen Stufen kam und kommt ein Fortschritt durch das Zusammenwirken einer neuen Energie (Feuer, Kohle, Öl, regenerative Energien) und einer neuen Kommunikationsform (Sprache, Druck, Telefon, Internet) ins Rollen.

War die bisherige Industrie bereits durch Einsatz maschineller Rechenleistung optimiert, wird jetzt Mensch, Maschine und Internettechnologie miteinander verknüpft.

Sowohl Kybernetik („Internet der Dinge“) als auch Dezentralisierung in Netzwerken sollen für produzierende Betriebe einerseits die Kostenseite optimieren, andererseits die Produktqualität sichern. Gleichzeitig müssen Betriebe in immer stärker und schneller sich wandelnden Märkten bestehen. Damit entwickelt sich die Wirtschaftslandschaft weg von der persönlichen Betriebsleitung in Familienbetrieben hin zu Organismen, deren Geschäftsleitung häufig wechselt und lediglich Profitmaximierung im Blick hat.

Dafür sind sie weltweit vernetzt und produzieren Module auf Abruf, die „just in time“ über volle Verkehrswege zum Montageort gebracht werden. Der einzelne Betrieb hat immer weniger Überblick über und Einfluß auf das fertige Produkt. Damit verliert der Herstellungsprozeß auch für die Mitarbeiter seinen Wertschöpfungscharakter, sie fühlen sich als Arbeitsameisen. Maschinen und Geräte mit Sensoren übernehmen große Bereiche der Produktion; wo früher zahlreiche Facharbeiter tätig waren, genügt heute eine Person zur Überwachung der Geräte. Kommt uns das bekannt vor? Die gleichen Klagen führten die Menschen einst, als die Fließbänder eingeführt wurden.

Das Internet der Dinge und das Internet der Menschen übernimmt ab sofort den ganzen Rest. Digitale Modelle der Fertigungsanlage werden mit Sensordaten gefüttert und erstellen ein virtuelles Abbild der realen Welt, können den menschlichen Beschäftigten präzise Anweisungen geben, welche Eingabe die Anlage als nächstes benötigt. Der Mensch wird von dieser technischen Assistenz in allen Entscheidungen geführt und überwacht. Auftretende Probleme können so schnell aus der Welt geschafft werden, bei anstrengenden Arbeiten wird der Mensch entlastet. Die kybernetische und vernetzte Intelligenz arbeitet scheinbar autonom...

„Künstliche Intelligenz ist das nicht, das ist lediglich eine gigantische Rechenkapazität"
(Zitat einer Arbeitsameise)...

In diesem Sinne: frohes Schaffen! M. Hiller, Sept. 2016

Laika

In einer Kugel aus Metall,
Dem besten, das wir besitzen,
Fliegt Tag für Tag ein toter Hund
Um unsre Erde
Als Warnung,
Daß so einmal kreisen könnte
Jahr für Jahr um die Sonne,
Beladen mit einer toten Menschheit,
Der Planet Erde,
Der beste, den wir besitzen.

Günter Kunert

Das schrieb der DDR-Dichter Günter Kunert im Jahr 1963. Damals dachte noch kein Mensch an die »Grenzen des Wachstums«, wie sie sich im Jahr 1972 in einer Studie des Club of Rome zur Zukunft der Weltwirtschaft zeigten; an eine tote Menschheit auf einer ausgelaugten Erde wollte sich noch niemand vorstellen.

Weder im Wirtschaftswunderland BRD noch in der jungen DDR erkannte man die visionäre Brisanz des Gedichtes. Dagegen wurde Laika (es gab sie wirklich!) für die DDR zur staatstragenden Institution, nachdem sie im November 1957 im sowjetischen Sputnik2-Satelliten ihr Leben ließ: der DDR-Staatsapparat interpretierte eine Tierschutz-Werbung von Pfarrer Siegfried Wend als antisozialistische Propaganda, da sie das Foto eines Hundes zeigte. Daß Günter Kunert sich mit seinem Gedicht nicht gerade beliebt machte in der DDR, liegt auch auf der Hand.

Die Realität heute zeigt, daß wir gelegentlich nur um Haaresbreite davon entfernt sind, als strahlend tote Menschheit um die Sonne zu kreisen, eingehüllt in einen breiten Gürtel aus Weltraum-Müll.

Marieta Hiller, Sept. 2016

Die digitale Revolution ist in aller Munde: anstatt ins Gasthaus zu gehen, lassen wir Mahlzeiten vom Lieferheld bringen, statt zum Schreiner um die Ecke zu gehen engagieren wir einen von MyHammer.

Mittelständische Betriebe setzen auf vernetzte Produktion, Maschinen und Produkt regeln untereinander die Abläufe. Die Produktionsmittel wandern aus den Händen der Unternehmer in die Fänge der wahren „Kapitalisten“, einer Sorte Unternehmen, von denen Karl Marx vermutlich nicht mal Alpträume hatte.

Maschinen werden nicht mehr angeschafft, sondern der Unternehmer „mietet“ Maschinenstunden. All dies nennt sich Industrie 4.0.

Hinzu kommt Big Data: große Datenmengen werden verarbeitet, ausgewertet und zur Verfügung gestellt,  sensible Kundendaten werden in Clouds aufbewahrt.

Neue Währung ist der Klick, der entscheidet, ob wir auf dem digitalen Markt bestehen oder nicht.

Datenhändler erlangen eine unermeßliche Macht, können Filterblasen und Echoräume erzeugen, in denen sich die uns wahrnehmbare Realität ständig neu auf unsere geheimsten Wünsche einstellen läßt. Nachzulesen übrigens in einem utopischen Roman von Ray Bradbury aus dem Jahr 1953: „Fahrenheit 451“.

Was wir heute aber gar nicht merken: die wirkliche Realität entgleitet uns. Die Gesellschaft hat sich fragmentiert, wie Prof. Dr. Henning Vöpel (Hamburgisches Welt-WirtschaftsInstitut) feststellt. „Die Digitalisierung wird räumliche und zeitliche Grenzen aufheben. Das zieht einen gesellschaftlichen Veränderungsprozeß nach sich, der vielen unverständlich und unbehaglich vorkommen wird. Die Gesellschaft ist seitdem fragmentiert.“

Den Grund sieht Vöpel darin, daß unsere Gesellschaft kein sinnvoll definiertes Gemeinwohl anstrebt. „Ökonomie bedeutet nicht nur Effizienz und Handel, sondern immer auch Legitimität und Kultur im Umgang mit Knappheit, Chancen und  Gerechtigkeit.“ Kein IT-Beraterteam kommt zu uns nach Hause und schmiert uns Butter aufs Brot, während wir im Internet nach dem günstigsten Schnäppchen suchen...

Die Globalisierung mit ihrer internationalen Arbeitsteilung spaltet die Gesellschaft  der Industrieländer in zwei Hälften »arm« und »reich«, die Mitte geht verloren. Kapital läßt sich auf globalen Wegen bestens verschieben, Arbeitsplätze leider nicht. Das ist  keine Schwarz-Weiß-Malerei, sondern unsere digitale Zukunft.

Wir sollten mehr unter Menschen gehen, mit Menschen sprechen, bei Menschen einkaufen. Filterblasen (selbstreferenzielle Informationsräume) können nicht die reale Gesellschaft ersetzen, soziale Medien schaffen keine Behaglichkeit mit Freunden. Populistische Strömungen in der Politik agieren mit Worthülsen ohne erkennbare politische Ziele, von der eigenen Profilierung abgesehen. Die Verantwortung für gesellschaftliches Miteinander ist zweitrangig.

Und genau wie vor 84 Jahren gibt es parallel zur gesellschaftlichen Wahrnehmung eine Veränderung der Sprache. Muß eine dreiste Lüge „postfaktischer Diskurs“ genannt werden?

Kann ein Problem nur mit Ja oder Nein, schwarz oder weiß gelöst werden? Farbe entseht erst bei der angeregten Diskussion, bitte mit Komparativ!                       Marieta Hiller, Februar 2017

Wir feiern 2017 das Lutherjahr. Martin Luther reformierte nicht nur den christlichen Glauben, ohne ihn könnten Sie heute auch nicht den Durchblick lesen. Nicht daß Luther höchstpersönlich dem Durchblick den Weg geebnet hätte - aber er hat etwas sehr Weitreichendes geschaffen: gemeinsam mit Johannes Gensfleisch Gutenberg löste er eine Revolution aus.

Denn erst Martin Luther gab der jungen Druckerkunst Gutenbergs ein Thema, dessen Verbreitung sich lohnte, den ersten Bestseller der Geschichte.

Gedrucktes wurde durch ihn verständlich und durch Gutenberg erschwinglich. Vorher wurden die Kirchenväter und antike Philosophen in Auflagen von höchstens 200 Exemplaren gedruckt - in lateinischer Sprache, die Kirche wollte dem gewöhnlichen Volk nichts von ihren Geheimnissen preisgeben.

So war das Lesenlernen für jenes Volk auch von allergeringstem Interesse. Nun aber wurden Luthers Traktate* mit 300.000 Exemplaren gedruckt und fanden reißenden Absatz. Alle Welt wollte lesen lernen, es entstand Öffentlichkeit.

Luther erfand die Fortsetzungsgeschichte im Abonnement: so wurde der Kaufpreis für ein Buch auf viele kleine Portionen verteilt. Er forderte Bildung für alle, auch für Mädchen. Das ist es, was ich persönlich besonders an Martin Luther schätze, auch wenn er zeitlebens antisemitische und frauenfeindliche Äußerungen von sich gab.

Ohne die Druckerkunst wäre Bildung für alle nicht möglich geworden, diese und Luther haben sich gegenseitig gefördert in einer Zeit, in der wissenschaftliche Diskurse auf Latein in schwergewichtigen Wälzern geführt wurden. Luther dagegen schrieb seine Botschaften kurz und prägnant auf deutsch, man konnte sie in 10 Minuten vorlesen.

Die ersten Zeitungen entwickelten sich aus dem Prinzip von Luthers Flugschriften: maximal 4-8 Bögen, 2x gefaltet.

Zum Ausbruch des 30jährigen Krieges verbreitete sich so bereits auf basisdemokratischem Wege Ideologie. *Traktat = Gezogenes (vgl. Traktor = Ziehendes) oder Abzug. Ü50er erinnern sich gern an ihre ersten Kontakte mit Alkohol: als 10jährige hingen wir nicht an der Schnapsflasche, sondern meldeten uns begeistert für alles, was auf dem Matrizendrucker abgezogen werden mußte. Das nannte man Hektografie, eine Technik aus der Zeit vor dem Fotokopierer. Zuvor mußte man seinen Text ohne Farbband, also blind, auf Matritzenpapier tippen oder schreiben. Davon ließen sich dann maximal 250 Abzüge drucken. Der Druck erfolgte von einer wachsbeschichteten Folie, die über eine spiritusgetränkte Rolle gezogen wird, wobei sich Wachspartikel lösen. Je mehr Abzüge, desto weniger Wachs auf der Matritze. Deshalb konnte man ab dem 100. Abzug auch nicht mehr viel entziffern. Aber selbst die verschwommensten Abzüge wurden von uns gerne beschnuppert...