Der Jugenheimer August von Ploennies kaufte 1852 im Alter von 20 Jahren eine Mühle bei Lautern, nachdem er sein Chemiestudium bei Justus Liebig in Gießen abgeschlossen hatte. Liebig schwärmte vom Kunstblau: "Die Krone von allen Entdeckungen der Mineralchemie war unstreitig die künstliche Darstellung des Lasursteins. Kein Mineral konnte wohl mehr das Interesse erregen als dieses!" (Chemische Briefe Nr. 9, 1865). Das natürliche Lasurblau war nur als kostbare Künstlerfarbe in Gebrauch, da es umständlich und teuer war, Farbpigment aus dem Lasurit herzustellen. 1806 konnten zwei Forscher natürliches Ultramarikn analysieren, daraufhin begann man die künstlichen Herstellung zu erforschen. In Deutschland entstand 1834 (1838) die erste Fabrik für chemisch erzeugtes Ultramarin: errichtet von Dr. C. Leverkus. Der frisch ins Berufsleben startende von Ploennies witterte ein Geschäft. Lesen sie dazu auch: Lautern: Geschichte einer Fabrik im Jahrbuch 2021
Das klare Wasser der Lauter - ihr Name bedeutet Klar - war ideal für die Ultramarinproduktion. Danach war der Fluß für über ein Jahrhundert nicht mehr derselbe...
Die Lauter lieferte genug Wasser für die Mahlsteine und zum Auslaugen des Ultramarin-Rohbrandes. Auch waren die Arbeitskräfte im Odenwald mit niedrigen Löhnen zufrieden. Trotzdem hatte August von Ploennies kein Glück und endete vermutlich durch Selbstmord. Die Blaufarbenfabrik aber entwickelte sich weiter, und die Lauter wurde bunt: vor 50 Jahren konnte man die Blaufärbung von Wasser und Umgebung deutlich sehen, das Wasser war trübe und schäumte gelegentlich. Sickerwasser aus der Deponie gelangte in den Bach, Straßenbäume starben ab. In der Lauter wurden hohe Werte an Natrium-Aluminium-Sulfat gemessen. Proaktiv ließ Ciba Geigy Marienberg 1986 ein Gutachten zur Sanierung der Deponie erstellen und kam damit der Verfügung der Behörden zuvor. Da man nicht auf eine öffentliche Deponie umlagern konnte, sollte alles vor Ort wasserdicht eingekapselt werden. Die Pläne von HochTief wurden 1991 vom Regierungspräsidium Darmstadt genehmigt und bis 1995 umgesetzt.
Heute sind viele Dinge überhaupt nicht mehr vorstellbar, aber nie änderten sich die Dinge schneller als im - inzwischen bereits vergangenen - Industriezeitalter. Uns selbst haben wir zu empfindlichen Umweltwächtern entwickelt, auch weil unsere Schreibtischarbeit (vermeintlich) der Umwelt nicht schadet. Das muß man sich vor Augen halten, um eine Chemiefabrik mitten im Ort richtig zu beurteilen. Noch heute läßt die Rechtsnachfolgerin der Ultramarinfabrik regelmäßig den Grundwasserpegel und die Belastung durch Sulfat und Aluminium testen, obwohl sie die Schäden nicht verursacht hat. Die Deponie wurde bereits bei Eröffnung der Fabrik 1852 angelegt und Jahr für Jahr weiter gefüllt, mit giftigen und ungiftigen Stoffen. M. Hiller
Blick nach Westen: nach den Kaskaden öffnet sich ein weites Becken - das Hochwasser-Rückhaltebecken oberhalb Reichenbachs. Es ist so konzipiert, daß das anstauende Wasser nicht bis auf Höhe der Deponie reichen kann. Die Deponie ist zwar von oben verkapselt, jedoch könnte durch das Grundwasser Deponiematerial ausgeschwemmt werden. Ein Kontakt zwischen der Grundwasserzone der Deponie und dem anstauenden Hochwasser im Becken muß daher ausgeschlossen werden.
Der Südrand des Rückhaltebeckens wird durch den alten Mühlgraben gebildet. Er wurde 1590 angelegt und versorgte die Schallersmühle mit Antriebswasser. Diese war 1839 erbaut worden und bildtete bis 1868 die sogenannte Schmelz, in der das Kupfer aus dem Bergwerk verarbeitet wurde. 1800 wurde ihr Standort zum Haupthaus der DESTAG. Eine Mühle muß jedoch bereits vor der Schallersmühle an diesem Platz gestanden haben, darauf weist der historische Beleg auf die Anlage des Mühlgrabens hin (Reichenbacher Heimatbuch 1987). Heute endet der Mühlgraben im Rückhaltebecken.
Das erste Durchblick-Jahrbuch ist da!
Das erste Durchblick-Jahrbuch liegt nun vor, mit den wichtigsten Beiträgen, die ich 2021 sammeln konnte. Für meine Geschichte(n) bin ich ständig unterwegs: zu Interviews mit Zeitzeugen, in Archiven und Bibliotheken und natürlich auch im Internet. Deshalb trägt das Jahrbuch auch den Titel "Spinnstubb 2.0". Die Spinnstube war eine Zusammenkunft an den Winterabenden früherer Zeiten, an denen man mangels Fernsehen beisammensaß und erzählte. Die Geschichten wurden dann am späteren Abend immer abenteuerlicher...
Lesen Sie, was im Jahrbuch steht und wie Sie es bekommen können!