"Ein Buch in der Hand zu halten ist etwas anderes als digital zu lesen" - so machte Heidi Adam den neuen Band der Geschichtsblätter des Kreises Bergstraße schmackhaft. Im November wurde er vorgestellt, unter anderem mit einem Vortrag von Dr. Rolf Reutter über das Eisenbahnprojekt. Er trug in seinem Beitrag, der im Buch nachzulesen ist, zahlreiche bislang unveröffentlichte Hintergrundinfos zusammen. So waren nicht nur die Fuhrleute gegen den Bau der Eisenbahnstrecke, auch die Villenbesitzer entlang der Nibelungenstraße von Bensheim hinauf bis Schönberg wollten keine Bahn an ihren Grundstücken, gleich ob sie selbst dort wohnten oder nicht. Ritter von Marx auf Schloß Falkenhof in Schönberg etwa gehörte zu ihnen.

Die Strecke Bensheim - Lindenfels ist eine von etwa zwanzig geplanten Strecken im Odenwald, darunter auch die Straßenbahn von Darmstadt durch das Modautal nach Fürth - sie alle wurden nicht realisiert.
Vor vielen Jahren zeigte mir Georg Krämer vom Beedenkirchener Felsberg-Museum eine Sammlung von Beiträgen zur Eisenbahnplanung. Sie lagen verborgen in einem Schrank. Leider gab es damals noch keine Smartphones mit Kamera, so daß ich die Dokumente nicht abfotografieren konnte. Inzwischen hat der Beedenkircher Ortsvorsteher Hartmut Krämer die Unterlagen gesichert und trocken untergebracht, denn das Felsberg-Museum wurde bereits vor etlichen Jahren geräumt. Genau diese Papiere konnte man im November bei der Buchvorstellung sehen!
Dr. Reutter stellt in seinem aktuellen Beitrag weitere interessante Quellen vor: so setzte sich das Eisenbahn-Komitee für die Linie Bensheim - Lindenfels mit Bürgermeistern aus den Lautertalorten, Fabrikanten und höheren Beamten dafür ein, daß das Projekt vorankam. Dazu wurden Daten erhoben, die belegen sollten daß die Bahn für die ortsansässige Wirtschaft wichtig ist. Dazu gehörten nicht nur die steinverarbeitenden Betriebe, sondern auch zahlreiche weitere Interessenten. Aus Gadernheim zum Beispiel wurden mehrere Mühlenbetreiber, Bäcker und Handwerker aufgeführt. So habe der Wirt und Bäcker Peter Brehm mit seinen beiden Arbeitskräften jährlich einen Kohlenverbrauch von 250 Zentnern, die per Fuhrwerk von der Bahn in Bensheim nach Gadernheim transportiert werden mußten. Zudem beauftragte Brehm täglich ein Fuhrwerk nach Lindenfels, Bensheim, Heppenheim und Ober-Ramstadt. Maurermeister Philipp Arras hatte für ca. 100 Fuhrwerke jährlich Bedarf an Kalk, Holz, Ziegel, Backsteinen und Eisenträgern. Die Landwirte Böhm mit insgesamt 60 Arbeitskräften hatten 50 Wagen Frucht und bis zu 1500 Zentner Obst sowie 100 Rindvieh- und 200 Schweinetransporte zu bewältigen. Zehn Wirtschaften und drei Metzger wollten versorgt werden.

Der Band 56 der Geschichtsblätter beinhaltet weitere interessante Beiträge und ist unter ISSN 0720-1044 erhältlich - bitte nicht in Amazonien bestellen, sondern hier:  Bücher online bestellen - aber richtig

 

M. Hiller, im Dezember 2023