Ausflugstipp: die Veste Otzberg mit der weißen Rübe und Rundumblick über den Odenwald - auch im Winter!

Weithin ist der Otzberg mit dem leuchtendweißen Turm, der „weißen Rübe“ sichtbar. Einheimische sagen "auf dem Hering", nicht auf dem Otzberg, denn die Vorburg der Veste ist das heutige Dorf Hering. Unklar ist, ob dieser Name keltischen Ursprungs ist, auf alle Fälle gibt es hier bereits in vorchristlicher Zeit eine Stein-Erd-Aufschüttung.

So kann der Name Hering von Höh-Ring, Höhenring herrühren, falls hier eine keltische Ringwallanlage war. Der Name Otzberg dagegen kommt von „Ottos Burg“.

Der Torgang zum Burghof

Interessantes Detail: die Vorburg, also die Siedlung, ist hier vor der Burg entstanden! Denn der Burgbau gestaltete sich schwierig: es gab hier oben kein Wasser. Und so baute man auf der Windschattenseite zuerst die Siedlung mit Brunnen. Der Brunnen führt noch heute schon nach 12-14m Teufe Wasser, somit konnte die Burg und die vorher die Burgbaustelle versorgt werden.

Die Hauptwindrichtung ist Süd, so daß die Burgmauern nach Süden schroff erscheinen, während die Baulichkeiten sich nach Norden hin flach zur Vorburg hin öffnen, auch die Turmöffnung ging früher nach der windabgewandten Seite. Allerdings war die Windrichtung nicht das einzige wichtige Kriterium beim Burgenbau: da Überfälle zu jener Zeit gewöhnlich von Osten her zu erwarten waren, baute man nach Osten keine Gebäude, nur Mauern mit Schießscharten.

Gebaut wurde die Burg im 12. Jahrhundert vom Kloster Fulda, kaum hatte man um 1350 die Vollversorgung mit Wasser fertiggestellt, verkaufte Fulda die Burg 1390 an die Pfalz, doch bald schon verlor die Burg ihren militärischen Nutzen, denn man erfand die Kanonen. Eine steinerne Kanonenkugel konnte leicht 90cm Durchmesser und fast eine halbe Tonne Gewicht haben, später goß man Eisenkugeln, die wesentlich kleiner waren - aber leider mit der gleichen Durchschlagkraft.

Im 15. Jahrhundert ging das Zeitalter der Burgen zu Ende, deshalb baute man die Burg 1507 zur Veste um, wobei das Wort Veste übrigens nicht Festung, sondern festes Haus bedeutet. Bei einem Erdbeben - in der Region nicht ungewöhnlich - wurde die Brunnenausmauerung stark beschädigt, so daß die Veste bis 1550 keine Wasserversorgung hatte. Zudem hatte die Pfalz kein Geld für die Besatzung der Militärveste. Schließlich wurde sie 1711 zur Invalidenstation und kam 1802 zum Land Hessen.

Die weiße Rübe

Der Berg selbst, auf dem die Burg erbaut wurde, ist etwas älter als der postulierte keltische Ringwall: es ist der Rest eines Vulkans. Dazu muß man wissen, daß die Vulkankegel, die wir heute in der Landschaft sehen, eigentlich Reste der erstarrten Magma sind. Diese ist wesentlich härter als das Gestein ringsum. So witterte das Gestein völlig weg, nur der Magmaturm blieb stehen und verwitterte sehr viel langsamer, bis er sich zu einem sanften Hügel geformt hatte.

Der vordere Odenwald  ist voller verborgenem Vulkanismus, denn mitten durch zieht sich eine gewaltige Verwerfung. Die Otzbergspalte gehört zur Böllsteiner Störungszone. Einst, vor 410 Millionen Jahren, drangen Gesteinsschmelzen aus der Tiefe in ältere vorhandene Gesteine ein und bildeten den Böllsteiner Gneis. Bei Verschiebungen rieben sich zwei große Platten der obersten Erdkruste aneinander und verschweißten sich genau an der Otzbergspalte. Vor 45 Millionen Jahren, also gerade neulich erst, brachen der Oberrheingraben, der Erbach-Michelstädter Graben und die Reinheimer Bucht ein. Der Odenwald war zu jener Zeit in viele Brocken aufgespalten, so daß Magma an die Oberfläche kommen konnte. Das sind die Vulkane, die wir heute kennen: der Otzberg, der Roßberg, der Katzenbuckel.

Das Wappen der Veste Otzberg und die steile hohe Mauer

 

Geheimnisvolle Kratzzeichen im Mauerwerk

Die Veste Otzberg ist heute bequem über den Treppenweg im Ort erreichbar, es gibt einen großen Parkplatz. Oder man spaziert rundherum über den Fahrweg hinauf. Am Treppenweg stehen zahlreiche Tafeln mit Informationen. Oben kann man gut einkehren: www.veste-otzberg.de                                Text + Fotos: M. Hiller