Aktionsbündnis Lautertaler Wald

Das Aktionsbündnis Lautertaler Wald wurde 2022 gegründet. Bürger, Naturschutzvereine und Bürgerinitiativen haben sich zusammengeschlossen, um sich für den Erhalt des Lautertaler Waldes einzusetzen. Dem NABU Beedenkirchen, Elmshausen und Seeheim- Jugenheim sowie dem Netzwerk Bergsträßer Wald haben sich mittlerweile weitere Naturschutzgruppen angeschlossen: Mitglieder des NABU Kreisverbandes Bergstraße, des BUND Bensheim/Zwingenberg, von Greenpeace und engagierte Bürger wollen sich gemeinsam für einen ökosystemorientierten und zukunftsgewandten Umgang mit dem Lautertaler Wald stark machen.
Kontakt: Karsten Gutgesell (NABU Elmshausen), Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, und Yvonne Albe (NABU Seeheim-Jugenheim), Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Veranstaltung des Aktionsbündnisses Lautertaler Wald am 01.06.2023 - Bericht: Marieta Hiller

Den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen: könnte bald Realität werden...

Ein Wald ist mehr als eine Sammlung von Bäumen. Jeder Baum steht mit den anderen Bäumen, Sträuchern, dem Unterwuchs und auch der Tierwelt in einem komplexen Beziehungsgefüge, wie Vegetationsökologe Dr. Christian Storm bem letzten öffentlichen Treffen des Aktionsbündnis Lautertaler Wald erläuterte. Wenn - wie in der vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) veröffentlichten Waldzustandserhebung 2022 zu lesen steht - vier von fünf Bäumen krank sind, wird es höchste Zeit, dem Wald durch geeignete Maßnahmen zu helfen. Ein typischer mitteleuropäischer Buchenwald besteht zu 2/3 aus Tieren, zu 1/3 aus Pilzen, aus einem winzigen Anteil an Moosen, Flechten und Krautgewächsen und einem noch winzigeren Anteil an Bäumen. Das verdeutlicht, daß wir nicht Bäume umarmen müssen, damit es dem Wald wieder besser geht. Vielmehr muß das gesamte Ökosystem Wald eine andere Behandlung erfahren.

Niemand kann sämtliche Mikroorganismen zählen, die einen Wald belegen. Aber alle spüren was der Wald für uns Menschen tut: er reguliert den Wasserhaushalt, stellt im Sommer viel durch Verdunstung zur Verfügung und im Winter reichert er das Grundwasser durch Versickerung an. Er bindet viel Kohlenstoff, auch sehr alte Wälder tun dies noch, wenn man sie läßt.

Als im 18. Jahrhundert, am Ende der Romantik und kurz vor Einsetzen der Industrialisierung vielerorts durch große Holzentnahmen kahle Landschaften ohne Wald entstanden, setzten Katastrophen wie Hochwasser und Sturmschäden ein. Bald erkannte man, daß ein intakter Wald davor schützen kann.Heute spricht man von Ökosystemdienstleistungen, was impliziert daß das Ökosystem einen wirtschaftlichen Wert hat. Die Höhe Ihrer Elementarschadenversicherung zeigt Ihnen, wie hoch dieser Wert für die Allgemeinheit ist. Diese wirtschaftliche Komponente zeigt neben den sozialen Werten Sicherheit, Erholung, Gesundheit, Kühlung, Grundwasser und Klimaschutz, wie wichtig Wald für uns ist. An erster Stelle steht seine Schutzfunktion, aber Aspekte wie Gesundheit und Erholung sind ebenso wichtig für uns.

Der ökosoziale Wert des Waldes liegt um 38 mal höher als der Ertrag durch Holzentnahme. Um dieses Kapital zu erhalten, muß eine weitere Destabilisierung unterbunden werden. Aber in Deutschland hinkt man - wie meist - meilenweit hinterher, es drohen Strafen. Bereits bei der Wasserrahmenrichtlinie, von der EU bis 2015 die Erledigung gefordert hatte, haben wir in Deutschland heute, acht Jahre später, noch immer nicht erreicht, daß  sich kein Gewässer mehr ökologisch verschlechtert. Nun wird die Europäische Kommission für Naturschutz Deutschland verklagen, weil der Schutz der Wälder nicht umgesetzt wurde.

Der Schwarze Peter wird nun zwischen Aktionsbündnis, Gemeindevorstand und Hessenforst hin- und hergeschoben. Hessenforst habe, so Dirk Dins, bereits vor über 10 Jahren Vertragsnaturschutz empfohlen. Doch Hessenforst führt nur den Auftrag der Gemeinde aus. Der Gemeinde wiederum liegt keine konkrete Wunschliste der EU-Kommission vor. Die Zielvorgaben an Hessenforst müssen also konkretisiert werden, wie Bürgermeister Heun sagte. Der erste Beigeordnete Helmut Adam ergänzt, daß die Planungen bei der Vielfalt an Aufgaben für den Vorstand nur Stück für Stück bearbeitet werden können. Und die EU kann, wie der zweite Referent der Juni-Versammlung  Marcel R. Hoffmann erläuterte, kein klimaangepaßtes Waldmanagement mit waldortgenauer Planung und Erfassung liefern. Diese Erfassung gibt es gar nicht: Hessenforst hat weder Auftrag noch Personal für standortgenaues Monitoring, die Schutzziele sind nach Quantität und Qualität ausreichend definiert. Auch das Regierungspräsidium hat keine Daten und kann solche Erhaltungsziele daher nicht definieren. Und mit Strafen der EU-Kommission ist dem Wald nicht geholfen.

Unterstützung könnte durch Ehrenamtliche kommen: ähnlich wie beim GEO Tag der Artenvielfalt könnten Privatpersonen ihr gesammeltes Wissen in einen Pool stecken, der z.B. in Zusammenarbeit mit einer Hochschule im Rahmen einer Master- oder Bachelorarbeit in verwertbare Daten umgewandelt wird, auf deren Grundlage dann auch Kommunen, Privatwaldbesitzer und Hessenforst endlich wüßten, was zu tun ist.
Lesen Sie diesen Beitrag ausführlich auf www.dblt.de: " Aktionsbündnis Lautertaler Wald: Aktuelles", außerdem "Unser Holz ist viel zu schade zum verfeuern" in der Rubrik "Aus Wald und Flur", wo es zahlreiche weitere Beiträge zum Thema gibt. M. Hiller

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Am 1.6.2023 lädt das Aktionsbündnis Lautertaler Wald zu einer öffentlichen Diskussion mit zwei Vorträgen ein: 19.30 Uhr, Heidenberghalle Gadernheim Heidenbergstr. 18, 64686 Lautertal-Gadernheim

Unter dem Titel „Der Lautertaler Wald in der Klimakrise“ werden der Vegetationsökologe Dr. Christian Storm und der Sprecher der Bürgerinitiative Waldwende-Jetzt! Marcel Hoffmann jeweils prägnante Vorträge halten, die anschließend mit dem Publikum diskutiert werden. “Wir wollen durch die Bereitstellung von wissenschaftlich und rechtlich relevanten Informationen den verantwortungsvollen Diskurs um die Zukunft des Waldes stärken”, so die Veranstalter. Man lade sowohl interessierte Bürger als auch alle MandatsträgerInnen ein, die zur Zeit Weichenstellungen für den Lautertaler Wald und seine Naturschutzgebiete beraten. Auch Interessierte aus anderen Gemeinden seien herzlich eingeladen, denn die in den Vorträgen vorgestellten Inhalte gelten für alle Wälder und ihre Naturschutzgebiete gleichermaßen.

Dr. Christian Storm, Vegetationsökologe an der TU Darmstadt, wird zunächst unter der Leitfrage “Warum ist der Wald für uns wichtig?” die vielseitigen Leistungen vorstellen, die der Wald als Ökosystem für uns Menschen erbringt: Von der Bedeutung als Erholungsort, über die unzähligen Beiträge zur Artenvielfalt und zum Klimaschutz bis hin zum unerlässlichen Hochwasserschutz - insgesamt stellen uns Wälder viele wertvolle sogenannte Ökosystemdienstleistungen zur Verfügung. Dr. Storm wird diese vorstellen und an Beispielen aufzeigen, welchen Wert intakte Waldökosysteme für uns haben. Dass diese Leistungen allerdings nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen, wird Kern seiner wissenschaftlich fundierten Betrachtungen sein.

Im Anschluss daran wird Marcel Hoffmann, Sprecher der Waldschutzinitiative Waldwende-Jetzt! Mittelrheintal, die Schutzgebiete des Lautertales Waldes in den Fokus rücken. Es wird im Speziellen um die Lautertaler Schutzgebiete “Felsberg bei Reichenbach” und “Buchenwälder des Vorderen Odenwalds” gehen. Diese sind Bestandteil des Netzwerks Natura-2000, einem zusammenhängenden Netz von Schutzgebieten innerhalb der Europäischen Union, das seit 1992 nach den Maßgaben der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie errichtet wird. Sein Zweck ist der länderübergreifende Schutz gefährdeter wildlebender heimischer Pflanzen- und Tierarten und ihrer natürlichen Lebensräume. Marcel Hoffmann wird darstellen, welche Schutzziele und rechtlichen Verpflichtungen für Fauna-Flora-Habitat-Gebiete gelten und wie Waldbesitzer ihre Verantwortung zum Erhalt der Schutzgebiete optimal wahrnehmen können.

Alle interessierten Bürger und Mandatsträger sind herzlich eingeladen, sich an der anschließenden Diskussion zu beteiligen. Ort der Veranstaltung ist die Heidenberghalle in Gadernheim. “Wir freuen uns auf einen regen Austausch und hoffen, damit einen wertvollen Beitrag für die Zukunftsentscheidungen des Lautertaler Waldes zu leisten”, schließen die Veranstalter.

Weitere Informationen: www.nabu-bergstrasse.de, www.nabu-seeheim.de

Waldbegehung am 19. April 2023: Wie ist der Wald an den Römersteinen noch zu retten?

Naturschutzgruppen, HessenForst, Vertreter der Gemeinde Lautertal und Bürger treffen sich zum gemeinsamen Fachgespräch auf dem Felsberg Das Aktionsbündnis Lautertaler Wald hatte schon im Vorfeld der Fällungen im FFH-Gebiet Felsberg um ein Gespräch mit HessenForst gebeten, um die geplanten Fällungen kritisch zu diskutieren. Nun kam es erst im Nachgang der Eingriffe zu einer Begehung und ausführlichen Gesprächen. Zugegen waren Bürgermeister Heun, Mitarbeiter der Bauverwaltung, Forstamtsleiter Hering, die Revierförster Robin Töngi und Dirk Ruis-Eckhardt, Vertreter des NABU Beedenkirchen, NABU Elmshausen, NABU Kreis Bergstraße, NABU Seeheim-Jugenheim, von Greenpeace, dem Netzwerk-Bergsträßer Wald, der Deutschen Gesellschaft für Limnologie, ein Vertreter der Jägerschaft und Bürger aus dem Lautertal.

Die Gruppe nahm den Wald an den Römersteinen in Augenschein, der in den vergangenen Jahren durch Fällungen mittlerweile zunehmende Kronendachöffnungen aufweist. Es wurde allen Beteiligten klar, würden die bisherigen Maßnahmen des Forstamts so weitergehen, wird sich in absehbarer Zeit eine baumfreie, heiße Schneise durch den Wald ziehen. Horst Becker vom NABU Bergstraße wies darauf hin, dass damit auch der angrenzende Wald bald von Trockenschäden betroffen sein würde. Die immer weiter eindringende Trockenheit würde durch die zunehmend offenen Waldflanken nicht mehr aufgehalten. Die Buche sei eine Schattenbaumart, die Sonne nicht gut ertrage, führte Forstamtsleiter Herr Hering aus. Yvonne Albe vom NABU Seeheim-Jugenheim erinnerte daran, dass es sich hier um ein Europäisches Schutzgebiet handle. Sie wies auf die Verpflichtung der Gemeinde hin, die bestehenden Richtlinien der Europäischen Kommission einzuhalten. Umfangreiche Fällungen, wie hier geschehen, könnten eine Verletzung der Erhaltungsziele der zu schützenden Buchenwaldarten sein.

Klimaresilienz als Ziel

HessenForst hatte bereits im Vorfeld darauf hingewiesen, dass tourismusbedingte Erosion in diesem Gebiet mittlerweile ernsthafte Ausmaße angenommen hat. Vergangene und zukünftige Fällungen werden dieses Problem verstärken. Auch waren sich alle Teilnehmenden einig, dass Starkregenereignisse und Klimaanpassung eine zentrale Rolle bei künftigen Überlegungen spielen müssen. So bauen die derzeit neu erstellten Fließpfadkarten des Landes auf der Voraussetzung auf, dass kein Wasser aus dem Wald abfließt. Aus der Bauverwaltung wurde berichtet, dass dies nicht der Fall sei. Im Gegenteil muss die Kommune nach jedem stärkeren Regen die Austräge aus dem Wald wieder beseitigen und die Schäden ausbessern. Der Wald sollte daher klimaresilienter werden, um diese Daueraufgabe und deren Folgekosten abzudämpfen. Eine solche Strategie muss Aufnahme in die nächste Forsteinrichtung finden. Hierüber waren sich alle einig. Da es im Felsenmeerinformationszentrum bisher keine Inhalte zu naturschutzfachlichen Themen gebe, sollten
diese in Zukunft dort auch behandelt werden, so ein Vorschlag aus der Gemeindeverwaltung. Auf diesem Wege können Waldbesucher über die vorhandenen Naturräume, die Rolle von Totholz und
Habitatbäumen, Waldverjüngung und Klimawandelfolgen im Felsbergwald informiert werden.

Gemeinsame Problemanalyse

Bürgermeister Heun resümierte nach ausführlichen Diskussionen: “So wie bisher darf es nicht mehr weitergehen." Das bestätigte auch der Forstamtsleiter Herr Hering. Es müsse der Wald verjüngt werden, auf stark verdichteten Flächen sollen nun Einzäunungen (Kleingatter), die für Jungaufwuchs sorgen und gleichermaßen Waldbesucher aus den betroffenen Gebieten heraushalten, konsequent eingerichtet werden. Damit erledige sich auch größtenteils das Problem der Verkehrssicherung, so Herr Heun. Herr Hering sagte auf Bitte des Bürgermeisters zu, dass das Forstamt Vorschläge für Kleingatterflächen einreichen wird. Um weiteren Fällungen zur vorsorglichen Verkehrssicherung ein Ende zu setzen, nahm Herr Heun einen Vorschlag der Naturschützer auf: Schilder, die auf waldtypische Gefahren hinweisen und die Rechtslage verdeutlichen, sollen nun an dürregeschädigten Bereichen aufgestellt werden. Eine Prüfung durch die Obere Naturschutzbehörde soll dazu erfolgen. Darüber hinaus sollen Naturwaldflächen nun konsequent ausgewiesen werden, so Forstamtsleiter Hering.

Mehr Kooperation von Hessen-Forst, Kommune und Naturschutz

Da die Naturschützer trotz mehrfacher Anfragen an das Forstamt im Vorfeld der Fällungen nicht angehört worden sind, forderten sie, in Zukunft im Vorfeld von Eingriffen in Flora-Fauna-Habitate Einsicht in die Vorprüfung nehmen zu können. Diese muss das Forstamt nach der EU-Richtlinie erstellen, um eine Verschlechterung des Waldes auszuschließen. Im Zweifelsfall muss eine Verträglichkeitsprüfung vorgenommen werden. Herr Heun erachtete diesen Vorschlag für sinnvoll, da man auf diese Weise Ärger mit Naturschutzverbänden und Bürgern vorbeugen könne. Er sei nach den Fällaktionen von vielen besorgten Bürgern angesprochen worden. Da in den letzten Jahren Gerichtsurteile die Beteiligung von Naturschutzgruppen im Vorfeld vor Verträglichkeitsprüfungen bestätigt haben, wäre diese Regelung folgerichtig, so die Naturschützer. Es gehe nicht darum, Holzernte völlig zu unterbinden, sondern Risiken für den Walderhalt aus naturschutzfachlicher Sicht schon in der Planungsphase abzuschätzen. Die Naturschützer baten zudem generell um mehr Transparenz bezüglich forstwirtschaftlicher Planungen. Die Forsteinrichtung sowie Waldwirtschaftspläne sollten wie in vielen anderen umliegenden Gemeinden öffentlich zugänglich gemacht werden. Herr Hering verwies in dieser Frage auf die Entscheidungsgewalt der Gemeinde.

Ein Großteil der besprochenen Maßnahmen sind Teil des FFH-Bewirtschaftungsplans, der seit 2012 für dieses Gebiet gilt und bisher nur unzureichend umgesetzt wurden. Nun sollen die Maßnahmen unter der neuen Forstamtsführung zeitnah realisiert werden, um die weitere Degradierung des Waldes aufzuhalten. Die wegweisenden Absichtserklärungen müssen auch Eingang in das neue Forsteinrichtungswerk und dessen Leitlinien finden. Das Aktionsbündnis begrüßt die Bereitschaft von HessenForst und der Gemeinde Lautertal, gemeinsam mit dem Naturschutz Lösungen für die Problematik am Felsberg zu finden. So sind auch
rechtliche Auseinandersetzungen vermeidbar. Das Aktionsbündnis wolle weiterhin bei Eingriffen in die Lautertaler Waldökosysteme wachsam sein.

12.04.2023: Massiver forstlicher Eingriff ins Naturschutzgebiet am Felsenmeer

Damit der Lautertaler Wald mehr Schutz erfährt, hat sich 2022 das „Aktionsbündnis Lautertaler Wald“ gegründet. Neben dem NABU Elmshausen, Beedenkirchen und Seeheim-Jugenheim sind nun weitere Mitglieder hinzugekommen (siehe Infobox). Aktuell übt das Bündnis Kritik an den jüngsten Fällungen im Naturschutzgebiet Felsberg:

Der Wald an den Römersteinen ist seit einigen Jahren immer wieder Ziel von Fällmaßnahmen gewesen. Als Folge davon ist der ehemals geschlossene Bestand licht geworden. Auch abseits Gebiets, das von Waldbesuchern stärker frequentiert wird, wird immer wieder gefällt, so auch kürzlich. Dies schwächt den Wald immer weiter und treibt ihn auf einer Abwärtsspirale voran, erklärt das Bündnis.
Dieses Jahr war der forstliche Eingriff besonders massiv und trägt so zu einer verhängnisvollen Abwärtsdynamik bei: Die Stämme noch verbleibender Bäume werden hierdurch plötzlich Hitze und der Sonne ausgesetzt, der Boden trocknet stärker aus und weitere Bäume werden damit so geschwächt, dass sie krank und am Ende irgendwann instabil werden.
Es wurden sogar Habitatbäume gefällt, also solche, die Vögeln und Insekten als Lebensraum dienten - und das in der Brut- und Setzzeit! Außerdem wurden bisher gesunde Bäume bei den Forstarbeiten beschädigt.
Durch das Gefälle des steilen Südhangs wirkt sich jeder Einschnitt umso stärker auf das Ökosystem, das Waldinnenklima und vor allem auch auf den Wasserhaushalt aus. Dadurch sind weitere Trockenschäden vorprogrammiert. Zudem wird der Erosion weiter Vorschub geleistet, was weitere Schäden verursacht, und Hochwassergefahren im Ortsteil unterhalb steigen.

Entgegen einer Pressemitteilung des Forstamts, dass zumeist dichte Verjüngung unter den zu fällende Bäumen vorhanden sei, fehlt leider die nachfolgende Waldgeneration dort vollständig, wie das Aktionsbündnis feststellt. Auch der Verlautbarung des Forstamts, dass lediglich Einzelbäume entnommen werden sollen, hält man entgegen, dass mindestens zweimal ganze Gruppen von Bäumen gefällt und damit das Kronendach stark geöffnet wurde. Hätte es sich nur um Verkehrssicherungsmaßnahmen gehandelt, hätten die gefällten Bäume vor Ort als Teil des Ökosystems belassen werden sollen. Stattdessen wurden die entasteten Stämme zum Abtransport und damit zum Verkauf auf die Wege geschafft.

Das Bündnis ist sich einig: Buchen verwachsen hier mit dem geschichtsträchtigen Felsen und so verschwindet hier nach und nach eines der schönsten Waldstücke Europas. Die Folgeschäden dieser Eingriffe sind mittlerweile unübersehbar. Hier arbeitet der Klimawandel mit Hessen Forst Hand in Hand in der Reduzierung des Baumbestandes. Doch jeder Baum ist in den immer lichter werdenden Wäldern jetzt wichtig, um Feuchtigkeit im Wald zu halten. Denn das Kronendach schützt die Buchen vor Trockenschäden. Auch kranke Bäume können noch viele Jahrzehnte Schatten spenden und Feuchtigkeit speichern, wenn man sie stehen lässt.

Geltende Rechtslage missachtet

Große Teile des Felsberg-Waldes sind seit den 70er Jahren Naturschutzgebiet und wurden 2008 von der EU zu einem besonders schützenswerten Flora-Fauna-Habitat erklärt. Hier sollen vor allem alte Buchenwälder geschützt und erhalten werden. Verlautbarungen des verantwortlichen Forstamts Lampertheim zufolge handelt es sich bei den aktuellen Fällungen um Verkehrssicherungsmaßnahmen. Das Forstamt hätte nach
aktueller Rechtslage (§34 BNatSchG) im Vorfeld prüfen müssen, ob die Fällungen zu einer Verschlechterung des Waldes führen. Das Aktionsbündnis hatte öffentlich und direkt mit dem Revierförster auf die Erheblichkeitsabschätzung (Vorprüfung) und die FFH-Verträglichkeitsprüfung hingewiesen. Offenbar hat das Forstamt Lampertheim es trotzdem versäumt, die notwendige Vorprüfung vorzunehmen.

Strafanzeige wird erwogen

Die Durchführung der Maßnahmen ist also nicht nur für den Erhalt des Gebiets, sondern auch rechtlich problematisch. Das Aktionsbündnis geht davon aus, dass sich der Zustand des Waldes durch die Eingriffe
verschlechtert. Sie wären damit nicht konform mit der Richtlinie für dieses Europäische Naturschutzgebiet (Verschlechterungsverbot, FFH-Richtlinie Art. 6 (2)). Es besteht die Möglichkeit einer Anzeige nach Paragraf 329 Absatz 4 des Strafgesetzbuchs (Erhalt der Flora-Fauna-Habitate). Es sind Gespräche zwischen Forstamt, Gemeinde und dem Aktionsbündnis geplant.

Schilder, die Waldbesucher vor waldtypischen Gefahren warnen, und gezielte Entnahme von abgestorbenen Ästen hätten nach Ansicht der Naturschützer viele Bäume vor der Fällung bewahren können. Im Schutz der Altbäume hätte das Forstamt zunächst über ein paar Jahre durch Pflanzungen und Schutzmaßnahmen für eine neue Waldgeneration sorgen müssen, bevor Altbäume so drastisch entfernt werden. Nun braucht es größte Anstrengungen, um die verbleibenden Bäume zu erhalten und ohne Schutz für einen gesunden Waldaufwuchs zu sorgen. Noch zur Fällung markierte Bäume sollten nicht mehr gefällt werden. Ein
durchdachtes, naturschutzgerechtes Konzept zum Erhalt des Waldes am Felsberg muss nun dringend und zeitnah entwickelt werden.

Infobox:

Das Aktionsbündnis Lautertaler Wald wurde 2022 gegründet. Bürger, Naturschutzvereine und Bürgerinitiativen haben sich zusammengeschlossen, um sich für den Erhalt des Lautertaler Waldes einzusetzen.
Dem NABU Beedenkirchen, Elmshausen und Seeheim-Jugenheim sowie dem Netzwerk Bergsträßer Wald haben sich mittlerweile weitere Naturschutzgruppen angeschlossen: Mitglieder des BUND Bensheim/Zwingenberg, des NABU Kreisverbandes Bergstraße, von Greenpeace und engagierte Bürger wollen sich gemeinsam für einen ökosystemorientierten und zukunftsgewandten Umgang mit
dem Lautertaler Wald stark machen.
Kontakt: Gunnar Glänzel, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! Tel.: 0175 1865180

Anmerkung:

Bitte lesen Sie zu diesem Themenkomplex auch unsere Seiten der Odenwald-Redaktion: Aus Wald und Flur -  hier finden Sie zahlreiche weitere Infos aus mehreren Jahrzehnten; einer der Gründe warum ich selbst aufgehört habe im Felsenmeer Führungen anzubieten, liegt im kranken Waldzustand des Felsberges. Marieta Hiller