Herbstlicher Reiz einer vom Menschen geprägten Berglandschaft - vor allem im Nebel

Der Felsbergwald hat im Herbst seinen eigenen Reiz. Weitab vom großen Felsenmeer mit seinen Touristenströmen und Schulausflügen gibt es im Felsberg einsame Ecken und Winkel, wo man selbst bei sonnigem Wetter niemandem begegnet. Aber gerade an trüben oder regnerischen Tagen übt dieser Wald eine besondere Anziehung aus: abseits der ausgetretenen und zugemüllten Wege am blankgerutschten Felsenmeer findet man halbverwucherte Pfade unter meterhoch aufgeschichteten Granitsteinmauern, seit achtzig Jahren von Efeu überwuchert.

Der Lampertstein

Vom Naturpark Talweg führt ein Rundweg an den beiden alten Steinbrüchen "Sichel" und "Regenbogen" vorbei zum Lampertstein, einem klobigen Sandsteinkreuz auf einem tischgroßen Sockel. Dieses Steinkreuz wurde dem Reichenbacher Bürgermeister Jakob Lampert zum Andenken mitten ins Gehölz gesetzt:

"Hier sank durch die Selbstentladung der Flinte eines Jagdgefährten getroffen entseelt zu Boden Jakob Lampert, Bürgermeister zu Reichenbach gebor. am 6. April 1797 gestorben am 14. Dezemb. 1838"

Lampertstein wurde in Erinnerung gerufen

Hinweisschilder an der Kreuzung der beiden Europäischen Fernwanderwege vor dem Rathaus und am Lampertstein im Felsbergwald regte Wanderfreund Günter Wilhelm, zertifizierter Wanderführer und Skitourenführer aus Heidelberg, an. Die Beschriftung am Lampertstein müßte wieder einmal erneuert werden.

Dabei will er sich sogar finanziell beteiligen. Direkt vor dem Rathaus Reichenbach liegt der Schnittpunkt der beiden europäischen Fernwanderwege E 1 und E 8, womit klar ist, daß der Odenwald im Herzen Westeuropas liegt und das Lautertal mit seinem Felsenmeer eine Sonderstellung auch bei den europäischen Fernwanderwegen einnimmt. Der E 1 führt von Schweden durch Deutschland und das Felsenmeer, am Rathaus Reichenbach vorbei über den Hahnenbusch bis nach Genua in Italien. Oft sieht man Wandergruppen schwer bepackt den kurzen Weg entlang der Nibelungenstraße bis zur Hahnenbuschstraße laufen.

Gekreuzt wird dieser Fernwanderweg vom E 8, der von Dublin über den Borstein zum Hohenstein und weiter bis zum Bosporus führt. Vielleicht wird am Rathaus eine Tafel aufgestellt, die auf diese beiden großen europäischen Wanderwege und auf ihre Schnittstelle in Reichenbach hinweist. Da "Kleindenkmäler und interessante Informationen zum Wanderweg sinnvoll und touristisch sehr werbewirksam sind", schlägt Wilhelm auch ein Hinweisschild auf den Lampertstein im Felsbergwald vor. Es sollte seiner Meinung nach auf dem Wanderweg oberhalb der Treppen, die zum Denkmal führen, stehen. Auf dem Denkmal selbst sollte die Schrift erneuert werden.

Dies wurde letztmals im Herbst 2006 von Philipp Degenhardt und Walter Metter getan. Das Denkmal erinnert an den eifrigen Jäger, der 1838 mit dem gräflich erbach-schönbergischen Revierförster Rautenbusch im Felsbergwald unterwegs war...

Die damalige Sanierung des Denkmals und des Platzes wurde im Januar 2007 mit einer Besichtigungstour durch Verschönerungsverein (VVR) und Odenwaldklub (OWK) Reichenbach gefeiert, wie das Foto zeigt. OWK-Vorsitzender Rudolf Prosch erinnerte an den Verstorbenen, die Entstehung des Denkmals und dankte allen Helfern für die Wiederherstellung der Anlage. Die Jagdhornbläser ließen ihre Instrumente erklingen und die Jagdpächter bewirteten die rund 100 Wanderfreunde. Heinz Eichhorn, Mai 2016

Foto aus dem Buch "Abenteuer Felsberg" von M. Hiller, damals noch in Schwarz-Weiß aufgenommen

 Nicht Apfel Nuß und Mandelkern, sondern Rosinen, Butter und Spezereien

Auf der Suche nach den besten Rezepte für weihnachtliches Gebäck entdeckte ich das Dr. Oetker-Backbuch „Backen macht Freude“ von 1960. Ein Buch, aus dem jahrzehntelang viel und gern gebacken wurde, das Küchengeschichte atmet, mit brüchigen und braunfleckigen Seiten und vielen Notizzetteln drin. Da kommt kein e-book mit...

Allein das Buch an sich ist schon nahrhaft, umso mehr die Rezepte darin. Das Rezept für einen ordentlichen Stollen verlangt neben viel Zucker auch eine Menge an Fett. Ohne Fett nämlich schmeckt der beste Stollen nicht. Außerdem mußte hinein - schließlich haben wir es mit einem Buch von Dr. Oetker Buch zu tun: Backin, Vanillinzucker, Bittermandelöl, Rumaroma, Zitronenbacköl. An Spezereien kamen Kardamom und Muskatblüte dazu.

Ein noch älteres Dr. Oetker-Kochbuch, das Schulkochbuch von 1937 dagegen mahnte: „Man beweise Verständnis für die Maßnahmen der Regierung im Kampf um die deutsche Nahrungsfreiheit und bevorzuge bodenständige Erzeugnisse.“ Schon zwei Jahre vor Kriegsbeginn sorgte man so dafür, daß der Küchenzettel vor allem Eintöpfe und fleischlose Gerichte enthielt, daß die gute Hausfrau dem Nationalsozialismus mit Sparsamkeit und Resteverwertung diente. Man schlug sogar gefüllte Gänsehälse vor, um auch diese noch zu verwerten.

Der Christstollen also mag zu jener Zeit mager ausgefallen sein, und mager war er in seinem Ursprung auch gedacht. Noch bis ins 15. Jahrhundert durfte nach den Regeln der römischen Kirche dafür fast nichts als Wasser, Hefe und Mehl verwendet werden. Butter, Milch, Sultaninen, Zitronat oder Mandeln - Fehlanzeige!

Als „zwei lange Weißbrote aus einem halben Scheffel Weizen“ dokumentiert das Naumburger Innungsprivileg aus dem Jahre 1329 die älteste schriftliche Erwähnung des Wortes Stollen. Der Naumburger Bischofs Heinrich I. von Grünberg setzte nämlich zur Gründung der Bäckerinnung in der Stadt eine Urkunde für sich auf: „haben sie sich vnd yrn Nachkommlingen alle Jar ewiglichen [...] an des heiligen Crist[us] Abende zwey lange weyssene Brothe, die man Stollen nennet, gemacht von eynem halben Scheffel Weysses vns vnd vnsern Nachkommlingen in unsern Hof gelobt haben verbunden zu geben und zu reichen.“

Dem Kurfürsten Ernst von Sachsen gefiel dieser butterlose Stollen nicht, und so schrieb er an Papst Nikolaus V. einen Brief, in dem er um die Aufhebung des Butter-Verbotes bat. Und schon ein paar Jahre später, anno 1491, traf der „Butterbrief“ des heiligen Vaters in Dresden ein, woraufhin die Elbstadt zur Stollenhochburg wurde - der Dresdner Striezelmarkt ist der älteste deutsche Weihnachtsmarkt, schon um 1500 gab es hier Christbrote zu Weihnachten zu kaufen. Der Butterbrief war ein sogeannter Ablaß, er gestattete den Verzehr von Milchprodukten auch während der Fastenzeit zwanzig Jahre lang gegen eine milde Gebühr in klingender Münze. Mochte Martin Luther auch gegen den Ablaßhandel wettern, ganz sicher war auch ihm ein ordentliches Stück Butter lieber als das zuvor im Stollen verwendete Rübenöl. Und so wird es wohl gekommen sein, daß das ehemalige Fastengebäck zur schwergewichtigen Leckerei mit dem Namen Stollen wurde. Denn Stollen bedeutet im Althochdeutschen soviel wie Pfosten oder Stütze.

August der Starke ließ einige Zeit später (1730) anläßlich eines prachtvollen Truppenaufmarsches den Zeithainer Riesenstollen auffahren. Auf dem Zeithainer Lustlager wurde der mehrere Meter lange Kuchen, Butter-Stollen oder Striezel genannt, serviert. 18 Scheffel Mehl, 82 Schock (=4920 Stück!) Eier, 3 Tonnen Milch, 1 Tonne Hefe und 1 Tonne Butter kamen zum Einsatz.

Welcher Rübezahl wohl diesen Teig kneten mußte?

Apfel Nuß und Mandelkern

Im Gedicht von Theodor Storm »Von drauß' vom Walde komm ich her; Ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr!« antwortet Knecht Rupprecht: »Das Säcklein, das ist hier:
Denn Äpfel, Nuß und Mandelkern Essen fromme Kinder gern.«

Der Duft der Kindheit: das Mandelschälen

Als Kind durfte ich helfen, die Mandeln zu schälen. Der große Küchentisch war voller Mehl, Eierschalen, Nüssen und Gewürzen, und ein kleines Plätzchen des Tisches war extra für mich reserviert. Neben mir knackte meine Oma die harten Mandelschalen auf, was gar nicht so leicht war. Aus den Trümmern suchte ich die braunen Mandeln, die dann in kochendem Wasser blanchiert wurden. So konnte ich sie, nachdem sie etwas abgekühlt waren, zwischen Daumen und Zeigefinger aus der braunen Haut flutschen lassen. Das machte Spaß, und nicht wenige Mandeln landeten in meinem Mund statt im Kuchen. Unvergeßlich ist der Geruch nach warmen Mandeln! Heute ist aller Zauber dahin: man reißt eine Tüte auf und schüttet gehäutete, gestiftelte, gehobelte, gehackte oder gemahlene Mandeln in den Kuchenteig. In meiner Kindheit aber war das Mandelschälen ein Erlebnis für alle Sinne! Wie hart waren die Schalen - wie Nüsse (schlimmer waren nur noch die Paranüsse, die es heute gar nicht mehr gibt, weil sie gesundheitsschädlich sind)!

Ist die Mandel wirklich eine Nuß?

Nein! Der Mandelbaum kommt aus Nahost und Asien und ist ein Rosengewächs, er trägt Früchte wie Aprikosen oder Pfirsiche, und im Fruchtfleisch steckt der Kern. Das ist die holzharte Schale, die sich so schwer knacken läßt. Erst wenn man diese öffnet, kommt man an den Kern heran. Es gibt mild aromatische Süßmandeln, leicht zu knackende Krachmandeln und giftige Bittermandeln, deren Blausäuregehalt schon in kleineren Mengen giftig wirkt.

Aber gesund ist die Mandel!

Die Süß- und Krachmandel enthält viel Eiweiß und Ballaststoffe, man muß sie gut kauen um alle Inhaltsstoffe aufzunehmen. Täglich eine Hand voll Mandeln erhält fit und gesund.

M. Hiller, Dezember 2014

 

Für Emilia Tabea Christine Scales

Warum viele Tiere im Wald einen weißen Stern auf der Brust tragen

In ein fernes Land, wo die Schmetterlinge wie Rosen duften, wo aus Steinen zarte Elfenmusik erklingt, wo Nebelfäden Geschichten weben, in jenes Land wollen wir heute abend einen Ausflug machen. Es ist das Land der Feen und Elfen, und es liegt gar nicht so weit: hinter jedem fröhlichen Lachen kann der Eingang verborgen sein - du mußt nur einmal genau schauen! Doch hüte dich wohl: wer nur ein halbes Stündchen beim lustigen Elfentanz verbrachte, kommt erst nach vielen Jahren in die Menschenwelt zurück.

Sie finden diesen Beitrag vollständig im Jahrbuch 2022: "Steine, Bergwerke und Steinbrüche", das Sie hier bestellen können!

Das Felsenmeer ist ein besonderer Schauplatz der Industriekultur und der Wirtschaftsgeschichte. Zu allen Zeiten war der Felsberg ein vielbesuchter Ort. Bereits in der Antike wurden hier Werkstücke gewonnen. Der spröde Stein - ein Melaquarzdiorit, oft mit Granit verwechselt - wurde bereits bei den Römern im 2.-4. Jahrhundert nach Christus für ihre Bauwerke in der Provinz gewonnen.

 

Das Granitbauwerk wurde 1900/ 1901 von der Odenwaldklub-Sektion Darmstadt erbaut. Wie auf dem Felsberg entstanden um diese Zeit überall auf den Anhöhen Aussichtstürme des Odenwaldklubs.

Benannt ist der Turm nach dem vor der vorletzten Jahrhundertwende verstorbenen Darmstädter Oberbürgermeister Ohly. Lange Zeit schaute der Turm über die Baumwipfel hinaus, heute sieht man ihn gerade noch, so hoch ist der Buchenmischwald inzwischen gewachsen. Stilistisch ist er ein spätes Beispiel für den romantisierenden Historismus des 19. Jahrhunderts, dessen Vorbilder mittelalterliche Burgen und Wehrbauten waren.

27 Meter ist der Turm hoch, sein Standort liegt 514,8 Meter über Meeresspiegel. Man kann von der Plattform aus den Donnersberg in der Pfalz, die Skyline von Frankfurt und im Südosten sogar den Katzenbuckel sehen. Bis 1937 gab es hier für Touristen einen Kiosk, dann wurde der Turm für militärische Zwecke verwendet. Heute steht der Turm unter Denkmalschutz. Dies hinderte jedoch das Hessische Ministerium des Inneren nicht daran, im Jahr 1971 eine 21 Meter hohe Richtfunkantenne am Ohlyturm zu montieren. Diese Antenne ist notwendig, um zum Beispiel Notrufe der Rettungsdienste über die Hügel bis in jeden Winkel weiterzuleiten.

    

Von Nordost Rundumblick über Süd bis Nord...

   

Unglücklicherweise zermürbte die Antenne durch Windschwingungen das Mauerwerk des Turmes, da sie nicht im Fundament verankert war. Wasser konnte in die entstehenden Risse der Mauern eindringen, schließlich mußte der Turm wegen Baufälligkeit geschlossen werden. Nachdem ein jahrelanger Rechtstreit zwischen dem Eigentümer des Turms und dem Ministerium endlich entschieden werden konnte, baute das Ministerium im Jahr 1996 direkt neben dem Turm ein eigenes Gittergerüst für seine Funkanlagen. Nun konnte der eigens gegründete Ohly-Turm-Verein um die Turmherren, Familie Reuters, mit der Restaurierung beginnen. 1999 wurden die Arbeiten begonnen. Die tonnenschwere Betondecke, die eine der Funkanlagen getragen hatte, wurde abgetragen, der Turm bekam ein neues feuerverzinktes Treppenhaus.

Die Arbeiten ziehen sich allerdings länger hin als vorgesehen. Schon im Sommer 2000 sollte der Turm der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht werden, doch das Projekt verschlang mehr an Geld und Zeit als erwartet, und bis heute können Besucher noch nicht hinaufsteigen. Im Jahr 2007 erwarben Brian und Sean Brennan den Turm und trieben die Sanierung kräftig voran.

Doch öffentlich zugänglich ist der Turm noch immer nicht...

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Nachdem die Römer ihre Hämmer niedergelegt und den Felsberg verlassen hatten, herrschte Ruhe bis ins späte neunzehnte Jahrhundert. Damals kamen böhmische Steinmetze auf der Wanderschaft durch den Odenwald und entdeckten dabei den Felsberg-Granit. Das war etwa um 1879.

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Dies sollte ein behaglicher Rückblick auf 25 Jahre Felsenmeerführungen werden - nun ist es eher eine Abrechnung geworden...

Gerade als ich das Thema Felsenmeer sozusagen abschließend in einem Beitrag darstellen wollte, trudelte eine Petition des NABU Seeheim-Jugenheim ein. Aber der Reihe nach:

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Dafür gibt es zwei Erklärungen, die unterschiedlicher nicht sein können: die geologische und die Version der Kobolde im Felsenmeer...

Die geologische Entstehung des Felsenmeeres - und die Riesensage!

Felshocker, Steinbeißer - und Kieselbart, Zeichnung: M. Hiller

Felshocker, Steinbeißer - und Kieselbart, Zeichnung: M. Hiller

Der Historiker Heinz Bormuth stellte 1989 in den Geschichtsblättern des Kreises Bergstraße Band 22 eine Lauterner Mühlengeschichte zusammen. Vier Jahre später erschien diese Zusammenstellung auch im Lauterner Heimatbuch: Heinz Bormuth, Lautern im Odenwald. Seine Quellen sind die Zinsbücher der Kellerei Lindenfels von 1369 an sowie eine Statistik des Georgrafen Georg Wilhelm Justin Wagner von 1829.

die älteste Mühle in Lautern: die "Hubmühl"

1369 erwähnt und den Pfalzgrafen zehntpflichtig, eine herrschaftliche Mühle in Erbpacht. Die Lage dieser Mühle vermutet Bormuth an der Stelle der späteren Borgersmühle in Lautern, also im Viereck Hauptstraße - Höllwäldchen - Römerweg. Die Mühle lag der historischen Beschreibung nach zwischen Allmenweg und Bach. Der Allmenweg ist der heutige Römerweg, wobei der Name nichts mit den alten Römern zu tun hat, sondern mit dem Rehmer, einem Radschuh der zum Bremsen unter die Räder geschoben werden konnte.
Der Geometer Johann Wilhelm Grimm verzeichnet 1751 in seiner Karte zwei Mühlen: des Bitschen Mühl (spätere Bickelhauptsmühle, heute Ecke Jahnstraße / Hauptstraße) und die Arresenmühl (nach einem Müller namens Arras), die spätere Borgersmühle. 1906 wurde die Mühle von Johannes Borger betrieben, ab 1932 von seiner Witwe Katharina aus Gadernheim. 1936 übernahm Sohn Georg, der 1975 verstarb. Er war der letzte Müller der Borgersmühle, ebenso wie der Bruder von Johannes Borger, Fritz Borger, der letzte Müller in der Gadernheimer Fabrikmühle war.

Die zweitälteste Mühle: die Bickelhaupts-Mühle

erbaut zwischen 1701 und 1725, bei Grimm als "Bitsche-Mühl" bezeichnet. Sie wurde 1725 vom Gadernheimer Schuhmacher Christian Bitsch gekauft, einem Enkel des Matthias Bitsch, der 1662 aus Schiers in Graubünden zuwanderte. Später kaufte der Gemeinsmann Johann Leonhard Bickelhaupt (1737-1800) die Mühle. Es war eine Mahlmühle mit einem Rad, sie konnte 4 Malter Korn mahlen. Sohn Johann Michael Bickelhaupt hatte nacheinander drei Berufe: Müller in Lautern, Steinsetzer in Lautern, Papierfabrikant in Elmshausen. Sein Sohn Johann Peter war der letzte Müller auf der Bickelhauptsmühle.

Die Dingeldeys-Mühle und die Bormuths-Mühle

Auf der Straßenecke gegenüber der Bickelhauptsmühle erbaute deren Käufer Karl Dingeldey (1851, nachdem Peter Bickelhaupt II nach Amerika ausgewandert war) die neue Mühle um 1855. Am 20. August 1855 wurde der Eichpfahl gesetzt, darüber gibt es Urkunden.

Am 29.3.1840 wurde der Bau einer Mahlmühle mit Wohnung und Ökonomiegebäude von Ortsbürger Johann Philipp Bormuth II beantragt, diese wurde am alten Lauterner Weg (Mühlweg) von Reichenbach nach Gadernheim gebaut. Durch den Bau der Provinzialstraße (B 47) sei der alte Weg nicht mehr erforderlich, so daß es Platz für seine Bauten gebe. Der Bürgermeister war anderer Ansicht, und so mußte Bormuth von der Lauter einen Kanal unter dem Lauterner Weg hindurch zu seinem Mühlbau errichten.

Die Schallers-Mühle

Erbaut vom Gadernheimer Müller und Mühlarzt Christian Schaller (1766-1818) als Ölmühle, Standort unterhalb von Lautern. Sie nutzte den Mühlgraben, der an der Bormuthsmühle begann, damit bekam Schaller jedoch Schwierigkeiten mit den Wiesen-Anrainern, die das Wasser des Grabens ebenfalls nutzten. Dem Müller ging es lange nicht sehr gut, aber 1817 beantragte er die Genehmigung für eine zweite Mühle mit Mahlgang. Mit 52 Jahren starb Christian Schaller, und seine Witwe Anna Christine setzte die Pläne um. Tatsächlich existierte 1829 hier eine Ölmühle und eine Mahlmühle. Sohn Georg Schaller übernahm die Mühlen, aber 1832 wird beides für 1000 fl. verpfändet und die Scheune zeitweise als Zehntscheuer genutzt. Schaller und seine Familie (Nachfolger Heinrich Lampert) erhielten für die Lagerung der Zehntfrüchte "von jedem Haufen 6 Kreuzer Zins. Als Haufen bezeichnete man zehn Bündel, die je aus 40 Garben bestanden. 1840 leben auf der Schallersmühle neun Einwohner.

Nun erbaute Georg Schaller in Reichenbach auf der Wiese unterhalb des Hohensteins eine neue Mahlmühle, die Rödermühle (Schaller mußte 1844 an Friedrich Röder aus Brandau verkaufen). Heute ist dort die DESTAG. Bitte lesen Sie auch: "Natursteinindustrie in Reichenbach: die DESTAG" im Jahrbuch 2022. Diese Mühle wurde - wie auch die Bormuthsmühle und die Schallersmühle von einem Mühlgraben versorgt, der bereits 1590 in den Unterlagen des alten Bergwerkes (Bergbereiter Vischer aus Heidelberg) erwähnt wurde. (siehe auch historische Bergwerke der Umgebung)

Die ursprüngliche Schallers-Mühle wurde von Heinrich Lampert, der 1850 nach Amerika auswanderte, an August von Ploennies aus Jugenheim verkauft. Dieser war der Gründer der Blaufarbenfabrik Marienberg (1852, "Lautern: Geschichte einer Fabrik" Jahrbuch 2021). Die Mühle stand noch eine Weile und lieferte die Energie für die Ultramarin-Fabrikation.

Die Weißmühle

Ihr Bau 1861 machte die Schallersmühle überflüssig, so daß sie 1865 abgebrochen und ihr Inventar verkauft wurde. Die Weißmühle war geplant mit einem oberschlächtigen und einem rückenschlächtigen Wasserrat und drei Mahlgängen. doch auch hier gab es Einwände der Wiesenanrainer. Schon beim Abbruch der Schallersmühle staute sich das Wasser so, daß die Wiese des Philipp Bormuth I im Jahr 1911versumpft sei. Gegen die Weißmühle sprachen sich acht Wiesenbesitzer aus, bis entschieden wurde, daß die Hälfte des Wassers aus Lauter und Mühlgraben der Mühle zur Verfügung stehe und die andere Hälfte den Wiesenbesitzern. Und zwar als genaue Teilung von November bis Juni und von Juli bis Oktober wie folgt: an Werktagen von 5-17 Uhr vollständig der Fabrik, an Sonn- und Feiertagen und Nachts vollständig den Bauern zur Nutzung stehen. Zur Wahrung alter Rechte durften die rechts der Lauter liegenden Anrainer auch im Sommer die Hälfte nehmen.

Die Müller am Unterlauf der Lauter klagten dann jedoch öfters über Wassermangel, und bei der Überprüfung der Wehre 1911 zeigte sich, daß zwei Bauern große Wiesenflächen bewässerten.

Bis 1914 wurde die Weißmühle mit Wasserkraft betrieben, danach zog die moderne Zeit mit elektrischen Leitungen ein.

Dies war - wie überall im Odenwald - das Ende der wassergetriebenen Mühlen.