Sicher kennst du das: man beißt in einen duftenden rotbackigen Apfel, die glatte Schale knackt, der Saft spritzt. Aber ach, wie sauer! Der ganze Mund zieht sich zusammen - und da sagen die Erwachsenen auch noch „sauer macht lustig“.
Gesund seien sie auch, die Äpfel: „Ein Apfel am Tag vertreibt Kummer und Plag“. Und je sauerer, desto gesünder. War ja klar. Was gut schmeckt, kann nicht gesund sein: Gummibärchen, Plätzchen, Schokolade...
Aber müssen die Äpfel denn gleich soo sauer sein?
Da freut man sich doch richtig, wenn man mal einen erwischt, der süß schmeckt. Süüüß mit viel üüü, denn üüü ist der Buchstabe, der uns beim Aussprechen grinsen läßt. Reinbeißen, genießen, schlucken; reinbeißen, genießen, schlucken; reinbei - aber was ist das? Ein Wurm, winzig und glänzend, mit zwei Knopfäuglein im Gesichtchen, windet sich aus dem Apfelbiß - und wohl sei uns, wenn wir einen ganzen und keinen halben Wurm sehen! Denn dann wäre ja der andere halbe Wurm ... igitt, bloß nicht dran denken!
Und gleich kommt schon wieder so ein überschlauer Erwachsener daher und spricht - mit erhobenem Zeigefinger natürlich - „Verbotene Äpfel sind süß!“ und „der glänzendste Apfel beinhaltet den größten Wurm“.
Ach, es ist schon vertrackt mit den Äpfeln. Nur gut, daß es im Supermarkt nur Äpfel gibt, die weder Würmer haben, noch besonders süß oder besonders sauer schmecken.
Aber neulich, da hab ich in einem verwilderten Garten einen Baum entdeckt, an dem hängen Äpfel - Äpfel, sage ich euch! Soviel Geschmack - ich weiß gar nicht alles zu beschreiben! Würzig, duftig, fruchtig nach Rosen und Wiese, ein bißchen säuerlich und fast ein bißchen salzig, aber auch saftig süß! Ein Wurm war auch drin, aber ich hab ihn mit einem großen Stück Apfelfleisch ausgeschnitten und unter den Baum gelegt. Sooo ein guter Apfel - der reicht doch wohl für mich und für den Wurm!
Marieta Hiller, 2011