Ein Mann steht auf der Leiter in seinem Garten und pflückt Birnen. Zwei Kinder blieben am Zaun stehen und schauten ihm zu. Der Mann dachte sich: na, das ist ja wie beim Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland, und wollte jedem Kinder eine Birne schenken. Die Kinder schauten ihn verständnislos an, dann schauten sie auf die Birne in der Hand. Schließlich steckten sie die Früchte in die Tasche. Als der Mann fragte, warum sie denn nicht gleich hineinbeißen wollten in ihre saftigen Birnen, bekam er zur Antwort: „ach, die kennen wir nicht. Die nehmen wir erst einmal mit nach Hause und fragen.“
Foto: Rainer Sturm, Pixelio.de
Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland
Zu Ribbeck an der Kirche ein alter Birnbaum steht,
der mit den üpp'gen Zweigen der Kirche Dach umweht.
Von hohem Alter zeuget der Stamm, so mächtig stark,
wächst schier aus dem Gemäuer wie aus der Kirche Mark.
Von diesem alten Birnbaum geht eine Sage hier,
sie war als Kind zu hören stets eine Wonne mir:
Ein alter Ribbeck, heißt es, war Kindern hold gesinnt,
wohl hundertmal beschenkt er im Dorfe jedes Kind.
In allen Kleidertaschen er Birnen, Äpfel hat,
gab stets mit beiden Händen, gab gern, genug und satt.
Und als er kam zu sterben, man in den Sarg ihn legt,
denkt nicht an seine Taschen, darin er Birnen trägt.
Und in dem nächsten Frühjahr wächst aus der Wand am Tor,
sproßt aus dem Erbbegräbnis ein Bäumlein grün hervor.
Der Alte, der im Leben die Kinder so geliebt,
nun noch in seinem Sarge den Kindern Freude gibt
Im Herbst viel kleine Birnen der Baum streut auf den Sand,
und heut noch greift mit Jubel danach der Kinder Hand.
Die Abendschatten sanken hernieder allgemach,
da ward in meiner Seele die alte Sage wach.
Das ist das ursprüngliche Birnbaumgedicht, geschrieben von Hertha von Witzleben, Enkelin des Karl Friedrich Ernst von Ribbeck. Sie schrieb dieses Gedicht im Jahre 1875, also bevor Fontane sein Gedicht im Jahre 1889 veröffentlichte. (M. Hiller)