In mehreren Regionen gibt es Bäche namens Erdbach, und oftmals sind dies Gewässer, die plötzlich verschwinden und an anderer Stelle wieder auftauchen. Zahlreiche Sagen und Anekdoten ranken sich um diese Erdbäche. Auch in Erbach, das vom dortigen Erdbach seinen Namen erhielt, gibt es einen verschwindenden Bach. Dort, am Sportpark (Wiesenmarktsgelände) wurde am Tag des Geotops (21.9.2014) die Stelle gewürdigt, an der das Wasser im Boden verschwindet. Kein Kanal, keine Straßenunterführung, kein Rohr verschluckt den Bach. Sondern vielmehr ein weitverzweigtes Höhlensystem. Das Spannende an der Angelegenheit ist, daß es im Buntsandstein, aus dem der östliche Odenwald ab  der Linie Heidelberg-Böllstein-Großostheim besteht, keine Höhlen geben kann. Sandstein ist eine Ablagerung von Wüstensand, der Name Buntsandstein kommt nicht daher, daß dieser Stein eine so herrliche warme Farbe hat, sondern vom Begriff „Verbund“. Im Sandstein würde keine Höhlendecke halten, man kann diesen Stein selbst mit dem Fingernagel abbröseln. Höhlen findet man in Kalkgesteinen, die meist Sedimentgesteine verlandeter Meere sind. Im hinteren Odenwald, auf der Schwäbischen Alb, am Nord- und Südrand der Alpen findet man spektakuläre Höhlen. Für den Humor von Höhlenforschern spricht, daß sie etwa einer gigantischen Höhle kurzerhand den Namen Riesendinghöhle verpaßt haben. Erst kürzlich wurde in einer sehr aufwändigen ehrenamtlichen Aktion ein abgestürzter Wissenschaftler aus dieser Höhle geborgen.

Woher aber kommt das weitverzweigte Höhlensystem in Erbach, mitten im Buntsandstein?

Die Erklärung lieferte Jochen Babist, Geologe vom Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald. Schuld ist der Einbruch des Rheingrabens vor 50 Millionen Jahren. Damals lag der Muschelkalk als Ablagerung des Urmeeres Thetys im Odenwald obenauf der Buntsandsteinschicht. Durch den Grabenbruch dehnte sich die Odenwaldscholle aus, und bei Erbach-Michelstadt sackte ein Bruch ab. Nun lag der Muschelkalk dort - an die beiden Städte dachte damals noch niemand außer vielleicht ein paar Drachen... - neben dem Buntsandstein der östlichen und westlichen Hügel. Die hochstehenden Kalkrücken dieser Hügel wurden abgetragen, und so fügt sich heute die kleine Muschelkalkfläche fast eben in die umliegenden Sandsteinhügel. Der Erdbach nutzte die Gelegenheit und schuf sich ein spannendes Höhlensystem, in das er einfach verschwindet und die Stadtbewohner zum Narren hält. 700 Meter weiter, in der Stockheimer Mühle, kommen die Wasser wieder ans Tageslicht.

Wie lange das Wasser braucht, weiß man: 45 Minuten. Früher war es fast ein ganzer Tag. Was das Wasser in dieser Zeit so alles unternimmt, weiß man nicht. Um 1960 wurden die Höhlengänge untersucht, man fand jedoch den unterirdischen Wasserlauf nicht und vermutet einen See. Dieser ist jedoch nie gefunden worden. Heute sind die Gänge so voller Sand und Unrat, daß das damals zugängliche Gebiet nicht mehr untersucht werden kann. Wer weiß, vielleicht sitzt eines Abends in einer schönen Vollmondnacht eine Verwandte der Schönen Lau am Bach, die von jenem geheimnisvollen See unter der Erde erzählen könnte... M. Hiller, Oktober 2014

Tag des Geotop: findet jeweils im September in ganz Deutschland an herausragenden Steinpersönlichkeiten stattfindet. Im Odenwald eröffnete das Felsenmeer im Jahr 2002 den Reigen der Geotope des Jahres. Es folgten bemerkenswerte Odenwälder Plätze: der Steinbruch Olfen, der Küh-kopf, der Basalt am Otzberg, die Eberstädter Höhlenwelten, der Glockenbuckel im Ried, die geheimnisumwitterten Heunesäulen bei Miltenberg, der Steinbruch Lefferenz in Dossenheim, die Grube Messel, der Löß bei Heidelberg, der Goethefelsen bei Darmstadt und der Katzenbuckel. Zu allen diesen geologisch interessanten Örtlichkeiten gibt es bei Geoparkführungen weitere Informationen. 

Infos:
Geo-Naturpark Bergstraße Odenwald www.geo-naturpark.de
Landesverband für Höhlen- und Karstforschung Hessen e.V. www.hoehlenkataster-hessen.de