Man stelle sich die Erde vor ca. 3300 Jahren vor (das ist die Zeit in der „Ötzi“ etwa gelebt hat):
Es ist März – die letzten Schneestürme fegen über das Land, aber die Sonne gewinnt schon an Kraft. Die Menschen leben in einfachen Hütten mit einer Feuerstelle, aber das gesammelte Holz geht zur Neige. Seit Oktober leben sie fast ausschließlich von den eingelagerten Vorräten, Wurzeln, getrocknete Früchte und getrocknetes Fleisch, die nun größtenteils aufgebraucht oder verdorben sind. Es ist immer noch bitterkalt und feucht in den Behausungen. Neben Vitaminmangelerscheinungen, Unterernährung und Rheuma haben die Lungenleiden leichtes Spiel: Husten, Bronchitis und Asthma haben Hochsaison. Doch die Rettung naht – noch bevor der letzte Schnee geschmolzen ist schiebt der Huflattich als erste aller Pflanzen seinen schuppigen Stängel aus der Erde und lässt seine strahlend sonnengelben Blüten erscheinen. Sie lindern den Husten, hüllen die gereizte Rachenschleimhaut schützend ein und versorgen gleichzeitig mit den ersten Vitaminen aus ihren Pollen. Allerdings sollte man beim Sammeln bedenken, das sie auch die erste Nahrung für Insekten darstellen, als nie den ganzen Bestand abernten.

 

 


Die erst nach der Blüte erscheinenden Blätter haben die gleiche Heilwirkung wie die Blüte. In früheren Zeiten wurde der Huflattich, der in die Familie der Korbblütler gehört, in der Bevölkerung auch Brandlattich, Brustlattich, Hitzeblätter, Lehmblümel oder auch Tabakkraut genannt. Alle diese Namen weisen auf die Hauptwirkungen des Huflattich hin.
Auch der lateinische  Name Tussilago farfara leitet sich ab von tussis  = Husten und agere  = vertreiben. Den deutschen Namen Huflattich bekam er wegen seiner hufförmigen Blätter und „lattich“ leitet sich von dem mittellateinischen lapatica ab, welches großblättrige Pflanzen benennt.
Schon Hippokrates (5. – 4. Jh. v. Chr.) gebrauchte die Pflanze als Hustenmittel. Dioscurides, Plinius und Galenus (1. Jh. n. Chr.) empfahlen den Rauch der angezündeten Blätter bei veraltetem, festsitzendem Husten und Schweratmigkeit.

Der Huflattich ist eine sogenannte Pionierpflanze, die vorwiegend lehmhaltige Böden, wie sie bei Bauaushüben oder Schutthalden vorkommen, neu besiedelt. Dort nimmt er sehr viel Zink und andere Mineralien auf. In der Asche des Huflattichs findet sich daher auffallend viel Salpeter, dessen Dämpfe die Krampfbereitschaft der Lunge herabsetzt und die Schleimhäute zur Ausscheidung anregen.
Früher gab es in Apotheken sogenanntes Salpeterpapier (Charta nitrata). An Asthma Leidende oder an schwerer Bronchitis und hartem Husten Erkrankte, zündeten dieses Papier an und atmeten die entstehenden Dämpfe ein. Der Pharmakologe Hugo Schulz hat  mit dem Rauch des Huflattich einen Eigenversuch unternommen und die beschriebene Wirkung bestätigt. Aber auch die enthaltenen Schleimstoffe, die durch einen Kaltauszug gewonnen werden, sind hilfreich: Sie legen sich wie ein Schutzmantel über die entzündete Schleimhaut. Darunter kann sie regenerieren und heilen.
Gesammelt werden im zeitigen Frühjahr die honigsüßen Blüten und etwas später die feinen, befilzten Blätter.

Unsere Großmütter kannten den Huflattich allerdings auch als schmackhaftes, mineralstoffreiches Gemüse in der Küche: Besonders in Verbindung mit Kartoffeln und Eintöpfen entwickelt er sein feines Aroma. Auch als Einzelgemüse kann er, gedünstet, genossen werden.

So wie der Huflattichtee und -rauch die Lunge reinigt, so hilft er uns auch bei der Beseitigung emotionaler Rückstände wie Neid und Eifersucht. Diese Emotionen sperren das Licht aus, stauen sich in der Lunge und führen im Laufe der Jahre dazu, dass das feine Gewebe angegriffen und zerstört wird. Er ist für diejenigen unter uns, die sich an die Bitterkeit klammern.
Auch diejenigen, die die Realität leugnen, die eigene Dunkelheit und den Schatten fürchten, sollten Huflattichtee trinken.
Als Pionierpflanze kann er uns helfen, neue Situationen, für die wir keinen Plan haben und es keine festen Regeln gibt, zu meistern.
Er hat eine reinigende und zentrierende Eigenschaft und öffnet die feinen Kanäle der Wahrnehmung und der Intuition und hilft uns, uns selbst treu zu bleiben.
In den letzten Jahren hat der Huflattich einen schlechten Ruf bekommen, weil er, wie auch der Borretsch, die sogenannten Pyrrolizidinalkaloide enthält. Diese wirken in der Überdosierung Leber– und Erbgutschädigend.
Allerdings müsste man über einen Zeitraum von 1,5 Jahren täglich mehr als 4% der Nahrung mit Huflattich bestreiten, um eine schädigende Dosierung zu erlangen. Als Teeaufguss nimmt man praktisch keine Pyrrolizidinalkaloide auf, da diese kaum ausgelöst werden. Trotzdem wird in der Literatur dazu geraten, eine Teekur nicht länger als 3 Wochen zu machen und Schwangere und stillende Mütter sollten ganz auf den Huflattich verzichten, um jedem Risiko vorzubeugen. Und wer ganz sicher gehen will, kann sich Samen der Züchtung Tussilago farfare  „WIEN“ besorgen, der keine Pyrrolizidinalkaloide enthält.

Martina Tolnai
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