Eine Fraktionssitzung via Telefonschaltkonferenz erfordert höchste Aufmerksamkeit und noch größere Disziplin ihrer Teilnehmer als eine Sitzung unter normalen Umständen. Diese Erfahrung machten jüngst die Mitglieder der SPD-Fraktion der Lautertaler Gemeindevertretung, deren Fraktionsvorsitzender Tobias Pöselt zu diesem außergewöhnlichen Meinungsaustausch eingeladen hatte. Zwei Stunden telefonierten Gemeindevertreter und Gemeindevorstandsmitglieder miteinander, um sich über die aktuelle Situation in der Corona-Krise auszutauschen.

Auch Bürgermeister Andreas Heun war zugeschaltet und stand für Fragen rund um die Gemeinde Lautertal zur Verfügung. Dabei wurde klar, dass die Auswirkungen durch die umfangreichen Maßnahmen des Shutdowns auch im Lautertal für viele Bürgerinnen und Bürger nicht folgenlos bleiben werden. Diese machen sich unter anderem bei den für die Haushaltsplanung wichtigen Säulen der Gewerbe- und Einkommensteuer bemerkbar. Konnte vor der Corona-Krise noch mit einem Haushaltsüberschuss von rund 150.000 Euro geplant werden, hat sich die finanzielle Situation für das laufende Jahr inzwischen dramatisch in die andere Richtung entwickelt. Vor wenigen Tagen erhielten alle Fraktionen die Mitteilung, dass bereits jetzt rund 20 Unternehmen, die im Lautertal ihre Gewerbesteuer entrichten, ihren Vorauszahlungsbescheid beim Finanzamt Bensheim auf „Null“ reduzieren ließen. In Zahlen bedeuten diese Gewerbesteuerausfälle für den Haushalt der Gemeinde Lautertal eine Finanzierungslücke von rund 400.000 Euro. Mit weiteren Ausfällen müsse gerechnet werden, wie der Gemeindevorstand prognostiziert.

Eine ähnliche Entwicklung zeichnet sich unter anderem durch Kurzarbeit auch bei der Einkommensteuer ab. Der Anteil der Gemeinde Lautertal am Aufkommen aus der Einkommensteuer lag im ersten Quartal noch bei rund 1,2 Millionen, so dass derzeit kein Liquiditätsengpass besteht. Doch ist in den folgenden Quartalen mit einem deutlichen Einbruch zu rechnen, wie Bürgermeister Heun berichtete. Dazu kommen noch zusätzliche Aufwendungen für die durch die Pandemie bedingten Ordnungsmaßnahmen, wie etwa die Sperrung verschiedener Einrichtungen, aber auch weitere Einnahmeausfälle wie etwa die Parkgebühren am Felsenmeer und bei der Kinderbetreuung in den Lautertaler Kindergärten. Vor diesem Hintergrund sei mit einem negativen Jahresergebnis von mindestens 500.000 Euro zu rechnen, das  nach einem Erlass des Hessischen Innenministeriums durch Liquiditätskredite und ohne einen Nachtragshaushalt aufzustellen ausgeglichen werden könne. Dem Vernehmen nach sollen die Aufsichtsbehörden bei der Genehmigung einen großzügigen Maßstab anlegen. Parallel arbeite die Verwaltung an einer haushaltswirtschaftlichen Sperre, die zunächst durch den Gemeindevorstand zu beschließen sei, so Heun abschließend.

Die SPD-Fraktionsmitglieder machten nach diesen wenig erfreulichen, aber nicht unerwarteten Nachrichten, noch einmal deutlich, dass es auf kommunaler Ebene nicht zu Steuererhöhungen kommen dürfe. Dies wäre in der aktuellen Situation kontraproduktiv. Die Bundeskanzlerin habe dies vor wenigen Tagen ausgeschlossen. Es dürfe aber auch nicht sein, dass finanzielle Engpässe von oben nach unten verlagert werden. Natürlich müsse weiter und darüber hinaus sparsam gewirtschaftet werden, doch erwarte man auch von der Bundes- und Landesregierung finanzielle Unterstützung für eine kleine Kommune wie Lautertal, wie etwa den vollständigen Ausgleich der Kindergartengebühren.

Schließlich müssten unter Berücksichtigung in Aussicht gestellter Fördergelder alle geplanten Investitionen auf den Prüfstand gestellt werden. Dabei sollten die Wasserversorgung und die Neuausrichtung der Kinderbetreuung Vorrang bei der Umsetzung genießen. Die SPD-Fraktion vertraut hierbei ganz auf die Fachkompetenz des Bürgermeisters.

Zum Abschluss kam noch einmal ein Thema zur Sprache, das bereits mehrfach in der Gemeindevertretung für teils kontroverse Diskussionen gesorgt hatte, namentlich der barrierefreie Ausbau der Bushaltstellen im Zuge der geplanten Sanierung der Bundesstraße 47 im Ortsteil Gadernheim. Die SPD-Gemeindevertreter zeigen sich überrascht über eine im Zuge des Ausbaus der B 38 frisch gestalteten Busbucht in Fürth, die weit geringere Ausmaße (ca. 40 Meter) aufweist, als Hessenmobil für Gadernheim (ca. 80 Meter) gefordert hat. Man könne nicht nachvollziehen, warum andernorts scheinbar andere Regeln gelten, besonders vor dem Hintergrund, dass diese Baumaßnahme durch die Gemeinde bezahlt werden müsse und den Haushalt somit noch mehr belaste. Die SPD fordert hier Aufklärung vor der Umsetzung der Baumaßnahmen.

Abschließend verliehen die Teilnehmer der Telefonkonferenz der Hoffnung Ausdruck, sich bald wieder im persönlichen Gespräch gegenüber sitzen zu können. Natürlich unter Beachtung aller erforderlichen Hygienemaßnahmen. Bis es soweit ist, wird man aber auch auf andere Kommunikationsmöglichkeiten zurückgreifen.

Tobias Pöselt