Die Redaktion des Durchblick hat auch 2019 wieder auf Weihnachtspräsente für ihre Kunden verzichtet und stattdessen eine Spende an den NABU Beedenkirchen für das Anlegen von Blühflächen gemacht. Bereits 2018 gab es statt Weihnachtspräsenten eine Spende für zwei Neuimker-Ausrüstungen an den Imkerverein Lautertal.
In den Durchblick-Heften 2019 wird das Thema ausführlich behandelt. Sie finden diese auf diesen Seiten.
Im Foyer des Rathauses Reichenbach gibt es verschiedene Flyer und einen Infoordner, aus dem Sie sich Blätter kopieren können.

Mehr zum Thema:

Peter Weber hatte im Juli zu einer Besichtigung der Blühstreifen in und um Beedenkirchen-Wurzelbach-Brandau eingeladen, an der auch die Lautertaler Landwirte teilnahmen, die diese Flächen initiiert hatten. Bei Familie Krichbaum in Raidelbach rannte Dorf im Wandel hier offene Türen ein, denn die Familie rahmt aus eigener Überzeugung ihre Maisfelder mit schmalen Blühstreifen ein und erzielt damit sogar eine bessere Maisbestäubung. Öffentlichkeitswirksam direkt an Straßen gelegene Blühstreifen sind eher ungünstig, da es vermehrt Wildunfälle geben kann und Insekten auf der Windschutzscheibe landen. Die Landwirte legen daher besonderen Wert auf die für Insekten wichtigen Anlagen an den Feldrändern. Allerdings sorgen Blühstreifen auch für die Verbreitung unerwünschter Pflanzen in die Feldfruchtfläche hinein, Distel, Brennessel und Halbgaul breiten sich aus, so daß alle paar Jahre gesäubert werden muß. Dies können Landwirte nicht mit mechanischen Mitteln leisten, hier wäre also noch Handlungsbedarf.

Ausgleichsabgabe für Baugebiet Beedenkirchen sollte in Lautertal bleiben: im April übergaben die NABU-Vertreter während des Treffens zum Thema "Insektenfreundliches Lautertal" einen Antrag, daß die Ausgleichsabgabe für das Baugebiet Beedenkirchen den Lautertalern zu Gute kommen soll. Leider gab es bereits vorher Absprachen mit Hessenforst zugunsten Viernheim, der Antrag wurde in der Gemeindevertretung ohne Veränderungen durchgewunken. Künftig sollen bei solchen Planungsverfahren wieder die Lautertaler NABU-Gruppen befragt werden. fm

Anfang April 2019 lud die Lautertaler Gruppe »Dorf im Wandel« zu einem ersten Infoabend ein, mit dem Ziel zu einem insektenfreundlichen Lautertal zu kommen - dies klingt positiver als pestizidfreies Lautertal. Denn die Gemeinde Lautertal soll pestizidfrei werden. Bisher haben sich laut BUND 460 Städte und Gemeinden entschieden, ihre Grünflächen ohne Pestizide oder mindestens ohne Glyphosat zu bewirtschaften. Ohne viel Aufhebens wird dies auch in der Gemeinde Lautertal (und Modautal!) so gehandhabt.

Um die Gemeinde hier zu unterstützen, gibt es mehrere Möglichkeiten:
1. Stauden statt Wechselflor. Privatgärtner können Ableger zur Verfügung stellen, zur Neuanlage gute Planung und Abstimmung zwischen Gemeinde und ggf. freiwilligen Pflegeverantwortlichen
2. Es gibt keine Unkräuter - Bürger*innen können "unordentlichere" Optik akzeptieren
3. Unkrautentfernung sofern erforderlich: thermisch (teuer) oder mechanisch; Kehrmaschinen mit Radialbesen und härteren Borsten aus Kunststoff oder Metall, Fugenkratzer, Absaugsysteme, Mähgeräte und Freischneider. Generell gilt bei der mechanischen Wildkraut-Entfernung: je früher, desto besser.

Was bedeutet der Schritt zum insektenfreundlichen Lautertal konkret?

Wichtigster Partner hierbei ist die Landwirtschaft; für sie spricht folgendes Zitat aus dem Sonderheft Wasser der Zeitschrift Natur: "Die meisten Landwirte versuchen, sozialen und gesellschaftlichen Ansprüchen gerecht zu werden und wollen dabei erst einmal eines: ihr Überleben sichern." Damit ist klar: ist die soziale Absicherung gewährleistet, werden auch ökologische Aspekte wahrgenommen. Es waren ca. 12 Landwirte, darunter 2 Vollerwerbslandwirte, anwesend und stellten ihre Position vor. Ein Zitat: "wenn mir jemand hilft, meine Flächen ohne Pestizide zu bearbeiten (= Hacken), spende ich das eingesparte Geld dafür gerne". Es ist ihnen wichtig, dieses Gespräch zu führen und dabei alternative Möglichkeiten für sich zu finden. Einer der Vollerwerbslandwirte lud die ganze Gruppe für den Sommer auf seinen Hof ein, denn das Ergebnis des Abends war es, daß ein runder Tisch eingerichtet werden soll, an dem Naturschützer, Landwirte und interessierte Bürger*innen sich austauschen. So kann das Ziel "insektenfreies Lautertal" in kleinen aber sicheren Schritten erreicht werden. Silke Reimund von der Arbeitsgemeinschaft Gewässerschutz und Landwirtschaft Region Starkenburg stellte in ihrem Vortrag unter anderem die Problematik in der Landwirtschaft dar. Weitere Infos dazu folgen... Zweiter Partner ist die Gemeinde, hier sind die ersten Schritte bereits gemacht. Je Ortsteil soll es zunächst eine Blühfläche geben, die von Bürger*innen angelegt und gepflegt werden kann. In Beedenkirchen und Elmshausen werden nun kleine Blühflächen angelegt, die Gemeinde stellt die Stücke dafür zur Verfügung. Dritter Verbündeter auf dem Weg zum insektenfreundlichen Lautertal sind die Einwohner: wer einen Garten hat, Balkonbepflanzung oder Kübel vor der Haustüre, kann etwas tun. Gezielt für diese Bürger*innen wird Dorf im Wandel am Samstag 27. April 2019 einen Infostand vor dem Edeka Lautern organisieren. Von 10-16 Uhr stehen die Mitglieder der Gruppe für Fragen und Anregungen zur Verfügung. Es wird die Insekten- und Vogelsammlung von Werner Schmidt aus Gadernheim gezeigt, eine belebte Bienenwabe, es gibt Saatguttütchen für ein eigenes kleines Blühbeet und viele Informationen. Bürger*innen, die Interesse haben, ehrenamtlich eine kleine Blühfläche in ihrem Ortsteil zu betreuen, haben hier ebenfalls die Gelegenheit ins Gespräch zu kommen. Für Betriebe, die ihr Gelände insektenfreundlicher gestalten möchten, gibt es eine weitere Möglichkeit: Leih-Bienenvölker. Infos dazu gibt es am Stand am 27. April, außerdem Infos zu einem Workshop, wie man ein Insektenhotel sinnvoll baut und einrichtet. Während der ersten Infoveranstaltung Anfang April gab es zwei weitere interessante Vorträge: Alexander Kern erläuterte die Funktionsweise der solidarischen Landwirtschaft. Hierbei zahlen die Gesellschafter einen festen monatlichen Anteil und erhalten wöchentlich frisches Gemüse - mal mehr, mal weniger. Der Landwirt legt einmal jährlich seine Finanzen offen: Ausgaben für Saatgut, Jungpflanzen, Bewässerung, Kranken- und Rentenversicherung  und alle weiteren Kosten. So ist das Risiko des Landwirtes niedrig, da alle dieses über die Menge mittragen. Stattdessen hat der Landwirt ein gesichertes Einkommen wie alle anderen Arbeitnehmer auch. Stephan Konzack stellte das Konzept der Permakultur vor. Er betreibt in Bensheim einen Garten und lieferte interessante Infos zum Thema insektenfreundlicher Garten. Mehr dazu folgt... Am Ende der Veranstaltung stand eine offene Fragestunde. Dabei wurden viele Ideen und Anregungen geliefert, aber auch viele Fragen gestellt.

  • Gründe für Insektensterben bzw. Vogelrückgang: Klimawandel, Konglomerat an Gründen, Flugzeuge und Langstreckenflüge CO2-Verursacher, Elstern Füchse Dachse & Waschbären dezimieren Bestände, 
  • Hecken sind ein wichtiges Thema, müssen sie gepflegt werden, behindern sie Obstbaumstücke? Können sie akzeptiert werden als unersetzlicher Lebensraum für Insekten und Vögel?
  • Streuobstwiesen müssen unterstützt und erweitert werden
  • Misteln: hier geht es vor allem darum wer sie entfernt und sie entfernen darf. Hinweis: am 16. April wird es während der JHV des Fördervereins Odw. Apfel e.V. einen Gesprächsteil zum Thema „Abwrackprämie“ für von Misteln befallene Bäume - Fachgespräch und Diskussion mit Experten geben, 17 Uhr "zum Meenzer" in Niedernhausen
  • Schafhaltung: mögliches Potential für Odenwälder Weiden, Info dazu: Schafsleber darf seit Jahren nicht mehr verkauft werden, da sich hier Dioxine anreichern - die offenbar im Boden vorhanden sind
  • pH-Wert des Bodens: ein interessanter Aspekt; unsere Böden seien durchweg zu sauer. Wie weit ist Kalkmangel für den Artenrückgang relevant?
  • Kleine Blühstreifen müssen vernetzt werden, Feldwege mitgenutzt werden dazu. Hunde sollten hier unbedingt an die Leine, um keine Bodenbrüter aufzustören. Anlage von Insektenhügeln (75% der Insektenarten sind Erdbewohner!)
  • Walter Hübner, Fachbereichsleiter Landwirtschaft, Landschaftspflege und Forsten Kreis Bergstraße informierte nach der Veranstaltung: für 25% der Grünlandflächen gibt es eine freiwillige Verpflichtung, keine Mineraldünger und Pflanzenschutzmittel einzusetzen, dies wird per Luftbild stichprobenartig überprüft.
  • vorab kam ein telefonischer Beitrag: wer ein Wiesenstück hat, aber nur einen E-Rasenmäher hat und deshalb ca. 10x jährlich mähen muß, könnte Unterstützung bekommen von jemandem, der die Mahd zu einem blühpflanzengeeigneten Zeitpunkt mit entsprechendem Gerät machen kann.

Alles in allem hat die Gruppe Dorf im Wandel jetzt viele Themen, die bis zum Sommer gut recherchiert und vorbereitet werden müssen.

Weiterführende Infos:

Mehr Spaß am Garten mit der richtigen Gartenerde

Wer jetzt Beete, Kübel oder Balkonkästen frisch füllen möchte, sollte torffreie Erde verwenden. Handelsübliche Gartenerde besteht bis zu 90 Prozent aus Torf, dieser wird aus Mooren abgebaut, die damit unwiederbringlich zerstört werden. In Deutschland werden ca 6 Millionen Kubikmeter Torf im Jahr abgebaut, die Hälfte davon für den Hobbygartenbau. Hochmoore sind wertvolle Lebensräume für seltene Tiere und Pflanzen und speichern viel Kohlenstoff, der durch Abbau in die Atmosphäre gelangt und den Treibhauseffekt verstärkt.

Gartenerde kann man leicht selber machen:

50-60% Ausgangssubstrat (Mutterboden oder Gartenerde)
20-30% Kompost
20-30% Rindenhumus

mischen und Urgesteinsmehl und Hornspäne einmischen.

Bodenversiegelungen entfernen

Boden muß atmen: versiegelter Boden verliert seine Fruchtbarkeit, Wasserdurchlässigkeit und Speicherfähigkeit. Stein, Beton, Stahl und Asphalt bringt die Natur aus dem Gleichgewicht, da sie mehr Wärme aufnehmen und speichern, so daß die Luft nachts nicht abkühlen kann. Regen fließt in die Kanalisation und ist für die Grundwasserneubildung verloren.

Chemiker und Mikrobiologen der Universität Tübingen entdeckten ein Zuckermolekül, das Pflanzen und Mikroorganismen hemmt und für menschliche Zellen ungefährlich ist. Dies könnte eine Alternative für das umstrittene Glyphosat werden. Das neu gefundene Zuckermolekül wird aus Cyanobakterien gewonnen. Dieser Antimetabolit (Metabolimus = Stoffwechsel) hat eine bestechend einfache chemische Struktur: wissenschaftlich als „7-desoxy-Sedoheptulose (7dSh) bezeichnet, tritt das Zuckermolekül in Wechselwirkung mit lebenswichtigen Prozessen in der Zelle, indem Stoffwechselprodukte nachgeahmt werden.

Diese Störung des eigentlichen biologischen Prozesses führt zur Wachstumshemmung oder zum Tod der betroffenen Zelle. Da dieser Zucker ein Enzym des sogenannten Shikimatwegs, eines Stoffwechselweges, der nur in Mikroorganismen und Pflanzen vorkommt, blockiert, gehen die Forscher davon aus, daß er für Menschen und Tiere unbedenklich ist, was bereits in ersten Untersuchungen nachgewiesen wurde. Lieferant des Zuckers sind Kulturen des Süßwasser-Cyanobakteriums Synechococcus elongatus. Anders als bei Glyphosat handelt es sich bei dem neu entdeckten Desoxy-Zucker um ein reines Naturprodukt. Man erwartet eine gute Abbaubarkeit und eine geringe Ökotoxizität.

Die Studie dazu von Klaus Brilisauer, Johanna Rapp, Pascal Rath, Anna Schöllhorn, Lisa Bleul, Elisabeth Weiß, Mark Stahl, Stephanie Grond, Karl Forchhammer heißt „Cyanobacterial antimetabolite 7-deoxy-sedoheptulose blocks the shikimate pathway to inhibit the growth of prototrophic organisms“ und wurde im Februar 2019 veröffentlicht in „Nature Communications“ DOI: 10.1038/s41467-019-08476-8

Auch gegen die allseits unbeliebten Schnecken im Gemüsegarten ist Artenvielfalt im Garten der richtige Weg:

  • ein reichhaltig gedeckter Blühpflanzentisch zieht natürliche Feinde an: Igel, Kröten, Blindschleichen, Amseln, Drosseln und Insekten lieben zarte Schnecken.
  • Frisch gesetzte Jungpflanzen sollten durch Schneckenzäune oder Salathauben geschützt werden
  • die Wege zu den Beeten kann man durch raue Materialien oder spezielle Anstriche schneckenunfreundlich gestalten, Holzschnitzel auf Wegen helfen auch gegen Unkräuter
  • Beete morgens gießen, denn Schnecken sind abends aktiv und lieben feuchte Böden
  • Bodenoberfläche regelmäßig lockern, das zerstört die Schlupfwinkel der Schnecken
  • Rund um die Beete Kaffeesatz oder Kaffeepulver streuen
  • Mit der parasitären Nematodenart Phasmarhabditis hermaphrodita kann gegen Schnecken vorgegangen werden: sie ernähren sich etwa eine Woche von ihrer zersetzten Schnecke und vermehren sich auch darin. Schon nach drei Tagen hört die Schnecke auf zu fressen. Die Nematoden werden in Tonmineral geliefert und mit dem Gießwasser aufs Beet gebracht.
  • Aber nicht alle Schneckenarten richten Schäden an; die große Weinbergschnecke etwa steht unter Naturschutz und frißt die Gelege von Nacktschnecken!
  • Nur wenn gar nichts hilft, sollte man zu Schneckenkorn greifen, aber dabei darauf achten, daß Eisen-III-Phosphat enthalten ist, auf keinen Fall Metaldehyd! Metaldehyd schädigt Vögel und Kleinsäuger.
  • Bierfallen sind weniger geeignet: ihr Geruch ist widerlich, wenn erst einmal mehrere Schnecken sich ertränkt haben, viele andere Kleinlebewesen fallen ebenfalls hinein, und der Biergeruch lockt noch zusätzlich die Schnecken aus der Umgebung an. mh
  • Der klimagerechte Garten - Gartenakademie RLP - dort gibt es auch einen Newsletter! https://www.gartenakademie.rlp.de und das Hortipendium, das grüne Lexikon des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.

2018: Wie das Blühwiesenprojekt entstand

Dorf im Wandel beschäftigt sich seit einiger Zeit mit diesem Themenkreis und möchte eine Aktion dazu anregen. Hierzu wurden im Oktober 2018 erste Gespräche mit Vereinen und Parteien geführt und die ersten Schritte geplant:

1. Infoveranstaltung mit Landwirten, Forstwirten, Pferdehaltern, Privatgartenbesitzern, Interessierten, dem KMB, Hessen mobil, der Landwirtschaftsbehörde im Januar 2019 mit einem unabhängigen Referenten. Bürgermeister Heun wird hierzu ins Rathaus einladen.

2. Als Vorzeigeobjekt kann die gemeindeeigene Fläche, die der NABU Beedenkirchen in der Ortsmitte in Pflege hat, in eine Blühwiese umgewandelt werden. An dieser Fläche zeigt sich dann übers Jahr, welche Arbeiten erforderlich sind und welche Effekte die Umwandlung hat.

3. Die Gruppe Dorf im Wandel wird einen Leitfaden zusammenstellen, worauf man bei der Umwandlung von Brachflächen in Blühwiesen oder Blühstreiben achten muß sowie welche Alternativen es zu Pestiziden und Insektiziden gibt. Nach der Informationsveranstaltung sollen in Zusammenarbeit mit den Schulen und Kindergärten konkrete Kleinprojekte geplant werden, denn auch hier gilt das alte Sprichwort „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“. Privatpersonen sollen zusätzlich im März direkt angesprochen werden an einem Infostand.

Dorf im Wandel trifft sich seit einigen Jahren etwa 1x im Monat zu verschiedenen Themen aus dem Bereich Nachhaltigkeit. Umgesetzte Projekte sind vor allem das Repaircafé Bergstraße und die lokale Flüchtlingshilfe, es gibt Filmabende und Buchbesprechungen. Einige bauen gemeinsam Bio-Kartoffeln an und beteiligen sich an der solidarischen Landwirtschaft. Das „Insektenfreundlich“-Projekt startete im Sommer mit einer Einladung an alle Vereine und alle politischen Parteien in Lautertal. mh, Oktober 2018

4. Ergänzung: Im Jahr 2019 übernahm der Durchblick die Idee als Projekt des Jahres.