Wer lebte in den Höhendörfern?

Schannenbach wurde erstmals erwähnt im Jahr 1398, damals gehörte es zum katholischen Amt Gronau. In Knoden lebten im 16. Jahrhundert sieben Familien, in Schannenbach vier und in Breitenwiesen vier. Man hatte damals noch keine Familiennamen: das Salbuch von Lindenfels anno 1568 benennt die Bewohner mit Vornamen.

1623 waren es in Knoden und Schannenbach je acht Familien, in Breitenwiesen sechs, während die Bewohnerschaft nur 50 Jahre später auf je vier Familien zurückging.

1742 lebten in Schannenbach fünf Bauern mit drei Beisassen, in Knoden acht Bauern und in Breitenwiesen fünf. Wieder fünfzig Jahre später: sechs Bauern in Schannenbach, fünf in Knoden und drei in Breitenwiesen.

1817 lebten in Schannenbach in insgesamt 10 Häusern 65 Einwohner, davon fünf Bauern, ein Schuster, drei Leineweber und zwei Tagelöhner.

Welche Berufe gab es hier?

Alle Fotos in diesem Abschnitt entstanden während der liebevoll gestalteten Ausstellung zur 600 Jahrfeier Schannenbachs im Jahr 2000 (1998). M. Hiller
 

Der Rechenmacher

Holzschindeln, ein fast ausgestorbenes Odenwälder Produkt, das nur noch von wenigen Spezialisten hergestellt werden kann

Besenbinderfamilie

Mit dem Rehmschuh wurden die Wagen auf abschüssigen Strecken gebremst

Ein Schreinerarbeitsplatz

Hühneridylle

Der Brechbock zum Flachsbrechen

Eine fertige Leinengarnrolle

Der Hechelkamm zum Striegeln des Flachses

Das Spinnrad durfte in keinem Haus fehlen

Dengelstock zum Dengeln der Sense

Eine Kelter für für den Haustrunk, den Apfelwein

gelagert in Fässern, die der Küfer herstellte

Werkzeuge zur Steinbearbeitung, auch im Krehbergwald finden sich überall Spuren der einstigen Steinarbeiter

Im Wald oberhalb Knoden Richtung Breitenwiesen stand einst dieser Aussichtsturm

Im Jahr 2000 faßten die Schannenbacher Bürger ihre Ziele zur Dorferneuerung in Worte - mit reichlich Erfolg!

 

Babette Streun - eine Hausiererin aus dem hinteren Odenwald

 
Hausiererkorb aus dem Freilichtmuseum Gottersdorf

Babette Streun war eine Tochter August Streuns, dessen Witwe Heinrich Schmieg in erster Ehe heiratete. Sie lebte auch nach 1938 im Haus, also zu Beginn der zweiten Ehe ihres Stiefvaters Schmieg mit Anna geb. Dörr. Babette Streun ging der Tätigkeit als Hausierer nach, ein noch bis nach dem Krieg in der ganzen Umgebung verbreiteter häufig von Frauen ausgeübter Gelderwerb.

Besser bekannt als "die Bawett" war sie in allen Orten der Walldürner Höhe (Gerolzahn, Glashofen, Gottersdorf, Wettersdorf) unterwegs, bekannt und beliebt. Als kräftig gewachsene Frau schleppte sie per Rückenkorb und Leiterwagen allerlei Alltagsutensilien mit sich und bot diese von Dorf zu Dorf und von Haus zu Haus an. Bei Kindern, die ihr oftmals nachliefen, war ihr Erscheinen ein Ereignis, da sie stets "Gutsele" bereit hielt. Sie wird von Zeitzeugen als ein "Original" bezeichnet.

Ihr Auskommen war dennoch kärglich, denn allzuveil brauchte man in den Dörfern nicht und konnte man sich auch nicht leisten. So hat Babette Streun zusätzlich bei Bauern ausgeholfen, z.B. Hosen geflickt, wofür sie dann Brot oder auch einmal Speck bekam. Das Schicksal von Babette Streun nach 1945 ist bisher nicht bekannt. Sie muß fortgezogen sein, da sie nicht in Gerolzahn verstarb.

 

Auch in Schannenbach blühte das Hausiererhandwerk:

Hausierergenehmigung vom 29. April 1876 für die Witwe des Peter Rettig III durch das Großherzogliche Kreisamt Bensheim. Barbara Rettig, die "Rubrikantin" durfte fortan einen Hauserhandel mit Wecken, Weißbrot, Bierhefe, Öl, Reis und Gries betreiben. Es folgt in der Genehmigung eine Personenbeschreibung: untersetzt, graue Augen, blonde Haare, 34 Jahre alt, keine besonderen Kennzeichen.

Holzschnitt direkt vor der Haustüre

De Säg-Karl, Repro von Walter Koepff

"De Säägmaddin" kam mit seiner mobilen Säge zu den Waldbauern

 

Fahrbaren Bandsägen zerlegten Holzstämme direkt vor der Haustüre in ofengerechte Größe. In Reichenbach war dazu Karl Bernhard („Säg-Karl“) mit diesem technischen Wunderwerk bis Ende der 70er Jahre unterwegs. Am 14. Juli 1973 schrieb der BA zu einem Bild dieser selbstfahrenden Bandsäge im Einsatz, dass man “in Anbetracht der Situation auf dem Heizölmarkt vor dem nächsten Winter diese mobile Säge sicher noch öfters in Aktion sehen wird, da die festen Brennstoffe wieder mehr an Bedeutung gewinnen“. Heute ist die Lage  umgekehrt, das Heizöl ist momentan billiger als Brennholz, zumal wenn es fertig in Stücken geliefert wird. Dass es nach dem Krieg genug zu sägen gab, zeigt die Tatsache, dass neben Bernhard auch noch Karl Bitsch mit einem solchen Gerät im Tälchen unterwegs war.

Karl Bernhard hatte bei der Firma Schummer in Schönberg den Beruf des Schlossers gelernt und war anschließend bis zu seiner Pensionierung in der Steinindustrie in seinem Beruf tätig. Mit seinem kuriosen Arbeitsgerät Marke Eigenbau war er meist nach Feierabend im Einsatz. Da er oft mehrere Kunden hatte, war er, so war zu hören, immer auf Tempo bedacht. Das Zureichen der Äste musste schnell gehen, ebenso das Wegräumen der gesägten Holzstücke. Ungemütlich konnte er werden, wenn das Holz mit Nägeln oder Steinen bestückt war, da diese sein Sägeband beschädigen konnten. Zu dem Fahrzeug gibt es nur ungenaue Angaben. Unter anderem wird erzählt, dass Bernhard Teile dafür aus der Kriegsgefangenschaft mitgebracht haben soll. Dies kann seine Tochter Renate nicht sicher bestätigen. Sie weiß aber, dass ihr Vater den verwendeten Ein-Zylinder-Dieselmotor nach dem Krieg aus Hamburg mitgebracht habe. Die restlichen Fahrzeugteile habe er aus Mannheim besorgt und das Fahrzeug von 1946 bis 1948 zusammengeschweißt. 1980 wurde die Säge endgültig stillgelegt und 1982 nach Biblis verkauft. Walter Koepff

Pottaschensiederei in Schannenbach?

Pottasche ist ein stark hygroskopisches Mittel, richtig als Kaliumcarbonat bezeichnet. Es bildet sich beim Auswaschen von Pflanzenasche. Das dabei entstehende Laugensalz dampfte man in großen Pötten ein, woher möglicherweise der Name Pottasche rührt. Man benötigt es zur Glasherstellung, für Schmierseife, zur Farbenherstellung, Düngemittel, und als Treibmittel für Lebkuchen.

Zuerst mußte die Asche aus den Häusern gesammelt werden. Das war ein richtiger Beruf, wenn auch ein ärmlicher: der Aschesammler zog von Haus zu Haus. Die Aschensammler waren oft auch Seifensieder, sie zahlten in den Häusern für die erhaltene Asche mit einem Stück Seife. Jedenfalls liest man dies in alten Märchen. Tatsächlich entsteht aus Wasser und Pottasche Schmierseife. Für feste Seife braucht man Soda.

Tatsächlich läßt sich aus Pottasche und Wasser Schmierseife herstellen, sie ist alkalisch, wodurch das Wasser enthärtet und Schmutz gelöst wird.

Auch zur Glasherstellung verwendete man Pottasche, vor allem für die schönen bunten Kirchenfenster. Dieses Glas, auch Kaliglas genannt, zerfällt jedoch schnell. Trotzdem waren große Mengen an Pottasche nötig: für die Verglasung der Potsdamer Orangerie mußte Pottasche aus 50 ha Buchenwald erzeugt werden.

Unklar ist, ob es in Schannenbach eine Pottaschensiederei gab. Wer dazu etwas weiß, darf sich gerne bei mir melden: 06254-9403010 oder Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!. Nach einem persönlichen Bericht soll sich diese im Haus Im Grund 6 befunden haben, die Person die mir das erzählte, lebt leider nicht mehr.

Sicher ist, daß eine Pottaschensiederei in Schannenbach wahrscheinlich ist, denn im benachbarten Seidenbuch ("Glashütt") gab es für einen kurzen Zeitraum eine Glashütte. Die damals schon großen Buchenbestände waren jedoch bereits nach 18 Jahren, anno 1800, "völlig aufgezehrt gewesen, weshalb die Glasproduktion eingestellt worden sei." Siehe auch Seidenbuch-Odw.de

Fotos und Texte: Marieta Hiller, April 2017