Februar 2013: Eine Million Bürger sagen: Trinkwasser soll keine Handelsware werden
Der März ist der Wassermonat, in landwirtschaftlich geprägten Regionen beginnt der Jahreszyklus, und Wasser ist dabei der wichtigste Faktor. Deshalb ist seit 1993 alljährlich am 22. März der Tag des Wassers. Aktuell geht es um das Motto „Wasser und Zusammenarbeit“, nicht nur am 22. März, sondern ein ganzes Weltwasserjahr 2013 lang. Federführend ist die UNESCO, während der Weltwassertag von UN-Mitgliedsstaaten und einigen Nichtstaatlichen Organisationen iniziiert und seit 2003 von UN-Water organisiert wird. In Deutschland wird zudem alle zwei Jahre die Flußlandschaft des Jahres gekürt: 2011 war dies die Emscher, einst das schmutzigste Gewässer Deutschlands und „Kloake des Ruhrgebietes“, begradigt, tiefergelegt, auf weite Strecken tot. 2013 wurde die Helme in Thüringen zur Flußlandschaft des Jahres gekürt. Weitere Infos: www.flusslandschaft.naturfreunde.de.
Infos zum Internationalen Tag des Wassers am 22. März finden Sie hier: http://www.bmub.bund.de/themen/wasser-abfall-boden/binnengewaesser/gewaesserschutzpolitik/international/weltwassertag/
Wem gehört das Wasser? Ist Wasser ein Gut oder eine Ware?
Diese Frage wirft der Film „Wem gehört das Wasser?“ von Christian Jentzsch (Februar 2014) auf. Wasser ist die lebenswichtigste Ressource der Erde. Der Kampf um den Besitz der weltweiten Wasser-Reserven wird von Weltkonzernen im Wettrennen um die besten Trinkwasserquellen geführt - allen voran Coca Cola, Pepsi und Nestlé, der größte Lebensmittelhersteller des Planeten. Der Zugang zu sauberem Wasser ist ein Menschenrecht, erklären die Vereinten Nationen. Die Getränkehersteller halten es dagegen für blaues Gold, ein Produkt, das seinen Preis haben müsse.
Nur, wer soll dafür wie viel bezahlen - und wer verdient daran?
Die Vereinten Nationen haben festgelegt, daß das Recht über die Wasserquellen von den Staaten geregelt werden muß. Warum aber können die Wassergiganten rund um den Globus die besten Quellen aufkaufen und Milliarden Gewinne damit machen? Die weltweite Wasserprivatisierung hat ihren Preis, in manchen Regionen stieg er um bis zu 200 Prozent. Dort wo die großen Wasserkonzerne abpumpen, regt sich vielerorts Widerstand in den betroffenen Kommunen. In den 80er Jahren kam die Idee auf, die kommunale Wasserversorgung aufgrund wachsender Schwierigkeiten zu privatisieren. Heute haben einige Gemeinden und Städte ihre Wasserversorgung - wie auch andere Bereiche, z.B. Stadtwerke - in ihre eigene Verantwortung zurückgenommen.
Das Geschäft mit dem Trinkwasser ist für die Lebensmittelhersteller nur dort interessant, wo es ein intaktes Staatswesen gibt. In zerrütteten Staaten wie Somalia oder Jemen investieren sie nicht. Hinter der Maske des Gutmenschentums (Nestlé-Chef Peter Brabeck-Letmathe: man soll einem Lebensmittel einen Wert geben, um es zu schützen) wird Menschen das Recht auf freien Zugang zu Trinkwasser genommen und stattdessen ein Milliardengeschäft rund um den Globus erwirtschaftet.
Der frühere Nestlé-Konzernchef Helmut Maucher forderte: "Wasser wird weltweit immer knapper, deshalb wollen wir die Hand auf die Quellen halten". Dabei geht es gar nicht in erster Linie um Profit, sondern um Macht. Wie bei allen großen Konzernen, z.B. auch bei Amazon, geht es darum, über niedrige Preise die Mitbewerber auszuschalten. Für einen gewissen Zeitraum werden Verluste erzielt, aber in dem Augenblick, in dem die alleinige Marktmacht gefestigt ist, können die Preise nach Phantasie gestaltet werden.
In Bensheim kostet eine Flasche „Pure life“ von Nestlé 39 Cent. In den Ländern, in denen durch solche Machenschaften das Wasserrecht privatisiert ist, zahlt man für das gleiche Flaschenwasser 4 Euro und mehr. Wer den Film noch anschauen möchte: www.youtube.com/watch?v=GpH3Oph2XbU.
Die Frage, ob Wasser ein Gut oder eine Ware ist, kann der Film nicht beantworten. Aber alle die es für ein Allgemeingut halten, können auch in Deutschland etwas gegen die Macht der Konzerne tun. Welche Produkte zum Nestlé-Konzern gehören, kann man im Internet finden.
Wer lokale Anbieter unterstützt und aus regionaler Produktion kauft, kann viele Nestlé-Einkäufe vermeiden.
Buchtipp: Petra Dobner, „Wasserpolitik“. Das Buch ist im Suhrkamp-Verlag erschienen, ISBN: 978-3-518-29558-8, 14 Euro. Zu bestellen selbstverständlich nicht bei Amazon, sondern den regionalen Buchhandlungen!
M. Hiller Juni 2014
Nestlé: Grundrechte flaschenweise verkauft?
Der Film Bottled Live zeigt, was geschieht, wenn Konzerne die Wasserrechte einer Region kaufen. In Chile gibt es heute Bauern, die zwar weiten Landbesitz haben, aber kein Wasser, es zu bewirtschaften. Die Wasserrechte haben die Minen gekauft. Der weltweit agierende Großkonzern Nestlé hat das ehrgeizige Ziel, das letzte freie Gut vermarkten zu wollen. Nestlé ist nicht nur der größte Lebensmittelkonzern der Welt, sondern auch der größte Trinkwasser-Abfüller. Bottled Live empfiehlt daher das Trinken von Leitungswasser, um die Macht der Konzerne zu schwächen. Leitungswasser ist in vielen Ländern sauberer als Flaschenwasser. Doch das wird so nicht bleiben: einige Länder leiden schon unter dem verkauften Trinkwasser, zahlen bis zu vierfach höhere Preise dafür, und es wird stark gefährdet auch durch Rückstände, etwa aus Medikamenten. Was wir ausscheiden, geht ja ins Wasser, bevor dieses wieder zu Trinkwasser wird. Und viele Medikamente sind nicht abbaubar. Das größte Problem aber ist, daß weite Teile der Erde nicht über genügend Trinkwasser verfügen, geschweige denn über sauberes.
Ein Drittel der Menschheit trinkt schmutziges Wasser, und jeden Tag erliegen fast 10.000 Kinder den Folgen. Geld für Flaschenwasser hat dieses Drittel der Weltbevölkerung nicht - auch weil es dort Handelsware ist. Flaschenwasser im Wert von wenigen Cent wird oft mit 1000%-Gewinnspannen verkauft.
Wasser ist knapp, wird jedoch für unzählige Produktionsschritte benötigt, auch dort wo wir es gar nicht vermuten: pro Liter Bio-Ethanol werden 4000 l Wasser benötigt. Der Maisanbau - auch Rohstoff für die Rindfleischproduktion für unsere Hamburger (pro 150g-Puck 2200 Liter Wasser!) - verschlingt weltweit 9% des insgesamt für Feldfrüchte werwendeten Wassers.
Virtuelles Wasser: Unmengen im Hintergrund
Kaffee wird nicht nur mit Wasser gekocht: für ein Kilo Röstkaffee werden 21.000 Liter Wasser benötigt - das sind pro Tasse 140 Liter! Achtung Biertrinker: nicht zu früh freuen - ein Liter Bier verbraucht 300 Liter Wasser, selbst wenn dann Bitburger draus wird. Unsere Baumwollkleidung wird mit 11.000 Litern Wasser pro Kilo produziert. All dieses „versteckte“ Wasser nennt sich virtuelles Wasser, und nachzulesen ist das in der Broschüre „Virtuelles Wasser - versteckt im Einkaufskorb“, Schriftenreihe der Vereinigung Deutscher Gewässerschutz, Band 73 und 75, ISBN 978-3-937579-31-3 und 978-3-937579-34-4.
2013: Right 2 water: Bürgerinitiative gegen private Wasserversorgung schafft EU-Hürde
Erstmals überhaupt hat ein EU-Volksbegehren die nötige Zahl von einer Million Unterschriften erreicht. Die Initiative „Wasser ist ein Menschenrecht - Right 2 Water“ richtet sich gegen EU-Pläne zur Privatisierung des Wasserversorgung. Inzwischen fand die Initiative rund 1,13 Millionen Unterzeichner und kann somit die für eine Europäische Bürgerinitiative notwendige Hürde von einer Million Menschen überschreiten.
Berichte bei Monitor, im Bayrischen Rundfunk und in der Tagesschau. Die Tagesschau berichtete am 11. Februar 2013 darüber. Insgesamt müssen in sieben Mitgliedsstaaten ausreichend Unterschriften gesammelt werden, bis zum September hat sich Right 2 water die Zweimillionenmarke vorgenommen. Sind alle Unterschriften geprüft und ausreichend, hat die EU-Kommission drei Monate Zeit, die Initiative inhaltlich zu bewerten und abschließend eine formelle Antwort zu ihrem weiteren Vorgehen geben. Die Initiative fordert die EU-Kommission zur Vorlage eines Gesetzesvorschlags auf, der das Recht auf Wasser und sanitäre Grundversorgung durchsetzt und eine funktionierende Wasser- und Abwasserwirtschaft als existenzsichernde öffentliche Dienstleistung fördert. Die Kommission ist jedoch nicht zur Einleitung eines Gesetzgebungsverfahrens gezwungen.
2018 - Privatisierung der Wasserversorgung: geplante Armut
Die Entwicklung in zahllosen Ländern der sogenannten dritten Welt hat gezeigt: wer den Bauern das Recht auf Wasser nimmt, der zerstört ganze Gesellschaften.
Eindrucksvoll stellt dies der Film „Wem gehört das Wasser?“ von Christian Jentzsch (2014) dar. Vor allem Nestlé, Coca Cola und Pepsi Cola halten weltweit in vielen Staaten die Wasserrechte. Wozu das führt, zeigt dieses Beispiel aus dem Film: in Bensheim kostet eine Flasche „Pure life“ von Nestlé 39 Cent. In Ländern mit privatisiertem Wasserrecht zahlt man für das gleiche Flaschenwasser 4 Euro und mehr.
Nun stimmte die EU im Juli 2018 über das Handelsabkommen JEFTA (Japan-EU Free Trade Agreement) ab. Dieses Abkommen schafft einen Wirtschaftsraum mit 30 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts. Einige Bereiche sind zwar ausgenommen, nicht aber das Wasser.
Obwohl Wasser keine Handelsware sein darf, sondern ein Gemeingut. Zumal es weltweit nicht in ausreichender Qualität und Menge für alle Menschen reicht. Sauberes Trinkwasser ist seit 2010 ein anerkanntes Menschenrecht, jedoch noch immer für über eine Milliarde Menschen nicht verfügbar. In den letzten 100 Jahren hat sich der Wasserverbrauch verzehnfacht aufgrund des Bevölkerungswachstums. 70% unserer Trinkwasservorräte werden von der Landwirtschaft verbraucht, 20% von der Industrie. 10% bleiben zum Trinken. Für den Anbau von einem Kilogramm Baumwolle braucht man 11.000 Liter, weltweit sind das 250 Milliarden Kubikmeter. Süßwasser macht weltweit nur 2,5% der gesamten Wassermenge aus, für Menschen als Trinkwasser nutzbar ist davon nur 0,3%. In Deutschland verbraucht jeder Bürger im Schnitt 121 Liter täglich, in Indien sind es nur 25 Liter. Unsere Tasse Kaffee am Morgen kostet 140 Liter Wasser (vom Anbau über die Produktion bis zum Transport).
Alle sollten sich dafür einsetzen, daß das Wasserrecht geschützt wird. Campact hat hierzu einen Appell veröffentlicht, den man unterstützen kann, den Direktlink mit unseren Lesetipps finden Sie auf www.dblt.de und www.felsenmeerdrachen.de.
Das JEFTA-Abkommen mit Japan ist unterschrieben, muß jedoch im Dezember 2018 noch vom EU-Parlament genehmigt werden.
Mahnende Beispiele sind die europäischen Städte London, Lissabon und Berlin, hier wurde die Wasserversorgung privatisiert. In Lissabon stiegen die Preise um 400%. Berlin ist bereits 2013 wieder ausgestiegen und kaufte seine Anteile teuer zurück.
Kommunen wollen ihre Wasserwerke behalten: Garant für hohes Trinkwasser-Niveau
Der Städtetag bekräftigte seine Warnung vor einer Privatisierung und höheren Wasserpreisen und rief die EU-Kommission auf, die Wasserversorgung aus ihren Gesetzgebungsplänen auszuklammern. Qualitätseinbußen und steigende Preise seien sonst nicht auszuschließen.
Attac Bergstraße sieht Wasser als ein öffentliches Gut, das als solches auch in öffentliche Hand gehört. Mögliche Privatisierungsbestrebungen, die zu einem gewinnorientierten Geschäft mit dem Wasser führen, können nicht im Sinne der Bürger sein. Zwar wird keine Kommune zur Privatisierung gezwungen, aber unter wenn sie etwa kein eigenes Wasserwerk hat bzw. keinem Zweckverband angehört - sind künftig juristische Finessen zum Schutz vor Privatisierung über die vorgeschriebene EU-weite öffentliche Ausschreibung erforderlich. Die Liberalisierung der Strom-, Gas- und Telekommunikationsmärkte haben in vielen Regionen gezeigt, wo der Weg hinführen kann. Noch findet die Versorgung mit Trinkwasser in geschützten Gebietsmonopolen statt, dies ist ein Garant für das heute auch im internationalen Vergleich hohe Niveau der Trinkwasserqualität und des Ressourcenschutzes in Deutschland. Eine Verringerung des regionalen Einflusses schwächt dies, denn die Marktöffnung führt zu erhöhtem Kostendruck auf die Unternehmen, der dann durch Qualitätsminderung aufgefangen werden muß. So könnte z.B. die aufwändige UV-Behandlung des Trinkwassers wieder durch Chlordesinfektion ersetzt werden, wie bereits in vielen Ländern der Welt üblich.
Bündnis90 / Grüne fordern, Wirtschaftsminister Rösler solle endlich seine Verantwortung übernehmen und die Versorgung mit sicherem und bezahlbarem Trinkwasser auch in Zukunft sicherstellen, nachdem Schwarz-Gelb im Ministerrat der EU eine Privatisierung von Wasser durch die Hintertür forciert habe. Auch die Jusos Bergstraße befürchten steigende Preise und abnehmende Versorgungssicherheit. „Mit Trinkwasser geht man keine Experimente ein. Die Frage der Wasserversorgung ist eine grundsätzliche Aufgabe der öffentlichen Hand und keine per Beschluß dem Wettbewerb zu unterwerfende Dienstleistung“, so Pressesprecher Marius Schmidt. Vorsitzender Tobias Pöselt erinnert, daß die SPD Bergstraße schon im Jahr 2012 eindeutig Position für eine dezentralisierte Wasserversorgung in der Hand der Kommunen bezogen habe.
Auch der Bundesrat hat den Richtlinienvorschlag in seiner Stellungnahme abgelehnt. (M. Hiller, Durchblick März-Ausgabe 2013)