p Anfang April lud die Lautertaler Gruppe »Dorf im Wandel« zu einem ersten Infoabend ein, mit dem Ziel zu einem insektenfreundlichen Lautertal zu kommen - dies klingt positiver als pestizidfreies Lautertal. Denn die Gemeinde Lautertal soll pestizidfrei werden. Bisher haben sich laut BUND 460 Städte und Gemeinden entschieden, ihre Grünflächen ohne Pestizide oder mindestens ohne Glyphosat zu bewirtschaften. Ohne viel Aufhebens wird dies auch in der Gemeinde Lautertal (und Modautal!) so gehandhabt.
Um die Gemeinde hier zu unterstützen, gibt es mehrere Möglichkeiten:
1. Stauden statt Wechselflor. Privatgärtner können Ableger zur Verfügung stellen, zur Neuanlage gute Planung und Abstimmung zwischen Gemeinde und ggf. freiwilligen Pflegeverantwortlichen
2. Es gibt keine Unkräuter - Bürger*innen können "unordentlichere" Optik akzeptieren
3. Unkrautentfernung sofern erforderlich: thermisch (teuer) oder mechanisch; Kehrmaschinen mit Radialbesen und härteren Borsten aus Kunststoff oder Metall, Fugenkratzer, Absaugsysteme, Mähgeräte und Freischneider. Generell gilt bei der mechanischen Wildkraut-Entfernung: je früher, desto besser.
Auf https://www.bund.net/umweltgifte/pestizide/pestizidfreie-kommune/
Was bedeutet der Schritt zum insektenfreundlichen Lautertal konkret?
Wichtigster Partner hierbei ist die Landwirtschaft; für sie spricht folgendes Zitat aus dem Sonderheft Wasser der Zeitschrift Natur: "Die meisten Landwirte versuchen, sozialen und gesellschaftlichen Ansprüchen gerecht zu werden und wollen dabei erst einmal eines: ihr Überleben sichern." Damit ist klar: ist die soziale Absicherung gewährleistet, werden auch ökologische Aspekte wahrgenommen. Es waren ca. 12 Landwirte, darunter 2 Vollerwerbslandwirte, anwesend und stellten ihre Position vor. Ein Zitat: "wenn mir jemand hilft, meine Flächen ohne Pestizide zu bearbeiten (= Hacken), spende ich das eingesparte Geld dafür gerne". Es ist ihnen wichtig, dieses Gespräch zu führen und dabei alternative Möglichkeiten für sich zu finden. Einer der Vollerwerbslandwirte lud die ganze Gruppe für den Sommer auf seinen Hof ein, denn das Ergebnis des Abends war es, daß ein runder Tisch eingerichtet werden soll, an dem Naturschützer, Landwirte und interessierte Bürger*innen sich austauschen. So kann das Ziel "insektenfreies Lautertal" in kleinen aber sicheren Schritten erreicht werden. Silke Reimund von der Arbeitsgemeinschaft Gewässerschutz und Landwirtschaft Region Starkenburg stellte in ihrem Vortrag unter anderem die Problematik in der Landwirtschaft dar. Weitere Infos dazu folgen... Zweiter Partner ist die Gemeinde, hier sind die ersten Schritte bereits gemacht. Je Ortsteil soll es zunächst eine Blühfläche geben, die von Bürger*innen angelegt und gepflegt werden kann. In Beedenkirchen und Elmshausen werden nun kleine Blühflächen angelegt, die Gemeinde stellt die Stücke dafür zur Verfügung. Dritter Verbündeter auf dem Weg zum insektenfreundlichen Lautertal sind die Einwohner: wer einen Garten hat, Balkonbepflanzung oder Kübel vor der Haustüre, kann etwas tun. Gezielt für diese Bürger*innen wird Dorf im Wandel am Samstag 27. April 2019 einen Infostand vor dem Edeka Lautern organisieren. Von 10-16 Uhr stehen die Mitglieder der Gruppe für Fragen und Anregungen zur Verfügung. Es wird die Insekten- und Vogelsammlung von Werner Schmidt aus Gadernheim gezeigt, eine belebte Bienenwabe, es gibt Saatguttütchen für ein eigenes kleines Blühbeet und viele Informationen. Bürger*innen, die Interesse haben, ehrenamtlich eine kleine Blühfläche in ihrem Ortsteil zu betreuen, haben hier ebenfalls die Gelegenheit ins Gespräch zu kommen. Für Betriebe, die ihr Gelände insektenfreundlicher gestalten möchten, gibt es eine weitere Möglichkeit: Leih-Bienenvölker. Infos dazu gibt es am Stand am 27. April, außerdem Infos zu einem Workshop, wie man ein Insektenhotel sinnvoll baut und einrichtet. Während der ersten Infoveranstaltung Anfang April gab es zwei weitere interessante Vorträge: Alexander Kern erläuterte die Funktionsweise der solidarischen Landwirtschaft. Hierbei zahlen die Gesellschafter einen festen monatlichen Anteil und erhalten wöchentlich frisches Gemüse - mal mehr, mal weniger. Der Landwirt legt einmal jährlich seine Finanzen offen: Ausgaben für Saatgut, Jungpflanzen, Bewässerung, Kranken- und Rentenversicherung und alle weiteren Kosten. So ist das Risiko des Landwirtes niedrig, da alle dieses über die Menge mittragen. Stattdessen hat der Landwirt ein gesichertes Einkommen wie alle anderen Arbeitnehmer auch. Stephan Konzack stellte das Konzept der Permakultur vor. Er betreibt in Bensheim einen Garten und lieferte interessante Infos zum Thema insektenfreundlicher Garten. Mehr dazu folgt... Am Ende der Veranstaltung stand eine offene Fragestunde. Dabei wurden viele Ideen und Anregungen geliefert, aber auch viele Fragen gestellt.
- Gründe für Insektensterben bzw. Vogelrückgang: Klimawandel, Konglomerat an Gründen, Flugzeuge und Langstreckenflüge CO2-Verursacher, Elstern Füchse Dachse & Waschbären dezimieren Bestände,
- Hecken sind ein wichtiges Thema, müssen sie gepflegt werden, behindern sie Obstbaumstücke? Können sie akzeptiert werden als unersetzlicher Lebensraum für Insekten und Vögel?
- Streuobstwiesen müssen unterstützt und erweitert werden
- Misteln: hier geht es vor allem darum wer sie entfernt und sie entfernen darf. Hinweis: am 16. April wird es während der JHV des Fördervereins Odw. Apfel e.V. einen Gesprächsteil zum Thema „Abwrackprämie“ für von Misteln befallene Bäume - Fachgespräch und Diskussion mit Experten geben, 17 Uhr "zum Meenzer" in Niedernhausen
- Schafhaltung: mögliches Potential für Odenwälder Weiden, Info dazu: Schafsleber darf seit Jahren nicht mehr verkauft werden, da sich hier Dioxine anreichern - die offenbar im Boden vorhanden sind
- pH-Wert des Bodens: ein interessanter Aspekt; unsere Böden seien durchweg zu sauer. Wie weit ist Kalkmangel für den Artenrückgang relevant?
- Kleine Blühstreifen müssen vernetzt werden, Feldwege mitgenutzt werden dazu. Hunde sollten hier unbedingt an die Leine, um keine Bodenbrüter aufzustören. Anlage von Insektenhügeln (75% der Insektenarten sind Erdbewohner!)
- Walter Hübner, Fachbereichsleiter Landwirtschaft, Landschaftspflege und Forsten Kreis Bergstraße informierte nach der Veranstaltung: für 25% der Grünlandflächen gibt es eine freiwillige Verpflichtung, keine Mineraldünger und Pflanzenschutzmittel einzusetzen, dies wird per Luftbild stichprobenartig überprüft.
- vorab kam ein telefonischer Beitrag: wer ein Wiesenstück hat, aber nur einen E-Rasenmäher hat und deshalb ca. 10x jährlich mähen muß, könnte Unterstützung bekommen von jemandem, der die Mahd zu einem blühpflanzengeeigneten Zeitpunkt mit entsprechendem Gerät machen kann.
Alles in allem hat die Gruppe Dorf im Wandel jetzt viele Themen, die bis zum Sommer gut recherchiert und vorbereitet werden müssen. Wer sich für eines der Themen interessiert und sich einbringen möchte, ist herzlich eingeladen: einfach per Mail melden bei Marieta Hiller, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! oder Telefon 06254-9403010.
Auf diesen Seiten und in den monatlichen Heften des Durchblick werden die Themen nach und nach vorgestellt.