Eine Satire von Thomas Glaser zur Adventszeit

Es wird Herbst, wie man leicht merkt, die Blätter färben sich, es wird kälter und es steht auch so im Kalender. Bald kommt die Adventszeit, dann werden wieder viele Tannenbäume im Vorgarten mit Lichterketten geschmückt, in Fenstern hänge bunte, kitschige und blinkende Lichtersterne, ganze Fußgängerzonen und Städte erstrahlen im Lichterglanz.

Auf den Straßen der Republik dürfen wir uns schon jetzt an den Lichtern aus Nebelscheinwerfern und Nebelschlußleuchten erfreuen. Immer mehr lenken ihr Fahrzeug von Oktober bis März nur mit eingeschalteten Zusatzscheinwerfern. Nicht die Straßenverkehrsordnung regelt die Benutzung dieser Beleichtungseinrichtungen. Allein der Kalender bestimmt über ein oder aus.

Anfang Oktober schaltet der lichtbewußte Fahrzeuglenker die Nebelscheinwerfer an und im März wieder aus. Hören Sie doch die Verkehrsnachrichten, irgendwo ist nun immer Nebel, ob auf der schwäbischen Alb oder im ostfriesischen Flachland, also alles anschalten was geht.

Auch wenn man von den Odenwälder Höhenzügen die Lichter von Ludwigshafen sehen kann, hinter der nächsten Kurve könnte schon eine tückische Nebelschwade lauern. Vorsicht ist besser als keine Sicht.

Daß der Gegenverkehr umso weniger sieht ist egal, die können ja auch ihre Nebelscheinwerfer einschalten. Außerdem war das alles Sonderzubehör und mußte teuer bezahlt werden - ein paar hundert Mark zusätzlich ausgegeben, also muß man die Dinger auch benutzen. Es soll ja jeder sehen daß man sich so etws leisten kann.

Laut Straßenverkehrsordnung darf man die Nebelscheinwerfer nur einschalten bei deutlicher Sichtbehinderung durch Regen oder nebel und die Nebelschlußleuchte ist nur bei Nebel mit Sichtweiten unter 50 Meter zugelassen. Diese kleinliche Regelung berücksichtigt halt nicht den verständlichen Drang nach mehr Licht in dieser dunklen Jahreszeit.

Psychologen haben herausgefunden, daß Dunkelheit Depressionen verursacht. Wer will schon depressive Autofahrer? Auch die anderen Verkehrsteilnehmer werden nicht depressiv sondern höchstens aggressiv.

Ich wünsche allen Lichterfans hinterm Lenker eine andere Sicht, nämlich Einsicht und Rücksicht, ansonsten leere Batterien und Kurzschluß in der Lichtmaschine...