Winterzeit ist Eintopfzeit! Deftige Erbsensuppe mit oder ohne Speck, pikante Linsensuppe schwäbisch (mit Spätzle und einem Schuß Essig) oder ourewällerisch (mit Gadoffel), sämige Bohnensuppe mediterran oder norddeutsch - die beliebtesten Eintöpfe entstehen aus diesen dreien: Erbsen, Bohnen, Linsen. Aber wo kommen die kraftvollen Samen her? Dieser Frage ging die Seite https://www.praxis-agrar.de/service/infografiken nach, wie die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) mitteilt.

Wie viele Hülsenfrüchte werden in Deutschland angebaut?

Die Anbauflächen und Erntemengen von Körnerleguminosen sind in den letzten 10 Jahren deutlich gestiegen.

Erbsen – Erntemenge im 10-Jahres-Vergleich mehr als verdoppelt: 2022 konnten nach vorläufigen Zahlen 322 Tausend Tonnen Erbsen (ohne Frischerbsen) geerntet werden (+ 148 Prozent). Auch die Anbaufläche von Erbsen ist im Vergleich zu 2013 deutlich gewachsen: sie ist mit 107 Tausend Hektar fast dreimal so groß wie vor 10 Jahren. Mit 30,2 Dezitonnen pro Hektar lag der Hektarertrag 2022 leicht unter dem des Vorjahres mit 30,6 Dezitonnen pro Hektar.

Ackerbohnen – Erntemengen im Vergleich zu 2013 mehr als vervierfacht: Die Ernte von Ackerbohnen betrug 2022 rund 246 Tausend Tonnen. Ackerbohnen wurden 2022 auf rund 71 Tausend Hektar angebaut. Die Anbaufläche war 2022 mehr als viermal so groß wie im Jahr 2013. Der Hektarertrag lag 2022 bei rund 34,5 Dezitonnen. Er ist im Vergleich zum Vorjahreswert von 41 Dezitonnen pro Hektar zurückgegangen.

Süßlupinen – Nahezu Verdopplung von Erntemenge und Anbaufläche seit 2013: 2022 wurden auf 32 Tausend Hektar rund 56 Tausend Tonnen Süßlupinen geerntet. Der Hektarertrag lag bei 17,6 Dezitonnen.

Sojabohne – Ernte 2022 dreimal so hoch wie vor 6 Jahren: Auch der Sojaanbau erfreut sich wachsender Beliebtheit. 128 Tausend Tonnen wurden 2022 geerntet von rund 51 Tausend Hektar Fläche. Der Hektarertrag lag 2022 bei 24,8 Dezitonnen und ist im Vergleich zum Vorjahr deutlich gesunken. 2021 lag er bei 31,2 Dezitonnen pro Hektar.

Datenquelle: Destatis: Feldfrüchte und Grünland. Wachstum und Ernte - Feldfrüchte - Fachserie 3 Reihe 3.2.1 – 09/2022 (pdf)

Leider nicht in dieser Liste: die Linse! Diese werden in Deutschland - mühsam! - angebaut auf der Schwäbischen Alb, aber auch im Vogelsbergkreis. Linsen brauchen eine Rankhilfe, die sogenannte Stützfrucht. Es wird also Sommergetreide mit eingesät. Sie gedeihen auf trockenen kalkreichen Böden und brauchen viel Pflege: die jungen Pflänzchen müssen regelmäßig gehackt werden, da sie sich schlecht gegen Beikräuter behaupten. Deshalb muß das Verhältnis Stützfrucht zu Linsen genau austariert sein, damit die Linse wachsen kann. Der Ertrag liegt dann - je nach Bodenbeschaffenheit, Feuchtigkeit und weiteren Rahmenbedingungen bei 200 bis 1000 Kilogramm je Hektar aus etwa 25-80 kg Saatgut je Hektar. Linsen sind also etwas für Liebhaber und für Hartnäckige. Da sie im Odenwald schlecht wachsen, sollte man sie von der Schwäbischen Alb beziehen: dort wird sie inzwischen wieder in solchen Mengen angebaut, daß auch wir hier davon profitieren! "Leisa" wie Linsen auf schwäbisch heißen, gingen mit Beginn der industrialisierten Landwirtschaft auf der Schwäbischen Alb stark zurück, Um 1950 herum war sie fast komplett durch billige Importlinsen ersetzt worden. Ein Biolandhof in Lauterach begann 1985 wieder damit, Leisa anzubauen. Inzwischen gibt es eine Erzeugergemeinschaft von insgesamt 80 Bio-Linsenbauern. Diese betrachten das Grundübel des Linsenanbaues - die starke "Verunkrautung" - als Vorteil: die Anbauflächen mit ihren vielfältigen Wildkräutern zwischen den Linsen stärkt die Artenvielfalt. Aufwändige Reinigung der Frucht vom Beikraut nimmt man daher gerne in Kauf.

Die Alblinse war zuvor fast ausgestorben: ein Züchter bewahrte sie um 1930/1940 als Späths Alblinse I und Späths Alblinse II vor dem Vergessen, und die beiden Sorten gelangten in die weltberühmte Saatgutbank St. Petersburg. Nachdem die beiden Sorten spätestens 1966 völlig aus dem Anbaugebiet verschwunden waren, entdeckte man sie 2006 in der Wawilow-Saatgutbank St. Petersburg wieder, vermehrte sie und konnte so ab 2011 wieder die historischen Linsen der Schwäbischen Alb anbauen.

Da die hochwertigen Eiweißbausteine der Linse am besten zusammen mit Getreide - also Nudeln, oder besser Spätzle! - aufgeschlossen werden können, liegt nichts näher als dieses Rezept:

Alblinsen müssen nicht eingeweicht werden. In kaltem Wasser aufsetzen und 25 Minuten köcheln. Dazu kommt ganz nach Geschmack: Karotte, Lauch, Sellerie, Knoblauch, Paprika, Kartoffeln - oder Spätzle. Mit Salz und Pfeffer würzen, ein Schuß Olivenöl wirkt Wunder - und noch wunderbarer wird der Linseneintopf mit einem Schuß Essig. Dieser rundet die geschmacklichen Nuancen perfekt ab. Wichtig ist aber, einen guten Essig zu nehmen.

Denn Essig ist nicht einfach nur sauer! Wie vielfältig Essig sein kann, das lernt man zum Beispiel auf dem Doktorenhof in der Pfalz bei einer Essigführung mit Verkostung - sehr empfehlenswert! Lesen Sie dazu auch Herbstküche: Senf und Essig mal nicht von der Stange...

Leinsamen, Linsen, Sonnenblumenöl und Kümmel aus Fürth

Als Kulturfolge im Fruchtwechsel nach Mais baut Peter Gruber aus Lörzenbach seit zwei Jahren besondere Sommerfrüchte an: Leinsamen, Linsen oder Sonnenblumen.

Er ist mit der Landwirtschaft aufgewachsen und experimentiert seit etwa zwei Jahren mit traditionellen Feldfrüchten, die heute kaum noch angebaut werden. Leinsamen und Leinöl ist erhältlich u.a. bei Landhandel Schmitt in Linnenbach oder in in regionalen Hofläden und Unverpacktläden. Die Linsen sind noch im Teststadium, sobald sie verkaufsbereit sind, werden auch sie hier erhältlich sein. Der Kümmelanbau ist dieses Jahr (2022)  leider mißglückt, aber Sonnenblumenöl aus eigenem Anbau und eigener Pressung ist erhältlich. In der eigenen Presse werden verschiedene kaltgepreßte Ölsaaten und Ölfrüchte wie Raps, Sonnenblumen, Leinsamen, Leindotter, Walnüsse als Lohnpressung angeboten.

Der Anbau dieser "Exoten" entspricht Bioqualität, ist jedoch noch nicht zertifiziert.

Infos: Firma Gruber GbR in Lörzenbach:  www.gruber-lein.de

M. Hiller, November 2022