Klostermedizin: Fit in den Sommer

Wer auf der Suche nach einem gesunden und erfrischenden Sommergetränk ist, für den hält die mittelalterliche Klostermedizin und Kräuterkunde so manche Überraschung bereit. Ein Geheimtipp sind die sogenannten „Lautertränke“ aus dem Lorscher Arzneibuch. Die Handschrift ist eines der ältesten Arzneibücher des nachantiken Abendlands und zählt zum UNESCO Weltdokumentenerbe. Sie wurde zur Zeit Karls des Großen, um 780/800, von Benediktinermönchen im Kloster Lorsch verfasst und umfasst antike und frühmittelalterliche Rezepturen gegen allerlei Beschwerden und jahreszeitliche Tipps zur Prävention.

Klostermedizin und Naturheilkunde

Mittelalterliche Klostermedizin liegt im Trend. Auch im UNESCO Welterbe Kloster Lorsch, am Entstehungsort der berühmten Handschrift, werden in Führungen und Kursen mittelalterliche Kräuterrezepte nach dem Lorscher Arzneibuch erprobt, Hustensirup, Rosensalbe und präventive Heiltränke hergestellt. Die Zutaten stammen alle aus dem dortigen Kräutergarten zum berühmten Arzneibuch, der mehr als 200 Heilpflanzen umfasst. Zahlreiche Anwendungen aus der mittelalterlichen Handschrift sind heute – in moderner Umsetzung – Bestandteil der Naturheilkunde.

Saisonale „Lautertränke“ zur Krankheitsvorbeugung

Zu den frühmittelalterlichen Rezepturen, die in der modernen Naturheilkunde Anwendung finden, zählen die sogenannten „Lautertränke“ aus dem Lorscher Arzneibuch (zweites Buch, II, 218). „Dabei handelt es sich um saisonale Mixgetränke aus Kräutern der jeweiligen Jahreszeit, die der Krankheitsvorbeugung dienen. Sie sind verdauungsanregend und haben reinigende Wirkung, daher auch der Name: mittelhochdeutsch liutern (läutern), ‚rein machen‘“, erklärt die Expertin Claudia Götz, Biologin und Leiterin der Museumspädagogik im UNESCO Welterbe Kloster Lorsch. Dr. Bernd Rieger, Facharzt für Innere Medizin und Naturheilkunde in Bamberg bestätigt in seinem Buch Das Heilwissen der Mönche und Kräuterhexen: Rezepte und Anwendungen traditioneller Naturheilkunde (Neuauflage 2019) die entschlackende Wirkung der Lautertränke. 

Gesunder Sommerdrink – für heiße Tage

Als Zutaten für den gesunden Sommertrank nennt die mittelalterliche Handschrift Wermut, Minze, Tausendgüldenkraut, ein wenig Mastix (Harz) und genügend Honig. „In moderner Umsetzung angesetzt mit Apfelsaft oder Weißwein haben die Getränke eine leicht bittere, aber auch sehr erfrischende Note – passend für heiße Tage“, so die Lorscher Biologin. „Der Weißwein-Ansatz kann mit einem Hugo verglichen werden, der Ansatz mit Apfelsaft schmeckt wie ein alkoholfreier Cocktail“. Nur mit der Menge an Wermut müsse man ein bisschen aufpassen, sonst werde es schnell zu bitter. Aber dafür sei ja der Honig zum Ausgleich drin, so die Expertin.

Wer tiefer in die Heilkräuterkunde und Klosterrezepturen einsteigen möchte, für den bietet das UNESCO Welterbe Kloster Lorsch regelmäßig Führungen zum Lorscher Arzneibuch mit Besuch des Klostergartens und anschließenden Praxiskursen an.

Weitere Informationen: www.kloster-lorsch.de 

REZEPT: Lautertrank – Juli bis September (nach dem Lorscher Arzneibuch)

Zubereitung: 200 ml naturtrüber Apfelsaft oder guter, trockener Weißwein, 2 Blätter zerriebenen Wermut, 4  Blätter zerriebene Minze (z. B. Nanaminze), eine Teelöffelspitze Tausendgüldenkraut, eine Messerspitze Mastix, 1 Teelöffel Honig dazu geben. Wermutblätter und Minze (Blätter und Stängel) sowie Tausendgüldenkraut (getrocknete Apothekenware) und Mastix (Harz-Bruch) zuvor getrennt voneinander im Mörser zerreiben. 4-5 Tage ziehen lassen, danach abgießen und verkosten.

👉 WISSENSWERTES ÜBER DAS LORSCHER ARZNEIBUCH
Das Lorscher Arzneibuch ist Meilenstein in der Medizin- und Klostergeschichte. Aufbewahrt wird die kostbare, Ende des 8. Jahrhunderts im Kloster Lorsch verfasste medizinisch-pharmazeutische Handschrift in der Staatsbibliothek Bamberg. Sie umfasst 150 dicht beschriebene Pergamentseiten mit 482 Arzneimittelrezepten in lateinischer Sprache. Mit ihr wird unter Karl dem Großen eine Neubewertung der antiken Medizin eingeleitet: Wurde die medizinische Heilkunst zuvor als unstatthafter Eingriff in den Heilsplan Gottes abgelehnt, so wurde sie nun als Akt der Nächstenliebe verstanden. Tipp: Lorscher Arzneibuch online: www.bamberger-schaetze.de/lorscher-arzneibuch

Der Klostergarten sowie alle Sehenswürdigkeiten und Gebäude des UNESCO Welterbes Kloster Lorsch sind zur Besichtigung geöffnet. Führungen sind wieder möglich, lediglich die Kurse sind aufgrund der Corona-Krise derzeit noch ausgesetzt. Aktuelle Informationen entnehmen Sie bitte der Homepage www.kloster-lorsch.de.