In der Nähe von Amorbach liegt Amorsbrunn, der Überlieferung nach eine römische oder germanische Quellenkultstätte. Im Jahre 734 wurde sie vom Heiligen Amor ins Christentum übernommen, wie viele alte heidnische Kultplätze. Ob dieser Ort der Ursprung der späteren Abtei Amorbach ist, kann wissenschaftlich nicht belegt werden. Auch der Heilige Amor winkt uns aus dem Legendenhaften herüber. Tatsächlich könnten nämlich die Ortsnamen Amorbach und Amorsbrunn vom Ammerbach herrühren. Dieser Bach erfuhr im um 1200 eine Lautumwandlung zu Amarbach. Ammer bedeutet Sumpf oder Gewässer. Im 11. Jahrhundert wurde hier ein Mönch von der Gicht geheilt und nannte den Bach "rivus amoris". Er meinte damit jedoch, daß er hier die Liebe Gottes erfahren habe.
heilkräftiges Wasser
Über einer Quelle mit einer Schüttung von 4 Liter pro Sekunde wurde im 12. Jahrhundert eine Kapelle erbaut, die später zu klein wurde für die vielen Wallfahrer, die Heilung durch das Quellwasser erlangen wollten. Im 15. Jahrhundert wurde das Kirchlein um einen Chor erweitert. Darin befindet sich der wertvolle Flügelaltar mit der Darstellung der "Wurzel Jesse".
Noch im 17. Jahrhundert war das Amorsbrunner Wasser als heilkräftig berühmt. "Wann schwere Krankheit umringt dein Herz | und leidest gar großen Schmerz, | warum gibst dem Arzt so große Gaben | und läßt fahren die göttlichen Gnaden? | Schau, allhier St. Amors Brunn entspringt, | welcher dir vorige Gesundheit wiederbringt. | ..."
Der Quelltopf unter der Kapelle
Auch gegen Kinderlosigkeit sollte das Wasser helfen: bedeutende Adelsfamilien dankten der Heilkraft durch Stiftungen, sogar Kaiserin Elisabeth beteiligte sich 1726 öffentlichkeitswirksam, allerdings blieb ihre Stiftung aus. Und so blieb sie ohne männlichen Erben. Kaiserin Maria Theresia dagegen ließ die versprochene Stiftung 1769 samt Zinsen auszahlen und erhöhte das Kapital um 400 Gulden. Und siehe da: sie gebar 16 Kinder.
Ihr zu Ehren wurden in der Kapelle Kaisermessen gehalten, noch bis zum Ende der Monarchie 1918.
Im Volksglauben bringt im Odenwald nicht der Storch die Kinder, sondern das Ammefraache, in Amorsbrunn das Ammefräle. Das ist ein bedeutender Hinweis darauf, daß man an die kinderspendende Kraft von Quellen glaubte, wie z.B. auch in Beerfelden beim Kindelbrunnen (bitte lesen Sie dazu: Ohne Wasser kein Leben).
Bis 1792 wurde die Quelle und ihre Kapelle von Eremiten betreut.
Marieta Hiller, August 2021