Wie verläuft die Informationskette bei einem solchen Fall? Brandmeldeanlagen nicht vorgeschrieben / Katwarn: sollte das Handy nachts am Bett liegen?
"Führt denn die Feuerwehr auch nachts Übungen durch?" Das war meine erste Frage, als samstag nachts gegen halb drei kein Leitungswasser aus dem Hahn lief und draußen lautes Brummen zu hören war. Das Brummen kam von der Pumpe, die das Wasser aus der Löschwasserzisterne auf dem Gelände der früheren Ciba zog. Der Grund war - das erfuhren wir Sonntag morgens von der Katwarn-App - der Brand des Lauterner Nettomarktes. In der Nacht wußten wir das nicht, das Handy lag in einem anderen Raum, es gab weder Feuerschein noch Rauchgeruch, das Fenster schlossen wir trotzdem.
Die Polizei teilte sonntags mit: "durch das Feuer wurde das Gebäude des Einkaufsmarktes komplett zerstört, der zu erwartende Gesamtschaden dürfte laut einer Verantwortlichen des Marktes mehrere Millionen Euro betragen." Zur Brandursache können die Brandursachenermittler der Polizei erst nach Begehung des Geländes etwas sagen.
Wie verläuft die Informationskette bei einem solchen Fall? Das erläuterte der stellvertretende Gemeindebrandinspektor Peter Degenhardt. Der Brand wurde ja offenbar von Autofahrern bemerkt und sofort unter der Notrufnummer 112 gemeldet. Der Notruf geht bei der Rettungsleitstelle des Kreises Bergstraße in Heppenheim ein, wo die Meldung koordiniert wird. Zunächst wird der Notfall klassifiziert, im aktuellen Fall lautete das Stichwort für die beteiligten Hilfskräfte "F2 brennt Gebäude Netto Markt in Lautern". Koordiniert werden die Einsätze sämtlicher Hilfsorganisationen bei der Leitstelle Bergstraße, außer die der Polizei, diese koordiniert ihre Einsätze selbst. Das Stichwort F2 setzte die freiwilligen Feuerwehren Lautern, Reichenbach und Gadernheim in Bewegung, dies wird je nach Ortsteil und Kräftebedarf in Alarmplänen festgelegt. Die Feuerwehren werden über Meldeempfänger alarmiert, laut Degenhardt funktioniert der Digitalfunk inzwischen soweit gut. Trotzdem gibt es ein Backupsystem: parallel zum Digitalmelder wird über Handy alarmiert. Hierzu gibt es eine eigene App für Hessen, die momentan eingerichtet wird. Diese war zum Teil beim Nettomarktbrand bereits im Einsatz.
Als Peter Degenhardt am Brandort eintraf, ließ er die Feuerwehr aus Elmshausen nachalarmieren und setzte den Alarm auf "F3 brennt Gewerbebetrieb" hoch. Dadurch wurde auch der Einsatzleitwagen des Kreises Bergstraße aus Lampertheim sowie die Meßeinheit zur Schadstoffmessung aus Bobstadt alarmiert. Mit Eintreffen des Einsatzleitwagens übernahm dieser die weitere Koordination. Der Rettungsdienst wird bei solchen Einsätzen immer mit alarmiert, in Lautern war zusätzlich das Technische Hilfswerk eingebunden sowie der Versorgungszug des DRK, um die gut 130 Brandlöscher mit heißen Getränken und Essen zu versorgen. Aus Lindenfels kamen Einsatzkräfte mit Drehleiter, aus Bensheim rückten Tanklöschfahrzeuge an, auch ein Baufachberater vom THW war ebenfalls vor Ort. Ab 7 Uhr am Morgen wurden die Einsatzkräfte durch die Feuerwehren Beedenkirchen und Schannenbach abgelöst.
Für Märkte wie Netto in Lautern ist keine Brandmeldeanlage vorgeschrieben, da die übliche Leichtbauweise bei einem Feuer wenig Widerstand bietet und das Dach schnell zusammenstürzt. Das ähnlich konstruierte Bauwerk von Aldi in Reichenbach beispielsweise hat eine Brandmeldeanlage, während Edeka aufgrund der robusteren Stahlträger-Konstruktion auf eine Brandmeldeanlage verzichten kann. Beim Nettomarkt hat das Einstürzen des Daches keine Viertelstunde gedauert, vorher sah man Rauch unter der Traufe entlang der gesamten Dachlänge austreten. Damit war für Degenhardt klar, daß das Gebäude wohl nicht mehr zu halten ist. Glücklicherweise war der Hausanschlußraum unversehrt geblieben, so daß die Absperrvorrichtungen schnell bedient werden konnten. Die Zuleitungen für Strom und Gas konnten sofort abgekoppelt werden, am Sonntag früh grub die GGEW zusätzlich die Straße auf, um die Zuleitungen komplett zu trennen. Die Löscharbeiten dauerten bis Sonntag nachmittag an, später gab es mehrere Kontrollen mit einer Wärmebildkamera. Am Montag um 13.40 Uhr gab es erneut Alarm, da sich wieder Rauch entwickelte.
Die Gefahr für den trockenen toten Fichtenwald auf der Hügelseite war zum Glück gering, da der Rauch gerade nach oben wegzog, auch die Hitze wurde nach oben abgeleitet. Hitzestrahlung könnte auch gegen den Wind auf andere Gebäude überspringen. Aber es gab wenig Funkenflug da es relativ windstill war.
Der Großeinsatz in Lautern zeigte, daß die lokalen Hilfskräfte gut organisiert sind. Die Zusammenarbeit aller Wehren funktioniert auch über Gemeindegrenzen einwandfrei, das Alarmsystem ist zuverlässig.
Aber wie lange dauert es, bis alle Löschwasservorräte wieder aufgefüllt sind? Die Hochbehälter haben neben dem Trinkwasserreservoir eine zweite Kammer zur Brandversorgung. Diese muß - je nach Wetter - mit Trinkwasser wieder aufgefüllt werden. Der Hochbehälter Lautern war fast komplett leer, auch die Zisterne auf dem ehemaligen Cibagelände, die sich über Oberflächenwasser wieder füllt, war leer. Sollte bei einem Folgebrand zu wenig Wasser da sein, muß mit Tanklöschfahrzeugen gearbeitet werden.
Sollte man sein Handy doch - entgegen dem Ratschlag von Medizinern - aufs Nachtkästchen legen, wenn man schläft? Mobiltelefone senden elektromagnetische Wellen; es gibt einen Grenzwert von 2 Watt pro Kilogramm Körpergewicht, den SAR-Wert (spezifische Absorptionsrate). Diesen Wert müssen Hersteller angeben, zu finden ist er in der Bedienungsanleitung (sofern Ihr Handy eine solche mitgebracht hat, wenn ja ist es in 5 Punkt Schrift geschrieben, eine Leselupe empfiehlt sich!). Auf der Seite des Bundesamtes für Strahlenschutz gibt es eine Liste der Hersteller mit Suchfunktion: https://www.bfs.de/SiteGlobals/Forms/Suche/BfS/DE/SARsuche_Formular.html. Das Mobiltelefon soll mit einem 0,5 cm Abstand vom Körper getragen werden, und es muß bedacht werden: je schlechter die Verbindung ist, desto mehr Leistung muss das Handy bringen. Daher ist es gerade in unserer funklöcherigen Gegend wichtig, das Gerät nicht direkt am Körper zu tragen. M. Hiller, 14.11.2022