Was der Name Bickelhaupt bedeutet und wie er in den Odenwald kam: mit Werner Bickelhaupt, Ulrich Kirschnick und Manfred Scharschmidt hatte ich mich im Herbst 2021 getroffen, um über die Brandauer Ortsfamilienbücher zu sprechen. Werner Bickelhaupt stellte mir eine Zusammenstellung zum Namen Bickelhaupt zur Verfügung:

Demnach rührt der Name von der Beckenhaube. Dies ist ein Helm aus dem frühen 14. Jahrhundert. Der Ritter zu Pferd trug diesen Helm im Kampf, vergleichbar in etwa dem modernen "Schädelspalter", einem seit langem verbotenen Schutzhelm für Motorradfahrer des 20. Jahrhunderts. Was am Schädelspalter der Lederschutz für Ohren und Genick war, ist an der Beckenhaube der Ringelpanzer, eine Art Kettenhemd für Gesicht und Nacken. Ursprünglich trugen Ritter die Beckenhaube unter dem Kübelhelm, einer Art Topf mit Sehschlitz. Offenbar war der Beruf des Häschers und Stadtknechts in den Jahrhunderten bis um 1800 ein recht gefährlicher, denn sie trugen ebenfalls Beckenhauben.

Als sich die Familiennamen bildeten (meist aus dem Beruf oder dem Herkunftsort), gehört auch der Name Bickelhaupt dazu, er ist erstmals aufgetaucht im Jahre 1261 in einer Urkunde aus Mainz Hechtsheim, in der Siegfried, Frau Christina und Sohn Nikolaus mit dem Familiennamen Beckenhube erwähnt sind.

In einem anderen Dokument zum Erwerb der Dieburger Region durch Kurmainz wird Rudolf Beckenhube als kurmainzischer Offiziat und Vogt eingesetzt.

In Alsbach gibt es 1385 zwei Schultheißen namens Bickinhube, und in Beerfelden wurde durch die Grafschaft Erbach ab 1420 eine Familie Beckenhube angesiedelt, 1517 wird ein Hubenbesitzer Linhart Beckenhub in Gammelsbach erwähnt, und seit Anfang des 17. Jahrhunderts tauchen Bickelhaub in Erzbach, Rohrbach und Laudenau auf. Am Ende des 30jährigen Krieges wird in Laudenau ein Hans Bickelhaub erwähnt, der 1660 in Fränkisch-Crumbach und auch in Neunkirchen auftaucht.

Der Name Beckenhaub hat sich in Gammelsbach und Hetzbach erhalten, die Kirchenbücher von Neunkirchen nennen ab 1637 Beckelhaub, diejenigen von Reichelsheim Bickelhaub.

Seit Mitte des 18. Jahrhunderts gibt es die Namensform Bickelhaupt. 1767 wird in Lautern die Geburt von Johannes Bickelhaupt verzeichnet, dessen Sohn zu Brandau zur Welt kommt. Alle Bickelhaupts sind verzeichnet im Buch "Familien in Brandau 1635-1910" von Ulrich Kirschnick - es sind viele: 20 Einträge. Jüngere Bickelhaupts werden aus Datenschutzgründen nicht verzeichnet, im Gegensatz zum Telefonbuch: dieses  unter Datenschutzaspekt völlig aus der Zeit gefallene Instrument nennt für Lautertal 17 und für Modautal 2 Bickelhaupt.

Wer nun bislang der Meinung war, daß der Name Bickelhaupt von der wilhelminischen Pickelhaube herrührt, der irrt. Vielmehr ist die Pickelhaube eine Weiterentwicklung der mittelalterlichen Beckenhaube. Bei dieser war der Oberkopf spitz ausgetrieben, um Schläge von oben abwehren zu können. Diese Spitze wurde in der preußischen Kopfbedeckung für Soldaten und Polizisten besonders dekorativ ausgeprägt. Die Wortschöpfung Pickelhaube hat rein sprachhistorisch jedoch nichts mit der Beckenhaube zu tun, die einst den Familiennamen Bickelhaupt prägte.

In einem Beitrag im Quartalsheft "Der Odenwald" des Breuberg-Bundes erläuterte Helmut Bickelhaupt 1966 die Entstehung des Namens: "Bedeutung, Herkunft und Gesc hichte des Namens und der Familie Bickelhaupt"

In Südhessen läßt sich demnach der Name Bickelhaupt bzw. Beckenhaub bis Ende des 13. Jahrhunderts zurückverfolgen. In einem Brief des Pfalzgrafen Otto Heinrich an den Grafen Eberhard von Erbach vom 16. November 1557 schließlich ist von der Rüstung die Rede: "mit Trabharnisch, Beckelhauben und Feuerbüchsen in des pfälzischen Hofes Winterfarben". In diesem Aufsatz wird im Einzelnen die Geschichte der Christina Beckenhube und ihrem Sohn Nikolaus dargestellt, über Ulrich von Bickenbach zu Konrad Bikinhube und allen weiteren Namenserwähnungen.

Helmut Bickelhaupt selbst stammt in 12. Generation von Johann Bickelhaupt ab, Enkel des Johann Leonhard (*3.7.1706 in Eberbach, gest. 17.7.1771 in Lautern, verheiratet mit Anna Barbara Gütgen aus Lautern), jener wiederum ist der zweite Sohn des Johannes Bickelhaupt (1674-1742) aus Eberbach. Eines der sieben Kinder von Johann Leonhard brachte den Sohn Johann (*31.3.1767 in Lautern hervor, der nach Brandau heiratete: JOhannetta Rebekka Speyer aus Neunkirchen.
Ein zweiter Enkel des Johann Leonhard Bickelhaupt führte in Lautern die Landwirtschaft fort, die noch heute hier zu finden ist.
Der dritte Enkel war Johann Philipp Bickelhaupt (1773-1848, Bürgermeister in Elmshausen. Er hatte 19 Kinder, von denen jedoch 10 als Kind verstarben.

Der zweite Sohn von Johann Leonhard hieß ebenfalls Johann Leonhard (1738-1800) und lebte in Elmshausen und Reichenbach. Von ihm stammen die Papierfabrikanten in Elmshausen, Eberstadt und Laudenau ab, einer seiner Nachkommen wanderte nach USA aus, und andere gründeten in Ebingen (Württemberg) ebenfalls eine Papier- und Pappenfabrik.

Einer seiner Söhne heiratete 1806 Anna Barbara Böhm in Reichenbach und lebte in Gadernheim. Zu seinen Nachkommen gehört auch der bekannte Lehrer Philipp Bickelhaupt aus Lindenfels.

Abschließend merkt Helmut Bickelhaupt noch an, daß die Bickelhaupts mit wenigen Ausnahmen bis zur 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts Bauern waren. Erst mit dem Wandel in der Landwirtschaft (siehe Landwirtschaft vor 250 Jahren) nahmen sie Handwerksberufe auf. Da die Bickelhaupts eine sehr seßhafte Sippe waren, läßt sich ihr Name von der Familienforschung sehr gut nachzeichnen.

M. Hiller, Oktober 2021