Seit der Mensch seßhaft wurde und das Feuer nutzbar machte, kann er auch Brot backen.

Das Mehl dazu wurde damals wie heute aus Getreidekörnern gemahlen, und aus einfachen Handmühlen mit zwei Steinen entwickelte sich die allererste Form des Maschinenbaues: die Mühle. Noch heute zeigt Logo der Maschinenbauer ein Getrieberad, wie es in einer Mühle zur Übertragung der Kraft vom Mühlrad oder den Windflügeln auf das Mahlwerk erforderlich ist. Entlang der Modau gab es von der Neunkircher Höhe bis nach Eberstadt und Pfungstadt bis nach dem 2. Weltkrieg etwa 40 Wassermühlen, die höchstgelegene ist die Neumühle in Brandau.

Diese Mühle kann das größte Modau-Gefälle nutzen und hat daher ein sehr großes Rad mit acht Meter Durchmesser. Sie war die letzte Mühle im Odenwald und gab 1973 den Betrieb auf. Heute leben darin Georg Reimund mit Frau Karin sowie Schwester Ingrid Reimund, eine Herde mit Schwarzkopfschafen gehört ebenfalls dazu. Der Vater Georg Reimund hat das Mehl noch direkt an Bäcker verkauft, doch dann kam das Mühlensterben mit der großen Freßwelle, als alle nur noch Weißmehl wollten.

Vater Georg konnte seine Familie noch von der Mühle und etwa vier Hektar Acker ernähren. Seine Frau Elisabeth war ebenfalls Müllerin, sie kam aus der Papiermühle im Mossautal, die sie während des dritten Reiches alleine in Betrieb hielt. Doch auch als der Mehlverkauf unrentabel wurde und die Mühle mit dem Tod von Georg Reimund stillgelegt wurde, ging das Mühlenleben weiter: die beiden Mahlsteine und ein Walzenmahlwerk sind noch da, auch das Getriebe und natürlich das Mühlrad.

Es wurde sogar 1986 vom Mühlarzt Friedrich Roth aus Seidenbuch komplett neu gebaut und dient der Stromerzeugung. Tag und Nacht mußte das Mühlrad früher laufen, damit das Holz nicht spröde wird, doch nach 30 Jahren muß es ersetzt werden. Friedrich Roth, ursprünglich aus Brandau, hatte schon immer die Vision, alternative Stromquellen zu nutzen und konnte seine Ideen gemeinsam mit Familie Reimund und Entega umsetzen. In einem Pilotprojekt von Entega und Natur pur wird seit etwa 2001 die Hälfte des auf der Mühle erzeugten Stromes ins Netz gespeist. Zusätzlich stellte Entega einen drehbaren Solarmast auf, der sich nach dem Prinzip der Sonnenblumen - auch Tournesol genannt - am Sonnenstand orientiert.

Wasser und Sonne ergänzen sich perfekt: wenn die Sonne scheint, gibt es zwar wenig Wasser - dann tritt der Solarmast in Aktion. Regnet es, kommt der Strom aus der Wasserkraft. Nun ist es bald wieder soweit: das Mühlrad aus Lärchenholz hat wieder fast 30 Jahre gearbeitet und muß ersetzt werden. Das kostet heute ca. 40.000 Euro. Die Mühle ist heute eher ein Schauobjekt zum Thema Umwelt und Kultur, noch immer kommen viele Schulklassen und Wandergruppen zur Mühle, und Familie Reimund empfängt gerne Gäste zu Führungen. 13 Jahre war man beim Deutschen Mühlentag aktiv auf der Neumühle in Brandau, es waren tolle Veranstaltungen mit vielen Gästen, die alle mit regionalen Produkten verköstigt wurden.

Seit einigen Jahren findet das Mühlenfest in Brandau nicht mehr statt, da der Arbeitsaufwand zur Bewältigung der Besucherscharen einfach zu groß war. Fleisch und Würste der Schwarzkopfschafe haben eine feste Fangemeinde, die noch immer von Familie Reimund versorgt wird, auch Apfelsaft von der eigenen Streuobstwiese mit vielen alten Obstbaumsorten gibt es. Wer ihn mal probieren möchte, kann ihn in der praktischen Dreiliterbox in Hartmanns Hoflädchen in Brandau erhalten. Die Felle der Reimundschen Schafe werden schonend im Naturverfahren gegerbt und sind deshalb waschbar und gut als Babyfell geeignet. Sie werden nicht hart beim Waschen. 

Marieta Hiller, April 2015