Das Osterfest

Zu Ostern feiert die Welt das große Frühlingsfest: die Natur ist zu neuem Leben erwacht, alles erneuert sich, und die alte heidnische Glaube an die Wiedergeburt allen Lebens wird verkörpert vom Hasen, dem Symbol für Fruchtbarkeit.
Das Osterblümli, auch als Gänseblümchen (Bellis perennis) bekannt, schaut wieder überall zwischen den grünen Grashalmen hervor, auch die Osterglocken neigen ihre prächtig geschmückten Häupter, und über die Wiesen springt - wo er noch Lebensraum findet - der Hase.

Der Osterhase

Als Fackelträger der germanischen Erdgöttin Holda, bei uns auch als Frau Holle genannt, springt Lepus der Hase umher, und auch bei den alten Griechen war er wohlbekannt: als Sinnbild von Lebenskraft, Wiedergeburt und Auferstehung begleitete er die Fruchtbarkeitsgöttin Aphrodite.
Weitere Aufgaben übernimmt der Hase als Sternzeichen, als Fluß, als chinesisches Tierkreiszeichen, Wappentier und als Tempomacher bei Rennen - jedoch die allerwichtigste Aufgabe ist es, zu Ostern als Osterhase durch Märchen, Sagen und Geschichten zu hoppeln.
Das wohl bekannteste Märchen stammt von den Gebrüdern Grimm: Der Hase und der Igel. Der Igel und seine Frau zeigen dem aufschneiderischen Hasen, daß es mit schnellen Beinen nicht getan ist. Laufen kann er, das stimmt. Aber im Denken und in Charakterstärke ist der Hase ein Schwächling. Und so wurde er im Christentum zum Symbol für den schwachen Menschen, der Schutz bei Christus sucht.
In anderen Märchen aus Finnland, Portugal und Schweden ist der Hase der Schlaue, doch im schwedischen Märchen vom Hasen, der kein Haus hat ergeht es ihm schlecht: im Winter friert er und nimmt sich vor, im Sommer ein Haus zu bauen. Im Sommer aber findet er sein Dach über dem Kopf allerorten, ohne bauen zu müssen. Und so wird er auch im nächsten Winter wieder frieren müssen.
Wie der Hase seine Stimme und den Schwanz verlor, das erzählt das sächsische Märchen vom Bär, vom Wolf, vom Fuchs und vom Hasen auf dem Medwischer Margrethi-Jahrmarkt.
Der Hase läuft bergauf viel schneller als bergab, denn seine Hinterbeine sind viel länger als die Vorderbeine. Deshalb wurde ihm stets Feigheit unterstellt, wenn er Zuflucht auf hohen Felsen nahm. Später deutete man dieses Streben nach Höherem als Sinnbild für den steilen Weg zum christlichen Heil, dennoch behielt der Hase auch immer seine Bedeutung als Fruchtbarkeitssymbol. Auch in vielen Märchen geht es um Hochzeit und Fortpflanzung. Besonders fantastisch wird seine Fruchtbarkeit im Osternest aus Peterchens Mondfahrt von Gerdt von Bassewitz beschrieben: ein Ei nach dem anderen legt er gemeinsam mit vielen anderen seiner Art dort in den Garten. Doch zum Ei als Ostersinnbild kommen wir noch.
Viel Unfug wurde in unserer Kulturgeschichte mit dem Hasen und seinen mit echten und falschen Gottheiten getrieben; der Hase sei Symbol für die Fruchtbarkeitsgöttin Ostara oder Eostre: hier ist Jakob Grimm einer Ente (keinem Hasen!) aufgesessen. Diese Göttin wurde eigens erfunden im 8. Jahrhundert nach Christus von einem englischen Benediktinermönch (Beda Venerabilis, sein Tag ist der 25. Mai), um dem christlichen Osterfest einen antiken Anstrich zu geben. Abgeleitet hat er seine Göttin Eostre oder Ostara von der griechischen Göttin der Morgenröte Eos, Schwester von Helios und Selene, im römischen Kulturkreis auch als Aurora bekannt. So konnte er den althochdeutschen ôstarmânôt (=April) einführen, der dann ein paar Jahrzehnte später von Einhard übernommen wurde.
Gab es also ein Osterfest bevor das Christentum es feierte?

Das Osterwasser

Ganz sicher gibt es uralte Frühlingsbräuche, die das Aufgehen der Natur (April kommt von lat. aprire = Aufgehen) festlich begingen. Feuer und Wasser spielten hier eine wichtige Rolle. Beides dient dem Menschen zur Andacht - schaut einmal eine Weile in eine sprudelnde Quelle oder in ein prasselndes Feuer, und ihr werdet merken, wie ihr ruhig werdet, Einkehr haltet, euch besinnt.
So sind die allerersten Riten der Menschen entstanden.
Seit der Mensch die Sprache kennt, hat er auch eine Religion entwickelt. War es zunächst eine Naturreligion, in der die Götter des täglichen Bedarfs herrschten, so entstand später eine aristokratische Mehr-Götter-Gesellschaft, die auf elegantem Hofzeremoniell bestand. Zu guter Letzt setzte sich in unserem Kulturkreis ein einziger Gott durch, als Vater, Sohn und heiliger Geist jedoch dreifaltig auftretend. Schöpfer, Lehrer und Lehre. Und wer wird ebenfalls in zahlreichen Darstellungen durch alle Jahrhunderte hindurch als dreifaltiges Geschöpf dargestellt? Der Hase!
Als Dreihasenfenster im Paderborner Dom (Anfang 16. Jh) und an vielen anderen Orten springen drei Hasen im Kreis, und ihr Hauptkennzeichen ist, daß sie insgesamt nur drei Ohren haben, jeder einzelne jedoch hat derer Zwei!
Selbst im Mond tummelt sich der Hase, und der Mond spielt wiederum für das Osterfest eine wichtige Rolle: denn am ersten Vollmond nach dem Frühlingsanfang ist Ostern. Schaut mal in den Mond, wenn er voll ist: dort erkennt man einen Hasen, der allerdings in unserer Gegend etwas schräg und auf dem Kopf im Mond schwimmt. Und wie der Hase im Märchen eilt und eilt und eilt der Mond, doch immer wenn er wieder ankommt, erscheint er an derselben Stelle.
Doch wir waren ja bereits bei den uralten Frühjahrsbräuchen angekommen, und einer der schönsten und ursprünglichsten ist der des Osterwasser-Holens.
Wasser als Sinnbild des Lebens und der Fruchtbarkeit wurde schon bei den Germanen verehrt. Manche glauben, zum Gedenken an ihre Frühlings- und Fruchtbarkeitsgöttin Ostera - doch die gab es ja erst seit Beda! Hier stellt sich die altbekannte Frage: was war zuerst da - das Ei oder die Henne?
Nun, laßt uns einfach davon ausgehen, daß der gute Osterhase sich als Fruchtbarkeitssinnbild an den germanischen Gott Baldur anschloß - der ist sicher belegt als Frühlingsgott und steht als Symbol für Sterben und Auferstehung.
Zurück zum Wasser: das Wasser hat urwüchsige Kraft, und ganz besonders wird dem Osterwasser allerlei Zaubermächtiges zugeschrieben. Das in der Osternacht geweihte Taufwasser hat belebende, reinigende und heilende Kraft, und wer am Ostermorgen nackt in einen fließenden klaren Bach steigt, der bleibt immer jung und schön. Dies war insbesondere für unge unverheiratete Frauen wichtig, wohl können wir daher annehmen, daß die Büsche am Ufersaum am Ostermorgen von abenteuerlustigen Jünglingen bevölkert waren...
Aber auch das Vieh wurde am Ostermorgen in die Bäche getrieben.
Aus der Sitte, sich mit Osterwasser zu besprengen, entstand endlich der christliche Brauch, mit dem geweihten Wasser das Kreuzzeichen zu schlagen und so das kostbare Naß an die Stirn, ans Herz und zu den beiden Schultern zu bringen - auch ein Weg der inneren Einkehr.
Ein wichtiger Ort im Wasserkreis ist der Brunnen, und so verwundert es nicht, daß vielerorts zu Ostern die Brunnen geputzt wurden. Das Wasser soll wieder klar und rein geschöpft werden, doch damit nicht genug, wurden die Brunnen - und werden noch heute - festlich herausgeschmückt mit Girlanden und buntbemalten Eiern. So auch in der Perle des Odenwaldes, in Lindenfels, wo es alljährlich zwei Wochen vor Ostern einen traditionellen Ostermarkt gibt, mit einer Ausstellung von unglaublich kunstvoll verzierten Eiern in den verschiedensten Techniken. Zu diesem Ostermarkt gehört natürlich auch der österlich geschmückte Löwenbrunnen.

Die Osterfeuer - das Feuerrad

So alt wie die menschliche Kultur ist die Verehrung der Sonne als Urfeuer. In vielen Religionen darf das heilige Feuer niemals verlöschen. Wie beim Wasser begann es urtümlich: man tanzte am Ostermorgen beim Aufgang der Sonne auf den Bergen. Durch die eigene Bewegung schien es als tanze die Sonne selbst. Mit den Frühlingsfeuern suchte man die Sonne magisch auf die Erde zu ziehen. Es gab vielerorts große Feuerhaufen oder auch Feuerräder, die brennend von Bergen und Hügeln gerollt wurden.
Das Feuer sorgte für Wachstum, Erneuerung, Fruchtbarkeit. Sein Lichterschein sollte alle Felder, alle Häuser und die Menschen erreichen, denn so blieb ein Widerschein davon an jedem Ding haften. Bevor man jedoch zur Entzündung des Osterfeuers schritt, mußten in den Häusern die Herdfeuer gelöscht werden, das war das Zeichen für die Erneuerung. Das Feuer durfte dann auch nur neu entzündet werden: mit Stein und Stahl - nur ein so entfachtes Feuer galt als heilig.
Von diesem heiligen Feuer nahm nun ein jeder eine Fackel mit der verjüngten Sonne mit zum heimischen Herd. Zum Feuer aber mußte jeder ein Stück Brennholz beisteuern, und oft wurde in diesem Frühlingsfeuer eine Strohpuppe als Sinnbild des sterbenden Winters mitverbrannt.
Später übernahm das Christentum die Frühlingsfeuer als Osterfeuer, deren erste um das Jahr 750 in Frankreich aufloderten. Heute ist die Entzündung des heiligen Osterfeuers wichtiger Bestandteil der christlichen Liturgie, meist jedoch ist es kein großes Feuer mehr, sondern nurmehr eine besonders reich verzierte Osterkerze, die in feierlicher Prozession durch die dunkle Kirche getragen wird.

Die Ostereier

Endlich kommen wir zur wichtigsten Frage: woher kommen die Ostereier? Einer viertausend Jahre alten Überlieferung zufolge wurden im heutigen Armenien und Kurdistan zum Neujahrsfest Eier gefärbt. Und das yezidische Neujahrsfest (so hieß die damalige Religion dort) findet im April als Frühlingsfest statt, auch Zarathustra (2. + 1. Jahrtausend vor Christus) kennt das Färben von Eiern.
Wie es dazu kam, dafür gibt es verschiedene Erklärungen: eine ganz praktische ist die, daß man im Frühjahr wieder viele Eier hatte, weil die Hennen endlich wieder legten. Zugleich war jedoch Fastenzeit, und die guten Eier durften nicht gegessen werden. Deshalb kochte man sie und kennzeichnete sie durch bunte Färbung, damit sie von den rohen Eiern unterschieden werden konnten. Möglich ist auch, daß sie gefärbt wurden, weil sie als Zinseier oder Eierspende von den eigenen und selbst zu verzehrenden Eiern getrennt werden mußten. Der Eierzins war am Gründonnerstag fällig, denn hier war die Obrigkeit gnädig: sie verlangte ihren Zins erst dann, wenn es Eier im Überfluß gab.
Bereits im frühen 13. Jahrhundert werden erstmals gefärbte Eier in Deutschland erwähnt, doch viele glauben auch, daß die Protestanten im 15. Jahrhundert eigens den Osterhasen erfanden, um einen märchenhaften Lieferanten für die wohlschmeckende Eierflut zu haben und sich so von der katholischen Fastenzeit und der daran anschließenden Eierweihe zu distanzieren. Religiösen Firlefanz lehnten sie nämlich ab - geweihte Eier... - aber auf die gute Mahlzeit wollten sie doch nicht verzichten. Also mußte der Osterhase herbei und somit wäre auch bewiesen, daß der Osterhase protestantisch ist...
Es war übrigens nicht überall der Osterhase, der die Eier brachte: auch einen Kuckuck gibt es, den Osterfuchs, gar den Storch und den Hahn.
Ob protestantisch oder katholisch, uns heutigen Menschen freut am Osterei am meisten das liebevolle Bemalen, das anschließende Verstecken - und Wiederfinden, und das genüßliche Verzehren. Damit die vielen hartgekochten Eier nicht so schwer im Magen liegen, aß und ißt man sie vielerorts in grüner Soße aus frischen frühlingssaftigen Kräutern.

Osterbräuche

Besondere Heilkraft schrieb man den Kräutern zu, die In der Nacht zum sogenannten Judas-Samstag, dem Ostersamstag, gesammelt wurden.
Beim österlichen Feldumgang, der noch heute in Oberbayern gepflegt wird, umwandern die Mitglieder der Bauernfamilie ihre Felder und beten dabei den Rosenkranz. In der sorbischen Oberlausitz hat man wohl seit alters her größere Felder, denn hier gibt es noch heute das Osterreiten zu Pferde. Mit diesem Brauch wurde das landwirtschaftliche Jahr eröffnet.
Ein Volksfest für Jung und alt nach einem alten germanischen Brauch ist das Osterhasseln in Buldern. Dabei muß der Hassel (klingt noch ein bißchen wie Hase, ist aber eine große Sperrholzscheibe) zwischen zwei Mannschaften hin und her getrieben werden. Wegen Verkehrsgefährdung kam dieser Brauch in den 1960ern zum Erliegen, wurde jedoch ab 1977 neu belebt, und heute wie damals zieht das Osterhasseln unzählige einheimische und fremde Schaulustige an. Die Verlierer des Hasselns übrigens, die müssen das Material für das Osterfeuer besorgen. Infos: www.buldern.de.
Besonders der Ostermontag wurde solchen eher lustigen Bräuchen für das ganze Dorf gewidmet. Dem Evangelium nach war der Ostermontag der Tag, an dem die Jünger auf ihrem Weg nach Emmaus den auferstandenen Jesus trafen. Und so sind es weitgehend fröhliche Bräuche, bei denen vielerorts auch der Alkohol eine gewisse Rolle spielt, der zuvor 42 Tage lang tabu gewesen war.
Da gibt es beispielsweise den Schwertertanz und Georgiritt in Traunstein. Pferde und Fuhrwerke, Fußgruppen und Musikkapellen ziehen beim Georgiritt festlich geschmückt hinauf zur Ettendorfer Kirche. Dort auf dem historischen Stadtplatz findet sodann der Schwertertanz statt, bei dem die Tänzer mit ihren Schwertern in einem spannenden Kampf symbolisch den Winter vertreiben. www.georgi-verein.de
Bei der Schönecker Eierlage zieht es unzählige Besucher nach Schönecken in der Eifel, wo die Junggesellen traditionell  über 100 rohe Eier auf einer langen Strecke in einer kurzen Zeit aufsammeln und in einen Korb legen müssen. Seit 1500 wird dieser Brauch nahezu unverändert gepflegt, und - ganz klar - werden die gesammelten Eier anschließend bei einem großen Fest vertilgt. Infos: www.zalditschen.de, www.schoenecken.com.Loeffelrennen
Was es sonst noch an Osterbräuchen gibt, die man auch privat und zuhause im Kreise seiner Lieben pflegen kann, ist unter www.osterseiten.de zu finden: Löffelrennen, Eierverteilen, Eierkullern, Titschen, Eierpusten und vieles mehr gibt es da. Aus dem Odenwald sind noch einige alten Sitten bekannt: so setzten sich die Schöllenbacher Buben Eierkronen auf, die Kinder in Laudenau schmückten sich mit Eierketten, es gab das Eierwerfen oder Eierrollen, und die jungen Mädchen warfen hinterrücks Eier über den Dachfirst. Flog das Ei darüber, so stand im gleichen Jahr noch die Hochzeit bevor...

Marieta Hiller, geschrieben für die Zeitschrift "Märchenzauber" vor langer langer Zeit...