Ohne Nachhaltigkeit kann Klimaschutz nicht umgesetzt werden. Das Thema ist leider durch die von Putin angezettelten Zerstörungen in der Ukraine etwas aus dem Fokus geraten. Und mit punktuellen Aktionen wie der "Earth hour" am 26. März ist es sicher nicht getan: nur mal eine Stunde lang alle Lichter auszuschalten, bringt uns dem Klimaziel nicht näher.
Vielmehr ist es wichtig, Tag für Tag, Woche für Woche und Jahr für Jahr über Einsparmöglichkeiten nachzudenken. Darin liegt ein mächtiges Potential, um ein nachhaltiges Klimakonzept zu erstellen. Demonstrationen und Aktionen sind das eine, Umdenken in bezug auf das eigene Verhalten das andere. Im Begriff "nachhaltig" steckt ja bereits die Bedeutung einer dauerhaften Besserung drin. "Licht aus - Klimaschutz an" schafft das nicht.
Im Kreis Bergstraße ist eine rege Diskussion mit Bürgerbeteiligung zum Thema Klimaschutz im Gange, lesen Sie dazu die regelmäßigen Berichte hier: Klimabündnis Kreis Bergstraße: Aktuelles
Dabei geht es unter anderem auch um das Thema Mobilität und Klimaziele. In einer Pressemeldung vom 14. März erläuterte Landrat Christian Engelhardt diesen Aspekt: "Eine große Herausforderung ist in diesem Zusammenhang der öffentliche Personen-Nahverkehr. Denn mit der Pandemie haben sich auch die Nutzerprofile des ÖPNV verändert. Durch vielfältige Homeoffice-Lösungen und flexiblere Arbeitszeiten sind die eingesetzten Fahrzeuge oftmals nicht optimal ausgelastet. Im hauseigenen Fuhrpark sollen künftig mehr Fahrzeuge mit Elektroantrieb zu finden sein. Das vom Kreis Bergstraße erstellte Radwegekonzept soll ebenso einen Beitrag zur Mobilität leisten und den Umstieg auf das Fahrrad erleichtern."
In vielen Regionen gibt es Anrufsammeltaxis, kurz AST genannt. Das sind PKW oder Kleinbusse, die auf Vorbestellung fahren, aber nicht mehr als eine Busfahrkarte kosten. In Regionen und zu Uhrzeiten, zu denen selten einmal jemand den ÖPNV in Anspruch nehmen möchte, ist dieses Konzept absolut ausreichend. Es müssen keine 50-Sitzer-Omnibusse fahren, wenn ein PKW ausreicht. Aber alle Verbraucher müßten etwas genauer vorausplanen, damit das System auch funktioniert.
In unseren hügeligen Odenwald-Ortschaften ist das Fahrrad allerdings nicht das erste Mittel der Wahl, außer für Sportkanonen. Wer morgens zur Arbeit muß, möchte nicht verschwitzt und schmutzig ankommen, und wer abends müde nach Hause fährt, möchte nicht mühselig den Berg hinauf strampeln. Hinzu kommt, daß es auf Kreisstraßen und kleineren Straßen keine Radwege gibt, der Autoverkehr aber zunehmend rücksichtsloser wird. Jedes Jahr werden die neuen KFZ-Modelle noch breiter, noch höher, noch länger - obwohl meist nur eine Person drinsitzt. Die Straßen wachsen nicht mit, und für einen Radfahrer macht es einen entscheidenden Unterschied, ob er auf einer schmalen Straße von einem Kleinwagen (der VW-Käfer wog unter 1000 kg!) oder von "mothers urban tank" touchiert wird. Ich möchte schon allein aus diesem Grund nicht per Rad unterwegs sein.
Der Punkt, auf den es ankommt, ist - wie in jedem Nachhaltigkeitsthema - das Weniger. Unnötige Fahrten einfach vermeiden, alles Nötige pro Woche vorplanen und auf eine einzige Fahrt je Richtung konzentrieren, sich mit Nachbarn absprechen und gemeinsam fahren, wäre hilfreicher als ein noch größerer E-SUV.
Ein weiterer Aspekt wird selten laut und deutlich angesprochen: was nützt es, wenn ich nicht mit dem eigenen PKW einkaufen fahre, sondern mir alles liefern lasse? Gefahren werden muß es trotzdem, und die unzähligen Lieferdienste sind ein gewaltiger Faktor in der Gesamtrechnung. Es ist nicht einfach, immer lokal oder wenigstens regional einzukaufen. Ein Blick ins Internet hilft, Lieferwege kürzer zu gestalten.
Als es noch alle Geschäfte in den Dörfern gab, ging man täglich ZU FUSS zum Einkaufen. Heute muß man nach Bensheim, Mannheim, ins Rhein-Neckar-Zentrum oder sonstwohin, oder man bestellt online, und es wird aus Gottweißwo geliefert. Nachhaltigkeit läßt sich vor allem mit einer Eigenschaft erlangen: mit Nachdenken und Planen.
M. Hiller