Mein alter Führerschein ist ja nun Makulatur: die schöne graue Fleppe wurde entwertet und durch ein Plastikkärtchen ersetzt.
Gut so, denn im alten Grauen steht drin, daß die Fahrerlaubnis nur für Kraftfahrzeuge mit Antrieb durch Verbrennungsmaschine gilt. Klar, 1977 gab es noch keine selbstentzündlichen Elektroautos.
Man war glücklich, die schreckliche Ölkrise überstanden zu haben. Im Winter 1973 durften nämlich sonntags keine Autos fahren, weil die Ölreserven nicht ausreichten. Eine himmlische Ruhe war das! Vier Jahre später wurde wieder Sprit verbrannt was nur ging und keiner konnte sich vorstellen, daß man sich mit bräsigen Elektromotoren fortbewegen könnte. Erfunden war das Stromvehikel da schon längst: 1888 baute die Maschinenfabrik Flocken in Coburg den wohl ersten elektrisch angetriebenen PKW.
Aber Automobilisten fahren auf so etwas nicht ab. Es muß stinken und Krach machen, sonst ist es kein Fahrspaß. Und Krach sorgt ja auch für Sicherheit: als das Automobil - zu deutsch (und genderneutral) "Selbstbewegendes" begann, sich auf Deutschlands Straßen zu zeigen, mußte anfangs ein Mensch vorweg laufen, der die Fußgängenden (?) warnte, da jene bislang nur Pferdefuhrwerke gewohnt waren. Und die machten mehr Krach.
Das Verbot für Verbrennungsmotoren ab 2030 wird von 64% der Autofahrenden abgelehnt (GEO 03/21). Über das jeweilige Maß an Klimaschutz durch Elektroautos vs. Verbrenner läßt sich trefflich streiten. Aber immerhin dürfte ich jetzt eines fahren.
Wenn ich aber den Klimaschutz wirklich ernst meine, müßte ich ganz aufs Auto verzichten. Ohne Auto auf dem Land??? Das wird spätestens dann schwierig, wenn man in Schannenbach oder Neunkirchen wohnt. Wer von dort zur Arbeit muß, weil er keinen der vielbesungenen Home-office-Jobs hat, also Busfahrer, Briefträger, Pflegekräfte, Lebensmitteleinzelhandelsverkaufspersonal, der sollte sich vor Abschaffen des Autos gut über Alternativen informieren. Wieviele Arbeitsplätze können tatsächlich von zu Hause aus erledigt werden? Die meisten Systemrelevanten jedenfalls nicht.
Aber die Idee, im Alter aufs Rad umzusteigen, hat doch was - besonders weil es ja bei uns recht eben ist. Und es gibt ja Schummelbikes (E-Bikes oder Pedelecs) - aber halt! Da ist doch schon wieder ein Motor drin, wenn auch ein elektrischer.
Ich denke eher, es wird dann Zeit für einen eigenen Chauffeur. Dann könnte ich auch das berühmte T-Shirt mit der Aufschrift "ich muß ja nicht mehr fahren" anziehen und durch die Kneipen ziehen - falls die mal irgendwann wieder aufmachen. Durchgerechnet: wie oft brauche ich tatsächlich ein Auto, wenn ich nicht mehr arbeite*? 2x wöchentlich einkaufen, 1-2x monatlich Arzt / Krankengymnastik / Frisör / Fußpflege / Shoppingtour - das war es im Großen und Ganzen. Mein Auto kostet mich mit allem jährlich inklusive Sparen auf das Nächste ca. 2200 Euro. Dafür könnte ich jede Woche 40 Euro fürs Taxi ausgeben; Firma Taxi Schäfer (06254-9597390) berechnet dafür den Ortstarif von 2 Euro pro Kilometer. Die Busverbindungen sind für die größeren Orte recht komfortabel, und es gibt Mitfahrerbänke - vielleicht trifft man sich ja künftig öfter dort.
Allseits gute Fahrt wünscht Ihre
Marieta Hiller
*Ui da kommt mir gleich die Idee für den nächsten Rundumschlag: wenn ich NICHT arbeite, schone ich die Umwelt. Warum also sollte ich arbeiten? Das ist ja klimaschädlich!