„So manchem wurde die Stunde geschlagen“: Die jetzt dritte Turmuhr bereichert neuerdings das Heimat-Museum in Brandau. Dieses mechanische Wunderwerk aus dem Jahre 1680 stammt aus einer Zeit, in der das Eisen „händig“ geschmiedet und durch das so genannte „Feuerschweißen“ im Schmiedefeuer miteinander verbunden wurde. Die heutzutage angewandten Schweißtechniken waren damals noch unbekannt. Auch das zur Verfügung stehende Eisen war recht weich und so hat der Zahn der Zeit viele Teile der Uhr „angenagt“ und verschlissen.

Diese Turmuhr war vermutlich über 300 Jahre lang in Betrieb und hat in dieser Zeit so manchem Menschen die Stunde geschlagen.

Rainer Hubertus und die historische Turmuhr

links die Neue, Mitte wohl um 1580 gebaut, rechts Weule-Uhr 1902

Willi Würtenberger mit der Neuen

 

Rainer Hubertus, Vorsitzender des Heimatvereins Brandau e.V., hatte diese Uhr in einem recht unansehnlichen Zustand gekauft und mit der Restaurierung begonnen. Ursprünglich stammt diese zeigerlose Uhr wahrscheinlich aus einem landwirtschaftlichen Hofgut in Oberhessen und diente dort als so genannte „Gesindeuhr“, um den auf den Feldern arbeitenden Menschen des Hofgutes die Mittagszeit und den wohl ersehnten Feierabend einzuläuten. So ist es nicht verwunderlich, dass die Uhr nur ein Schlagwerk besaß und das gewohnte Zeigerwerk mit Zeigern und Zifferblatt fehlte.

Willi Würtenberger aus Brandau, langjähriges Mitglied des Heimatvereins, hat nun in vielen Stunden das gute Stück liebevoll und fachmännisch wieder zum Leben erweckt.

Der obere Glockenstuhl wurde neu konzipiert und ist nun eine ansprechende Augenweide. Zwei schwere Granitsteine werden mit einer Handkurbel hochgezogen und damit kommt Leben in das komplexe Räderwerk. Ein faszinierender Mechanismus lässt den Hammer zur vollen Stunde an die Glocke schlagen.

Die mittlere Turmuhr im Bild stammt aus der ehemaligen Brandauer Kapelle am Bachring und wurde vermutlich um das Jahr 1580 gebaut. Sie wurde später zunächst auf das kleine Schulhaus versetzt, das an das vorhandene kleine Rathaus im Bachring angebaut wurde. Auf das heutige „alte Rathaus“ gelangte die Uhr 1860, nachdem die Gemeinde das damalige Wohnhaus 1844 gekauft hatte und es zu einem Schulhaus einrichtete. Dort diente diese Uhr den Brandauern bis nach dem ersten Weltkrieg als Zeitmesser mit Glocke. Die „Rüstige-Rentner-Riege“ des Heimatvereins erweckte die Uhr wieder zu neuem Leben, wobei Uhrensachverständige der Deutschen Gesellschaft für Chronologie, Karel Kolar und Christian Borck, und verschiedene Brandauer Werkstätten wertvolle Unterstützung leisteten.

Die dritte Turmuhr im Brandauer Museum wurde 1902 von der berühmten Weule-Fabrik gebaut und zeigte ab 1905 auf dem Turm der Heilstätte in Winterkasten die Zeit an. Nach der Elektrifizierung wurde die Uhr, mit finanzieller Unterstützung der Konfirmanden des Kirchspiels Neunkirchen, von der evangelischen Kirche St. Cosmas und Damian erworben. Nach vielen Jahrhunderten, in denen nur eine Sonnenuhr zur Verfügung stand, erklang nun erstmalig vom Kirchturm in Neunkirchen der neue Zeitmesser.

Doch im Jahre 1973 wurde auch diese Uhr von der Elektrizität „vertrieben“ und gelangte in das Museum von Beedenkirchen. Durch einen Dauerleihvertrag mit der Gemeinde Lautertal konnte dieser Zeitmesser im Brandauer Museum aufgestellt werden, nachdem sie wieder von der „Rüstigen-Rentner-Riege“ renoviert und ergänzt wurde..

Alle im Heimat-Museum ausgestellten Turmuhren sind funktionsfähig, prächtig anzuschauen und machen den kostenfreien Besuch im Brandauer Heimat-Museum lohnenswert.

Terminvereinbarung während der Sommermonate bei Rainer Hubertus (06254/1439)

Text: Fritz Ehmke, Rainer Hubertus Fotos Fritz Ehmke 31.7.2018