*Großherbivoren sind vor allem Rinder, auch als rauhfutterverzehrende Großvieheinheit bekannt, also große Kräuterfresser...

Oktober 2022: Für das Auerrindprojekt mit insgesamt vier Standorten in Deutschland beginnt jetzt die entscheidende Phase. Die Rinderpopulation ist nun so groß, dass durch Züchtung die für Auerochsen typischen Eigenschaften fixiert werden können.

Der Auerochse und die Artenvielfalt: Informationstafel des Geo-Naturparks Bergstraße-Odenwald erklärt das Auerrindprojekt und die Auenlandschaft Vier dem Auerochsen ähnliche Rinder beweiden heute die Naturschutzfläche Hammer Aue in Groß-Rohrheim. Mit ihren großen Hörnern und ihrer stattlichen Figur sind sie für Wanderer und Spaziergänger längst ein Hingucker. Jetzt erklärt ihnen die neuerrichtete
Informationstafel, was es mit der Wiederansiedlung des Auerrinds auf sich hat und wie die Hammer Aue entstanden ist. Die Informationstafel wurde gemeinsam vom Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald, dem Förderkreis Grosse Pflanzenfresser im Kreis Bergstraße e.V., dem Archäologischen Freilichtlabor Lauresham und der Gemeinde Groß-Rohrheim errichtet und am 21. Oktober 2022 offiziell eingeweiht.

In der Landschaftspflege kommt den Groß-Rindern eine wichtige Rolle zu: Sie tragen dazu bei, artenreiche Naturschutzgebiete und Auenwälder wie die Hammer Aue zu erhalten.

Dr. Jutta Weber, Geschäftsführerin des Geo-Naturparks Bergstraße-Odenwald, führt aus: „Mit der Informationstafel direkt an den Weideflächen möchten wir den Besuchern Einblick in ein wichtiges Projekt zur Erhaltung der ursprünglichen Landschaft in unserem Geo-Naturpark geben und ein Bewusstsein für die Artenvielfalt in naturnahen Lebensräumen schaffen.“ Bis ins Mittelalter war der Auerochse als Wildrind auf den Wiesen und in den Wäldern der Rheinebene heimisch. Sowohl der Rückgang seines natürlichen Lebensraumes als auch die Jagd haben zu seinem Aussterben beigetragen. Durch ihr Fressverhalten schafften die
großen Pflanzenfresser halboffene Landschaften, die sich durch eine besonders hohe Artenvielfalt auszeichneten. Um diese Artenvielfalt wiederzubeleben, hat der Förderkreis Grosse Pflanzenfresser im Kreis Bergstraße e.V. gemeinsam mit dem Archäologischen Freilichtlabor Lauresham, Lorsch und in Kooperation mit dem Geo-Naturpark BergstraßeOdenwald 2013 das Auerrindprojekt ins Leben gerufen. Ziel des Projektes ist es, einerseits die Geschichte des Auerochsen in der Rheinebene zu erforschen und andererseits eine Rinderrasse zu züchten, die dem Auerochsen in Aussehen, Verhalten und Genetik möglichst
nahekommt. Tiere, die der Wildform ähneln, sind besonders geeignet, naturnahe Lebensräume ganzjährig extensiv zu beweiden.

Claus Kropp, Leiter Experimentalarchäologisches Freilichtlabor Lauresham und Vorsitzender des Förderkreises, ergänzt: „Große Pflanzenfresser sind für den Artenreichtum in der Auenlandschaft extrem wichtig. Wir haben in diesem Jahr schon feststellen können, dass die Population von Mistkäfern zugenommen hat, mit positiven Effekten auf die Vogelwelt wie beispielsweise den Neuntöter. Hier in der Hammers Aue spielen die Groß-Rinder auch für die Amphibien eine wichtige Rolle, denn sie schaffen mit ihren Hufabdrücken an den Tümpeln eine abwechslungsreiche Landschaft.“ Für das Auerrindprojekt mit insgesamt vier Standorten in Deutschland beginnt jetzt die entscheidende Phase. Die Rinderpopulation ist nun so groß, dass durch Züchtung die für Auerochsen typischen Eigenschaften fixiert werden können.

Das Naturschutzgebiet Hammer Aue hat eine wechselvolle Geschichte und war sowohl Teil Hessens als auch der Kurpfalz und gehörte sogar einmal zu Frankreich. Früher war die Hammer Aue eine Insel, die durch einen Altrheinarm vom rechten Flussufer getrennt war. Durch die Arbeiten des Wasserbauingenieurs Claus Kröncke im 19. Jahrhundert wurde der Zulauf in den Altrheinarm verfüllt, sodass aus der Insel Festland wurde.

---

Seit Februar 2016 betreut der Förderkreis Große Pflanzenfresser im Kreis Bergstraße e.V. in der Ortsrandlage von Einhausen eine eigene kleine Zuchtherde des Auerrindprojektes.
Zur Zeit sind dies drei fünf bis neun Jahre alte Ungarische Steppenrinder sowie das im Sommer 2020 geborene Jungtier. Beweidet werden extensives Grünland, das derzeit drei Hektar umfasst, sowie eine etwa ein Hektar große waldähnliche Fläche. Weitere Flächen dürfen stets dazu kommen, der Verein freut sich über jedes Angebot. Bei den Graurindern in Einhausen ist es so, dass diese in Deutschland selten geworden sind. Deswegen hat man sich auch für diese Rasse entschieden, die Mitte des 20. Jahrhunderts in vielen Ställen stand.

Auf der neuen Weide mit frischem Gras fühlen sich die Graurinder, samt Paten-Kalb Donna“ (rechts) gleich sichtlich wohl (Foto: Geo-Naturpark, Larissa Winter-Horn) - Der Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald unterstützt die Aktivitäten zur biologischen Vielfalt des Förderkreises Große Pflanzenfresser im Kreis Bergstraße e.V. und übernimmt die Patenschaft für das jüngste Graurind-Kalb „Donna“.

Januar 2022

Der Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald ist Kooperationspartner des Förderkreises Große Pflanzenfresser im Kreis Bergstraße e.V. und unterstützt dessen Ziele zum Erhalt der biologischen Vielfalt und des Landschaftsbildes durch die Beweidung mit Großpflanzenfressern. In diesem Zusammenhang hat er nun die Patenschaft für das jüngste Graurind-Kalb „Donna“ übernommen. Das Graurindmädchen ist im Sommer 2020 zur Welt gekommen, mittlerweile eine Färse und entwickelt sich gut. Donna soll aufgrund ihrer guten Entwicklung auf jeden Fall in Einhausen bleiben und dort gemeinsam mit dem Rest der Herde aktiv Landschaftspflege betreiben.

Als Patengeschenk für Donna erhält der Verein eine Spende des Geo-Naturparks Bergstraße-Odenwald in Höhe von 500 . Eine sehr willkommene Unterstützung, um die hohen Aufwendungen für Futter, Tierarzt, Weidebau und Vieles mehr zu decken. Die Übernahme einer Patenschaft ist für alle Beteiligten nichts Alltägliches. Deshalb soll die anstehende Umweidung mit Viehtrieb in Einhausen ebenfalls etwas Besonderes in der Region dafür genutzt werden, um den Spendenscheck, mit dem die Versorgung des Graurindmädchens im nächsten Jahr sichergestellt wird, offiziell zu überreichen. Ein willkommener Anlass, um auf die Bedeutung des Projekts zur Rückzüchtung des ausgestorbenen Auerochsen zum Erhalt der biologischen Vielfalt in unserer Region aufmerksam zu machen.

Dr. Jutta Weber, Geschäftsführerin des Geo-Naturparks Bergstraße-Odenwald übergibt den Spendenscheck an Claus Kropp und Volker Knaup, den 1. und 2. Vorsitzenden des Förderkreises Große Pflanzenfresser im Kreis Bergstraße e.V. (v.l.n.r.) (Foto: Geo-Naturpark, Larissa Winter-Horn)



Hintergrundinformationen: Jahrhundertelang stellten große Pflanzenfresser wie Wisent, Auerochse, Wildpferd oder auch Wasserbüffel einen landschaftsprägenden Faktor dar. Sie schufen eine halboffene,
strukturreiche Landschaft mit einer artenreichen Flora und Fauna. Nach deren Ausrottung oder Verdrängung durch den Menschen veränderte sich unsere Landschaft nicht unerheblich. Die domestizierten Nachkommen des Auerochsen, unsere Hausrinder, schaffen es oft nur unzureichend, diese Schlüsselarten in der Landschaftspflege zu ersetzen. Es klafft also eine Lücke im Ökosystem, die es wieder zu schließen gilt. Die landschaftlich vielfältige Region des Geo-Naturparks bietet in diesem Kontext eine Reihe von Anknüpfungspunkten. Insbesondere die Reste früher größerer Wiesen- und Weidelandschaften im Ried und im Odenwald geben einen Eindruck von der einst großflächig von Auen und Sümpfen geprägten Riedlandschaft. Der vordere Odenwald mit seiner vielfältigen Landschaft bietet abwechslungsreiche Landschaften für eine Wiederansiedlung vieler der angesprochenen Arten.

Der im Dezember 2013 gegründete Förderkreis Große Pflanzenfresser im Kreis Bergstraße e.V. möchte als Naturschutzverein einen aktiven Beitrag zur Revitalisierung dieser Landschaft leisten. Durch den vereinseigenen Einsatz von Großherbivoren wie Rindern und Wasserbüffeln und durch die Unterstützung des durch das Freilichtlabor Lauresham initiierten Auerrindprojektes (www.auerrind.de) konnten bereits vielversprechende Ergebnisse auf den Projektflächen erreicht werden. Eine Monitoring-Arbeitsgruppe bemüht sich zusätzlich um die Dokumentation eben jener Beobachtungen. Zuletzt ist es auch ein besonderes Anliegen des Vereines, den Einsatz alter und bedrohter Nutztierrassen (z.B. Rotes Höhenvieh) in der Landschaftspflege zu fördern und auch hier aktiv Projekte durchzuführen.

Weitere Informationen finden Sie unter www.megaherbivoren.de