Nach Drucklegung meines Jahrbuchs 2021 "Kartografie Eisenbahn Ultramarin" trudelten weitere interessante Details ein:

vieles finden Sie bei Walter Kuhl: Zwei nie zustande gekommenen Bahnen durch den Odenwald rund um Lindenfels

Was bedeutet "Bellramschd"?

Bettel-Ramstadt? Pappel-Ramstadt? Bei der Suche nach der Antwort half mir das Pfungstädter "wandelnde Lexikon" Ernst Schulze auf die Sprünge: die Italiener, die beim Eisenbahnbau an der Strecke Darmstadt-Reinheim gearbeitet haben, legten in Nieder-Ramstadt eine Siedlung auf sieben Hügeln an, die sie "bella Ramschd" nannten. Damit legten italienische Gastarbeiter den Grundstock für die vielfältige Kulturlandschaft der kleinen Industriestadt, später kamen noch einige Nationalitäten hinzu: bei den Caparol-Farbwerken oder anderen Betrieben. Mehr dazu lesen Sie im Jahrbuch Spinnstubb 2.0 Nr. 3, 2023!

Modautal-Linie: Kraftpost mit Oberleitungsbussen

Die Modautalbahn, die in Ober-Ramstadt von der 1870 eröffneten Odenwaldbahn (Hessische Ludwigsbahn) nach Lindenfels abgezweigt wäre, aber leider nie gebaut wurde, hätte eine Omnibuslinie ersetzt, die auf der Hauptverbindungsstraße, der Provinzialstraße verlief und für Ober-Ramstadt und das Wirtschaftszentrum Darmstadt enormen wirtschaftlichen Aufschwung ermöglichte. Die erste "Postexpedition" der Thurn-und-Taxis-Post wurde 1847 in der Hirschapotheke in Ober-Ramstadt eingerichtet, dem ehemaligen Gasthaus „Zum Goldenen Löwen“  in der Bachgasse 1. 1866 zog die Postexpedition in das Kaufhaus von Balthasar Breitwieser in der Darmstädter Straße 33 um, 1876 erhielt sie eine Telegraphenleitung.  Postsendungen wurden ab Juli 1864 per Carriolpost vom Großherzoglichen Oberpostamt Darmstadt mit Personenbeförderung hierher zugestellt. 1870 entstand das Ober-Rämschder Bahnhofsgebäude, von dem ab 2. Januar 1871 der Pferdeomnibus nach Gadernheim abfuhr. Später, 1883, konnte man zweimal täglich von Ober-Ramstadt bis Brandau fahren.  Die "moderne" Kraftpostlinie Darmstadt-Ober-Ramstadt-Brandau nahm 1928 ihren Betrieb auf und wurde 1944 aus kriegswirtschaftlichen Gründen sogar auf Oberleitungsbusse umgestellt. (Quelle: Wikipedia, Hessische Ludwigsbahn)

Vergebliche Mahnung im Betriebswerk Kranichstein?

Unter dem Plakat, das ich 2010 in Kranichstein abfotografiert habe, steht zur Erläuterung: „Die ehemalige Eisenbahnerstadt Darmstadt hatte ein Lokwerk, ein Wagenwerk, ein Bahnbetriebswerk und 5000 Arbeitsplätze. Heute gibt es keine 100 Arbeitsplätze mehr bei der Eisenbahn in Darmstadt. Bebra einst, heute und morgen?“

Bis 1890 entstanden in Bebra die Bahnbetriebswerke Bebra P und Bebra G mit jeweils zwei Lokschuppen und Drehscheiben. Schnellzugdampfloks fuhren bis Hamburg-Altona oder Bremen im Norden und Treuchtlingen sowie zeitweise München im Süden. Die letzten eingesetzten Dampfloks kamen bis 1973 mit den Interzonenzügen hier an.
Die meisten Anlagen wurden abgebaut, nur 2 wurde im Jahr 2015 statisch-konstruktiv gesichert, bekam ein neues Dach und wurde mithilfe von Förderprogrammen zusammen mit dem ehemaligen Kesselhaus mit Schornstein bis 2019 saniert.  Alle Gebäude befinden sich mittlerweile im Eigentum der Stadt Bebra bzw. des Tochterunternehmens Stadtentwicklung Bebra GmbH.

Ein Hoffnungsschimmer...

wie die Überwaldbahnstrecke vor der Entwidmum bewahrt wurde

Zwischen Wald-Michelbach und Mörlenbach fährt seit August 2013 die Solardraisine auf der denkmalgeschützten Überwaldbahnstrecke. Sie wurde eigens für diese Strecke als touristisches Vehikel von der Firma Mühlhäuser in Michelstadt (sie bauen Tunnelbaumaschinen, unter anderen die TBM für den 17km langen Gotthardtunnel!),  entwickelt und sichert so den Erhalt der wunderschönen Strecke, die andernfalls hätte abgebaut werden müssen.

Wer kann schon wissen, ob nicht eines Tages vielleicht eine Museumseisenbahn mit Dampflok auf der Strecke fahren möchte...

Bis dieser Traum in Erfüllung geht,läd die wunderschöne Strecke über 11 Kilometer mit drei Viadukten und zwei Tunnels (inklusive Tunnelhex!) zur Draisinenfahrt ein. Und was das Beste ist: dank der Energie aus der Sonne muß man sich nicht abstrampeln wie etwa bei der Bergfahrt zwischen Altenglan und Staudernheim im Hunsrück. Mühelos und entspannt könne man durch die Unterstützung des Elektroantriebs fahren, so steht zu lesen.

Für die Draisinenbahn wurde die Strecke grundsaniert. Gebaut worden war sie zwischen 1898 und 1901, um den abgelegenen Überwald von Weinheim aus zu erschließen. Dort gab es bereits eine Eisenbahn bis Fürth und eine Zweigstrecke bis Wahlen. Diese Wahlener Strecke war vor allem als Güterstrecke für die Coronet-Werke wichtig. Nach deren Wegzug und letztlich Schließung wurde die Strecke immer weniger genutzt und verfiel. 1994 fuhr der letzte Güterzug, die Bahn baute ruckzuck die Mörlenbacher Weiche aus und verkaufte den Bahnhof an Privat. Das war das Aus für die Bahnstrecke, für private Bahnbetreiber wie eine Museumsbahn gab es damit keine Chance mehr. Und das obwohl bekanntermaßen fast alle privaten Museumsbahnen tiefschwarze Zahlen schreiben im Gegensatz zur Bahn! Schließlich wurde auf dem abgebauten Streckenstück ein Fahrradweg angelegt.

Immer wieder versuchte man, die Odenwaldstrecken für den Personenverkehr wiederzubeleben, auch an eine Museumsbahn dachte man, aber letztlich wurde dann die Draisinenbahn gebaut, und die ist ja auch ein Super Ausflugsziel. In einer Draisine können sechs Leute mitfahren. https://www.solardraisine-ueberwaldbahn.de/

Sandsteinquader vom alten Lokschuppen Mannheim: heute auf dem Felsberg

Stillgelegte Eisenbahnbauten müssen nicht als Ruinen stehen bleiben: die wunderschönen Sandsteinquader von einem früheren Lokschuppen in Mannheim lagern derzeit im Garten des ehemaligen Forsthauses auf dem Felsberg, wo sie auf neue Aufgaben warten. Ursprünglich kommt der Stein aus dem Steinbruch Grasellenbach (heute Hans Hintenlang). Lesen Sie dazu auch: Der Chaisenweg: eine hochherrschaftliche Art zu reisen

Himbächel-Viadukt: Zur Schlußsteinfeier am 18. September 1881

Diese drei Dokumente stammen aus meinem Privatarchiv, gesammelt von Heinz Körber, Michelstadt