Rezeptsammlung des Marcus Gavius Apicius
(* um 25 v. Chr.; † vor 42), De re coquinaria („Über die Kochkunst“).
Die Sammlung wird geprägt von Absonderlichkeiten wie Flamingozungen als besondere Delikatesse, enthielt keine Maßangaben, dafür aber viele schwer zu beschaffende Zutaten. Plinius berichtet, daß Apicius die Idee aufbrachte, Schweine mit Feigen zu mästen, damit deren Leber später besonders wohlschmeckend würde. Daraus leitet sich der heutige Name für Leber in vielen Sprachen ab: von ficatum („mit Feigen versehen“) leitet sich ital. fegato, span. hígado und frz. foie ab.
Nach dem Tod des Apicius kam das Gerücht auf, er habe sich zu guter Letzt selbst vergiftet, weil er feststellen mußte, daß ihm nunmehr nur noch 10 Millionen Sesterzen zum Leben bleiben würden, nachdem er bis dahin bereits 100 Millionen für seine Küche ausgegeben hatte.
Die Kaufkraft einer Sesterze läßt sich schwer bestimmen, da für die erforderlichen Rahmenbedingungen für Gold, Silber oder Warenkorb kaum zuverlässige Quellenangaben vorliegen.
Eine einfache Hauptmahlzeit oder 0,55 l Wein kosteten unter Kaiser Augustus (Zeitenwende) 2 Asse. (1 As = 1/4 Sesterze), ein Sklave kostete etwa 500 Denar (= 2000 Sesterze) oder mehr, ein Legionär erhielt als Tageslohn 10 Asse bis 1 Denar = 2,5-4 Sesterze, ebenso hoch war der Tagesbedarf eines Arbeiters.
1 Aureus (Gold) = 25 Denare [Silber]
1 Denar = 4 Sesterze [Messing]
1 Sesterz = 2 Dupondien [Bronze, später Messing]
1 Dupondius = 2 Asse [Kupfer]
Die Tafel im römischen Imperium kurz vor der Zeitenwende: Horaz, Satiren II8
Allem voran ein lukanischer Eber;
Beim schmeichelnden Südwind ward er gefangen.
Rings häufen sich scharfe Rettiche, Salat, Radieschen,
die Dinge, die reizen den matten Magen,
Rapunzel, Fischsud und endlich korsische Hefe.
Als nun weg dies geräumt,
wischt hochgegürtet der Page ab
mit purpurnem Tuch die Tafel aus Ahorn.
Dann kamen Vögel, Schaltiere, Fische,
die in sich bargen Geschmack,
der weit vom bekannten verschieden,
dazu das Innere von Flundern und Steinbutt.
Eine Muräne wird aufgetischt zwischen schwimmenden Krebsen
lang auf der Schale gestreckt. Dazu der Gastgeber:
man fing sie trächtig, da nach der Geburt
sie schlechter sein wird im Fleische...
Horaz (*8. Dezember 65 v. Chr. † 27. November 8 v. Chr.)hieß eigentlich Quintus Horatius Flaccus, wobei Flaccus „Schlappohr“ bedeutet. Er prangerte in seinen Satiren häufig Laster wie Habgier, Ehebruch, Aberglaube, Schlemmerei an, mußte jedoch aufpassen, daß er nicht die Mächtigen persönlich angriff, da er selbst im Bereich der Macht lebte. Dennoch stammt von ihm der Satz „"Nullius addictus iurare in verba magistri." (Ich schulde den Worten keines Meisters blinden Gehorsam.) Epistel 1,14.
Rom war in nur 500 Jahren zur Weltmacht aufgestiegen und wurde bei den anderen Mittelmeerländern als der „gefräßige Bauch der Welt“ bezeichnet. Davor war die römische Küche eher karg: puls (= Getreidebrei) als Grütze oder in Öl gebackene Fladen, Eier und Quark, Honig, Schweine- und Hühnerfleisch (mehr oder weniger), Erbsen, Rüben, Zwiebeln, Knoblauch. Auch Spinatbrei, aus diversen Gemüsen gekocht, war bereits damals der Schrecken der Kinder:
Ein Futterhaufen, Gras mit anderem Kraut vermengt und mit Koriander, Fenchel, Knoblauch und Petersilie gewürzt;
dazu kommen Sauerampfer, Kohl, Lauch und Mangold.
Man mischt das ganze mit zerstoßenem Senf,
einem scheußlich giftigen Zeug.
Das alles paßt besser zu Ochsen als zu Menschen
- Plautus, Pseudolus III1
Titus Maccius Plautus (* um 254 v. Chr.† um 184 v. Chr.) war eigentlich Müller, tat sich aber als Komödiendichter hervor.
Die militärische Expansion brachte eine Vielfalt an kulinarischen Eindrücken ins römische Reich. Man importierte nicht nur Rezepte und neue Lebensmittel, sondern auch gleich die entsprechenden Köche mit. Es gehörte fortan zum guten Ton, einen griechischen Koch in seinem Haushalt zu haben. Der Weizenbedarf zur Zeit Trajans und Hadrians erforderte den Ertrag eines Großteils der nordafrikanischen Ackerflächen.
(Trajan (98-117) und Hadrian (117-138) = röm. Kaiser)
Die Köstlichkeiten aus anderen Ländern landeten jedoch fast nur auf den Tischen der Reichen. In den mehrstöckigen Wohnblöcken der einfachen Leute durfte meist noch nicht einmal gekocht werden: die Brandgefahr war zu hoch. So blieben für eine warme Mahlzeit nur die zahlreichen Garküchen. Nur die Feste, häufig und überbordend von kulinarischen Genüssen, waren Anlaß und Gelegenheit für die Plebs, sich den Bauch mit ausländischen Schlemmereien vollzuschlagen. Caesar ließ nach seinem Sieg über die Gallier an 22000 Tischen insgesamt 260000 Gäste bewirten. Dabei gab es beispielsweise
Als Vorspeise Miesmuscheln, Seeigel und Austern.
Es folgten Drosseln, Hühner auf Spargel, Pasteten,
Rehfilet- und Wildschweinstücke sowie Tintenfische.
Nicht nur in Rom, sondern auch in den Provinzen ließen es sich die Legionäre und Verwaltungsbeamten gut gehen. Ein straff organisiertes Transportnetz garantierte, daß etwa Austern von der Atlantikküste binnen Stunden ins tiefste Germanien gebracht werden konnten. Zwar war das Wegenetz ursprünglich dazu eingerichtet worden, all die Köstlichkeiten aus den Provinzen nach Rom zu bringen, doch auch in umgekehrter Richtung funktionierte es und wurde häufig genutzt.
Ungewöhnliche Rezepte kamen auf diesen Wegen in die Provinzen: z.B. die Schneckenmast.
Nimm Schnecken, tupfe sie ab und gib sie
am ersten Tag in ein Gefäß mit Milch und Salz,
an den übrigen Tagen nur in Milch
und entferne alle Stunden den Kot.
Wenn sie gemästet sind,
daß sie sich kaum mehr bewegen können,
schmore sie in Öl (Apicius)
Besonders heute noch berühmt berüchtigt sind die römischen Soßen, allen voran das Garum. Apicius schlägt eine scharfe Soße aus
Selleriesamen, Dill, Kümmel, Minze, Majoran, Thymian, Liebstöckel, Haselwurz, Ingwer und Pfeffer mit Fischlake vermischt und im Mörser mit Essig, Honig und Wein verknetet
vor. Die Fischlake, das eigentliche Garum, wurde so hergestellt: zunächst legte man Fische wie Thunfisch, Sardelle, Aal, Makrele einschließlich ihrer Eingeweide in Salzlake ein und ließ sie monatelang in der Sonne stehen. Das Fischeiweiß wurde dabei durch in den Eingeweiden enthaltene Enzyme abgebaut, das Gemisch fermentierte bei einer Temperatur von etwa 40 °C innerhalb einer Woche. Dann wurde alles ausgepresst und mehrfach gefiltert, bis eine klare Brühe übrigblieb. Die Orte, an denen Garum hergestellt wurde, lagen immer außerhalb der Ortschaften, denn es stank bestialisch.
Scharfe Soßen sind vor allem dann erforderlich, wenn die Zutaten der Gerichte nicht mehr ganz frisch waren, oder sie wurden verwendet, weil die Köche sich durch Ungewöhnliches hervortun wollten. Sie kamen ursprünglich aus Phönizien und den punischen Provinzen, wurden aber schnell im römischen Reich heimisch und kamen so auch in die nördlichen Provinzen.
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„Ab ovo usque ad mala“ - die alten Römer und der Apfel
Marieta Hiller März 2011