Meine kleine Wörterwerkstatt
Solide Handwerkskunst als Marketingkniff: was mit gewaltigem Körpereinsatz und viel Schweiß hergestellt wird, muß einen hohen Wert haben.
Soweit ist ja alles richtig. Aber kürzlich entdeckte ich die „Zimmerschmiede“ - die sich als schnöde Immobilienmakelei entpuppte. Auch eine Fahrradschmiede und sogar eine Weinschmiede gibt es. Aber mal ehrlich: sehr bekömmlich dürfte geschmiedeter Wein nicht sein, ganz abgesehen vom Beigeschmack nach Schmiedschweiß. Und wer wollte gerne ein geschmiedetes Fahrrad über die Straßen wuchten!
Bei der Zimmerschmiede aber fällt mir nur die Geschichte von Edgar Allan Poe ein: in der gruseligen Kurzgeschichte aus der Zeit der Inquisition „Die Grube und das Pendel“ wird ein Gefangener durch glühende Zimmerwände gefoltert, die immer näher zusammenrücken und ihn zu zerquetschen drohen.
Das Bild des Schmiedes ist eine starke Metapher, aber sie muß auch zu dem passen, das damit bezeichnet werden soll. Wer wollte in ein Restaurant gehen, in dem das Menu handgetöpfert ist? Oder ein Bier nach althergebrachter Schreinerverzapfung trinken?
Allenfalls werde ich vielleicht in den nächsten Wochen für meine Lieben eine kleine handgearbeitete weihnachtliche Hinterglastackerei anfertigen, mal sehen...
M. Hiller, Oktober 2018