„Verwirrung hebt das Interesse“ war einer der Lieblingssprüche des Fachlehrers Ottokar Schnefzuk, der eines Tages betrübt feststellen mußte, daß zahlreiche Schüler schon nach wenigen Minuten Unterricht in einen nicht vorgesehenen Dämmerschlaf verfielen.
„Sie sind nicht genügend verwirrt“, dachte Schnefzuk, und um diesem Übelstande abzuhelfen, flocht er alsbald folgenden Passus in seinen Vortrag ein:
Nur mal angenommen...
Sie sind schwanger und bereiten sich auf die Geburt vor. Suchen eine Hebamme in der Nähe.
Sollten Sie sich darüber vor der Empfängnis noch keine Gedanken gemacht haben, wird es ein böses Erwachen geben: genauso wie frau sich am besten vorher schon einen Kindergartenplatz sichert, sollte sie auch nach einer Hebamme suchen.
Nur mal angenommen: Unsere Kapitallebensversicherungen fallen einem Schnäppchenjäger zum Opfer...
Sie haben vor vielen Jahren vertrauensvoll eine Kapitallebensversicherung abgeschlossen, zur Absicherung Ihres Ruhestands.
Dazu sind Sie zur persönlichen Versicherungsberatung durch einen Mitarbeiter eines führenden deutschen Versicherers gegangen. Sie sind gut beraten worden und seither sehr zufrieden (wenn auch der zu erwartende Auszahlungsbetrag seit Abschluß vor 30 Jahren stetig gesunken ist). Ihre Versicherung hat Ihnen immer Sicherheit gegeben und Sie haben sich darauf verlassen, daß das auch so bleibt. Immer wurde betont, daß hinter der Gesellschaft eine kapitalstarke Eigentümerin steckt und Sie sich auf einen herausragenden Service verlassen können.
Weiterlesen: Nur mal angenommen... Kapitallebensversicherung
Papier ist geduldig, aber „print is out“ - keiner liest mehr.
Das zeigt sich in den Fertigkeiten unserer Schulkinder: jedes fünfte Kind im Alter von zehn Jahren in Deutschland kann nicht richtig lesen. Deutschland ist seit 2001 von Platz fünf auf Platz 21 gesunken, was die Lesefähigkeit betrifft.
Weiterlesen: Wir drucken wacker weiter - und ihr werdet weiterhin lesen!
Die Gründerzeit um die vorletzte Jahrhundertwende herum: was für eine euphorische Zeit, als alles im Aufschwung war, als es noch Entdeckungen (hic sunt dracones!) zu machen gab, als neue Technologien noch sichtbar, hörbar, fühlbar und riechbar waren! Dampfeisenbahn, Unterseekabel für Telegrafie, große Fabrikationsanlagen, mechanische Wunderwerke! Wieviel schöner ist es, Technologie anfassen zu können, sie mit allen Sinnen zu erleben, als vor einer Kiste voller Elektronik zu sitzen, unsinnige Zeichenkombinationen hineinzuhacken und völlig abstrakte Ergebnisse herauszubekommen.
Weiterlesen: War früher wirklich alles besser? Steampunk - die rückwärtsgewandte Utopie
Nur mal angenommen... Sie sind eine Frau, leben in Deutschland im Jahr 2018 und es ist Mai: der Monat der Liebe, der aufblühenden Natur, der trällernden Vöglein! Und Sie wollen heiraten, eine Familie gründen, glücklich sein bis daß der Tod Sie scheide.
Klingt soweit gut. Können Sie sich aber vorstellen, daß Sie in vielen Ländern heute noch zwangsverheiratet würden? An einen Mann, den Sie nicht kennen geschweige denn mögen, der viel älter ist als Sie, der Sie ausnutzt und schlägt?
"It could be worse" und "you should'nt worry" * - so hört man es in Irland häufig. Die Iren, von Weltpolitik und Geschichte ziemlich gebeutelt, haben sich so ihre Zuversicht erhalten.
Nun bekommen die beiden Redensarten und die Haltung dahinter jedoch eine ganz neue Qualität angesichts von Qubits!**
Liebe Leserinnen und Leser,
der Fortschritt hat uns fest im Griff. „Europa ist nur so breit wie eine kurze Sommernacht“ - so schrieb Heinrich Böll im irischen Tagebuch (1957). Ein fragiles Gebilde, wie auch Alexander Gerst bestätigt: „unser Mann im All“ kommt trotz allen Trainings und technischen Kenntnissen ins Schwärmen beim Blick auf die Erde aus einer Entfernung, die wir uns vor dem ersten Raumflug nur in unseren kühnsten Fieberträumen vorstellten.
Ging es Ihnen auch so: Erschrecken bei der Todesnachricht von Alan Bean, vierter Mann auf dem Mond. Die erste Mondlandung war doch erst neulich! Als die ersten Männer auf dem Mond landeten, waren wir so fortschrittsbegeistert, daß wir überhaupt nicht daran dachten, daß diese Männer einmal alt werden und einfach sterben könnten. Lesetipp: Das Gedicht vom abgeschraubten Mond ...
Nur mal angenommen, Sie hätten genau so viel Weitblick wie der US-Präsident ...
(ja, Weitblick - Sie haben richtig gelesen!). Für den gibt es keine Klimaerwärmung.
Und tatsächlich: die Statistik gibt ihm recht! So ist doch wirklich beispielsweise die gemessene Regenmenge in Indien im langjährigen Mittel gleich geblieben. Daß die indische Bevölkerung allerdings von einem stetigen Wechsel von Dürre und sintflutartigen Regenfällen heimgesucht wird, also de facto unter ständig steigenden Extremwetterereignissen bis hin zu Katastrophen leiden - tja, das ist so ein typisches PAL (ein Problem Anderer Leute).
Meine kleine Wörterwerkstatt
Solide Handwerkskunst als Marketingkniff: was mit gewaltigem Körpereinsatz und viel Schweiß hergestellt wird, muß einen hohen Wert haben.
Soweit ist ja alles richtig. Aber kürzlich entdeckte ich die „Zimmerschmiede“ - die sich als schnöde Immobilienmakelei entpuppte. Auch eine Fahrradschmiede und sogar eine Weinschmiede gibt es. Aber mal ehrlich: sehr bekömmlich dürfte geschmiedeter Wein nicht sein, ganz abgesehen vom Beigeschmack nach Schmiedschweiß. Und wer wollte gerne ein geschmiedetes Fahrrad über die Straßen wuchten!
Nur mal angenommen... Sie gehören auch zu den Leuten die immer sagen „früher war alles besser"
Haben Sie mal überlegt, daß dann ja heute alles nicht mehr so gut und morgen sogar noch schlechter sein muß?
Machen Sie eine Liste: was war früher besser? Was ist heute besser? Sie werden erstaunt sein...
Wer denkt, daß man nicht zur Wahl gehen muß, weil man sowieso keine Wahl hat - wer denkt daß "die" schon alles richtig machen werden, dem sei ein Zitat sehr ans Herz gelegt:
„Das wird immer einer der besten Witze der Demokratie bleiben, daß sie ihren Todfeinden die Mittel selbst stellte, durch die sie vernichtet wurde“
(Joseph Goebbels (1897-1945), Propagandaminister während des Dritten Reiches)
Nur mal angenommen: Sie wollten sich unsichtbar machen: keine Postadresse, keine Telefonnummer, keine Internetseite, keine Mailadresse.
Sie existieren einfach nicht. Geht gar nicht: Ihre Daten sind überall zu finden.
Irgendwann lassen Sie sich dazu hinreißen, einen besonders dummen Facebookeintrag zu kommentieren. Wenn Sie Pech haben, geht das Theater dann richtig los: shitstorm, jemand fotografiert Ihr Haus, Ihre Kinder, Ihren Hund, stellt Ihre Vorlieben online.
Seite 11 von 20